Rundschau.
— Die Evangelische Oberschulbehörde hat am 26. November ds. Js. die erste Schulstelle in Calmbach dem Schullehrer Geisel in Maichmgen und die zweite Schulstelle in Birkenfeld dem Schullehrer Wieland in Schwann übertragen.
— Von der K. Regierung des Neckarkreises wurde unterm 23. ds. Mts. die Wahl deS geprüften VerwalinngSkandidalen Robert Blaich von Neuenbürg zum Oris- Vorsteher der Gemeinde Jagsthausen, O.A. Neckarsulm bestätigt.
Bebrnhausen, 26. Nov. Die heutige Hofjagd wurde im Revier Herrenberg gehalten. Zu derselben waren die Herren Generalmajor z. D. v. Schmid, Erster Staatsanwalt Fetzer von Tübingen und Forstamts- Verweser Müller von Wildberg eingeladen. Abends reiste Seine Durchlaucht der Fürst von Hohenlohe-Langcnburg wieder von hier ob, um nach Stratzburg zurückzukehren. Dafür traf Forstmeister Forstrat Graf v. Ux- kull-Gyllenbrand von Neuendürg auf Allerhöchste Einladung ein. Zur Abendtafel halte Oberförster Lausterer von Herrenberg die Ehre eingeladen zu werden.
Bückingen, 28. Nov. Ein Uuglücksfall brachte über eine hiesige Arbeiterfamilie schweres Leid. Der 13jährige Sohn derselben begab sich gestern abend mit Kameraden an den hiesigen See, über welchen der Frost der letzten Nächte eine dünne Eisdecke gebildet halte. Die Knaben ließen sich leider verlocken mit ihren Schlittschuhen die Tragfähigkeit des Eises zu prüfen. In der Milte brach das Eis und einer der Knaben versank ehe ihm Hilfe gebracht werden konnte. Nach einer Stunde mühevoller Arbeit wurde von hiesigen Männern die L-iche gefunden. Angestellte Lebensversuche waren erfolglos.
Eßlingen, 27. Nov. Heute früh gegen 8 Uhr wurde der ^Bauunternehmer Knicl von Stuttgart auf dem hiesigen Bahnhofe von einer Rangiermaschine zu Boden geworfen und schwer verletzt, so daß er ins hiesige Krankenhaus verbracht werden mußte.
Calw. Die Zahl der hiesigen Geschäfte, deren Inhaber vet der hiesigen Telephonstelle Anschluß haben, wird sieb in nächster Zeit in nahmhafter Weife vermehren. Als Grund des bedeutenden Zuwachses darf wohl in der Hauptsache die Ermäßigung der Sprechgebühr auf 25 ^ angenommen werden. Wie man hört, sollen auch die bei der Schwarz- waldwasscrversorgung beteiligten Gemeinden Anschluß unter sich erhalten. Auch die Stadtgemeinde Liebenzell wird die Errichtung einer öffentlichen Fernsprechstelle beantragen und es werden die Besitzer des Oberen und Unteren Bads sich anschließen lassen.
Tübingen, 28. Nov. Bei der gestrigen Stadtschultheißenwahl erhielt Polizeiamtmann Haußer, der einzige Bewerber, von 1126 abgegebenen Stimmen 1091, die anderen 35 Zettel lauteten teils auf den von der Kandidatur zurückgetretenen Amtmann Hepp, teils waren unbeschriebene abgegeben oder zersplittert. Die Wahlbeteiligung war eine außerordentlich starke, über 80 Prozent aller Wahlberechtigten haben abgestimmt.
Hausen a. Fils, 28. Nov. (Tödlicher Unfall.) Der 5jährige Sohn des Kunstmühlebesitzers Villforth ließ sich im Aufzug der Mühle emporziehen, streckte aber leichtsinniger Weife während der Fahrt den Kopf
heraus, wodurch ihm das Genick abgedrückt wurde. Die Eltern haben erst vor einigen Jahren einen andern Sohn durch Ertrinke» verloren.
Ohmenheim, 29. Nov. Gestern nacht brannten sieben zusammengebaut Wohn- und Oekonomiegebäudeim Gesamtwert von 18 000 Mark nieder. Der Brand ist wahrscheinlich von einem plötzlich geistesgestört gewordenen Man»c au 2 Stellen jgelegt worden. Der Thäier ist anscheinend mit verbrannt. Der Mobiliarschaden beträgt ci. 50 000 ^
Ehingen, 25. Nov. Ein kritischer Tag elfter Ordnung scheint der heutige zu sein, aber nicht nach Falb, sondern nach Strau- binger, denn nicht weniger als 26 Stromer wurden heute eingebracht zu Fuß und zu Wogen. Viele dieser Brüder sind alte gute Bekannte vom hiesigen OberamtSdicner, die ihn teilweise mit „Mahlzeit" begrüßten, wodurch sie ihre Stammangehörigkeit ohne Weiteres verrieten. — Im Stalle des Schäfers B- hier kam heute Nacht ein ,Junges" zur Welt mit zwei vollständig ausgewachsenen Köpfen und 6 Füßen. Das Tier lebt und ist munter.
Aus Franken, 26. Nov. (Mordversuch und Selbstmord.) In Lonnerstadt hat gestern der verheiratete Büttner Konrad Herzog seinem in Uehlfeld verheirateten Bruder Andreas Herzog, welcher ihm vor einigen Jahren 400 geborgt hat und gestern gekommen war, um einen Schuldschein zu verlangen, mit einem Taschenmesser den Bauch aufgeschlitzl. Der Mörder ging hierauf in den Hofgarten und brachte sich mit einer Pistole einen Schuß in die Magengegend bei, welcher seinen sofortigen Tod zu Folge hatte. An dem Auskommen des schwerverletzten Andreas Herzog wird gezweiselt. Der letztere ist Vater von 7, Konrad Herzog Vater von 3 Kindern.
Pforzheim, 25 Nov. Die Minorität der bürgerl. Kollegien hat an die Regierung in Karlsruhe das Ersuchen gerichtet, der Stadt Pforzheim mit Rücksicht auf di: günstige Finanzlage derselben einerseits und der durch die Typhus-Epidemie in Not und Bedrängnis geratenen niederen Bevölkernngs- schichten andererseits die Genehmigung zur Forlerhebung der Verbrauchssteuer auf Mehl, Brot und Körnerfrüchte zu versagen.
— Ein hübsches Wahlkuriosum wird zu den badischen Landtagswahlen berichtet: Der sozialdemokratische „Volksfreund" erschien am Vorabend des Wahltages in zwei verschiedenen Ausgaben. In der Offenburger Ausgabe schimpfte er in allen Tonarten auf die Demokraten, weil dort der Sozialdemokrat dem Demokraten gegenüberstand, und in der Karlsruher Ausgabe waren alle die Schimpfereien weggelassen» weil dort der Sozialdemokrat mit dem in Offenburg verächtlich behandelten „Oppositions-Mischmasch" zu- sommenging. — ES geht eben nichts über die Gesinnungstüchtigkeit l"
München, 26. Nov. Nach dem Polizeibericht wurde in Kaufbeuren heute vormittag eine Wirlschaflspächlerin ermordet. Geraubt wurden ca. lOO ^ und einige goldene Schmucksachen. Der Thal verdächtig ist ein 37jähriger Maurer aus der Bam- berger Gegend.
— Explosion. In der Bank für Sprit- und Produktenhandel in Berlin explodierte gestern abend ein großer Kessel. Eine anstoßende, etwa 20 Meter hohe Mauer mit
einem Teile des Daches wurde zertrümmert und auf die Straße geschleudert. Zwei Personen wurden getötet, zwei verletzt.
Berlin, 25. Nov. „Huudert nützliche Gegenstände für nur 20 Pfennige", so lautete ein in einer Berliner Zeitschrift erschienenes Inserat. Eni Neugieriger wollte der eigenartigen Sache auf den Grund gehen und sandte den geforderten Preis ein. „Postwendend" erhielt er, wie es im Inserat hieß, die hundert nützlichen Gegenstände nämlich hundert — Stecknadeln.
— Die Schreckensthat eines Wahnsinnigen. Der Arbeiter Alexander Kor- manyos, der in der Spicitusfabrik zu Arad beschäftigt ist, war seit Kurzem verheiratet und lebte mit seiner jungen Gattin in glücklichster Ehe. In der letzten Zeit jedoch verfiel er in Verfolgungswahn, wurde von Hal- lncinationen gequält und erblickte auch in feiner Frau seine Feindin. Als er vor wenig Nächten heimkehrte und die Frau schon im Schlafe lag, ergriff er ein Beil und trennte der Frau mit zwei Hieben den Kops vom Rumpfe. Als er merkte, daß der Kopf noch an einem Slückchen Haut hing, holte er ein Rasiermesser hervor und schnitt den Kops vollends ab. Hierauf reinigte er sich vom Blute und stellte sich selbst der Polizei.
— Attentat aus einen Kosakenoberstea. Aus dem Grenzorte Nowostelica wird polnischen Blättern gemeldet: Von der Straße aus wurden vorgestern Abend nach der im Parterre gelegenen Wohnung des Kosakenobersten Kormojarow in dem Augenblicke, als derselbe in Gesellschaft seiner Gattin speiste, durch die Fenster mehrere Revolver- schüffe abgeseuert. Eine Kugel streifte den Schädel des Kosakenobersten, ohne denselben zu verletzen, drang aber der daneben sitzenden Gattin in die Brust und führte sofort ihren Tod herbei. Bisher wurde der Attentäter nicht ausgeforschl.
Aus Belgien, 25 Nov. In der Sparkasse zu Brüssel entwendeten unbekannte Diebe während der Amtsstunden eine Barsumme von 180 000 Franken. Während der Amtsstunden ? Nicht übet!
Verschiedenes.
— Zu viel Aerzte— z» wenig Kranke. Die Allg. Wiener Med. Ztg. schreibt: „In den Vereinigten Staaten wie bei uns in Oesterreich und allerorten, leiden die praktischen Aerzte an empfindlichen Mangel ihres Einkommens. DaS „Handwerk ernährt", wie man sagt, „nicht mehr seinen Mann". Dr. Phelps von Newyork hat sich mit dem Studium der ätiologischen Momente dieses in der neuen und alten Welt endemischen Uebelö befaßt. Ohne die sehr interessanten Betrachtungen über die vielfachen Ursachen, die Phehlps dabei aufzähli, nämlich: den Mißbrauch der ärztlichen Barmherzigkeit, die Vermehrung der Spezialisten und ordinations- institnte, die stehts wachsende Anzahl der Aerzte rc. näher einzugehen, müssen wir eines als wichtig hervorhcbcn: Das ist die Abnahme und das gänzliche Verschwinden vieler akuter Infektionskrankheiten, diese bilden aber in der Praxis der Aerzte die bedeutendste Einnahmequelle. Die epidemische Dysenterie, sagt PhelpS, ist heutzutage unbekannt. Die Blattern verschwinden mit der Ausbreitung der obligatorischen Impfung. Typhus ist heute bereits an sehr vielen Orten eine Seltenheit. Die Diphtherie«