Lokales.

Wildbad, 22. Bei der gestern nachmittag auf dem Rathaus in Neuenbürg abgehaltcnen Generalversammlung der Bezirkskrankenkasse wurde u. a. beschlossen, daß vom 1. Januar 1898 ab für die Stadt Wildbad ein zweiter Kassenarzt thäiig sein wirb und zwar in der Person des Herrn Dr. Lorenz; ferner wurde die Krankenuntersiützung von 13 Wochen auf 20 Wochen erhöht und tritt letzteres ebenfalls mit dem 1. Jan. 1898 in Kraft.

Rundschau.

Stuttgart, 17. Nov. In der evangel. LandrSsynode ist es heute nach mehrtägigen Beratungen über den kirchlichen Gesetzent­wurf betreffend die Ausübung der landes­herrlichen Kirchenregimentsrechte im Falle der Zugehörigkeit des Königs zu einer anderen als der evangelischen Konfession zur Ent­scheidung gekommen. DerNationalztg." wird darüber folgendes geschrieben : ES lagen schließlich nicht weniger als fünf Anträge vor. Den schärfsten Gegensatz zu der Re­gierungsvorlage bildete der Antrag des Obrr- regiecungSrales Haag, der grundsätzlich die Berufung durch Wahl befürwortete. Dieser Antrag wurde mit 36 gegen 19 Stimmen abgelehnt. Der Antrag der Kommission, der dem Regierungsentwurf entsprach, wurde mit 37 gegen 18 Stimmen abgelehnt und schließ­lich der Antrag Bockshammer, statt drei nur zwei Geheimratsmitglieder zu berufen, mit 40 gegen 15 Stimmen angenommen. Die evangelische Kirchenregierung wird also aus den Präsidenten des evang. Konsistoriums und der evang. Landcssynvde, einem General- superinlendenten und zwei ordentlichen Mit­gliedern deö Geheimen RateS sin erster Linie Ministern) bestehen. Tue Regierung wird der Aenderung des Entwurfs (zwei statt drei Minister) ohne Zweifel beistimmen, da so­wohl der Präsident des Konsistoriums als der Kultusminister schon im Voraus ihr Einverständnis zu erkennen gegeben hatten.

Eine Tochter des Kommerzienrats Siegle in Stuttgart, die bei Verwandten in Ludwlgshasen zu Besuch weilte, ist dort in der Nacht zum 21. Nov. in ihrem Schlaf­zimmer infolge von Gasausströmung erstickt.

Horrheim, 20. Nov. (Familiendrama.) In der vergangenen Nacht ereignete sich hier rin entsetzliches Familiendrama. Der früher ln guten Verhältnissen stehende, infolge des Trunks aber weit zurückgekommene, zuletzt von Jagdpächter Eberle aus Stuttgart als Jagdaufseher angestcllte Wilhelm Großmann beteiligte sich an der gestern abgehaltenen Treibjad. Anscheinend ruhig begab er sich nach dem mit derselben verbundenen Schmaafe in vorgerückter Stunde nach Hause, wo es aber bald zu ehlichen Streitigkeiten kam. G drückte das noch geladene Gewehr auf seine Frau ad und verletzte sie zum Glück nicht bedeutend am Kopfe, worauf die­selbe, nur mit dem Hemd bekleidet, sich durchs Fenster flüchtete und bei den Mitbewohnern des Hauses Aufnahme fand. Bald darauf fielen in der Wohnstube Gcoßmanns noch zwei Schüsse, und als man nachsah, lag der Unglückliche tot in seinem Blute Das Ge­schoß hatte ihm den Schädel vollständig zer­schmettert, so daß Teile des Gehirns im Zim­mer umherlagen.

Calw, 19. Nov. Gestern hat L Bauer jum Badhotel ist Teinach vor dem Amts­

gericht den Konkurs angezeigt. Der Besitzer, dem von seinen Gläubigern ein längeres Moratorium bewilligt worden war, hat durch der Neuzeit entsprechende Anlagen, Einricht­ungen und Vergrößerungen das Hotel zu heben gesucht und namentlich durch die Aus­nützung der vorzüglichen Mineralquellen das Anwesen fzu einem sehr hohen Wert ge­bracht. Leider wird der bisherige Besitzer, dem inan rastlose Energie nachrübmen muß, nach dem jetzigen Stand der Sache bie Früchte seiner Thätigkeit nicht mehr genießen dürfen.

Tübingen, 20. Nov. Ein kostspieliger Studentcnstreich wurde in der letzten Nacht v.rübt. Es wurde nämlich einem auf dem Jahrmarkt anwesenden Krämer eine mit Leb­kuchen gefüllte Kiste in den Marktdrunnen geworfen. Die Ware im Wert von 40 war total verdorben. Der Attentäter ist nicht bekannt, dagegen die Verbindung, die er angehört.

Heidenheim, 21. Nov. Vorgestern starb infolge eines Nervenleidens Theodor Schäfer, Zigarrenfabrikant im Alter von 45 Jahren, Inhaber der auf dem ganzen Kontingent be­kannten Firma Gebr. Schäfer, Zigarren­fabrik hier. Die Zahl der im Etablissement beschäftigten Arbeiter beträgt zur Zeit über 1000 . »

Balingen, 22. Nov. Der Sailer M. Noner, wohnhaft in Pfäffingen, gebürtig aus Tübingen wurde gestern nacht auf der Halte­stelle Lautlingen vom Zug überfahren und getötet. Der Zug erlitt infolge des Unfalls eine kleine Verspätung.

Unterharmersbach, 14. Nov. Das große Los der Metzer Dombaulotlerie mit 50 000 Mark gewann der Landwirt Andreas Schwarz vulgo Jung-Ecdrich.

Der Kaiser wird den Reichstag am 30. November, mittags 12 Uhr, im weißen Saale des Schlosses persönlich eröffnen.

Bei der Vereidigung der Rekruten der Garnisonen Berlin, Spandau, Charlot­tenburg und Großlichlerfelde hat der Kaiser eine Ansprache an die Rekruten gerichtet, in weicher er betonte, daß nur brave Christen brave Soldaten sein könnten. Die Pflicht des Soldaten fei nicht leicht, sie verlange Selbstzucht und Selbstverleugnung, sowie un­bedingten Gehorsam. Weit taufende vorher ihren Eid gehalten, sei das Vaterland groß geworden, ständen die Fahnen da ruhmbe- kränzt und mit Ehrenzeichen bedeckt.

Sevilla, 15. Nov. (Juwelendiebc.) Die Angestellten eines hiesigen Juwelierladens, die morgens in das Geschäft kamen, waren, wie denCentral-NewS telegraphiert wird, höchst unangenehm überrascht, als sie sämt­liche Räume erbrochen und äuSgeraubt fanden- Im Fußboden befand sich ein großes Loch, durch das die Diebe offenbar in den Laden gedrungen waren. Nähere Uniersuchung er­gab, daß das Loch das Ende eines unter­irdischen Ganges war, und dieser führte in ein Haus in der Nachbarschaft, bas den Eigentümern des geplünderten Juwelier- iadens gehört und von diesen kürzlich an zwei Männer vermietet worden war, die jetzt verschwunden sind. Sie haben den unterirdischen Gang gegraben und die Erde in ein Nachbarhaus geschafft, das sie eben­falls gemietet hatten. Der Wert der ge­raubten Juwelen wirv auf nahezu eine halbe Million Pesetas geschätzt.

Riesige Feuersbrunst in der Londoner

City. Eines der größten Feuer, das London

Verschiedenes.

Was der Aberglaube thut. Das ,Koburger Tageblatt" berichtet: In dem friedlichen und frommen Dörfchen W. un, ternahm ein Ottögefessener mit seiner Frau um die mitternächtige Stunde eine merkwür­dige Spazierfahrt. Die Frau krankte feit langem an der Gicht, und dies Leiden wollten die frommen Leutenverfahren." Darum nahm der Mann eine Schubkarre, fetzte feine Frau darauf und nun ging die Fahrt los nach dem Friedhofe nach dem nahe ge­legenen Dorfe E. Dabei durfte keines von beiden ein Wort sprechen. Auf dem Fried­hofe angekommen, machte der Mann mit feinem sonderbaren Fuhrwerk dreimal die Runde um verschiedene Gräber. Dann gings wieder heimwärts. Unterwegs mußte die Frau noch an einem Kreuzwege stillschweigend von der Karre fallen und sich dann wieder aufietzen. Erst nachdem diese letzte Forma­lität erfüllt war, ging die Fahrt vollends nach Hause. So geschehen an der Wende des 19. Jahrhunderts im gesegneten Thüringen.

Das Zweirad als Leichenwagen. Man berichtet aus Hamburg: Vor einigen Tagen traf auf dem Wege von Barmbek durch die FuhlSbüttelstraße bei dem Central­friedhofe in Ohlsdorf ein Radfahrer ein, welcher auf feine Lenkstange einen Sarg ge­schnallt hatte. Kurz vor dem Friedhofsein­gange stieg der Radler von seinem Rade ab und führte dieses an der Hand zum Ein­gänge. Hier schnallte er den kleinen Sarg los und trug ihn zu seiner Glätte auf dem Friedhöfe. Hamburg bürste wohl die erste Stadt sein, in der das Zweirad zur Leichen» befördern»« gedient hat.

Eine barmherzige Katzenmutter. Ein Gärtner in Bouin in der Vendve fand vor einiger Zeit in seinem Garten ein Nest von Vier kleinen Hafen. Da er annahm, daß dieselben von ihrer Mutter verlassen waren, machte er den Versuch, sie von der Hauskatze

stit langer Zen nicpi ge;eyen, vrach am letzten Freitag Nachmittag in der City aus, in der Gegend von der Aldersgate Street, wo große Häuserblocks von Warenmagazinen, die zum Teil mit sehr leicht entzündlichen Stoffen gefüllt sind, zusammenqedrängt sind. Nach und nach verbreitete sich das Feuer von Aldergate und Cripplezaie über die Hamsell Street, Jew'n Street, Nicholas Square und Well Street. Das ist ein Flächenraum von l00,000 Quadratmetern mit etwa 60 Maga­zinen. Gegen Abend gelang eS der Feuer­wehr, das Feuer etwas auf seinen Herd zu beschränken, doch wird es noch Tage dauern, bis das Feuer gelöscht ist. Der Schaden ist enorm. Menschenleben sind nicht zu be­klagen. Zwei Feuerwehrleute wurden ver­letzt. Die Magazine enthiellen zum großen Teil Lager von Putzfedern. Der Verlust zweier Firmen in Straußenfedern beziffert sich auf 15,000 bis 16,000 Pfund.Eine Londoner Depesche vom Samstag Morgen besagt: Durch das Feuer in Aldergate Street und Cripptegate wurde ein Häuserblock von 2 Acres (also ca. 81 Ar oder 2'Zs preuß. Morgen) Grundfläche mit etwa 100 großen Warenhäusern zerstört. Der Schaden wird auf 3 Millionen Pfund (60 Millionen Mark!) geschätzt. Die Trümmer brennen noch; man wurde jedoch um 10 Uhr abends des Feuers Herr.