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Rundschau.

Stuttgart, 13. Nov. Mit dem Nürn­berger Schnellzug ist gestern früh König Albert von Sachsen hier eingetroffcn und von Herzog Wilbeim vo» Urach am Bahn­hof empfangen worden; in Begleitung des Monarchen befand sich Gencraladjutant Hingst, Flügeladjutant v. Lariche und Leibarzt Dr. Celle. Der König fuhr mit dem Herzog von Urach nach dessen Palais in der Neckar- strahe und verweilte daselbst bis Mittag. Um 1 Uhr 55 erfolgte die Abreise des Königs nach Tübingen und von da nach Bebenhausen, wo er als Jagdgast unseres Königs einige Zeit verweilen wird.

Tübingen, 17. Nov. Um 12 Uhr kam Seine Majestät der König per Extrazug hier an, um nach Bcbenhausen das Hoflager zu verlegen. Heute nachmittag um 4 Uhr traf der König van Sachsen hier ein, der sich an den Hirschjagden im Schönbuch beteiligen will.

Stuttgart, 20. Nov. Nach dem Vor­gang in Preußen will nun auch die württ. Regierung der Frage für Aufhebung sämt­licher Beamlenkautionen näher treten, was namentlich von den minder bemittelten jünge­ren Beamten mit großer Freude begrüßt werden dürfte.

Marbach, 18. Nov. (Gestörte Hochzeit.) In dem benachbarten Afsalterbach fand vor etlichen Tagen eine geplante Hochzeitsfeier eine unliebsame Störung. Alles war durch den Festwirt für die geladenen Gäste bereitet. Der Hochzeiter hatte auswärts feinen Hoch- zeitSanzug bestellt, doch war derselbe trotz der nahen T>auu»gSstunde noch nicht einge- trofsen. Endlich trifft das Paket, getragen vom Postboten ein, welcher aber eine Nach­nahme für die Sendung zu fordern hat. Weder Bräutigam, noch Braut haben das nötige Kleingeld. Ohne weiteres machte sich der Bräutigam ans dem Staube und soll bis jetzt nicht mehr in die Arme seiner Braut zurückgekehrt sein. Die Hochzeitsgesellschaft aber linderte ihre Enttäuschung durch Ver­zehren des leckeren Hochzeitsbratens.

Feldrennach, 17. Nov. Am gestrigen Abend verunglückte rer hiesige Bürger Philipp Schmid auf traurige Welse. Derselbe war fast bis zum Einbruch der Dämmerung mit Weidenschneiden auf der Wiese beschäftigt und schickte sich alsdann zu Haufe an, Streu­material (Stroh) von dem Fruchtspeicher in der Scheuer herab zu schaffen. Daselbst muß er unglücklicherweise dem Garbenloch zu nahe gekommen und durch dasselbe herabgefallen sein. Als seine Frau, welche zuerst daS Töchterchen nach ihm schickte, weil ihr das längere Ausbleiben auffiel, mit der Laterne in der Hand noch dem Manne sah, lag dieser leblos auf der Scheuerntenne neben der Fulterschneidmaschine. Nach den Ver­letzungen zu schließen, ist zu vermuten, daß der so jäh Verunglückte ganz oder teilweise auf die Maschine gefallen ist. Der Ver­storbene war ein erst 46 Jahre alter großer starker Mann, ein angesehener Bürger; er diente s. Z. beim Militär und war schon seit Jahren Mitglied des Militärvereins. Dieser schwere UnglückSsall erregt allgemeine, aufrichtige Teilnahme in der Gemeinde und bei allen, die den Verstorbenen kannten.

Pforzheim, 18. Nov. In der Nähe des Jspringer Eisenbahn-Tunnels wurde gestern abend 7,10 Uhr auf den Lokomotivführer tzes vyfl Karlsruhe kommenden Zuges ge­

schossen. Die Kugel zertrümmerte die Fen­sterscheibe der Lokomotive, verletzte aber nie­mand. Der Thäter ist noch nicht ermittelt. Da Mutwillen oder Fahrlässigkeit ausge­schlossen erscheinen dürfte, so wird wohl ein Racheak vorliegen.

Der anhaltenden Trockenheit wegen ist der Wasserstand ein sehr niedriger. In Pforzheim z. B. kann die Nagold von der Weiberbrücke bis zur Aucrbrücke trockene» Fußes passiert werden.

Das Pforzheimer Bayerische Brau­haus erzielte im vergangenen Geschäftsjahr bei einem Aktienkapital von 1 Million Mark einen Brutto-Reingewinn von 182 187 Nach 34 982 ^ Abschreibungen verblieb ein Netto Reingewinn von 147 205 ^

Mühlacker, 18. Novbr. Der bekannte Bahnhof-Portier Bauer hier feierte heute seinen 60. Geburtstag und sein 30jähriges Dienstjubiläum. Bauer, der als französischer Fremdenlegionär den Krimkrieg mitgemacht hat, ist im Besitze mehrerer Auszeichnungen und einer Anzahl von Kabinettschreiben fürst­licher Persönlichkeiten.

Die Albthalbahn wird nach neuesten Mitteilungen nunmehr bestimmt am 1. Dez. in Betrieb genommen und zwar vorerst auf der Strecke Karlsruhe-Ettlingen. Die Fahr­zeiten werden vor den interessierten Kreisen als sehr günstig angesehen. Besonders be­friedigt es, daß der erste Frühzug bequem liegt. Die Fertigstellung der Stationsge­bäude hat sich nicht ermöglichen tasten. U. A. hat auch die Karlsruher Messe zur Ver­zögerung der Bauarbeit beigetragen. Es wer­den deshalb einstweilen die Fahrkarten, wie auf der alten Lokalbahn, im Zuge abgegeben. Nach weiteren Nachrichten soll etwa 10 Min. von Marxzell im Thate gegen Langen­alb zu bie Erbauung einer Wasserheilanstalt in Aussicht genommen sein.

München, 19. Nov. Der Prinzregent hat für die bei dem Kellereinsturz Verun­glückten, respektive die Hinterbliebene» der­selben 1000 aus seiner Privatschatule bewilligt.

Eisenbahnunglück in Berlin. Ein schweres Eisenbahnunglück hat sich am Diens­tag nachmittag um ein halb drei Uhr auf dem Ringbahnhofe des Potsdamer Bahnhofes in Berlin ereignet. Der von Charlotten- burg kommende Riugbahnzug fuhr in der Halle des Bahnhofs auf den Prellbock auf. Tie Maschine türmte sich hoch auf, und der ihr folgende Personenzug lwurdc zertrümmert. ES soll die Bremse versagt haben. Der Lokomotivführer Kuslinski wurde sofort ge­tötet, und der Heizer Christian erlitt sehr schwere Verletzungen. Der auf die Maschine folgende Wagen dritter Klasse wurde, zum Teil zertrümmert, beim Anprall auf die Loko motive hinaufgeschobcn ; er traf, da die Loko­motive mit tem Schornstein voranfuhr, un­mittelbar auf den Platz an der Feuerung, wo Lokomotivführer und Heizer sich befinden, zertrümmerte das Schutzdach und stellte sich senkrecht hoch. Auch ein zweiter Wagen wurde aus den Schienen gehoben und zwei weitere leicht beschädigt, Von den Passa­gieren des Zuges scheint glücklicherweise Nie­mand schwer verletzt zu sein. Die Zahl der Verwundeten wird auf 15 angegeben. Sie sind namentlich im Gesicht durch Glasplitter verwundet worden. Der getötete Lokomotiv- führer.war zwischen Lokomotive und Personen­wagen so eingekeilt, daß er erst eine halbe

Stunde nach dem Unglück durch die Feuer­wehr aus den Trümmern hcrvorgeholt wer­den konnte. Das Unglück scheint große Aehn- lichkcit mit einem Eisenbahnunfall auf dem Anhalter Bahnhof vom 27. Mai d. I. zu haben, mit dem sich am Montag das Ber­liner Landgericht I. zu beschäftigen hatte. Als der von Lichtcrfelde kommende Vorortzug um 10 Uhr 5 Minuten auf dem Anhalter Bahn- Hofe ei»lief, geschah dies mit so vorschrifts­widriger Schnelligkeit, daß die Lokomotive mit erheblicher Gewalt gegen den Prellstock stieß. Der Zug war überfüllt, von den Fahrgästen wurden 22 mehr oder weniger erheblich verletzt. Die Massenverlctzungen wären allerdings nicht vorgekommen, wenn die Fahrgäste nicht, wie es häufig der Fall, die Wagenthüren geöffnet hätten, bevor der Zug völlig hielt. Der Lokomotivführer Fr. Mann, der den Zug geführt hatte, be­hauptete vor Gericht, daß er sich keiner Schuld bewußt sei. Da es sich durch die Unter­suchung nicht hat feststellen lassen, ob die Bremse wirklich versagte oder nicht, sprach der Gerichtshof den Angeklagten frei.

Ein wertvoller Altertumsfund ist von einem Oberförster bei Gerdauen (Ost­preußen gemacht worden. Derselbe fand nicht tief in der Erde ornamentierte, rote Terrakot­ten aus klassisch-römischer Zeit. Der glück­liche Finder benachrichtigte die Allertumsgc- sellschaflPrussia" in Königsberg, worauf sich Professor Dr. Heydeck an Ort u. Stelle begab. Es ist dies das erste Mal, daß ein derartiger Fund in Ostpreußen gemacht wor- den ist.

Verschiedenes.

(O diese Fremdwörter!) Unter der UeberschrislDie Macht der Fremdwörter" erzählt dis ,Konst. Ztg." das /folgende Gr» schichtcheu : Sitzen da am Wahltage im See­kreis viele Männer des OrteS beisammen, um das Wahlergebnis abzuwarten. Im Ge­spräch zeichnete sich besonders ein Bauhand­werker aus.Herr Lehrer, was ist denn das ein Ehrenduell?" fragte der gute Mann. Die Erklärung erfolgte unter dem Hinweis auf die Duelle bei Offizieren und Soldaten. Warum er das frage, wollte Einer wissen.Mir ist eins angetragen, sogar vom Landgericht gegen den Stadtbau­meister, mit dem ich in Prozeß stehe." All­gemeines Staunen und Kopfschütteln.Was? Ehrenduell zwischen zwei Maurern?" be­merkte boshaft ein anwesender Bezirksrat. Da ist es am allereinfachsten, jeder nimmt ferne Kelle und wirft dem andern eine Por­tion Dr. . . iu's Glicht l" Allgemeines Ge­lächter.Ja, Ihr braucht gar nicht zu lachen; es ist so", erwiderte der Bauhand­werker mit ernster Miene. Er mochte dabet wohl schon in Sorgen um Leib und Leben sein. ,Jch had's ja schriftlich vom Landge­richt." Allgemeines Drängen, das Schrift­stück zu zeigen. Lehrer und Bezirksrat lesen den Satz. Da stand schwarz auf weiß in flüchtiger Aktuarsschrift:Eventuell wird gegen den Sladtbaumeister beantragt." Ein allgemeines Halloh und eine übersprudelnde Heiterkeit folgte dieser Erklärung. Ja, diese Fremdwörter I

(Deutlich.) Dilettant (zudringlich):

. Ich möchte gern für ihr Blatt etwas schreiben I . . . Nicht wahr, das Papier muß auf einer Seite leer bleiben ?" Redakteur ; «Nein, auf Beiden!"