Rundschau.

Stuttgart, 15. Oktober. DasBert. Tagbl." hört, daß der Reichstag in der ersten Dezemberwoche einberufen werden soll. Fer­ner wird demselben Blatte gemeldet, daß die Kommission für Arbeiterstatik ende dieses oder anfangs nächsten Monats die Vernehm­ung von Auskunftspersonen des Müllerei- gcwerbeS fortgesetzt.

Stuttgart, 15. Okt. Die Kontinental^ gesellschaft für Elektrizität in Berlin hat dem Vernehmen desS. M." nach beim Ge­meinderat Stuttgart ein Gesuch eingegeben für Erbauung einer Straßenbahnlinie Land­hausstraßeOstheimGaisburg mit Halte- stellen für Gablenberg, Wangen, Hedelfingen, Weil und Eßlingen. Die Gesellschaft will eine Linie innerhalb eines Jahres in Betrieb nehmen.

Stuttgart, 16. Okt. Am 14. ds. Mts., abends 7'/« Uhr entstand in einem Haus der Moserstraße eine Gasexplosion. Ein Flasch­ner war mit dem Anlegen einer Telephon- leitung beschäftigt, hierbei wurde eine GaS- röhre beschädigt undundicht. Als der Flasch­ner mit dem Licht nach dem Schaden suchte, entstand die Explosion, wodurch der Flaschner im Gesicht und an den Händen Verletzungen erlitt.

Ludwigsburg, 12. Okt. Das Projekt der Erbauung einer Bahnlinie LudwigSburg- Baihingen bezw. Anschluß an die Hauptbahn nach Pforzheim beginnt immer festere Ge­stalt anzunehmen. Nachdem das von den bürgerl- Kollegien gewählte Eisendahnkomitee die in Frage kommende Strecke besichtigt hatte, fand dieser Tage eine Sitzung des Komitees auf dem hies. Rathause statt, zu welcher sich auch die Vertreter der beteiligten Gemeinden cingefunden hatten. Die Berat­ungen erstreckten sich zunächst auf die Aus­arbeitung des Bahnprojekts, Feststellung des zu erwartenden Verkehrs behufs der Rentabi­litätsberechnung rc. Von seiten der Stadt LudwigSburg sowohl als auch seitens der interessierten Gemeinden wird alles geschehen, um den Plan der Verwirklichung entgegen­zuführen, und man hofft, daß demselben auch an maßgebender Stelle Wohlwollen entgegen- gebracht werde.

Eßlingen, 15. Okt. Der am 24. v. M. von dem Militärgericht in Tübingen zu zwei Monaten verurteilte Landwehrmaun ist jetzt, wie dieEßl. Ztg." meldet, begnadig wor­den.

Vom Unterland, 15. Okt. Gestern Vor­mittag dampfte rin neues Schiff auf den Fluten des Neckars zuthol. Es war ein Personendampfer der MoselDampfschifffahrts- gesellschaft Koblenz, der gemietet war, um die Fahrwosserverhältnisse des Neckars zwischen Heilbronn und Mannheim zu prüfen, da die Absicht besteht, zwischen den genannten Städten eine regelmäßige Dampsschiffverbindung ein- zurtchten.

In Reichenbach (Kloster Rcichenbach i. Murglhahl) wurde am Sonntag den 10. Oktober die prächtig restaurierte alte Kloster­kirche feierlich eingeweiht. Um 10 Uhr be­wegte sich ein stattlicher Zug vom Rathaus zur Kirche. An der Thür der Kirche über­gab Oberbaurat von Sauter mit herzlichen Worten den Schlüssel dem OrtSgeistlichen- welcher nach dankender Erwiderung die Kirche öffnete. Dekan Zeller von Freudenstadt hielt die Weiherede. Es folgte die Predigt des HrtSgeisttichen, worauf Pfarrer Rauscher von

Göttelfingen die erste Taufhandlung in der neuen Kirche vornahm. Den Schluß machte Prälat Dr. v. Wittich mit einer eindring­lich mahnenden Ansprache und Gebet. An den feierlichen Akt in der Kirche schloß sich ein gut besuchtes, durch ernste und launige Tischreden gewürztes Festmahl.

Enzklösterle, 15. Okt. In dem benach­barten badischen Jagdgebiet Kaltenbronn wur­den am gestrigen Tage nicht weniger als 21 Hirsche erlegt.

Tübingen, 16. Okt. Heule nacht nach 11 Uhr entstand in einem Holzschuppen bei Gebäude 11 und 13 in der Belthlestraße an zwei Stellen zugleich Feuer. Ein Nach­bar bemerkte die schon emporlodernden Flam­men, so daß sie noch rechtzeitig unterdrückt werden konnten. Brandstiftung wird ver­mutet. Von dem Thäter hat man noch keine Spur.

Engstlatt, OA. Balingen, 15. Oktober. Ein Akt abscheulicher Rohheit spielte sich ge­stern nacht hier ab. Ein 23jährigerBauern- burschc drang in angetrunkenem Zustand um Mitternacht in die Behausung des Küfers Widmer, der in dem Gebäude mit 2 erwach­senen Töchtern schlief. Hier prügelte der Bursche den 76 Jahre alten Mann in dem Bette durch und als eine Tochter dem Vater zu Hilfe eilte, prügelte er auch diese. Als er merkte, daß die zweite Tochter, die daneben in einer Kammer schlief, sich regte, wollte er auch diese burchprügeln, doch gelang es ihr, die Thürc zu verriegeln, welche der rohe Bursche nun eintretcn wollte. Zuletzt ließ der Patron noch einen Rock mitlaufen. Haus­friedensbruch, Körperverletzung, Nachtruhe­störung und Diebstahl hat der Bursche nun­mehr auf seinem Konto.

Biberach, 13. Okt. In Altheim hies. Oberamts, hat es binnen nicht allzu langer Zeit, wiederholt letztmals in der Nacht vom Sonntag auf Montag gebrannt, und immer haben diese Brandsälle bedeutende Schäden augerichtet. Wie begreiflich, war die Beun­ruhigung der Gemeindeeinwohner eine große, denn Brandstiftung lag klar zu Tage. End­lich scheint man den Brandstifter entdeckt zu haben in einer Person, an welche man frei­lich nicht denken durfte: es ist der Hornist der eigenen Altheimer Feuerwehr, ein lediger Einwohner dieses Orts. An einer Stelle, auf der der Verbrecher bei einem weiteren, aber mißlungenen Brandlegungsversuche ge­standen haben muß, wurden Fußspuren auf­gefunden, im Beisein des Staatsanwalts wur­den Stiefelproben gemacht und stehe da, von all den Beschuhungen paßte die des Alarm­gebers der eigenen Feuerwehr so überraschend, daß er festgesetzt wurde. Nun fällt den Leuten, wie es immer geht, dies und jenes ein, was sich eigentlich hätte früher schon ver- veranlassen sollen, auf den jetzt Verhafteten ein wachsames Auge zu haben.

Bad Nauheim, 13. Okt. Die Witwe Konizky, die früher 50,000 für den Neubau des städtischen Kurhospitals Nau­heim gespendet hatte, schenkte weitere 150,000 Mark. Der alte Bau wird niedergelegt.

Episode aus den Kaiser-Manövern. Am 7. September, dem Ehrentage der bahr. Armee, waren wir, nach dem schwierigen Marsch, in der Nähe des Bahndammes Hanau-Windecken, Zeugen eines allerliebsten Zwischenfalles.

Zum großen Leidwesen der blauen Jungen warDas ganze Halt" geblasen worden,

bevor die Bayern ihren Erfolg hatten auS- nützen können. General Graf Häseler war bekanntlich durch die bayerische Infanterie aus die Höhen von Windecken zurückgedrängt worden.

DaS erste bayerische Corps hatte sich noch nicht völlig entfallen können und man saß nun plaudernd da. Das Wetter war trüb, aber nicht regnerisch. Auf einem Markstein kauerte ein baumlanger Gefreiter vom Leib­regiment ; am Bode» neben ihm stand .ein kleiner, frisch gebrauchter Taschen-Kochapparat und in der Hand hielt er eine Schale mit dampfendem Inhalt. Diese improvisierte Feldküche interessierte uns, wir traten näher und sahen, wie er eben eines der bekannten Maggi-Fläschchen aus dem Brotbeutel zog und einige Tropfen in die Schale goß. Schmunzelnd bemerkte der Gefreite, die Schale an den Mund setzend:Warme Bouil­lon" und schlürfte den Inhalt mit Behagen.

Im gleichen Augenblick reitet ein preusst- scher Schiedsrichter vorbei und in seinem Gefolge als Ordonanz ein kleiner, prächtig zu Pferde sitzender Husar. Bei unserem Gefreiten angelangt, hält der Husar den Gaul an und neckt den trinkenden Riesen :Nanu! hat's warm jemacht Kamerad» Was?" Da richtete sich unser Bayer in seiner gan­zen Länge auf und sagt: ,Jo! dös schon I Wenn ihr no a bisll länger gwart'hält' mit dem dummenHaltblosen", nach hält' r s'Fell sakrisch voll droschen kriagt, göll (gelt)I"

Der preusfische General lachte hellauf, wir alle mit und der Husar gab seinem Pferd die Sporen.

Naumburg, 15. Okt. Der Militärzug mit Rekruten für das Gardekorps lief gestern Abend auf einen im Bahnhöfe Naumburg haltenden Güterzug. Der Militärzug blieb unbeschädigt. Die sieben letzten Wagen des Güterzugcs wurden beschädigt, drei davon sind entgleist. Die Schuld trifft den Loko­motivführer des Militärzuges, der das Haltr»>. signal nicht beachtet hat.

Breslau, 15. Okl. Wie dieSchles. Ztg." meldet, hat das StaalSministerium dem Oberpräsidenten Fürsten Hatzfeld nochmals 500 000 ^ Staatsgelder zur Beseitigung der Ueberschwemmungsschäden überwiesen.

Wiedersehen macht Freude In Eb­net wurden einem Holzhauer 70 ge­stohlen. Vorgestern entdeckte der Bestohlene zu seiner größten Ueberraschung, daß ihm nicht nur die abhanden gekommenen 70^, sondern auch noch ein weiteres 20 Mark- Stück unter die Wäsche in seinem Kasten (auS welchem das Geld entwendet wurde) gelegt worden waren.

Die größte Brücke der Welt wird nächstens Chicago besitzen. Man plant dort den Bau einer Drehbrücke, welche 120 Meter lang und 35 Meter breit sein soll, dieselbe ist für den Eisenbahnverkehr bestimmt und soll 8 Geleise nebeneinander aufnehmen.

(Glänzend begründetes Gutachten.) Vor einiger Zeit wurden die österreichischen Handelskammern vomMinisterium angegangen ihr Gutachten über das Sacharin abzugeben. Die Kammern wandten sich wieder an ein­zelne Kaufleutc um deren Ansicht. Ein Be­fragter sprach sich in seinem Gutachten ent- schieden gegen das Sacharin aus und führte unter anderem an, daß sein Hund mit Ver­gnügen Zucker verspeise, das Sacharin ober regelmäßig ausspucke und trotz aller Straf­mittel nicht genießen wolle. (Nettes Gutachten N