Lokales.
Wildbad, 12. Okt. (Vereinshalls und Evang.-Verein.) Schon länger wurde es als Bedürfnis empfunden, für unsere Bibelstunden ein geeignetes Lokal zu besitzen. Die Kinderfchule kann doch nur als ein Notbehelf bezeichnet werden und für die Bibelstunden für Kurgäste während der Saison müssen wir in der Herrenhilfe zu Gaste sein. Für christliche Vereine wie Jünglings- u. Jung- frauenvereine, die hier wohl am Platze wären, für religiöse und allgemein bildende Vorträge ist kein geeignetes Lokal vorhanden. So entstand der Gedanke der Erbauung eines evaug. Vereinshauses, wie solche sich in anderen Städten teils bereits finden, teils an- gestrebt werden- In demselben könnte auch die zahlreich besuchte freiwillige Sonntagsschule ein« passendere Stätte finden, auch ließen sich Jugcndgottesdienste einrichten. Die Verwirklichung dieses Gedankens wurde näher gerückt dadurch, daß Herr Klunzinger in Stuttgart, der auch seit seinem Wegzug von hier dem kirchlichen Leben unserer Stadt fortgesetzt lebhafte Teilnahme entgegenbringt, die reiche Summe von 1000 ^ für diesen Zweck stiftete und daß ihm Frau Kommerzienrat Siegle in Stuttgart mit der hochherzigen Stiftung von 5000 ^ für denselben Zweck ,zum Andenken an ihre treuen Eltern" folgte. So hat sich nun ein evang. Verein gebildet, dessen Ausschuß die Herren Stadtpf. Auch, Oberlehrer Baur, Oberförster Bosch, Kirchcnpflkger Gut bub, Real- lehter Honold, Stadtacciser Maier, Sladtpfleger Romctsch von hier und Th. Klunzinger in Stuttgart angehören. Zweck des Vereins ist eben die Erbauung eines evang. Vereinshauses. AuS den vorhandenen Mitteln ist bereits ein geeigneter Bauplatz angekauft. Wir täuschen uns gewiß nicht wenn wir annehmen, daß von seiten unserer evang. Gemeindeglieder diesem Plane daS wünschenswerte Interesse entgegengebrachl und dasselbe durch den Beitritt zu unserem evang. Verein (Jahresbeitrag mindestens 2 ^ oder eine einmalige Gabe von mindestens 50 ^) bcthätigt wird. Der Bau soll in einfacher, nur dem Bedürfnis entsprechender Weise ausgeführt werden. Es bedarf wohl kaum der Versicherung, daß jede Privatspekulalion dabei vollständig ausgeschlossen ist. Die Statuten mit Einladung zum Beitritt (Kassier ist Kirchen Pfleger Gutbub) werden in der nächsten Zeit zur Verteilung kommen.
Wildbad, 9. Oktober. Güterbeförderer Schumacher hat sein Anwesen nebst Kutschern- geschäft an Güterbeförderer Blocher um die Summe von 50 000 ^ verkauft.
Rundschau.
Stuttgart, 11. Okt. Wie früher, so hat der König auch diesmal am gestrigen Geburtstage der Königin eine größere Anzahl von Begnadigungen Verfügt. In den hiesigen Volksküchen wurden die unbemittelten Besucher auf Kosten des Königs gespeist.
Tübingen, 12. Okt. Heute nacht l'/t Uhr ist Oberbürgermeister Gös nach längerem schweren Leiden verschieden.
Tübingen, 13.. Okt. Auf die erfolgte Meldung vom Tode des Oberbürgermeisters Gös ist aus dem Kabinet deS Königs folgendes Beileidstelegramm bei Gemeinderat Bayha eingetroffen:
„Erster Gemetnderat Bayha, Tübingen.
S. M. der König lassen den bürgerlichen Kollegien der Universitätsstadt Tübingen für die Mitteilung vom Hinscheidcn des hochverdienten langjährigen Stadlvorstandes Oberbürgermeister Gös danken und sprechen denselben anläßlich dieses schweren Verlustes die aufrichtige Teilnahme mit besonderer Berück stchtigung der zwischen Seiner Majestät und Tübingen bestehenden nahen Beziehungen aus. Auf allerhöchsten Befehl: Bieber, Majorund Flügeladjutant."
Heilbronn, 11. Okt. Der erste Geldgewinn der Ausstellungslotterie (5000 ^) fiel einem jungen Mann Namens Frey aus Geislingen zu. Derselbe beabsichtigt das Geld für seine Ausbildung zu verwenden. DaS Los war hier a» der Kasse gekauft worden.
Maulbronn, 12. Okt. Ein Bubenstück wurde hier dieser Tage dadurch verübt, daß der an dem ,Hohenacker" See angebrachte, den Abfluß des Wassers regulierende Bolzen unbefugterweise gezogen wurde. Dadurch gelangte eine beträchtliche Menge Fische in den Abflußkanal, aus dem die größeren gestohlen wurden, während viele Brutware zu Grunde ging. Dem Pächter des Fischwasfers, Kunstmühlebesitzer Kolb, ist hiedurch ein beträchtlicher Schaden erwachsen. Leider ist es noch nicht gelungen, die Thäter zu ermitteln.
Von der badischen Grenze, 12. Oktober. Dieser Tage wurde in Hettigbeuren der Bürgermeister, zwei Gcmeinderäte und der Polizeidiener in Haft genommen, weil sie verdächtig sind, einen Meineid geschworen zu haben.
Pforzheim, 11. Okt. Von Ihrer Kgl. Hoheit der Großherzogin, welchen den Typhuskranken im städtischen Krankenhause schon wiederholt Ueberraschungen zu Teil habe werden lassen, ist an Herr Oberbürgermeister Habermehl letzte Woche ein großes Faß Rotwein für bedürftige Typhuskranke in der Stadt angekommen. Der Wein wurde durch die Herren Bezirksvorsteher des städtischen Hilfsvereins an bedürftige Arme verteilt.
Pforzheim, 12. Oktober. Herrn Stadtbaumeister Kern, dem unser hiesiges städt. Archiv schon so manchen wertvollen Beitrag verdankt, ist eS wiederum gelungen, in Brötzingen 2 altfränkische Gräber, welche mehrere seltene Waffen und Gebrauchsgegenständc enthielten, aufzudecken. Die Funde wurden dem hiesigen Archiv einverleibt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich in der Nähe der aufgedeckten Gräber auch noch weitere Funde machen lassen.
— Der erste badische Zugführer bei Einführung des Eisenbahnbetriebs, Jos. Rhein, feierte in Mannheim seinen 90. Geburtstag.
— In der Rheinlust in Straßburg feierten kürzlich 38 Veteranen im Vereine auf einmal ihre silberne Hochzeit.
Berlin, 13. Okt. Der Gesetzentwurf über die Entschädigung unschuldig Verurteilter, der dem Reichstag in der nächsten Tagung zugehen soll, wird der Münchener „Mg. Ztg." zufolge im wesentlichen die Punkte berücksichtigen, worüber in der Kommission des Reichstages ein Einverständnis erzielt worden war. Das Wiederaufnahmeverfahren soll nicht in allen Fällen stattfinden können, wenn die Unschuld sestgestellt worden ist.
— Auf die Hebung des Torpedobootes 8 26 ist, wie die Abendblätter melden, mit Rücksicht auf die entgegenstehende Schwierigkeiten und die unverhältnismäßig hohen Ko
sten verzichtet worden. Jedoch soll nochmals der Versuch gemacht werden, die Leiche deS Oberheizers Hampel zu bergen.
Paris, 12. Oktober. (Eine menschliche Bestie.) In Belley bei Lyon wurde der 28jährige Bauernsohn Bacher festgenommen, welcher eingestand, sieben Hirtenknaben oder -Mädchen und eine alle Frau ermordet und verstümmelt zu haben.
Wien, 12. Okt. Das Dorf Bondo bei Tione (Tirol) ist durch eine Feuersbrunst zerstört worden; 80 Familie sind obdachlos geworden.
— Ein seltsames Eisenbahnabenteuer hatte ein Herr zu bestehen, der vor mehreren Tagen auf dem Bahnhofe von Culoz mit einem aus Paris cintreffenden Zuge ankam. Da er durch sein exzentrisches Gebühren die Aufmerksamkeit der Beamten erregte, stellte man ein Verhör mit ihm an, aus dem sich ergab, daß in Dijon ein mit demselben im gleichen Abteil befindlicher Mann ihn zum Riechen an einer Flasche gezwungen hatte, wodurch er heftige Kopfschmerzen bekam und fast toll wurde. Der Unglückliche scheint die Beute einer schrecklichen Hallucination zu sein. Er nahm seine Koffer und schleuderte sie auf den Schienenweg, zog aus einem Schnupftuche 3000 Fr. in Gold hervor und streute die Louisdor um sich herum, worauf er einen Check in tausend Stücke zerriß. Die Beamten rafften das Gold zusammen und führten den Mann in ein Gasthaus, wo er nur mit Mühe znrückgehalten werden konnte, da er fortwährend schrie, man wolle ihn ermorden. Ans seinen Papieren entnahm man, daß er der italienische Schiffskapitän Battista Aste aus Genua sei. Man setzte sofort seine Familie von dem Vorgesallenen in Kenntnis. Herr Aste ist inzwischen wieder zu vollem Bewußtsein gelangt und bestätigte seine erste Darstellung. Eine strenge Untersuchung ist über die geheimnisvolle Angelegenheit eingeleitet worden.
— Etwas zu viel militärische Schneidig- keit zeigte ein Feldwebel der Garnison L. Der entscheidungsvolle Augenblick war für ihn gekommen, daß er vor dem Traualtar« seiner Ehehälfte ewige Treue geloben sollte. Der Geistliche richtete an ihn die bekannte Frage „Wollet Ihr rc." und „Zu Befehl!" ertönt cs von den Lippen des strammen Kriegers. Doch hielt er es für gut, der militärischen Antwort, schnell ein Ziviles »Ja I" folgen zu lassen.
— Eine neue Suppe. Man berichtet aus London: „Aus Sydney ist dieser Tage eine erste große Ladung von — Känguruh- schwänzen eingclaufen. Sie sind in Lea- denholl Mark ausgestellt und finden unter den hiesigen Feinschmeckern eifrige Käufer. Der Känguruhschwanz soll nämlich eine Suppe geben, die der berühmten Ox-ts.il- soux in nichts nachsteht. Und auch im Preis kann es den Vergleich mit dem Ochsen- schwanz wohl aushalten. Die Ladung besteht aus etlichen 1250 Kilogramm und das Dutzend Schwänze kostet 12 Mark. Schlägt diese neue Spekulation ein, so soll das Dutzend noch viel billiger werden.
— 3750 Küsse und ihre Folgen. Die Liebenden senden einander tausend Küsse und ersehnen von einander ebenso viel. Aber höchst selten dürften so viele Küsse gegeben werden. Sicher aber niemals auf einmal. Aber doch — einmal ist es geschehen — ganz vor Kurzem in einer kleinen Stadt. Map