— Telegraphieren ohne Draht. Einem
Berliner Blau wird geschrieben: „Sehr ge> öhrter Herr Doktor! Ick lese neulich, daß man jetzt „ohne Draht" telegrafieren kann, wenigstens auf kurze Entfernungen. Da ick nu eenen alten Freund aus Zossen anjetrossen habe, konnte ich nicht zum Mittagessen nach Hause sehen un wollte det meine Olle telegrafieren, damit se nich auf mir warten thut. Ich jede also mein Telejramm am Schalter ab und bin schon längst an der Thüre, als mir der Postbielskische Husar nachjaloppiert kommt und mir in deutliche Sprache, die der selje Stephan in den amtlichen Berühr einjeführt hat, dreißig Pfennig abverlangt. „Nanu," sage ick, „ick denke, man kann jetzt ohne Draht telejrafieren, wenigstens auf kurze Entfernungen, also bei die Stadttelegramme?" „Ohne Draht?" fragt mir der Postbeamte und jlupt mir durch seine Brille an, daß mein Herz wackelte wie Himbeerschelee. „Ohne Draht? Sie wollen mir wohl uzen." „Aber ick habe keenen Draht bei mir," sage ick, „meinHreund, der von Zossen ist, will mir freihalten." Da hätten Sie mal den Radau anhören sollen, und wenn der Zossener nicht dazu gekommen wäre und die Schose be
rappt hätte, würden se mir auf die Polizei jeschleppt haben. Wenn Sie also in Ihr Blatt so 'ne falsche Nachricht setzcn, dann werde ick Ihnen for alle Foljen verantwortlich machen, womit ick verbleibe Hochachtungsvoll Ihr k. Abonnent vom Koppenplatz."
— Ein pfiffiger Bote Der Bankier Leichtfuß ist mit seiner Frau im Theater. Während des Zwischenaktes tritt ein Lohndiener in die Loge und üdcrgiebt dem Bankier ein Biller. „Von wem ist das?" fragt die mißtrauische Gattin.— „Von meinem Freunde Walter. Er ladet mich zu einer Partie Piquet ein." (Zu dem Diener gewendet:) „Sagen Sie, es thut mir leid, heute ist's nicht möglich, zu kommen, vielleicht morgen abend I" — „Sehr wohl, erwidert der Diener, „ich will'« dem Fräulein sagen!"
— Echt amerikanisch. In einem Schreibmaterialiengeschäft in Brooklyn (Vorstadt von Newyork) hängen folg. Plakate aus zur freundlichen Kenntnisnahme: „Händler mit Streichhölzern verlassen dieses Lokal nur in den seltesten Fällen mit heilen Knochen." „Für Reisende in Bleistiften und Seife haben wir Särge jeder Größe auf Lager." „Anzeigen-
Agenten werden, sobald sie sich zu erkennen gegeben haben, niedergeknallt." „II Kunden, welche uns anpumpen wollten, liegen im Keller als Leichen alphabetisch geordnet." „Unser Galgen, der prompt und sicher arbeitet, steht im Hofe für Schwindler zu jeder Zeit bereit." „Aufgepaßt I Sie stehen augenblicklich mit beiden Füßen auf einer Fall- thüre mit elektrischem Schluß." Au I
(Kindermund.) „Nicht wahr, Mama, das Weibchen vom Kamel nennt man eine Kameliendame?"
— Auf den schwäbischen Eisenbahnen fuhr unlängst ein Bäuerlein und las das Plakat „Odol, das beste für die Zähne". Witzig meinte der Bauer: „An »rdentlich's Stück Kalbsbroata ischt mer scho' liaber für meine Zäh'I"
Ein anderer steigt auf einer Station aus und liest „Maggi". „Sia Herrle" , sagte er zum Schaffner, „Hot denn dia Station net früher Dußlenga g'hoißa?" Freile, antwortete der, so boißl se au jetz' no; Maggi ischt blos der Nama vom an ausgrzoichneta Mittele in so gelb Fläschla, wo d' Weiber ihre Suppa 'mit hearrichtet, wenn se ver- groata find!
Wechte Liebe.
Novelle von H. Limpurg.
(Nachdruck verboten.)
6 .
„Hm, vielleicht macht diese reizende Cousine doch tieferen Eindruck auf ihn. Aber nun, meine Herren, es wird Zeit, hören Sie die Trompete? Der Herr General wird gleich hier sein."
Als die Hellen Fanfaren erschallen, und beim Erscheinen des Brigadiers ein Trommelwirbel sämtlicherMusikkorps denselben empfing, ward Fräulein von Pohls lammfrommes Pferd mit einem Male von den lebhaftesten Erinnerungen an die schöne Jugendzeit ergriffen, die es einst bei der Truppe verlebt. Laut aufwiehernd stieg es in die Höhe, seine Reiterin, sich solcher Laune durchaus nicht versehend, verlor die Zügel, wankte im Sattel und fiel, als das mutige Roß vocanftürmtc; glücklicherweise, denn sie saß nicht allzu sicher, glitt der Fuß aus dem Steigbügel, sodaß die junge Dame, zwar ohne Bewußtsein, doch gänzlich unverletzt auf dem weichen Raten lag. DaS scheue Pferd ward nun allerdings sogleich eingefangen, Marie zu einer bekannten Dame in den Wagen gehoben und zum Bewußtsein gebracht, ehe Ada, die etwas weiter seitwärts gehalten, etwas davon gemerkt, sodaß der Anfall noch ganz folgenlos verlief. Auch war Fräulein von Pohl nicht zu bewegen, mit dem kleinen Ponniewagen, der das Frühstück brachte, heimzufahren; die Aussicht, »ach der Kritik noch etwas mit den interessanten Offizieren kokettieren zu können, hielt sie aufrecht und stärkte die erregten Nerven.
Und in der Thai, ihre Ausdauer wurde iusofern belohnt, als nach beendetem Dienst die Herren an die Wagen heranritten, um sich an all' den kulinarischen Genüssen zu stärken, welche zarte Hände ihnen boten. Nur der Eine, auf den Mariens entflammtes Herz gerechnet, war nicht unter den Herren. Major Sendrach ritt an Adas Seile hinter deren Vater und dem Regimentskommandeur,
und es lag wie ein Sonnenstrahl auf dem gebräunten, schönen Männerantlitz.
„Sie werden den Ball auch besuchen, gnädiges Fräulein," frug er mit leicht vibrierendem Tone, „wird es Sie auch nicht ermüden, nach dem langen Frühritle?"
„O nein," lächelte das junge Mädchen heiter, „ich bin im Sattel beinah groß geworden, und es gehört zu meiner liebsten Erholung, allein durch Wald und Feld spazieren zu reiten."
„Sie reiten so gut, wie es selten ist bei Damen."
„Bitte, keine Komplimente, Herr Major," sagte Aada und wurde sehr rot, „ich liebe daS nicht. Es ist so ganz natürlich, daß man mit der Hebung auch Fertigkeit dabei wie bei allen übrigen Sachen erlangt."
„Fräulein von Pohl war vorhin auch zu Pferde."
„Ja — doch scheute das Tier und sie zog es vor, aus dem sicheren Wagen die Parade anzusehen. Aber — hatten Sie uns denn vorher schon gesehen, Herr Major?"
„O gewiß, gnädiges Fräulein, ich sah Sie vom ersten Moment Ihrer Ankunft an."
Es war ein eigener Klang in seiner Stimme, und als Ada zu ihm aufblickte, da ergoß sich eine dunkle Blutwelle ihr über Stirn und Nacken, denn seine ernsten Augen hatten geleuchtet, fast so wie gestern der Abendstern, zu dem sie ein stilles Gebet gesandt I
„Der Ball wird ein glänzender Abschluß der bewegten Manöverlage werden," fuhr sie etwas hastig fort, um ihre Verwirrung zu verbergen, „wir leben sonst recht still und freuen uns daher doppelt über solche Abwechselung."
„Abwechselung?" frug Sendroch einigermaßen bitter, „so rechnen Sie, Fräulein von Bärfeld, es nur für eine solche, die dann durch irgend etwas anderes abgelöst wird? Sie werden uns also bald vergessen haben."
„O nein," rief sie hastig und beinah unvorsichtig, „das meinte ich gewiß nicht, denn — denn es ist doch sehr schabe — daß —"
Sie hielt inne und er bog sich etwas
tiefer zu dem süßen Gcstchtchen nieder: „Was ist schade, Fräulein Ara, sprechen Sie aus — Sie ahnen nicht, was an Ihre Worte sich knüpft."
Ein Jubelton zitterte auf in dem klopfenden Mädchenherzen, eine Thräne glänzte in dem blauen Auge, als sie jetzt hastig hervorstieß: „Es thut mir so leid — daß Sie wieder fortgehen I"
„Nun, Ada, müssen wir aber heimreiten," rief der Baron in dem Augenblick herüber, „und dürfen die Herren nicht länger aufhalten. Auf Wiedersehen denn heute Abend I"
„Noch eine Minute, gnädiges Fräulein," bat Major Sendrach, plötzlich heiter und fast übermütig, „ich möchte um die Ehre eines Tanzes heute Abend ersuchen, wenn das von einem älteren Manne wie ich nicht allzu unbescheiden ist. Wollen Sie die Gnade haben?"
„Sehr gern," nickte Ada halblaut, „ich — ich hatte du Quadrille noch nicht besetzt."
„So danke ich ganz unlerthänigst für die Ehre," wieder flog ein leuchtender Blick zu dem zitternden Mädchen hin, dann galoppierte der stattliche Major davon und Ada lenkte wie im Traume ihr Pferd an deS Vaters Seite.
Wie kaw's denn, daß eS schien, als ob die Sonne plötzlich so viel Heller strahlte, die Vögel lauter jubilierten und ringsum alles ein neues Ansehen hatte. Sie wagte sich keine Antwort zu geben auf diese Frage, nur die kleine Hand preßte sie an die wogende Brust und eilte beim Heimkehren hinauf in das Thurmstübchen, um ihren Thränen freien Lauf zu lassen. So fand Marie sie noch, als sie eine halbe Stunde später atemlos anlangte.
„Aber Ada. was hast Du?" rief sie verwundert, „weshalb so traurig? Du wirst heute abend ganz verweinte Augen haben. Geh doch, sei vernünftig I Hast Du Dich geärgert, daß Vetter Egon mir den Hof macht?"
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck u»>> Verlag von Beruh. Hofman« tu Wildbad.