Rundschau.

Se. Majestät der König hat den Justizreferendär I. Klasse Bücher, Amtsan- walt und Hilfsrichter in Neuenbürg, zum Amtsrichter in Rottweil ernannt.

Die Personenpost Herrenalb Dobel- Höfen und zurück, welche nach der Postver- vindungSüberstcht für den Sommerdienst 1897 nur bis zum 15. September zu verkehren hätte, wird ohne Aenderung der Kurszeiten vom 16. September an weitergeführt; da­gegen kommen die ab 16. September vorge­sehenen Postbotenfahrten zwischen Dobel und Rothenbach, sowie die Postbotengänge zwischen Dobel u. Herrenalb nicht zur Ausführung.

Stuttgart, 23. August. Der Chef des Hauses Hohenlohe - Oehringen - Jngelfingen, Fürst Wtlh. Eug. Karl Hugo Herzog v. Ujest, ist am Montag im Alter von 81 Jahren auf Schloß Slawentzitz in Schlesien ge­storben.

Der König hat sofort auf die Nach­richt von dem Ableben des Fürsten den Hin­terbliebenen sein Beileid auSdrücken lassen.

Stuttgart, 23. Aug. Gutem Vernehmen nach wird höheren Ortes erwogen, gewisse Militärviamienstellen z. B. diejenigen der Zahlmeister teilweise mit pensionierten Sub­alternoffizieren zu besetzen. Sollte die Er­wägung dieses Gedankens nur ein Vorspiel dazu sein, ausrangierte Offiziere in Beamt- ungcn hineinzubringcn, wie dies in Preußen bekanntlich längst der Fall ist, so würde dies in Württemberg nur mit gemischten Gefühlen ausgenommen werden.

Die Deutschen Forstmänner halten vom 30. August bis zum 2. September die 15. Versammlung in Stuttgart ab.

Ulm a. D-, 23. August. Anläßlich der württ. KorpSmanöver, die in der Nähe von Ulm stattfinden, wird Se. Maj. der König vom 19. bis 22. September hier im Rust. Hof Absteigequartier nehmen.

Eßlingen 24. Aug. Der in der Bentau hier wohnende Invalide Friedrich Böhmerle, 66 Jahre alt, sollte in das alte Spital hier gebracht werden. Er nahm sich die Sache so zu Herzen, daß er zuerst sein Bett an- zündeke, um darin zu verbrennen, und als dies entdeckt wurde und dasselbe gelöscht war, schnitt er sich in einem unbewachten Augen­blick den Hals vollständig durch, so daß er in kürzester Zeit eine Leiche war.

Vom unteren Enzthal, 24. Aug. Die Frühhopfenernte hat begonnen; das Ergeb­nis ist ein mittelmäßiges. Der Stand der Weinberge ist ein guter und vielversprechen­der.

Röthenberg, 23. Aug. Das neunjährige Töchterchen des Andreas Reich, Bauers hier machte sich in Abwesenheit des VaierS an der Futterschneidmaschir.e zu schaffen, wo­bei ihm der Zeigefinger der rechten Hand zur Hälfte zerquetscht wurde. Wieder Mural eine Warnung, doch Kinder von der gefährlichen Futlerschneidmaschinc fernzuhalten!

Rvttwkil, 23. August. Gestern abend stürzte der Ankuppler Gottlieb Peter von Sulz, ein 25 Jahre alter lediger Mann kurz vor Abgang des Stuttgarter Zuges, während er die Notleine befestigen wollte, vom Wagen ab und geriet unter die Räder des Zugs, sodaß sein Tod augenblicklich erfolgte.

Ebingen, 23. Aug. Heute nachmittag wurde das ca- 4 Jahre alte Söhnchen des hiesigen Bürgers Karl Rtmmele vermißt. Bach längerem Suchen fand man dasselbe

im Mühlenkanal in der Nähe der Spital­mühle tot vor. Den Eltern, welche durch diesen UnglückSfall ihr einziges Söhnchen ver­loren haben, wendet sich allgemeine Mitleid zu.

Ueber die Gültigkeit der silbernen Zwanzig-Pfennig-Stückeherrscht vielfach große Unklarheit. Man ist hier und da der An­sicht, daß diese Geldmünzen überhaupt keine Gültigkeit mehr besitzen. Sie bilden indessen noch immer ein vollgültiges gesetzliches Zahl­ungsmittel. Allerdings verschwinden die kleine Geldstücke immer mehr aus dem Ver­kehr, da seit Jahren keine mehr geprägt werden und die im Verkehr befindlichen bei allen öffentlichen Kassen eingezogen; sie ist schon heule im Verkehr ziemlich seilen ge­worden und wird in einigen Jahren ganz daraus verschwunden sein.

Kreuznach. Bei Langenlonsheim ist an 850 Weinslöcken die Reblaus konstatiert wor­den. 10 000 Stöcke müssen im Umkreise vernichtet werden. Die Behörde triffl alle möglichen Vorsichtsmaßregeln.

München, 24. August. Die .Neuesten Nachr." melden aus Rain am Lech: Die 11jährige Tochter eines Gütlers ausStaud- hcjm wurde nahe diesem Dorfe mit ausge­schnittenem Hais und ausgeschnittenem Bauch im Straßengraben aufgefunden. Der Mör­der soll in der Richtung nach Gemmringen entflohen sein. Kurz zuvor hatte sich der Vater von dem Mädchen entfernt und war zur Bahnstation gegangen.

München, 25. Aug. Die ,M. N. N." melden auS Rain : Dringend verdächtig, den Lustmord an der lljährigeu Marie Koch aus Staudheim verübt zu haben, wurde ein Dicnstknecht von Niederschönenfeld verhaftet.

Berlin , 20. Aug. (Ein Doppelmord.) Die 71jährigc Witwe Schnitze und deren 51jährige Tochter, Königgrätzerstraße 25 wohnhaft, wurden seil 14 Tagen nicht mehr gesehen. Man nahm an, daß sie verreist feie». Die Frau war sehr wohlhabend, be­saß bedeutende GypSbrüche und anscheinend auch mehrere Häuser, galt aber als sehr geizig. Beide Frauen gingen höchst selten aus, unterhielten keinerlei Verkehr weder mit den Hausbewohnern noch sonst mit irgend Jemand. Vor einiger Zeit hatte ein Schuh- warenhändlcr Laden und Keller im Hause gemietet, war aber noch nicht eingezogen, sondern hatte bloS die Ladeneinrichtung be­sorgt. In einer Kcllerstube unter diesem Laden wurden heute die Leichen der beiden Frauen in Wachstuch eingewickelt und in Kisten verpackt vorgefunden. Die Kisten waren mit schwarzer Erde zugedeckt. Die vorläufige Untersuchung der einen Leiche er­gab, daß der Schädel zertrümmert und der Unterkiefer zerschmettert war. Die Erde soll vor 8 oder 10 Tagen angefahren und von der Straße aus durch Arbeiter unmittelbar in das Kellerfenster geworfen sein.

Berlin, 24. Aug. Ueber den Doppel­mord in der Königgrätzerstraße ist weiter mitzuteilen, daß nach den bisherigen Ermitt­lungen der flüchlige Schuhmacher Josef Gönczi die That am 13. Aug. Morgens im Keller vollbracht hatte, wohin er di« beiden Frauen, eine nach der andern, gelockt hat, was ihm bei ihrer Neigung, sich um jede Kleinigkeit persönlich zu kümmern, sehr leicht fiel. Mach dem sachverständigen Gutachien eines Arztes hat der Mörder dann den Frauen einen Wachstuchsack über den Kopf geworfen, mit­

telst einer Schnur, wie eine solche den HalS der einen Leiche noch zujammenpreßte, ihnen mit furchtbarer Gewalt die Kehle zugeschnürt und alsdann noch schwere Schläge auf das Haupt der bereits Gelöteten geführt. Durch den noch vor Beibringen der Schläge einge­tretenen Tod erklärte eS sich, daß keine Blitt- spuren vorhanden sind. Die Wachsleinwan^, die bei der Ermordung gedient hatte, hielt, da sie über den ganzen Körper gezogen war, eine Zeit lang den Leichengeruch fern. Der mutmaßliche Mörder hat Berlin am 19. Auq. verlassen. Die Verzögerung feiner Abreise erklärt sich durch seine Bemühung, den Schlüssel zum Geldschrank zu finden. Das ist ihm, wie nunmehr feststeht, nicht gelungen. Es befanden sich in dem Geldschrank 5000 ^ Das übrige Barvermögen von 400,000^,^ zu dem noch die Hypotheken gehören, ist bei einem Bankier deponiert.

Die Auswanderung aus Deutsch­land ist in diesem Jahre verhältnismäßig gering. Einer Meldung aus Bremen zu­folge sind im ganzen in diesem Jahre (vom Januar bis Ende Juli) über Bremen aus. gewandert 23 827 Personen, gegen 48 366 in derselben Zeit 1896. Der Hauptstrem der Auswanderung gehl immer noch nach Amerika; die Auswanderung nach Brasilien verzeichnet nur 183 Personen vom Januar bis Juli, gegen 4201 in derselben Zeit des vorigen Jahres.

Kopenhagen, 25. August. Nach einer Meldung der Blätter auö Christians legte der Amerikaner Weltmann Dr. Nansen den Plan einer Nordpolexpedition vor, welcher Nansens Billigung fand. Demnach gedenkt Wellmann, vom Februar bis Mai 1899 vom Cap Fligely auf Franz Joseph-Land aus einen Ausflug nach dem Nordpol zu unter­nehmen. 5 Norweger sowie viele Hunde mit Schlitten und Kajaken sollen ihn begleiten. Nach seiner Berechnung soll die Expedition täglich 11 englische Meilen zurücklegen können.

Verschiedenes.

Der Adel in Berlin. Das deutsche Adelsblatt hat neuerlich eine Zählung der in Berlin wohnenden Adeligen nach Namen und Beruf vorgenommen. ES wurden in Berlin und dessen näheren Vororten rund 8000 Adelige ermittelt, darunter 4600 dem OfftzierSstande und Offiziersfamilien zuge­hörige. 529 Vertreter des Adels sind im höheren Zivildienst angestellt oder doch aka­demisch gebildet, 95 Gutsbesitzer, 290 Rent­ner. Ferner zählt Berlin 207 adelige Kauf- leute, Fabrikanten und Agenten, 202 adelige Subaltern- und Unterbeamte, 108 adelige Handwerker und Kleingewerbetreibende.

Er hat eine Hypothek. Ein heiterer Zwischenfall hat sich, wie die Berliner Blätter berichten am SamStag bei dem Dachstuhl­brand in der Seydelstraße ereignet. Die Polizei sperrte die Brandstelle ab und duldete auch nicht, daß das Publikum auf der gegen­überliegenden Sette stehen blieb. Ein Son­nenbruder von der Art, wie sie früher ihr Standquartier auf dem Dönhofplatz aufzu­schlagen liebten, sah sich, die Hände in den Taschen, das Feuer an. Ein Schutzmann sagte zu ihm:Machen Sie, daß Sie wetter­kommen I* Da antwortete der Sonnenbruder mit Seelenruhe:Ader Herr Wachmeester, ick muß doch sehen, wie sich die Jeschichte weiter entwickelt ick habe ja 'ne Hypothek uff det Haus l*