Wechte Liebe.
Novelle von H. Limpurg.
(Nachdruck verboten.)
5 .
„Sol Woher weißt Du denn das, Ada!" forschte Marie, sich mit glühenden Wangen in den Kissen aufrichtend, „hat er es Dir gesagt? Das ist ja noch viel interessanter."
„Meinst Du, aber nun schlaf wohl, ich bin so müde; morgen können wir weiter plaudern. Gute Nacht, Marie."
„Ach gehe, Du bist ein Eiszapfen und kannst mich nicht Verstehen. Ich werde die ganze Nacht von dem schönen Major und seinen schwermütigen Augen träumen. Wer mit diesem edeln und bedeutenden Manne glücklich werden könnte!"
„Versuche es nur," murmelte Ada, aber dabei rann eine Thräne über ihre Wange, sie wußte selbst nicht weshalb.
Es wurde still in dem traulichen Gemach, aber während Maries gleichmäßige Atemzüge bald sich hören ließen, lag Ada noch lange, lange schlaflos da. Sonderbarl Noch heute früh war sie so übermütig gewesen und nun lag cs ihr wie eine Centner- last auf der Brust, daß sie nicht wußte, ob sie jubeln oder schluchzen sollte!
„Seit ich ihn gesehen —" flüsterte sie vor sich hin, dann jedoch verstummten die rosigen Lippen, als habe irgend ein unberufenes Ohr vernommen, was der keusche Mädchenmund kaum wagte, der stillen Nacht zu gestehen.
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Am nächsten Morgen wurde es früh lebendig; unter schmetternden Fanfaren zog die Husaren-Schwadron aus, und auch die Einquartierung von Schloß Bärfeld schloß sich derselben an.
Lieutenant von Bärfeld sprengte, schön wie ein Krtegsgvtt, in elegantem Bogen heran, um vor den Bewohnern des Schlosses wenn möglich zu paradieren. Und in der That gelang es ihm. Droben öffnete sich klirrend das Turmfenster und ein Mädchenkopf im Morgenhäubchen bog sich heraus, graziös lächelnd den Gruß des jungen Offiziers erwidernd.
„Ah, das ist Fräulein von Pohl," schnarrte Egon, sich an seinen Vorgesetzten wendend, „die Damen sind doch immer aufmerksam, wenn es sich um unsereins handelt."
Major Sendrach hatte mit keinem Auge hinaufgrbl'ckt. „Ich muß Sie doch bitten, Herr Lieutenant," bemerkte er scharf, „sich für jetzt mehr um Ihre Husaren, als um ein kokettes Dämchen zu kümmern. Lassen Sie den Zug rechts umschwenken l"
„Was blasen die Trompeten Husaren heraus," erklang die Helle Fanfare und unter deren Klängen ritt die schmucke Husarenschwadron davon ins nahe Manöverterrainl Seit sie gestern eingezogen, hatte sich doch
schon gar Manches im Schlosse verändert.
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Hrme wür BrigüdevvrsteÜung vor dem Herrn General und am Abend der übliche Manöverball im nahen Städtchen. Der alte Baron von Bärfeld wollte mit seinen beiden jungen Damen aufs Paradefeld kommen, und war der Vorschlag von all den nach und nach bekannt gewordenen Offizieren mit großem Vergnügen begrüßt worden, de-
sonders als bieliebenSwürdigeBaronIn lächelnd hinzugefügt hatte: „Ich sende den Kutscher mit, um ein gutes Frühstück nachzubringen."
Ada saß graziös und natürlich im Sattel, ohne recht zu ahnen, welch'liebliche Erscheinung sie abgab; sie ritt mit Vorliebe, denn sie war Naturfreundin und liebte eS, die Gegend einsam zu durchstreifen, um wie sie meinte „Entdeckungsreisen zu unternehmen.
Fräulein von Pohl jedoch schien in ihren Reitkünsten nur so weit über die Anfangs- studien hinaus zu sein, um gerade knapp im Sattel zu bleiben; krampfhaft hielt die kleine Hand die Zügel und bei jeder hastigen Bewegung des Pferdes wechselte die junge Dame stark die Farbe.
„Nun, Fräulein Marie, Ihr Schimmel ist wenigstens das frömste Tier aus dem ganzen Stall," lächelte der Barou, der heimlich, voller Stolz auf Ada, beide Reiterinnen verglich. „Sie sitzen hier im Sattel so sicher als im Großvaterstuhl."
„Wird es denn auch Musik und Schießen Vertragen?" frug etwas kläglich die schöne Amazone, und Ada fiel lachend ein:
„Oh, da muß ich mich bei meinem „Zapdyr" vvrsehen, der steigt bald einmal hoch in die Luft und muß erst gut zugeredet bekommen, ehe er vernünftig wird." —
„Na, kommen Sie nur mit, gnädiges Fräulein," beruhigte der joviale Schloßherr, „es kann Ihnen als schlimmstes ja nur passieren , daß sie aus dem Sattel geworfen werden — und da giebt es viel galante Lieutenants, welche Ihnen wieder aufhelfen."
Schon von -weitem sah man die Helme der Infanterie blitzen und die Fähnchen der Lanzen der Kavallerie im Winde flattern.
Ada sah solche militärische Schauspiele gern, ihr Auge flammte — und ganz tief drin im Herzen regte sich auch ein anderes Gefühl. Tag um Tag war sie mit Sendrach zusammengekommen, und der stattliche Mann hatte nach und nach einen unauslöschlichen Eindruck zurückgelassen; Abends wenn sie im Bett mit gefalteten Händen lag, murmelten die keuschen Mädchenlippen halb jubelnd, halb schmerzzuckend: „Ich — habe ihn lieb — so lieb! Und waS soll ich thun, wenn er fortgeht. Ich könnte cs nicht auShalten — o nein — nur das nicht."
Mitunter hatte sie dann wohl auch gemeint, sein Auge andcrs auf sich ruhen zu sehen als auf den Uebrigen, aber vielleicht war's doch nur Täuschung, denn wenn sich ihre Blicke getroffen, wandte sich der Major jäh ab und begann irgend ein eifriges Gespräch mit dem Schloßherrn oder dessen Gemahlin.
Heute Abend nun war großer Manöverball, und Ada hatte ganz heimlich mit furchtbebendem Herzchen, eine kleine unschuldige Jntrigue gespielt; alle anderen Tänze waren bereits längst versagt, auch so viele Extratouren bewilligt, nur die Quadrille hütete sie ängstlich und beschick jeden danach Fragenden abschlägig. Würde nicht doch vielleicht Major Sendrach darum bitten?
Marie von Pohl schwärmte vollständig offen für den schönen SchwadronSchef, besonders seit sie erfahren, daß er Wittwer sei; ja, sie hatte ihm gestern Abend in ihrer kokett-schwärmerischen Art sogar den ersten Walzer verheißen, worauf er, sich lief verneigend, ausweichend geantwortet: „Mein gnädiges Fräulein, ick bin ganz entzückt von
so viel Güte, kann aber als humaner Vorgesetzter unmöglich meine Lieutenants so unglücklich machen, indem ich denselben eine der besten Tänzerinnen wegnehme, auch muß ein Mann in meinen Jahren nicht mehr Rnndtänze wagen."
Adas Herz hatte bei den Worten ungestüm gepocht. Rundtänze hatte er abgelehnt; wie, würde cr auch ihre Quadrille mit gleich ausweichenden Redensarten von sich weisen?
„Da kommen die Herren," flüsterte Fräulein von Pohl, als Egon jetzt heransprengte, eine Kavalkade anderer Kameraden hinterdrein; „Ada, ist mein Hut und Schleier noch in Ordnung?"
„Ja, nickte die Gefragte etwas ironisch, „aber Du stehst ja, daß er noch nicht unter Deinen Getreuen ist."
„Ah, Du meinst den schönen Major," lachte Marie, „nur Geduld, er kommt schon und meine Blicke sollen sein stählern Herz wohl treffen. Außerdem hole ich ihn heute Abend in jeder Kotillontour."
Ada erbleichte und preßte die Lippen zusammen. Nun erst recht sollte Niemand auch nur ahnen, wie es hier drin in ihrem Herzen stand. War Sendrach empfänglich für Maries kokettes EntgeHenkommen, so hatte sie sich in ihm getäuscht, und dann würde das wehe Herz bald wieder gesunden, denn eine Enttäuschung am ersten Ideal des Lebens wäre ja zu traurig gewesen.
Er, an den sie dachte, hielt dort drüben neben seinem Regimentskommandeur in eifrigem Gespräch, aber dennoch war ein hellleuchtender Blick auf die schlanke Mädchengestalt im schmucklos schwarzen Kleid und Hütchen gefallen, die dort so ruhig und sicher neben dem Vater hielt und träumend ins Weite blickte.
„Nun, Ihr eleganter Adjutant hat heute aber schweren Dienst, Herr Major," lachte der Oberst auf Baron Egon deutend, der sehr eifrig mit den junge» Damen plauderte, eigentlich aber nur von Marte Antwort erhielt und von Ada einige Male sehr kühl behandelt wurde.
„Manöverlust, Herr Oberst," entgegncte Sendrach spöttisch. „Herr von Bärfelbs Gefühle gleichen dem schwarzweißen Fähnchen seiner Lanze und wechseln mit den verschiedenen Quartieren. Ich kenne das genau I" (Fortsetzung folgll)
Vermischtes.
.-. (All Heil!) Einen heiteren Zwischenfall erlebten kürzlich mehrere Landshuter Radfahrer, die eine Fahrt nach Geisenhausen unternahmen. Bei der Rückfahrt machte einer die unliebsame Wahrnehmung, daß er seinen Gürtel, auf dem der Radlergruß „All Heil" eingestickt war, verloren hatte. Große Aufregung und sofortiges Umkehren waren die Folge. Da kam Schweißtriefend ein Bauer gerannt und rief: „Wer von Enk hoaßt denn All Heil?" Natürlich großes Halloh und Gelächter.
.-. (Der höchste Genuß.) Gutsherr (der einige Bauern seines Dorfes zu sich geladen hat, nach der Tafel): Nun , welches Vergnügen soll ich Euch jetzt bieten?" — Ein Bauer: „Rauf'n mer 'n wengel Euer Gnaden!"
(In den Flitterwochen ) Junger Gatte: „Ich sag Ihnen, wenn mein Frauchen schnarcht, ist's noch Musik l"
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosmann in Wildbad.