Wechte Liebe.
Novelle von H. Limpurg.
(Nachdruck verboten.)
2 .
„O, liebste Marie, tröste Dich, Du bekommst lebenden Ersatz für Deinen toten Helden; soeben ist die Einquartierung angekommen !"
Wie von einer Feder emporgeschnellt fuhr Marie in die Höhe. „Was Du sagst, AdaI Sind's auch Offiziere?"
„Ja," nickte diese ironisch, „der Schwadronschef, ein Major und sein Adjutant; Papa sagt, es sei Vetter Egon Bärfeld, der sich schriftlich schon anmeldete."
„Aber das ist ja reizend und das sagst Du mir jetzt erst," jubelte Maria von Pohl, Adas PensionSfreunbin, welche für einige Wochen zu Besuch da war. „Da müssen wir zu Tisch besonders Toilette machen. Ich will mich gleich frisieren und mein blaues Kleid zurecht legen lassen."
„Aber Herz, wegen der beiden Husaren ? Vetter Egon ist der Mühe nicht wert, denn ich habe ihn in Erinnerung als einen höchst faden eitlen Kadetten und das wird er wohl als Lieutenant auch geblieben sein.
Und dem Major zu Ehren ziehe ich mich auch nicht anders an — das wird jedenfalls ein ältlicher Mann sein."
„O, Dein Papa wird schon die anderen Offiziere aus den Dorfquarticren noch mit einladen und wir müssen doch die Gäste auszeichnen. Denke nur, Ada, wenn hier im Schlosse ein Ständchen gebracht würde I"
„Das müßte dann für Dich sein, Maria. Hm, ich werde Dir etwas sagen, nimm Dich des Husarenmajors liebevoll an — und steh gleich zuerst nach, ob er einen Trauring trägt. Ist das nicht der Fall, so würde ich an Deiner Stelle auf der Grundlage weiter bauen."
Maria ward dunkelrot und wollte schmo- len, doch die übermütige Freundin faßte sie um die Taille und zog sie im Wirbel so lange durchs Zimmer, bis sie wieder Willen lächelte.
„Und nun Achtung," kommandierte Ada endlich atemlos „ins Feuer! Machen wir Toilette für die Einquartierung, Du für den uuvckannlen Major und ich — für Vetter > Egon!"
Sic lachte übermütig und wollte hinauseilen, als Maria sie nochmals anhielt.
„Ada," frug sie etwas unsicher, „meinst Du, daß — daß ich eine Rose ins Haar stecken könnte?"
„O gewiß," neckte jene, und die verliert man dann bei der Promenade im Park, aber so, daß einer der in Aussicht stehenden Verehrer sie findet und auf seiner Brust bewahrt, bis —"
„Ach, D» bist heute unausstehlich," zürnte Maria und wandte sich ab, während die Freundin lachend die Thür schloß; aber sie ging doch hinab und wählte zwei wunderschöne Theerofen, die sie sorgfältig abschnitt und Fräulein von Pohl brachte.
„Hier ist ein Friedensband, Herzchen," sagte sie munter, „und nun mußt Du Dich frisieren lassen ; ich will Dich so schön machen — daß alle Hujarenosfiziere Dir zu Füßen liegen sollen."
„Aber Ada, wie übermütig Du bist. Du solltest Deine Scherze doch nicht übertreiben !
Wer weiß, wie sich das Schicksal an Dir und Deinem Uebermute noch rächen wird. Wie wäre es, wenn Du an den „ältlichen Major" Dein Herz verlörest?"
„Ah bah, das glaube ich nicht. Der ist für mich zu alt und ich bin auch durchaus nicht sentimental veranlagt, um mein Herz schon jetzt zu verschenken. Und unter keinen Umständen werde ich mich in einen älteren Herrn Junggesellen verlieben, auch wenn er ein stattlicher Husarenmajor ist."
Marie gab jetzt der Freundin keine Antwort auf diese Bemerkung sondern verschwand, um Toilette zu machen.
Auch die Herren Offiziere machten sich zum Diner zurecht, welches um 4 Uhr an« gesetzt worden. Baron Bärfeld verschwendete eine Unmenge feinsten Parfüms, bürstete Haar und Bart bis zur Unendlichkeit und zwängte sich in di: engsten Lackstiefet, daß ihm vor Anstrengung die Hellen Schweißtropfen von der Stirne tropften.
„Donnerwetter I" klagte er halblaut, „die Stiefel sind verwünscht enge und bei der Hitze recht unbequem I Aber dem schönen Coustnchen zu Liebe, was thut man da als galanter Beller nicht. Hm, Rivalen giebt es im Augenblick nicht, den Major Sendrach zähle ich als Witwer nicht mit in die Reihe. Er ist viel zu ernst, um nach irgend einer Dame zu sehen, obwohl man sich erzählt, daß er sehr unglücklich mit seiner verstorbenen Frau gelebt habe. Verwünscht, diese Stiefeln werden mir noch de» ganzen Tag Verderben."
Endlich war die Stunde des Diners da. Die Klänge einer Glocke erschollen, und beide Offiziere traffcn im Korridor zusammen; Major Sendrach sah stattlich und vornehm aus, trug jedoch nur den Jnterimsrock und die Mütze, während Baron Bärfeld Gala- Uniform angelegt hatte und den Tschako in den Händen hielt.
„Nun, bester Bärfeld, haben Sie den Domen des Hauses schon ihre Aufwartung gemacht?" frug der Major etwas scharf, „oder weshalb sind Sie noch in Gala?"
„Meine — Aufwartung?" stammelte Egon ganz entsetzt, „nein — ich dachte — bei Tische fände die Vorstellung statt "
„Nun, es wäre doch wohl sehr schicklich gewesen, den Damen des Hauses schon vor Tisch seine Aufwartung zu machen," bemerkte der Major und seine Stimme klang ziemlich ernst. „Merken Sie sich das, Herr Lieutenant, in ähnlichen Fällen. Ich bin allerdings nur von Ihrer Frau Tante empfangen worden, die jungen Damen waren nicht anwesend."
„Junge Damen?" dachte Bärseid ganz verwundert, aber die Zurechtweisung, die er erhalten, machten ihn doch etwas verstimmt, und schweigend trat er hinter den Vorgesetzten in das Boudoir, wo drei Damen ihnen entgegen kamen. Er verneigte sich und küßte die Hand der Baronin so angelegentlich, daß er die Vorstellung dein den jungen Damen überhörte und um dies wieder gut zu machen, mit schnellem Entschluß auf die eine derselben im blauen Kleid, eine Theerose im Haar und am Gürtel zutrat und sic anredete : „Cousine Ada I Ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft von damals erneuern zu dürfen. Sie sind doch genau dieselbe geblieben wie damals, als Sie so graziös durch daS Seil sprangen."
Die junge Dame sah etwas verlegen
drein, und Bärfeld stutzte, als jetzt eine silberhelle Stimme hinter ihm sagte: „Vetter Egon, Dein Gedächtnis scheint etwas kurz und ungenau zu sein, denn diejenige, welche Du meinst, bin ich, aber ich habe nie durch das Seil springen können."
DaS war abermals eine Niederlage für den elganten Offizier! Doch er nahm sie katt auf, murmelte einige Worte der Entschuldigung, drehte sich nach Cousine Ada um, machte eine tiefe Verbeugung, küßte ihre Fingerspitzen und — befand sich nach zwei Minuten wieder völlig auf der Höhe der Situation.
Man begab sich zu Tisch. Major von Sendrach führte die Baronin, Bärfeld die Cousine Ada und Maria wurde von dem Schloßherrn zu Tische geleitet.
Es entwickelte sich bald in der That ganz besonders durch Egons Gewandtheit eine animierte Unterhaltung, an der alle teilnahmen. Major von Sendrach saß Ada gegenüber, und jedesmal, wenn sie in die Höhe blickte, trafen seine ernsten Augen sic so eigentümlich forschend, daß es sich wie ein Bann auf ihr Gemüt legte. Die Herren erzählten allerdings Manövererlebnisse, Maria von Pohl und die Baronin hörten belustigt zu, und nur die sonst so muntere liebliche blonde Tochter des Hauses wurde immer stiller; eine Flut von Gedanken strömten auf sie ein.
Endlich erhob man sich, um den Kaffee vor dem Schlöffe unter der großen Kastanie einzunehmen. Zum ersten Male schritt der Major Sendrach neben Ada.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Hohe Lebensmittelpreise. Am kostspieligsten ist das Leben in Guatemala, der Hauptstadt des gleichnamigen Landes. Ein Pfund Brot kostet I Frank 90 Centime«; ein Pfund gewöhnliche Butter 5 Franks. Kartoffel kosten bis zu 15 Centimes das Stück. Ein Liter Milch kommt auf 1 Frank 50 Centimes, ein Liter Landwein auf 15 Fr. Die Mietpreise für Wohnungen, die mäßigen Ansprüchen genügen, schwanken zwischen 4000 und 5000 Franks, und für ein kleines unmöbliertes HauS bezahlt man 12000 Franks. In den Gasthäusern kan» man nicht billiger leben als um 50 Franks täglich. Liebliche Gegend!
— (Ein guter Einsall.) Friedrich Wilhelm III. bemerkte eines Tages bei der unerwartet raschen Zurückkunft von einem Spazierritt in das Palais zu Potsdam, daß sich der Portier nicht, wie es dessen Pflicht gebot, auf seinem Posten befand. „Portier ist abgesetzt I" rief der Monarch zornig. Jede Fürsorge würde bei der Hartnäckigkeit, mit welcher der König an einer einmal getroffenen Bestimmung festhielt, fruchtlos gewesen sein, man schwieg also, obgleich das Schicksal des sonst so pflichtgetreuen Beamten allgemein Bedauern erregte. Als aber am nächsten Morgen der dicnstthuende Flügeladjutant in das Zimmer des Monarchen trat, gestattete er sich die Frage: „Majestät, ist der Portier auf einen oder auf zwei Tage abgesetzt?" — „Auf einen," lächelte der König, der inzwischen wohl selbst schon das im ersten Aerger Verfügte bereut hatte.
.-. (Vom Kasernenhof.) Wachtmeister (zum Soldaten, der beim Reiten das Pferd ängstlich umhalst): „Meier, machen Sie doch Ihre Köchin nicht eifersüchtig I"
Nrdrktiyn, ^'rnck »nd Verlag von Bernh. Hosmann in Wildbad.