Rundschau.

Gerabronn, 9. August. Gestern vi-mn- alückte der Radfahrer L. Derselbe hrtte die Unvorsichtigkeit, während der Fahrt die Fest- stellvorrichiung an der Steuerung einzustellen, wodurch daö Rae nur eine schnurgerade Richt­ung einschlagen kann, er kam an eine ad- s-hüsstge Stelle mit einer Biegung der Straße, wobei er in den Straßengraben fuhr und kopfüber vom Rade geschiente, t wurde. Be­wußtlos und mit bedeutenden äußeren Ver­letzungen wurde L. hieher gebracht und nach Anlegung eines Notverbands nach seiner 1 Stunde von hier entfernten Heimat Gaggstatt mittelst Chaise geschafft, ohne bis setz zum Bewußtsein gekommen zu sein. Der Verun­glückte ist Barer von 2 Kindern.

Eßlingen, 12. Aug. Mit Windeseile durchlief gestern abend zwischen 67 Uhr die Trauerbotschaft die Stadt, daß 3 noch schulpflichtige Knaben im Neckar oberhalb des WasserhauseS ertrunken seien. 2 davon sind Brüder mit Namen Seitz und der 3. heißt Weber. Alle 3 wohnen in der Beutau. Da niemand Zeuge des Unfalls gewesen zu sein scheint, so läßt sich nur konstatieren, daß dieselben an einer für Badende verbo­tenen Stelle in eine Untiefe gerieten und ertranken. Die nach der Auffindung der Leichen sofort angestellten Wiederbelebungs­versuche hatten keinen Erfolg.

Heidenheim, 12. Aug. Das K Schöffen­gericht hier verurteilte vorgestern einen jungen Burschen, welcher einem Radfahrer die Pneu- matikreifcn seines in dem Hofe einer Gast­wirtschaft ausbewahrten Velozipedcs durch­schallt, wegen Sachbeschädigung zu 45 Tagen Gefängnis und Tragung sämtlicher Kosten.

Balingen, 11. Aug. Das Eisenbahn- baukomile für die projektierte Linie Ebingen- Onstmettingen , welche die Trikolage- und Feinmechanikfabrikation in den industriell be­deutenden Ortschaften Truchtelfingen, Thail- fingen, Onstmettingen, sämtliche im Schmiech- Ihal, dem Verkehr näher rücken soll, hielt in den letzten Tagen Sitzungen ab unter dem Vorsitz von Oberamlmann Filser. Tie Bahn würde von Onstmettingen ab laufen unv in Ebingen in die Linie Tübingen-Sigmaringen einmünden. Der schwierigste Punkt bei der Lösung des Problem ist die Führung der Bahnlinie durch die Stadtgemnnde Ebingen. Die einzelnen beteiligten Gemeinden schießen zu den Vorarbeiten Beiträge mit 3000 zusammen und zwar Ebingen und Onstmet­tingen je 700 Truchtelfingen 200 ^ und Thailfingen 1400 ^

Tübingen, II. Aug. Im Schlachthause wurden vorgestern dem Heizer, der sür- den Schlachthausdiener den Dienst versah, drei Finger a» der Fleisch-Wicgmaschinc total ab­gehauen, wodurch auch das in der Wiege be­findliche Fleisch unbrauchbar wurde, was dem betr. Metzger immerhin einen Schaden von ca. 25 ^ verursachte.

Althüte, 12. Aug. Ein schlechter Trost sür einen sterbenden Vater wurde einer Fa­milie des hies. GemeindebeziekS zu teil. Aus das an einen auswärts wohnenden Sohn ge­richtete Telegramm:Vater schwer krank! Sofort kommen! lautete die Rückantwort: Telegramm unbestellbar, Adressat z. Zt. im Landgerichisgefängnis Tübingen." Der Vater hatte bisher von dem Aufenthalt des Sohnes keine Ahnung.

Pforzheim, 12. August. Nach dem bis NVlh unveröffentlichten Resultate des hiesigen

Festschießens haben folgende württembergische Schützen Preise erhalten: Aus Stuttgart: Böhm, Bosch, Ruckle, Hahn, Johne, Schweitzer Wehl, Hauber; aus Heilbronn: Schöll, Reiichle, Schedler, Kolb, Roller; weitere Preise gewannen: Willfahrt-Eßlingen (fllb. Pokal), Deyle-Calw, Lieutenant Pfreschner- Ludwigsburg, Reitz-Hall, Baumann-Calw, C- Toussaint Wildbad , Strauß Cannstatt, Hippelei»-.Calw, Treiber- Wildbad,Ebe Cann­statt , Scheulh-Eningen, Blumenthal-Wild­bad, Doll-Oberndorf.

Mannheim, 1l. Aug. Das größte Auf­sehen erregl in hiesiger Stadl die Verhaft­ung des früheren Stadtverordneten u. Kohlen­händlers Fuhs, der der Hehlerei dringend verdächtig ist. Fuhs, der schon verschiedene Ehrenämter bekleidet und im öffentlichen Le­ben der Stadt eine große Rolle gespielt hat, ist in eine Diebstahlsaffäre zum Nachteile der Reederei StimmS verwickelt, denn er hat von den von Arbeitern der Reedereisu Zroo" gestohlenen Kohlen weit unter Wert angekauft. Fuhs ist, wie man hört, gestän­dig und hat bereits zugestanden, sechs Wag­gons Kohlen sich ans unrechtsmäßige Weise erworben zu haben. Gleichfalls in derselben Sache ist der Kohlenhändler und Reserve- tieutenat Lutz, jr., verhaftet worden, der auch bedeutende Quantitäten Kohlen von der gleichen unsauberen Quelle zu auffallend niederem Preise bezogen hat. Lutz der vor­gestern gegen eine Kaution von 6000 ^ freigelassen war, wurde gestern von neuem in Haft genommen.

Berlin, 11. Aug. Die Berliner Stadt­verordneten bewilligten zur Unterstützung der durch das Hochwasser Geschädigten 1 000000 Mark.

Drei weißgekleidete Herren, die wie Brüder, Arm in Arm, schweigsam ihres Weges fürbaß wandelten, erregten am Mitt­woch in der Friedrichstraße zu Berlin nicht geringe Aufmerksamkeit und Heiterkeit. Jeder, der den auffallend und doch elegant geklei­deten Stutzern begegnete, blieb überrascht stehen und zerbrach sich de» Kops darüber, ob er es mit den Opfern englischen Spleens oder amerikanischen Wellfiebers zu thun babe. Die weißgekleideten Drillinge trugen hoch­moderne Jackett-Anzüge aus Lawn-Tmnis- Sioff, dazu schneeweiße Filzhüte, gleiche Wäsche, Shlipse und Stöcke. Sobald das dreiblättrige Kleeblatt aber den Rücken ge­kehrt, löste sich das Staunen der Paffanten regelmäßig in ungeheure Heiterkeit auf; denn da erblickte Jeder, der den drei ernstblicken- den, beschnurrbartetenModeherren" nach­schaute, in großen goldenen Lettern die Adresse eines bekanntenfeinen" Herren-Garderobe- Geschäftes. Jedenfalls eine amüsante Rek­lame.

Die Hotelrechnung der kolonialen Premiers. Die kolonialen Premierminister haben flch's wohl sein lassen, während sie im Hotel Cecil in London als Jubiläumsgäste weilten und für sich, ihre Frauen u. Privat- sekretär oarts blauest« erhalten hatten. Dem englischen Fiskus ist eine kleine Rechnung fürelf Premiers für sieben Wochen" zu- gegangen: sie lautet auf über 140 000 ^1

Wien, 5. Aug. Zündhölzchen aus Papier ist die neueste Erfindung der Zündholzin- dufirie in Oesterreich, wo bekanntlich diese nützliche Erfindung gemacht worden ist; es handelt sich zunächst, wie die ,N. Fr. Pr." mitteilt, um den Ersatz sür die inländischen,

englischen und italienischen Wachsstreichhölzer. Eine Wiener Firma hat diese Erfindung vor etwa Jahresfrist erworben, ein Etablissement bei Wiener-Neustadt errichtet, und nach über­aus evollen Versuchen ist es gelungen, ein Fabrikat herzustellen, welches Aufsehen erregen wird. Die von dieser Firma erzeug­ten Züodmasscträger aus Pappe, kapsr vsstas genannt, gelangen schon in diesen Tagen in den Handel, und zwar in ganz neuartiger und hübscher Ausstattung. Die Brenndauer dieser Zündstäbcben ist eine geradezu un­glaubliche; ein derartiges Stäbchen, an Größe ' und Aussehen einem schwedischen Zündhölz­chen vollkommen gleich, brennt etwa drei Minuten und reicht hin, ein drittes Stock­werk zu erreichen, ohne daß es erlischt. Während bei den bisher erzeugten Wachs- streichhölzern weißer Phosphor verwendet wird, sind die jetzt in den Handel gebrach­ten Lapsr vsstus mit Köpiäien aus einer neuen, vollkommen giftfreien Zündmasse ver­sehen und übcrtreffen alle bisherigen ähn­lichen Erzeugnisse.

Eine gepfändete Hochzeitsgesellschaft. In ein Wirtshaus auf der Via L>. Tom- maso zu Mailand tritt ein Brautpaar, ge­folgt von zwei Oheimen, einem Vetter der Braut, Zeugen und Gästen, im ganzen 14 Personen. Der Wirt empfängt die Hoch­zeitsgesellschaft, von der er am Tage zuvor benachrichtigt war, mit tiefen Bücklingen.

Er hat seine Sache gut gemacht, eine außer­ordentliche Verstärkung von Kellnern heran- gezogen und die Lieferanten bewogen, ihm unbeschränkten Kredit zu eröffnen. Die heitere Gesellschaft ißt und trinkt seclenvergnügt, es beginnen die Trinksprüche. Da erhebt sich auf einmal der Bräutigam etwas unruhig, ruft den Wirt herbei und geht mit ihm ins Hinterzimmer. Dort teilt er ihm vorsichtig mit, daß er und seine Frau keinen roten Heller bei sich haben, aber sie seien ehrliche Leute nnd werden morgen bezahlen. Kaum hat der Wirt dies gehört, da stürzt er in den Saal und ruft:Kellner! halt, halt! Tragt alles hinaus! Sie bezahlen nicht." Und während die Gäste verdutzt die Schüsseln hinauötragen sehen, pflanzt sich der Wirt mit ausbreitelen Armen auf der Schwelle auf mit den Worten:Erst bezahlen, sonst gehls hier nicht hinaus!" Wehklagen und Beteuerungen ertönen, auch die Verwandten des Brautpaares haben nichts bei sich. Da ruft einer der Gäste:Meine Herrschaften, was soll das reden helfen? Kehren wir unsere Taschen um und legen wir zusammen!" Und brachte er acht Soldi zum Vorschein. Die Sammlung bringt vier Lire zusammen, das genügt nicht. Da übergeben die Oheime, der Vetter, die Braut, die Zeugen dem Wirt zwei Ringe, ein Armband, kurz alles, was einen Wert hat. Einer opfert seine neuen Stiefel, da er, wie er sagt, gewohnt ist, bar­fuß zu gehen, ein Anderer zieht gar seinen Rock aus, und endlich kann die Hochzeits­gesellschaft das Lokal verlassen.

(Telegraphenstangen aus Papier.) In Amerika werden gegenwärtig die meisten Telegraphenstangen aus Papier angefcrtigt. Die Papiermasse wird mit etwas Borax, Talg und anderen Bestandteilen gemischt. Dann wild ein hohler Zylinder gegossen. Es heißt, daß die papierenen Telegraphcn- pfähle nicht nur den Vorzug der Leichtigkeit besitzen, sondern auch stärker nnd wetterbe­ständiger find als die hölzernen.