Nr. 8,

Amts- und Aineigeblatt für den Obercimtsbezirk Calw.

97. Jahrgang

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Mittwoch, den 11. Januar 1922.

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Neueste Nachrichten.

Wie der ReichSsinanzmliniier >m Lieuerausjchuß des Reichstags er­klärte hat er Hoffnung, daß die iicne» Stcuergejeue von einer mög lichft großen Mehrheit angcin nimcn werden.

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Tie deutsche Abordnung ist jetzt in Cannes eingetrofsen. Man ver- mulcr daß sic Gegenvorschläge sowohl bezüglich der Zalitnngcn als auch des Wiederaufbaus der zerstörten Gebiete und schließlich hin sichtlich der Garantieen für die Sicherheit Frankreichs mache» wird. Tie Aussichten, daß diese Vorscüläge ausgenommen werden oder auch nur Erwägung finden, und sehr klein. Immerhin aber ist es besser, als wenn wir uns gegenüber dieser Räuüergescllschaft ganz passiv verhalten.

Im übrigen ficht jeist in Cannes Sie Frage des französisch englischen Bündnisses im Vordergrund Tal,ei handelt es sich nicht nur um Frankreichs Angst vor Triitschland, sondern um das gesamte Pro blem der Sicherheiten dieser Länder in der ganzen Welt. Daß bei der Regulierung dieser Fragen Deutschland von England wiederum als Tchacherobjckt behandelt werden wird, das dürfte wohl jedem klar sein der seit 2 Jahren die Haltung Englands verfolgt hat.

Die Konferenz von Cannes.

Zweck der Herbeiführung einer Auskunft der Regierung über die Verhandlungen jn Cannes sofort einzuberujen. Wie dasTageblatt" aus Paiiamentskreisen hörr. ninlinr inan an, dag gleich nach der Rückkehr der deutschen Dele­gation aus Cannes, die Cnde dieser Woche zu erwarten ist. der auswärtige Ausschuss des Reichstags zuiammenireten wird, um einen Bericht über die Verhandlungen mit dem Obersten Rat entgcgenzunehmen.

Deutsche Gegenvorschläge?

Paris, 10. Jan. Es wird >n Comics vermutet, daß die Deut­schen »ui eigentlichen Gegenvorschlägen in Ser Rcparalions'rage zur Konferenz kommen werden. Auch hinsichtlich des Wzcderausbaupiance lösten sie G-.genorojekte milbrmgen. Für Frankreich losten sie neue Garantien anbieien. um auf diese Weise in ein sranzöstich-engliiches Abkommen hinemgezogen zu werden. Heber die Beratungen in der Reparaiionssrage verlautet nunmehr, baß Frankreich sich schließlich einocistanden erklärt habe, sich mit 140 Mistionen Goldmark zu be­gnügen. jedoch unter der Bedingung, daß sich Belgien seincrseilL ein­verstanden erklärt, daß die Minen des Saargebiets Frankreich mehr mir 300 Millionen Goldmark angerechnet werden. Briand habe be­reits an den Präsidenten der Republik über dieses Abkommen tele- graphiich Mitteilung znkommen lassen.

Unverschämte Lügenhetze des französischen Senats- Präsidenten.

Das politische Schachsp el

zwischen London und Paris.

Paris, 10. Jan. TerTemps" schreibt in seinem Leitartikel. wenn die Nachrichten ans Cannes richtig seien, scheine England das Ga­rantie-Abkommen anders zb verstehen. ais Frankreich eS sich senke. England glaube, die Franzosen verlangten einen Gefasten von ihm und als Gegenleistung dafür sckicke cs sich an. gewisse Kompensationen zu verlangen. Anscheinend suche es m der ganzen Weit die Zuge­ständnisse zu sammeln, die es von Frankreich verlangen könnte, Zu­geständnisse in Bezug auf das fran.zösisch-lürkilche Abkommen von Angora. Zugeständnisse in Bezug aus die Rech'szustände in Tanger. Kontrollrechte in den französischen Flottenstützpunkten und in den Werften, auf denen Frankreich Unterseeboote baue. Wenn Lloyd George und seine Kollegen wirklich an diese Tinge dächten, müsse gleich gesagt werden, daß ein Mißv-ntändn-s vvrlieqe.

Französische Derschleppungspolitik.

Cannes, 11. Jan. (HaoaL ) Nachmittags war in den Kressen der Konferenz das Gerücht verbreitet, der Ministsrrat in Paris habe die Regelung der Reparationssrage nicht in der gleichen Weise wie die französische Delegation in Cannes aufgelvßt. Wenn diese Nachricht sich bestätigt, muß der Oberste Rat vielleicht zu einer neuen Prüfung gewisser Fragen schreiten, die grundsätzlich geregelt schienen. Am später Hachmittag begab sich Briand zu Lloyd George.

Französisch-belgische Meinungsverschiedenheiten.

Paris, 11. Jan. Nach einer vomTemps" wiederaege- benen Meldung aus Cannes wird der Oberste Rat heute nachmittag um 5 Uhr zu einer Sitzung zusammentreten, um sich mit dem Verteilungsschlüssel zu bescl-äftigen. Zwischen der französischen und der belgischen Delegation seien Dis- erenzen entstanden, weil die belgische Delegation Widcr- pruch erhoben Hobe, das; Frankreich nicht wie am 13. Aua. ür die Saarkohlengruben 300 Millionen Goldmark sofort rn Anrechnung gebracht werden sollen. Die Verrechnung der Saartc-Hlengrnben müsse aus die erste von Deutschland gezahlte Goldmilliarde erfolgen.

Keine Beschlüsse vor Anhörung der deutschen Erklärungen.

Cannes, 10. Jan. Die gestern als Gerücht ausgetretene Meldung, baß nach Anhörung der Deutschen die vom Obersten Rat gefaßten Beschlüsse Deutschland in ultimativer Form zur Annahme unterbrei­tet werden würden, wird von zuverlässiger Seite als Erfindung be­zeichnet. Es steht in jedem Fall fest, daß die Garantien zum Teil erst nach Kenntnisnahme der deutschen Einwendungen festgesetzt wer­den sollen. Dagegen seien die Beschlüsse über die Höbe der deutschen Barzahlungen, sowie der deutschen Naturalleistungen für das Jahr 1922 endgültig.

Ankunst der dentschen Abordnung in Cannes.

Cannes, 11 . Jan. Die deutsche Delegation wohnt in Cannes im Parkhotel. Sie ist Gast des französischen Staates.

Paris, 11. Jan. Nach einer Meldung desJntransige- ant" aus Cannes, soll die erste Verhandlung mit der deut­schen Delegation vor dem Obersten Rat morgen nachmit­tag um 2 Uhr stattfinden.

Die deutsche Regierung und Cannes.

Berlin, ii. Jan. Die deutsch-nationale Fraktion des Reichstags hat bei dem Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten beantragt, den Ausschuß zum

Paris, 10. Jan. Tie ordentliche Parlamentssession ist heute er­öffnet worden. Die Sitzung des Senats wurde durch den Altersprä­sidenten Denis mit einer chauvin.stischcn Ansprache eröffnet, in der er u. a. behauptete, daß Deutschland, anstatt ehrlich seine Kriegs­schulden abzutragen, wie Frankreich 1871. sich seinen Berps.ichiungen entziehe und alle? tue, um seine Regierungen bankrott zu machen Jn Frankieich sei durch neue schwere Steuern das Jahresbudget ver­fünffacht und die Eisenbahntarifc seien aus das Toppeile erhöht wor­den. Deutschland dagegen habe in flagranter Weise den Versailler Vertrag verletzt und von seinen Steuerzahlern nicht die gleichen Opfer verlangt. Frankreich sei am Ende seiner Opfer angclangs. Es sei ihm unmöglich, neue Steuern aufzutreiben. Ter Senat wird am Tonncrstag die Präsidentenwahl vornehmen.

Frankreichs vollständige Einstellung auf die deutschen Zahlungen.

Paris, 11. Jan. Die Kammer wurde durch den Alters­präsidenten Siegfried eröffnet, der in seiner Rede eben­falls aus Deutschland hinwies und u. a. sagte, auch nach der Einschränkung der Ausgaben sei das französische Bud­get eine schwere Last. Aber die französische Finanzlage bessere sich und, wenn Deutschland seine Verpflichtungen erfülle, könne Franlrcich schon beuie ohne neue Lasten sür seine Steuerzahler, die sonst unter dem Gewicht der Steu­ern zusammcnbrächen, das Gleichgewicht wieder finden.. Raoul Peret wurde wiederum zum Präsidenten der Kam­mer gewühlt.

Die Vorbereitungen für die Wirtschastskonserenz.

Par.S, 10 Jan. Ter Sonderberichterstatter der Ägcnce Havas in Cannes meldet: Ter interalliierte Ausschuß, der die Bedin­gungen fcstsetzen soll, unter denen die Konferenz in Genua zujam- mentrcten wird, hat heule vormittag unter dem Vorsitz von Loucheur seine erste Sitzung abgehoben. Er hat den Text der Einladungen fcstgclcgt, die an Sie verschiedene» Mächte gerichtet werden sollen. Eine besondere Mitteilung wird an die Sovjelregierung ergehen, in der deren Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Verpflichtungen hin­gelenkt werden soll, die der Oberste Rat beschlossen hat, von ihr zu verlangen. Ter Ausschuß hat ferner das Programm der Arveitcn der Konferenz in Genua aufgestellt, das ausschließlich ökonomische und finanzielle Fragen umfaßt. An der Spitze der Tagesordnung steht die Annahme der in der Resolution des Obersten Rates vom 6. Januar aufgesührten Bedingungen. Der Oberste Rat, der heule nachmittag wieder zusammentritt, wird die verschiedenen Vorschläge ins Ausschusses zu ratifizieren haben. Er wird dann noch die Auf­gabe haben, die Liste der Mächte aufzustcllen, an die Einladungen zu der Konferenz von Genua geschickt werden sollen. Man weiß be­reits, daß die Vereinigten Staaten ebenfalls eingeladen werden sol­len, obgleich es sich um eine Konferenz von Vertretern der europäi­schen Nationen handelt. Es ist noch ungewiß, ob Sie russischen Nach­folgestaaten, deren politisches Statut erst in mangelhafter Weise fcst- gclegt morsen ist, (Georgien und die Ukraine) zur Entsendung von Delegierten eingcladcn werden sollen oder nicht.

Angebliche russische Einwände.

Cannes, 10. Jan. (Havas.) T s ch i t s ch e r i n hat dem Obersten Rat einen Funkspruch zugehcn lassen, in dem er erklärt, die Wahl von Genua als Ort der Wirischaslskonferenz bringe Schwierigkeiten mit sich. Er verlange von der Konferenz, daß sie anstatt Genua Lon­don bestimme. Diese Mitteilung, die in alliierten Kreisen sür ziemlich

unangebracht geballen wird, soll unbeantwortet bleiben. Tic Nach» eicht sieht io aus. als ob schon von vornherein der Konferenz Schwie­rigkeiten entgegengeslelll- werben sollen Ob sie von der Entente aus- grhen over von Rußland, ist natürlich von hier aus nicht festzujtellen.

Die Annäherung Frankreichs

an d»e türkischen Nationalisten.

Cannes, 10. Jan. (Havas.) Briand hatte heure var­millag eine lam e Unterredung mit dem Vorsitzenden der Rexarationskommission. Heute vormittag ist der Unrer- händlcr der französischen Regierung mit der nationalisti­schen Neeierung von Angora in Cannes angekommen und von Briand emvsanoen worden.

Zur auswärtigen Lage.

Die saariäuLische Abordnung vor dem Völker- bundsrat.

Eens, 11. Jan. Das Mitglied der saarländischen Abord­nung in Genf, Valentin Schüler. Vorsitzender der sozial­demokratischen Parket des Saargebiets gab heute dem Sonderberichterstatter des WTB. im Namen der Abord­nung eine Erklärung ab. in der es u. a. heißt: Wir ver­langen in erster Linie die Entfernung der vertragswidrig fortdauernden Besetzung des Saargebictes durch das fran­zösische Militär, Achtung vor den bestehenden Gesetzen den wirtschaftlichen Lebensbedingungen und unserer Mutter­sprache, sowie vor dem Recht der freien Meinungsäuße­rung. Mir sind entschlossen, mit der ganzen saarländischen Bevölkerung an diesen Forderungen festzuhalten Daß der Völkerbund lediglich ein ausführendes Organ der Entente ist. das siebt man aus der Behandlung der Danzi- ger. obcrschlesischen und namentlich der saarländischen Frage, wo man den Rechtsstandpunkt einfach über den Hausen wirrt. '

Der tschechische Ministerpräsident iib r das ö trrichisch-tschechftche Ab rom neu.

Prag, 10. Jan Jn der heutigen Sitzung dcs Haup'.ausichusses des Abgeordnetenhauses erklärte der Ministerpräsident und Munster des Aeußern. Tr. Benesch. daß er keinen Geheimverlcag not dein früheren österreichischen Staarskanzler Tr. Renner abgeschlossen habe. Das Einvernehmen hgtle zur Grundlage, daß beide Staaten auf dem neuen System in Zcntraleuropa beharren und wirtschaftlich und politisch Gegner jedweder Staatssorrn sind, die eine Erneuerung dcs alten Regimes darstellcn würde. Das Abkommen habe keinerlei militärische Verpflichtungen gezeitigt. Es wurde nur vereinbart, daß beide Staaten wohlwollende Neutralität beobachten würden, wenn ein Angriff auf einen von ihnen von dritter Seite unternommen wer­den würde. Das Protokoll wurde dem Völkerbund nicht vorgelegk, weil es nach den Statuten de? Bundes nicht nötig war. Zur Frage drs Kredits-für Oesterreich sagte der Ministerpräsident, sei eine Eini­gung darüber erfolgt, Oesterreich einen gewissen Kredit zu gewäh­ren, damit cs sich wirtschaftlich und valutarisch erholen könne. Dieser Kredit könne ein Konsum- oder Finanzkredit sein. Der Ministerpräsi­dent stellte ferner fest, daß die Zeitungsmeldnngcn über eine ita­lienische karlisiische Propaganda nicht auf Wahrheit beruhen. Italien unterstütze weder offiziell noch inoffiziell eine solche Propaganda. Be­greiflicherweise gebe cs in gewissen Staaten Kreise, die daran inter­essiert seien, durch derartige Nachrichten Mißtrauen zwischen der Tichccho-Slowokci und Italien zu säen. Auf die Anfrage eines Abgeordneten, ob bei den Vcrkandiungen mit Oesterreich auch die Frage dcs Anschlusses Oesterreichs an Deutschland oüer wenigstens die österreichische Anschluß-Agitation besprochen worden sei, erklärte der Ministerpräsident, diese Anfrage werde am besten durch die Be­stimmungen des Friedensverirags beantwortet, die bei Verhandlungen mit Oesterreich stets berücksichtigt wurden.

Verbindung zwischen den Herrscherhäusern von Rumänien und Siidslmvien.

Bukarest, 11. Jan. Die Verlobung der Prinzessin Marie von Rumänien mit dem König Alexander von Südslawien wird amtlich bckanntgegeben. ' Die Verlobung dürste einen politischen Hintergrund haben.

Rück ehr der Exkaiserin Zita nach der Schweiz.

Bern, 11. Jan. Exkaiserin Zita wird voraussichtlich am Donnerstag über Basel in die Schweiz einreisen. Ter Negierunasrat von Zürich bat Maßnahmen oetroüen zut Ueberwachung der Exkaiserin. Sie wird unter ständiger polizeilicher Bewachung stehen.

Der MWoanzininiiler ilder die SleuemM

Berlin, 10. Jan. Jn einet gemeinsamen Sitzuno ver beiden Steuerausschüsse des Reichstags führte Neichsfinanz- minister Dr. Hermes aus: Die steuerliche Belastung muß so weit gehen, als es mit der Ausrcchterhalltin.q dcs Wirt­schaftslebens irgendwie verejlbar ist. Aus den Lerhand-