plötzlich vom Stuhle sank. ES wurde sofort zu einem Arzt geschickt, welcher die Kranke, deren Zustand er nicht sür bedenklich erklärte, in ihre Wohnung zu verbringen andordnete. Natürlich ging die ganze Kränzchengesellschaft tief bestürzt auseinander, und es wurde der Fall vornehmlich im Hause, wo das Kränzchen staitgefunden hatte, hinter- nach noch lebhaft besprochen. Die Frau des Hauses meinte: „'s wonderl mi grad net — denn dia ischt ja so stark, daß ma alleweil Angst habe und drauf g'faßt hat sei müaßa, se treff' amal d'r Schlag"; worauf das siebenjährige Söhnchen wie folgt seine Meinung äußerte: „Ja, und Mamele, i Hab 'r zuaguckt, dia Hot vorher soviel Schlagrahm gessa — vielleicht ischt deeS Schuld dra'."
— Die Examensrage. Von dem dieser Tage in Bern gestorbenen Professor Hirzel erzählt der Bund unter anderem folgende Anekdote: Kaum 14 Tage ist es her, daß Hirzel, bereits schwer krank — er hatte am Morgen wieder einen Herzkrampf mit Er- stickungsanfall gehabt — am Nachmittag in seiner Wohnung einem ungarischen Kandidaten das Doktorexamen abnahm. Da legte er am Schluß die Stirn in besonders ernste
Im Strome des Lebens.
Roman von Jenny Piorkowska.
(Nachdruck verboten.)
3 .
„Welche Art Lektüre mögen Sie am liebsten?"
„Was mich unterhält, was nicht so trock-n und langweilig geschrieben ist."
„Darüber ist der Geschmack freilich sehr verschieden," versetzte Rodegg ironisch; gar mancher wird das für hoch interessant halten, was Sie und ich entsetzlich trocken und langweilig finden. — Was meinen Sic dazu, fuhr er fort, als ich verlegen schwieg, „wenn Sie sich einmal zwischen meinen Büchern, vielleicht da auf dem ersten Regal rechiS unten, Umsehen und etwas nach ihrem Geschmack suchten? — Was ist das?" fragte er, als ich ein Buch herauszog.
„Die Zeit des Mittelalters," las ich.
„Das ist nichts, Geschichte mögen Sie nicht gern — wie Sie mir neulich sagten."
Ich griff nach einem zweiten Buche.
„Was haben Sie da?"
„BrahmS Naturgeschichte."
„Das ist auch nichts für einen Recon- valescenten," sagte er lächelnd, wohl an dem Ton, in welchem ich den Titel las, erratend, daß Naturgeschichte nicht zu meinen Lieblingsfächern gehörte.
„Was kommt dann?"
Ich las den Titel mehrer Bücher,
„Halt!" sagte er bei „Tasso," „wie gefällt Ihnen das?"
„ES ist das schönste Buch, das ich kenne I" rief ich begeistert aus, und seiner Aufforderung folgend, setzte ich mich ihm gegenüber vor das helllodernde Kaminfeuer und vertiefte mich in die Leclüre, während Rodegg Zeitungen und Geschäftsbriefe durchsah, die vor ihm auf dem Tische lagen.
Nach einer Weile klopfte es, und der Diener brachte den Thee.
„Würden Sie sich wohl der Mühe unterziehen und den Thee einschenken?" wandte sich Rodegg lächelnd zu mir, „sonst muß ich
Falten und sagte: „Jetzt muß ich Ihnen noch eine Frage vorlegen." Der Kandidat war gespannt, was kommen würde, und bange, jetzt wohl gar das Allerschwerste beantworten zu müsse». Da tönten gar lieblich die Worte an sein Ohr: „Trinken Sie lieber Wein oder Bier?" Und als der brave Magyar natürlich für elfteren sich entschieden hatte, kam alsobald eine Flasche mit einem guten Tropfen, und derjjExaminator stieß mit dem Examinanden auf den guten Erfolg der gelungenen Prüfung an.
— Eine Fachzeitung für Bettler. Der Bettler stand erlaubt sich jetzt in Paris den LuxuS, ein Organ in der Presse zu besitzen. Dieses Blatt für „HauS-, Kirchenthür und Straßenbettel" heißt „Das Journal der Bettler" und wird „als Manuskript gedruckt". Es besteht nur aus einem Blatte und enthält jeden Morgen — es ist ein Morgenblatt — die vollständige und genaue Liste aller einträglichen Feierlichkeiten des Tages, wie Hochzeiten, Taufen, Begräbnisse u. s. w. Die Feste der reichen Leute werden besonders hervorgehoben. In einer anderen Rubrik veröffentlicht daS „Journal der Bettler" die Nummer der Wohnung reicher und
dies selbst besorgen, heute soll er mir auch doppelt gut schmecken."
Zum ersten Mal in meinem Leben unternahm ich mit vor Angst zitternden Fingern dieses Amt; schweigend folgten Rodeggs Blicke meinen Bewegungen; schweigend tranken wir unseren Thee, dann wandte er sich wieder seinen Briefen zu, während ich mich wieder in mein Buch vertiefte.
„Tante Aurelie läßt Sie grüßen," Hub Herr von Rodegg nach einiger Zeit an. „Sie scheint sehr besorgt um Ihr Befinden. Gut, daß sie verhindert ist, selbst zu kommen; sie würde, fürchte ich. nicht wenig verwundert sein, wenn sie uns so behaglich hier zusammen am Theetisch sehen könnte. Die Binde an meinem rechten Arme ist wohl noch der einzige Beweis unseres Unfalls."
„Wie geht es heule mitJhrem Arme?" wagte ich schüchtern zu fragen — das erstemal, daß ich mich überhaupt danach erkundigte, und wie vorsorglich und aufmerksam war er während meines Krankseins gegen mich gewesen I — dessen wohl eingedenk glitt ein Lächeln über seine Züge, als er er- wiedert:
„Er macht mir noch viel Schmerzen und ist noch gar nicht wieder recht brauchbar; ich hätte Ihrer Tante gern gleich heute noch geantwortet, aber eS ist wohl besser ich schone den Arm noch ein wenig."
Dunkelrot vor Verlegenheit fragte ich, ob ich ihm nicht behilflich sein, ob ich nicht für ihn schreiben könnte; anfangs lehnte er mein Anerbieten ab; ich sei noch Reconvales- centin und müsse mich schonen, aber lachend entgegnet- ich, ich fühlte mich so wohl wie je, und fünf Minuten später saß ich an seinem Schreibtisch und ließ mir seinen Brief an Tante Aurelie diktieren.
Damit fertig, fragte ich, ob ich noch mehr sür ihn schreiben könnte.
Ein Geschäftsbrief müsse allerdings spätestens morgen früh expediert werden, meinte er; so griff ich nach einem zweiten Bogen und schrieb, was mir diciieri wurde.
Es war ein Geschäftsbrief voll juristischer Ausdrücke, aber ich nahm mich zusammen
mildthätiger Leute mit der Angabe der besten „Besuchsstunde". Ferner unterrichtet eS über die beste Bettelmethode, denn die Angebettel- ten wollen je nach ihren Neigungen und Schwächen behandelt werden. Der Eine gibt nur Almosen, wenn man ihn „gnädiger Herr" oder „Herr Graf" tituliert, ein Anderer will ehrfurchtsvoll begrüßt werden u. s. w.
(Zerstreut.) Wirt (zum Gast, der ein Streichhölzchen nach dem andern an- zündet und damit auf dem Boden herum- leuchiet): „Hast was verloren?" — Gast: „Ja, a Zündhölzl is mer abig'falln, und dös suach i jetzt, weil i mir mei Pfeis'n anzünden möchl'I"
Aus der Jnstruktionsstunde. Unteroffizier: „Was hat der Soldat aufs Kom- mißbrod?" — Rekrut (schweigt). — Unteroffizier: „Weiß keiner, was der Soldat aufs Kommißbrod hat?" — Alle schweigen. — Unteroffizier: „Anspruch hat der Soldat aufs Kommißbrod — Ihr Esel!"
.-. (Es geht nicht ganz.) Arzt: „Nun zeig' mal deine Zunge, mein Junge I Na, nur richtig raus damit I Hörst du!" — Knabe: „Ich kann nicht weiter, hinten sitzt sie fest."
und schrieb mit so schneller, leichter Hand, als ich vermochte.
„Was nun?" fragte ich, als ich auch damit fertig war, mit vor Eifer hochroten Backen.
„Sind Sie noch nicht abgespannt?"
„O, nein!"
Und ohne ein weiteres Wort Hub er an, mir französisch zu dictieren.
Dank Mademoiselle LebrunS strengem Unterricht war ich auf ein französisches Dictat gut eingeübt und wurde meiner Aufgabe nun auch gerecht, obwohl es kein Leichtes war, Rodeggs schnellen Worten zu folgen.
Mein weiteres Anerbieten, ihm zu helfen, lehnte er dankend ab.
„Ja, ja," sagte er lächelnd, „nicht wahr, das Eisenbahnunglück war ein schlimmes Ding? Da hält es Sic nun hier in dem düsteren stillen Hause als Gefangene fest, und nicht genug damit, müssen Sie auch noch meinen Sekretär abgeben. Mein Arm, fürchte ich, hält mich noch eine Weile hier zurück; darunter sollen Sie aber nicht zu leiden haben. Ich werde suchen, bald eine passende Reisegesellschaft für Sie zu finden I"
„O, darum machen Sie sich keine Sorge!" entgegnete ich hastig; „ich habe durchaus keine Eile, fortzukommen ; eS gefällt mir sehr gut hier, und gerne bleibe ich bei Ihnen, bis Sie selbst mich begleiten können."
Von dem Tage an stand ich mit meinem Wirte auf bestem Fuße. Er erzählte mir von seinen Abenteuern in fernen Landen; er verstand sich mit nur zu unterhalten, daß ich ganz vergaß, daß ich mit ihm, vor dem ich anfangs solche Scheu gehabt, und nicht mit einem Altersgenossen von mir sprach. Er laS mir vor und zeigte mir allerhand Reliquien und Curiosttälen, die er von seinen Reisen mit heimgebracht hatte.
(Fortsetzung folgt.)
Merks.
Je länger man auf Erden lebet,
Je mehr wird all' ihr Wesen flach, Dem Himmel der darüber schwebet, Gehört doch unser letztes Ach I
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosmann in Wiidbad.