Rundschau.

Stuttgart, s. Juni. Die vierwöchent­liche freiwillige Uebung derjenigen Geistlichen, welche sich im Krankenpflegedienst ausbilden wollen, wird in diesem Jahre in der Zeit vom 3 bis 30. Juli in den GarnisonSloza- rclen Stuttgart und Ulm statifinden.

Oehringen, 10. Juni. Vorgestern nach­mittag ist der 7 Jahre alle Sohn des Bier­brauers Specht und der gleich alte Soh» des Bauern Gottlieb Sauer, je von Fvrchtenbcrg, beim Baden im Kocherfluß ertrunken.

Nagold, 10. Juni. Der hiesige Diözesan- verrin hat in seiner letzten Sitzung Stellung zu der Besoldungsfrage genommen. Die weit überwiegende Majorität spricht sich für den Aufbau der Alterszulagen ans den ur­sprünglichen Stellengehältern aus. Der Be- soldungSrahmen wäre darnach: Anfangsge­halt ca. 2200 bis 2700 ^, Höchstgehalt ca. 4000 bis 4500

Biberach, 9. Juni. Dem Rechtsanwalt Dr. Neher hier, der schon am 11. März d. I. in aller Stille sein 50jähriges Jubiläum ats Rechtsanwalt feierte, wurde von dem Vor­sitzenden der württembergifchen Anwaltskam­mer namens derselben ein Ehrendiplom nach­träglich zugesandt. Gestern nachmittag brach­ten dcm Jubilar die Rechtsanwälte von Ra­vensburg und hier in feiner Wohnung ihre Glückwünsche dar. Möge dem Jubilar, der schon im 80. Lebensjahre steht und trotz dieses hohen Alters immer noch seine Praxis ausübt, noch ein recht froher langer Lebens­abend beschieden sein.

Heidenheim, 9. Juni. Das seltene Fest der goldenen Hochzeit feierten gestern hier in aller Stille der 77 Jahre alte Wilhelm Göt­tinger und seine 73jährige Frau. Der Jubi­lar ist noch so rüstig, daß er jeden Tag pünktlich seinem Berufe nachgehen kann; er arbeitet schon viele Jahre in der Fabrik von L. Neunhveffer u. Söhne hier. Auch seine Frau waltet noch fleißig und sorgend in ihrer Haushaltung. Möge dcm Jubelpaare ein heiterer Lebensabend beschieden sein.

Endersbach, 9. Juni. (Erschossen.) Heute nachmittag wurde das 5jährige Söhnlein des Tuchmachers Reichert von einem Mitglied des Kricgerveins, das beim Abgeben von Salven bei der Beerdigung des Veteranen Kucher mitgewirkt, aus Unvorsichtigkeit in dessen Wohnung erschossen. Der Kleine war lt. S. M. sofort tot. Gerichtliche Un­tersuchung ist im Gange.

Schwetzingen, 10. Juni. Der Kassen- und Rechnungsführer des Jnvaliditätswesens, Schweigerl, wurde gestern wegen verübter Unterschlagung verhaftet. Der defraudierte Betrag soll von ziemlicher Höhe sein.

Berlik, 11. Juni. Das,Berl. Tgbl.' meldet aus Brüssel: DaS GlaShüttenwerk Bondoux in Charters! mußte die Werkstätten schließen, weil 70,000 Francs zur Bezahl­ung der Arbeiter fehlte». 1300 GlaSbcen- ner sind brotlos. Die Regierung ließ die Fabrik militärisch besetzen, da Unruhen be­fürchten werden.

Erkrankungen im Feuerwehrdienst. Infolge Einatmens geistiger Gase bei den Löscharbeiten des Brandes der Scheringschen chemischen Fabrik in Berlin am 2. Juni sind bis jetzt 3 Offiziere der Feuerwehr und 57 Feuerwehrleute schwer erkrankt.

Ein entlaufener Elsenbahnzug. In »iner gefährlichen Situation waren amPfingst- famStag nachmittag die Passagiere des um

3 Uhr nachmittags in Garmisch abgegangenen Personenzuges nach München. Auf der Fahrt von Farchant nach Oberau sahen sie auf dem von ihrem Zuge benützten Geleise einen Zug ohne Maschine nachlaufen. Der Zug war in Garmisch entlaufen und näherte sich dem mit Personen stark besetzten Zug immer rascher. Der Lokomotivführer fuhr mit vollem Dampfe weiter und kam noch vor dem nach- laufenden Zuge in die Station Oberau. Dort wurde rasch die Weiche umgcstellt und einen Moment später sausten die nachlauf­enden Wagen durch und liefen noch über die Station Eschenlohe hinaus, wo sie dann end­lich zum Halten kamen.

Die vor einigen Tagen in die Heimat entlassenen Reservisten, welche in der Nacht vom 18. zum 19. Mai dem schrecklichen Eisenbahnunglück bei Gerolstein glücklich ent­ronnen sind, erlassen in der Gerolstciner Zeit­ung folgende Danksagung:

.Den Bürgern von Gerolstein und Um­gegend für die liebevolle und freundliche Auf­nahme während des Eisenbahnunalückfalles bei Gerolstein, besonders der Direction des Schlvßbrunnen Gerolstein für die großartigen Spenden, sagen die Unterzeichneten ihren herzlichsten und tiefgefühlt« sten Dank. Die Reservisten vom Bezirks-Cvmmando Barmen."

Durch diese Kundgebung stellen sich sämt­liche Beteiligien das beste Z-ugnis aus.

Danzig, 12. Juni. Die Königin von Württemberg erhielt auf Wunsch des Kaisers eine Kollektion Photographien von der Taufe des Kreuzers Freya zugesanbt.

Starke Verbreitung der Kreuzottern. In der sächsischen Amishauptmannschask Oels nitz i. Vogtl. find Fangprämien auf Kreuz­ottern ausgesetzt. In einem achtjährigen Zeitraum wurden nun nicht weniger denn 6473 ^ für 22 664 Stück dieser giftigen Reptilien bezahlt. Trotzdem ist noch keine Verminderung der Kreuzotternplogc, Viel­mehr eine Zunahme zu bemerken, denn im Jahre 1889 wurden bei einer Fangprämie von 50 pro Stück 2140 und im vorigen Jahre bei nur 15 »s Prämie 3294 Stück Kreuzottern unschädlich gemacht.

(Interessante Sportswette.) Eine sonderbare Wette haben einige Offiziere des 15. Hufaren-Regiments in WandSbeck abge­schlossen. Die Lieutenants v. Bercken, v. Gagcrn und v. Esmarch haben behauptet, mit dem Zweirade die 75 Km. lange Strecke Wandsbeck-Greßea in Mecklenburg rascher zu durchfahren, wie drei Kameraden dieselbe zu Pferde zurücklegen werden. Das Sonder­bare an der Wette ist der Umstand, daß die genannten Herren gerade die besten Reiter des Regiments sind, die also die Ueberlegen- heit des Zweirades gegenüber dem Pferde verteidigen wollen. Die Wette wird in näch­ster Zeit ausgetrogen werden.

Nizza, 9. Juni. 300 Handlungsgehilfen weigerten sich, während der Pfingstfeiertage zu arbeiten. Sie durchzogen die Straßen, mißhandelten die nicht feiernden Kollegen, warfen die Ware» auf die Straße und be­drohten die Kaufleute. Tie Polizei wurde mit Steinen empfangen. Unter dem Ruf: Nieder mit der Polizei" verfolgten die Streikenden die Polizisten bis vor das Polizei- Kommissariat. Mehrere Verhaftungen wur­den vorgenommen.

Zürich, 8 Juni. In Turbeuthal hat einc Förstersfrou itzre drce im Kinder Alter v. ins bis fünf Jahren mit der Hacke erschlagen

und sich selbst erhängt. DaS Motiv sollen häusliche Zwistigkeiten sein.

Verbrennuugslod einer Braut. In Fekctc-Varos in Ungarn macht folgender Bor­lall großes Aufsehen: Am Donnerstag den 3. dS., um 6 Uhr Morgens, fanden einige Ortsbewohner auf einem noch rauchenden Strohschober die ganz verkohlte Leiche einer Frauensperson. Wie festgestellt wurde, war es die 26jährige Helene Münchner, Tochter eines wohlhabenden Bauern, die sich in einigen Wochen mit einem dortigen Ortsbewohner verheiraten sollte. Am Pfingstsonntage hätten Beide das erste Mal von der Kanzel herab aufgeboten werden sollen. Am Mittwoch den 2. ds. Abends war sic noch mit ihrem Bräu­tigam und einigen Bekannten beisammen ge­wesen und hatte die Vorkehrungen zu ihrer Hochzeit besprochen. Gegen 3 Uhr Morgens entfernte sie sich aus ihrer Wohnung und wurde Früh als Leiche aufgefunden. Man hat keinen einzigen Anhaltspunkt, der die An­nahme eines Selbstmordes rechtfertigen würde. Auch der GerichtSkommisston, welche nach den Ursachen des schrecklichen Geschehnisses forschte, gelang es nicht, Klarheit in den schauerlichen Fall zu bringen.

Budapest, 10. Juni. In Gyoma tötete der reiche Gutsbesitzer Heindach seine Frau, drei Kinder und sich selbst aus Verzweiflung darüber, daß bas Hochwasser ihm kolossalen Schaden zugefügt hat.

Lille, 11. Juni. Ein Eisenbahnzug in der Richtung LilleDünkirchen überfuhr eine Radfahrerschar; drei Radfahrer wurden so­fort gelötet.

Eine Goldinsel in der Südsee. In San Franziskv trafen, wie man unS auS Newyork schreibt, dieser Tage zwei Farbige und ein dänischer Schifiskapitän aus Sydney ein, die vergeben im Besitze eines wunder­baren Geheimnisses zu sein. Sie wollen nämlich in der Südsee eine Insel entdeckt haben, wo Gold, Zinn und andere Metalle in großen Mengen vorhanden wären. Auch würde die Perlenschlnferei dort außerordent­lich ergiebig sein. Obgleich sie fortwährend Proben kostbarer Metalle zeigen und die Einbildungskraft der Leute mit ihren Er­zählungen entflammen, zeigen sie sich anderer­seits in Bezug auf Einzelheiten sehr zurück­haltend. Sic versichern, daß sie keinerlei Kapital für ihre bevorstehende zweite Expe­ditor, benötigen und auf der London u. San Franzisko Bank ein bedeutendes Guthaben hinterlegt hatten. Bevor sie weitere Ope­rationen beginnen, wollen sie jedoch den Schutz der Vereinigten Staaten für ihr Un­ternehmen nachsuchen.

Sofia, 9. Juni. Rittmeister Boitschew leugnet, seine Geliebte Anna Simon in Philipoppel ermordet zu haben. Der Polizei­kommissar Novelle sowie der am Morde be­teiligte Gendarm haben dagegen eingestanden, die Simon zuerst chloroformiert und sodann gelötet zu haben, worauf sie den Leichnam in den Fluß warfen. Die öffentliche Mein­ung billigt durchaus das korrekte, strenge Vorgehen der Justizbehörde und der Re­gierung.

Verschiedenes.

Schlagansall. In einem Damen- kafieekränzchen war auch eines Tags eine sehr korpulente Frau, welche mitten unter ihren Freundinnen und zum größten Schrecken der­selben, von einem Schlagansalle getroffen,