Rundschau.

Sämtlichen württb. Oberämtern ist in voriger Woche die Weisung zugegangen die Landjäger dahin zu instruieren, daß sie die Detaiireisenden überwachen sollen, ob sie mit den nötigen Gewerbelegitimationen aus­gerüstet sind und nur solche Privatpersonen mit ihren Waren aussuchen, von weichen sie zuvor ermächtigt oder eingeladen worden sind. Diese Verordnung des Herrn Ministers ist sehr dankenswert, aber wenn irgend ein De» tailreisender die vom Gesetz oder durch Ver­ordnung des Bundesrats freigegebenen Waren Wein, Leinwand, Sämereien in seinem Koffer neben den eigentlichen Waren, die er an den Mann bringen möchte, mit sich führt, so kann er trotz dieser Verordnung des Herrn Ministers das Gesetz nach wie vor unge­straft umgehen. Es wird also nichts anderes übrig bleiben, als daß die schwer geschädigten Detailkaufleute sich an den Bundesrat mit der Bitte wenden, derselbe möge das gleich­zeitige Mitführen von erlaubten und uner­laubten Waren seitens der Detaiireisenden Verbieten. Der württemb. Schuhverein für Handel und Gewerbe ist in diesem Sinne bereits vorangegangen und es steht zu hoffen, daß der BundeSrat nicht erst lange abwarict, wie die Gerichte die ergangenen Strafan­zeigen betr. die Umgehung der Gewerbes d- nungsnovelle durch die Detailreisenden beur­teilt, sondern von sich aus durch eine er­gänzende Verordnung Wandel schaft.

Heilbronu, 10. März. Hospianofabrikanl Ludwig Nagel, einer der hervorragendste» Fachmänner auf dem Gebiete des Klavier- bauS, ist vorgestern verschieden. Durch Fleiß und Geschicklichkeit brachte er sein Geschäft aus kleinen Anfängen zum jetzigen Blühen. Fast aus allen Teilen der Welt gingen ihm Anerkennungen zu über die Güte seiner In­strumente.

Nagold- Am 28. v. M. nachts wurden auf die Bahnlinie von hier nach Aliensteig sechs schwere Steine gelegt und dadurch der von Altensteig nach Nagold einfahrendc Bahn- zug gefährdet. Der Maschinensührer be­merkte die Gefahr und konnte den Zug noch vor Entstehung eines Unglücks zum Halten bringen. Derartige Verbrechen sind aufdieser Linie schon wiederholt vorgekommmen. Die Untersuchung ist eingeleilet

Crailsheim, 11. März. (Schwer ver­stümmelt.) In der Völkerschen Gypsfabrik verunglückte heule früh der verheiratete Ar­beiter Abelein von Altenmünster auf schreck­liche Weise. Derselbe kam in das Walz­werk, wo ihm beide Arme mehrmals ge­brochen und ein Fuß abgerissen wurde. Der Verunglückte wurde in das Bezirkskranken­haus gebracht. Er dürfte kaum mit dem Leben davonkommen.

Rottweil, 9. März. Um die von der hiesigen Handwerker bank ausgeschriebene Stelle eines Direktors, bezw Kassiers, haben sich 56 Bewerber gemeldet. Bei der heuie durch den Vorstand und Aufstchisrat vorgenom- menen engeren Wahl wurde beschlossen, der in Bälde einzuberufenden Generalversamm­lung Hermann Hack aus Stuttgart als Direk­tor vorzuschlagen. Derselbe ist seit 15 Jah­ren bei dem bekannten Bankhaus G. G. Kellers Söhne in Stuttgart in Stellung und war früher bei der Handwerkerbank in Stutt­gart thätig.

Ulm, 11- März. Fortuna ließ auch in der Hkidenheimer Lotterte wieder Gerechtig­

keit willfahren. Wie man hört, ist der erste Gewinn mit 35 OOO ^ einem hiesigen Feld­webel mit zahlreicher Familie (acht Kindern) zngefallen und soll dieser sich nun in den Z vildienst zurückziehen.

Karlsruhe, 10. März. DieBad Lztg." schreibt: Eine Beschleunigung deS Bahnbaus im Albthal wird von auswärtigen Blättern angeregt. Der Unternehmerfirma Lenz in Stettin soll nahe g-legt werden, wenigstens die Linie Karlsruhe-Marxzell so zeitig fertig zu stellen, daß sie noch im Laufe dieses Sommers in Betrieb gesetzt werden kann, selbstverständlich unter Benützung pro­visorischer Aufnahmsgebäude. Von Marxzell aus können eine Reihe der herrlichsten Tou­ren unternommen werden, weshalb es mit Freuden begrüßt werden würde, wenn der Wunsch sich erfüllen ließe.

Mannheim, 9 März. Wie in der heu­tigen Bürgerausschnßsitzung mitgeteilt wurde, ist Mannheim in die Reihe der Großstädte eingelreten. Nach den Listen des Statistischen Amts betrug die Einwohnerzahl am 1. März l. I. 101,000.

Berlin, 11. März. Der Urheber des am 17. Febr. ds. Js. im Hohenzollern- museum verübten Diebstahls ist in der Per­son res 25jabrigen in Pforzheim geborenen Kaufmanns Adolf Katz ermittelt und ver­haftet worden. Der Thäter ist geständig und befand sich noch im Besitz einiger Preziosen, während er den größeren Teil nach seiner Behauptung nach auswärts versendet haben will.

300 Postsäcke Lorbeerblätter hat ein Bewohner Triests dem Berliner Magistrat zum Ausschütten auf die Feststraße bei Ent­hüllung des Nationaldenkmals unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Vom Offizier zum Zeitungskolpor- teur. Richard v. Sydow, ein ehemaliger preußischer Lieutenant, ist am 23. Februar im Alker von fünsundsechzig Jahren als bettelarmer Zeitungsträger an der Nord Clark Str. in Chicago tot zusammengebrochen. S- wurde in Danzig geboren, wo sein Vater Oberst des vierten Grenadierregiments war. Er wurde im Kadettenkorps in Berlin er­zogen und trat dann bei dem pommer'schen Husarenregiment Nr. 5 ein. Im Jahre 1862 mußte er als Lieutenant seine» Ab­schied nehmen und wanderte nach Amerika aus. Er machte den Bürgerkrieg mit und ließ sich dann für ein Bundes-Artillerieregi- ment anwerben. Im Jahre 1873 wurde er als Invalide entlassen. Er kam nach Chicago, wo er auf alle mögliche Weise sein Brod zu verdienen suchte, schließlich ZeitungSträger wurde und als solcher seil Jahren mühsam sein Leben fristete. In deutschen Kreisen war der Greis eine bekannte Persönlichkeit und wurde allgemeinNittmeisterSydow" ge­nannt. Zwei Brüder des V-rstorbenen lebe» als verabschiedete Offiziere in Stolp in Pom­mern. Die verstorbene Fürstin v. Bismarck war Sydow's Tante.

Eine Hühnerkur. Eine sonderbare Geschichte erzähil dasLüvb. Kreisbl.": Vor einigen Tagen machte eine Frau in Uchte die üble Beobachtung, daß ihre Hühner sämt­liche Eier selbst verzehrten. Um diesem Ucbel- stande auf schlaue Art abzuhelsen, nahm sie eine große Schneiderschere und fing an, ihren Hühnern die Schnabelspitzen abzuschneiden. Doch diese Kur sollte nicht zu ihrem Nutzen ausfallcn, denn schon am folgenden Tage er­

eignete sich ein großes Unglück. Sämtliche Hühner, bei denen dieses kuriose Mittel an­gewandt war, lagen tot im Stalle.

(Eine Insel ohne Männer.) Der PariserFigaro" erzählt folgende interessante Geschichte:Im pazifische» Ozean giebt es eine kleine Insel, welche von der Gefahr be­droht ist, ihre Bevölkerung zu verlieren unk für welche ein amerikanisches Blatt eine Lad­ung Männer sucht. Es giebt auf dieser Insel thalsächlich nur Frauen, das ganze starke Geschlecht hat der grausame Sensen­mann hinweggemäht. Seitdem diese Sach­lage bekannt worden ist, hat sich in San Francisco eine Gesellschaft gebildet, die es sich zum Ziele setzt, den Witwen und Mäd­chen, welche die Jiisel bewohnen, Männer zu verschaffe». Zahlreiche Meldungen sind schon eingelangt. Sobald man hundert Ehekandi­daten beisammen haben wird, soll sie ein Schiff auf die Insel führen, wo sie, wie derFi­garo" bemerkt, sehnlichst erwartet werden. Also nicht einmal hundert haben sich gemel- vet I Die Männer scheinen flch's sehr zu überlegen. . . .

(Völker die nicht küssen.) Es giebt Länder, in denen das Küssen fast unbekannt ist. In fiel«-» Gegenden des fernen Ostens, in Bwma, in verschiedenen Teilen Indiens, Chinas und I. paus, ferner auf manchen In­seln der Südlee küssen sich die Menschen nie­mals. Junge Japanerinnen haben keine Ahnung von der Bedeutung eines Kusses, obgleich sie rosige Lippen besitzen und süß zu lächeln verstehen. Mancher schmachtende Chinese, mancher feurige Indier denkt nicht daran, seine Geliebte zu küssen, und die Mut­ter in jenen Ländern drückt ihr Baby wohl zärtlich ans Herz, berührt es aber nie mit den Lippen. Es ist seltsam, daß die Be­wohner der Tropen in dieser Beziehung mit denen der nördlichsten Gegenden übereinstim­men. Bei den Eskimos besteht der einem Kusse am meisten ähnliche Austausch von Zärtlichkeiten im Aneinanderreiben der Nasen der sich liebenden Personen.

.-. (Nene Kriegskunst) Sergeant (bei den Freiübungen):Rechtes Bein hebt!" Dorchen (kommt mit ihrem Brüderchen am Exerzierplatz vorbei):Du, Arthur, warum stehen die Soldaten da alle auf einem Bein?" Arthur:Damit sie im Kriege auch weiter laufen könne», wenn ihnen rin Bein abgeschossen wird."

Verbesserung der Frauenkleiduug ist das augenblickliche Schlagwort. In richtiger Erkenntnis des Zeitgemäßen hat die bekannte Modenwelt" die gute Sache zu der ihren gemacht, und derVerein für Verbesserung der Frauenkleidung" hat die ausschließliche Veröffentlichung seiner Modelle diesem Blatte übergeben. Die große Verbreitung desselben macht es möglich, den Leserinnen immer neue Ueberraschunge» zu bereiten, neuerdings ver­größertes Format, doppelseitig bedruckte far­bige Moden-Panoramen und statt wie bis­her eines Schnittmuster-Bogens im Monat deren zwei in exlragroßem Format und mit einer Fülle von erproplen HülfSmitteln, die auch der ungeübten Hand das Schneidern zum Vergnügen machen. Lerliener, Wiener und Pariser Toiletten bieten der verlockenden Vorbilder genug.Die Modenwelt", ge­gründet 1865, ist nicht zu verwechseln mit den Titel-NachahmungenKleine Moden- welt" und .Große Modenwelt".