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Erinnerung sie derart erschütterte, daß sie'weinend schrie, dann wimmerte, den Baum auslöschte, im DunkelMutter", immer wiederMutter" flüsterte; endlich nahm sie Hut und Mantel und ging hinaus.

Tie Stadt war still und leer. Nur zitternde Lichtscheins in den Fenstern, und Plötzlich wandelten schwere Glockentöne über die in einem himmlisch-verlorenen Frieden verstummte, sonst von Autos und Geschäftsbetrieb lärmende Stadt.

Sie ging den Parkweg entlang, den sie fast jeden Tag mit Michael »ach getaner Arbeit dahin geschritten war, und sie dachte mit der ganzen Hingabe ihres guten Herzens an den fernen Geliebten.

An dem Baum, der ihren ersten Kuß beschattet hatte, blieb sie stehen und sah die schwarzweiße Allee entlang der Fluß blinkte vereist, und Gottes Sterne waren auch heute unverändert in ihrem immerwährenden Glänzen.

Hier ward ihr Wohl. Es ist ja auch nur ein Abend dieses Lebens, ein Abend wie alle anderen. Ein Jahr lang habe ich jeden Abend mit Michael unter diesen Sternen einen heiligen

Abend gehabt und heute auch-denn ich liebe

Dich, Michael, obwohl Du mich zu Weihnacht allein ließest, und ich spüre, wie groß meine einsame Liebe ist, wie mächtig sie gerade in ihrer Verlassenheit Dich sncht. Und ich weiß, Du kommst wieder. . . ... ,j

Crare g.ng .angsam, nun schon voller'Frieden, die ein­same Allee entlang zurück nach Haus. Als sie die Tür zur Wohnung öffnete, lag ein Telegramm Michaels auf dem Bo- den: ,Jch werde Dir immer angehören. In dieser Stunde weiß ich es: Fürs Leben! Dein M."

Was will ich mehr?" lachte sie.WaS will ich mehr?" Sie lief fast tanzend in ihr Zimmer und zündete ihr Bäum­chen wieder an.

Und als erneuter Kindergesang aus dem Hause herauf stieg, sang sie mit froher, feierlicher Stimme mit. ^

*

Der heilige Trommler

Eine Weihnachtserzählung von Hernz Steguwett.

Ich muß aufrichtig bitten: Erzählt diese Geschichte n,cht jenen Kindern, denen die Kunst des Lesens noch ein Mira.et bedeutet. Wer noch nicht lesen kann, ist seiner Reinheit wegen zu beneiden: störet die Reinheit also bei denen nicht, die unentwegt an den Weihnachtsmann glauben, an jenen seltsamen Heiligen, der einen weißen Bart trägt und eine Bischofsmütze, der zur Christnacht an die Türen klopft und böte Kinder »u Srhw" r;uz »nd so.

»n emem deutschen Königshose geschah es nämlich vor vielen Jahren, daß dem hohen Herrscher die Reinheit seiner Kinder mehr galt als die äußere Würde seiner Krone; und weil die Begebenheit eine familiäre bleiben muß, mag man dem Erzähler die Nennung des königlichen Hauses ersparen. Die Geschichte selber begann mit dem Wunsche der kleinen Prinzen, den heiligen Weihnachtsmann ebenso leibhaftig schauen zu dürfen wie alle anderen Kinder der Residenz; denn auch in den Schlössern der regierenden Fürsten wurden bunte Bilderbücher gelesen, und jeder Zeitgenosse weiß, wie tief der Nikolaus des unsterblichen Struwwelpeters die unge­zogenen Gören ins Tintenfaß tauchte. Ta aber eine Königin die gleichen Sorgen um ihre Kinder leidet wie eine Frau jedes andern Standes, mußte auch die Mutter dieser Prinzen einen Plan ersinnen, wie wohl die Erfüllung der kindlichen Wünsche möglich iei. Gewiß, irgend ein Kammerdiener hätte als Weihnachtsmann an den Bettchen der Prinzen erscheinen können, aber die Königin kannte die Pfiffigkeit ihrer Kinder: Sollten diese einen Domestiken des Hauses an Stimme, Hal­tung oder Figur wiedererkennen, würde der fromme Spuk zur respektlosen Komödie werden; darum müßte ein gänzlich fremder Mann die Rolle des Helligen übernehmen. Also wählte man den Trommler der Echloßwache, einen zuver­lässigen, riesig großen Soldaten, besten Statur für die über­irdische Würde eines Heiligen wie geschaffen war. Doch die Königin bat alle Eingeweihten, der fromme Spaß müsse geheim bleiben, vor allen Dingen dürfe der strenge König nichts erfahren, denn es ginge ja eigentlich nicht an, daß man einen Soldaten der Wache an den Betten der Prinzen seinen nächtlichen Schabernack treiben laste.

Da war denn der Christabend gekommen, ein echter Christabend sogar, die Straßen knirschten ja vor Schnee, es gab keine Fuhrwerke mehr, es gab nur noch klingelnde Schlitten. Zwölf Uhr schlug es im Schloßturm, da pochte es an die Türen der prinzlichen Gemächer, es pochte recht polternd sogar, denn die Fäuste des königlichen Trommlers waren das kräftige Zuschlägen gewohnt. U id der Weihnachts­mann tappte herein, am Kinn einen gewaltigen Bart ans weißer Watte, auf dem Kopf eine Bischofsmütze, und sonst nicht weniger prächtig an uschauen als der liebe Gott im Bilderbuch: Mit langem Mantel, mit drohendem Blick! Keine Zofe war heute bei den kleinen Prinzen geblieben, kein braver Domestik, nur die Königin wartete an den Belten, wartete wie jede andere Mutter der Residenz. Sie begrüßte den riesigen Heiligen, und der Trommler war keck genug, diesen Gruß von oben herab zu erwidern. Er nahm sein weihnachtliches Keväck von der Schulter, er bob drokend di-

Rute, aber bevor er nach ven guten oder bösen Tugeirden der Prinzen fragen konnte, begannen die Kinder ein Ge­schrei, grell und verzweifelt, tvie alle andern Kinder der Residenz. Ihre Tränen strömten, ihre zarten Körperchen ittcrtcn in den Kissen, den Weihnachtsmann packte jetzt clbcr die Angst, denn auf diesen Empfang hatte man ihn keineswegs vorbereitet. Auch die Königin wußte keinen Rat, sie hatte doch nur den Wunsch ihrer Kinder erfüllt, aber ...

Dieses Aber brauchte nicht mehr gedacht zu werden: Ter König stand bereits in der Tür, das Geschrei seiner Söhne hatte ihn vom Schreibtisch gescheucht, gewiß, jetzt mußte sich jenes Gewitter entladen, das man so gern vermieden hätte. Schon wollte der König nach der Ursache des nächt­lichen Skandals fragen, als der heilige Weihnachtsmann zu­erst die Fassung verlor:

Der arme Trommler pflanzte sich wie ein Denkmal vor seinem Monarchen auf, hilflos und wehrlos präsentierte er mit seiner Nute, als sei dieses lustige Werkzeug ein blank s Gewehr! Da beruhigten sich die Kinder, da trockneten sie ihre Tränen, denn die staunenden Augen sahen ja. daß selbst der Heilige ihrem Vater strenge Reverenz erweisen mußte.

Immer noch schwieg der König, obwohl er sofort er­kannte, daß dieser riesige Mensch nur sein. Trommler sein konnte. Er erkannte aber auch, daß seine Prinzen bereits an der Würde des Heiligen zweifelten, diese Gefahr mußte man schleunigst besiegen; sollten doch die Kinder den Glauben an Märchenhaftes und Wunderbares nicht verlieren, denn wie lange noch, und das wirkliche Leben wird sich ihrer grau am bemächtigen. Darum flüsterte der königliche Vater den Trommler zu, er sei ein ausgemachter Schöps, worauf der Heilige die präsentierte Nute unverzüglich sinken lieh. Jetzt herrschte das Märchen wieder, auf Geheiß des heiligen Besuchers falteten die Kinder ihre Hände, und die Eltern beteten demütig Vas Vaterunser, so demütig wie alle andern Menschen der Residenz.

Rätselauslösungen aus der Iugendbeilage

Auflösung.

Derrote Willi" ist Nr. 5 auf unserem Bilde. Er ist 12 Jahre alt, während alle anderen zusammen 86 Jahre alt sind.

Marxzell, den 23. Dezeinber 1929.

Todes-Anzeige

r.

Tieferschüttert geben wir Verwandten nnd Bekannten die schmerzliche Mitteilung, daß mein innigst geliebter Gatte, unser trcubesorgler, guter Vater, Bruder, Schwager und Onkel

Karl Braun

Fischzuchtanstalt Marxzell

durch jähen, unverschuldeten Tod aus unserer Mitte entrissen wurde.

In tiefer Trauer:

die Gattin: Mina Braun mit Töchterchen, Marxzell Familie Heinrich Braun, Bad Teinach Familie Julius Seeger, Calw Familie Emil Braun, Amerika Beerdigung Stefansfeiertag nachm. 2 Uhr in Bad Teinach.

Mg

Stamniheim, den 24. Dezember 1929.

Todes-Anzeige

Verwandten und Bekannten machen wir die schmerzliche Mitteilung, daß u»,ere liebe Mutter, Großmutter, Urgroßmutter

Marie Kober

geb. Lutz

gestern morgen um 1'/, Uhr im Alter von 75 Jahren unerwartet rasch in Folge eines Unglücksalles ihrem schweren Leiden erlegen tzt»

Die trauernden Hinterbliebenen.

Beerdigung Mittwoch nachmittags 2 Uhr.

6eorgen8um Calw

Das Lesezimmer der Bücherei ist geöffnet Im Sommer von 812 Uhr und von 23 Uhr, im Win'er von 9lL Uhr und von 29 Uhr. (Sonnlags von 27 Uhr. a» den Festtagen ge ch'.ofsen). Die Bücherei umsaßt belehrend, und unterhaltende Schriften: auch einige Zeitschriften liegen aus. Tie Bücherei ist jedermann unentgeltlich zugänglich: ganz besonders wird die reifere Lugend ?>»n Besuch Ungeladen. Ein Verzeichn.» der Ncuanschas- jungeii der legten Lahre ist im Lesezimmer angeschtagen.

e r G e o r g e n L u m s r a t

Calwer Liederkranz

Hauptprobe für Franen- unü Männerstimmen am 26. Dezember vorm, pünkt­lich '/,l0llhr. Vollzähliges Er,cheinen unbedingt nötig Der Borstand

Vollfrische

empfiehlt

Geflügelfarm

ipaul Lkaier,

Ca.wee Hof.

Bestellungen und Ver­kauf bei tzseschw. Maier, Lederstr. Lk. (kein Laben)

10 Lahre altes

(hellbrauner Wallach), mlltelschwcr, guter Einspänner, verkauft

Lakob Fischer, Bauer Gültlruge»

Gehört nun einmal, wie wir wissen, Zum Weihnachtsfest mit seinem Glan; Als ganz besonderer Leckerbissen.

Sin jeder ißt mit viel Behagen,

Nur Mimi seufzt beim Festgericht:

So gut sie schmeckt ich muß doch sagen, War nachher nur öas Spülen nicht!"

Leboch -re Mutter fröhlich lacht:

Das ist im Hanöumörehn gemacht Mit O Mimija öas ntmmstel

Notwendige Richtigstellung

Die Auslassung des Herrn Rolf Sannwald im An­zeigenteil desLalwer Tagblalts" vom 19. Dezember darf nicht unwider,prochen bleiben. Angelpunkt der hier ge­gebenen Darlegung ist der die Ldee des heutigen Volks« staats iro»i>ierenoe Salz:Das Volk regiert.- Daraus wird dann die Z vecklo.igkcll lolchcr belehrender Vorträge, wie sie die Reichszentrale sur Heimaidieiist veranstaltet, ge­folgert: Sie sind völlig überflüssig und belasten nur den Geldbeutel des Steuerzahlers. Wieso? fragt man sich: ist die Folgerung richtig? Folgt wirklich das zweite aus dem ersten? Offenbar nur dann, wenn man ein vergessenes Mittclg'e', in die Shluzsoige eins haltet, das etwa jo lautet:W r regiert, muß selbst am besten wissen, was er tun u»o lassen soll und braucht von niemand Belehrung entgegenzunehmen.- Das möchte stimmen. Wie verhält es sich aber mit dem Sah, dag in unserem heutigen Staat das Volk regiere? Nur ein Irrsinniger kann so etwas behaupten. Noch nie. so lange die Wett steht, hat das Volk regiert, und es wird auch nie dahin kommen. Oder steht dtejer vag vielleicht in der Weimarer Verfassung? Es

hat beinahe der An,chein, als ob Herr 6. von dieser Vor­aussetzung ausgehe. Es wird ihm aber schwer fallen, den Nachweis dasür zu erbringen. Es heißt dort:Die Staats­gewalt geht oo n Baku au;." Das ist do h nicht gleich­bedeutend mit:Das Volk regiert.- Wenn aber dieser Satz, die Prämisse des Schlusses, salich ist, so sällt auch der Schluß selbst in sich zusammen. Bei Licht betrachtet ergibt sich genau das Gegenteil von dem»was Herr S haben möchte.

Wenn das Volk es ist, von dem die Staats- gemalt ausgeht, wenn dem Bold so Wichtiges an­vertraut ist, so erwächst der Negierung die Ausgabe, nichts zu versäumen, um das Volk durch weit­gehende Be ehrung auf eine möglichst hohe Stuf« politischer Bildung und Urteilsfähigkeit emporzu- heben. Wir möchten ober auch Herrn Sannwald den wohlgemeinten Rat geben, durch gründliche Studien an der Bcrliesnng seiner eigenen politischen Einsichten zu arbeiten. Es wird ihm dann die Erkenntnis ousgehen, dag die Probleme nicht so cinfach sind und nicht so sehr aus der Oberfläche liegen, dag ein so schnell ertiges Ab- urteilen über den gegnerischen Standpunkt gerechtfertigt wäre. Strudel.