Rundschau.

Wildbad, 16. Nov. Weihnachts-Paket- sendvngen nach Amerika, welche mit der deut­schen Paketpost den Adressaten rechtzeitig zum Fest zugchen solle», sind zweckmäßig vor Ab­lauf des Monats November zur Post zu liefern; bei späterer Absenkung kann wegen der in Newyork mit der Verzollung verknüpf­ten Umständlichkeiten und Stauungen auf eine rechtzeitige Zustellung der Pakete nicht mit Sicherheit gerechnet werden.

Stuttgart, 15. Nov. Prinzessin Pau­line, die Tochter S. M. des Königs, midmet sich mit Erfolg der Malerei. Für dieselbe wird nun das früher von Bildhauer Müller, dem Verfertiger der Eberhardsgruppe und deS Herzog Christofdenkmals innegchabie Atelier beim kgl. Orangeriegebäude zu etnem sein auSgestatleten Maleratelier hergerichtet.

Crailsheim, 1b. Nov. In Hohnhardt brachte ein sechsjähriger Knabe seine linke Hand in die Fulterschneidmaschine, so daß ihm dieselbe quer durchschnitten wurde.

Buchau, 13. Nov. Vor kurzem wurde in der Nähe von Schussenricd auf das Ge­leise der neuen Bahn ein Stein gelegt. Der großen Umsicht des Lokomotivführers ist es gelungen, den Zug vor Entgleisung zu hüten und einem großen Unglück vorzubeugen.

In DaUgtNdorf stürzte vorgestern ein Schreiner au« Untingen über das Geländer der Donaubrücke und fand in dem reißenden Flusse seinen Tod.

Urach, 13. Novbr. In Dettingen bei Metzingen ließ sich ein 16jähriger Schmied- lehrting vom Zug überfahren. Derselbe wurde von seinem Meister hart behandelt, und als die Eltern seinem Wunsche, ihn aus den Händen deS Meisters zu befreien, nicht ent­sprachen, verwirklichte er seine schon früher gemachte Drohung.

Wangen, 13. Nov. Gestern nacht wurde riN^fremder Mann außerhalb der Stadt an­gefallen von einem unbekannten Burschen und seiner Barschaft von 29 beraubt. Vom Thäter fehlt jede Spur. In derselben Nacht wurde hier ein Fahrrad im Werte von 180 ^ gestohlen. Gestern abend wurde in Roggenzell eingebrochen und dem Käser Wähle 280 Mark bares Geld entwendel. Von dem Dieb hat man ebenfalls keine Spur.

Aus dem Zabergäu, 13. Nov. (Macht der Gewohnheit.) Gegen abend fuhren drei Damen aus Brackenheim mit der Bahn von Heilbronn weg, um, natüilich von Laufs n au«, mitihrer" Bahn heimzukehren. In anregendes Gespräch vertieft hören sie die StationNordheim" abrufen. Dieser Name wirkt auf die drei wie ein Zauberwort (den» wie oft sind sie früher hier ausgestiegen) und einem unsichtbaren Zwange folgend, erhoben sie sich rasch und eilen ans dem Wagen. Draußen ist finstere Nacht und ein nieder- rieselnder Regen wirkt recht erfrischend. Ehe sie sich aber über ihren Irrtum klar waren, entschwand der verräterische Zug ihren Blicken und mit verdutzten Gesichtern schauten sie sich gegenseitig an. Glücklicherweise war unter ihnen eine resolute Dame, die nicht lange jammerte, sondern rasch handelte und im Ort ein Fuhrwerk austrieb, auf welchem dann in etwas ärgerlicher Stimmung über den unvorgesehenen Geld- und Zeitverlust die Heimfahrt angetreten wurde. Sollte nicht di«neue Bahn" die falsche Richtung haben?

Pforzheim, l3. Nov. Eine große Er­bitterung herrscht unter den hiesigen Ge­

schäftsleuten. Zu dem Warenbazar der be­kannten Firma Wronker, welcher seiner billigen Preise wegen den Ladeninhabern schon gro­ßen Schaden zugefügt hat, ist nun seit einigen Tagen ein Verkauföhaus der Geschwister Knopf gekommen, in.welchem die Waren ge­radezu verschleudert werden und der Zuspruch infolge dessen ein geradezu unglaublicher ist. Die Firma Wronker hat nun ebenfalls ihre Warenpreise entsprechend reduziert und lockt nun ihrerseits daö Publikum wieder an. Ein wahrer Hepensabbath hat nun begonnen, unter dem übrigen Geschäftsleute aber sehr zu leiden haben. Zn etnem Ariikel des Pforzh. Tagblatts" wird darauf Hingewie­sen, daß der Zweck der Warenbazare nur der sei, die Konkurrenz lahm zu legen, um dann die Preise nach Willkür in die Höhe schrau­ben zu können. Das Publikum wird nach­drücklich ermahnt, diese» Geschäften ferne zu bteibcn und nicht um einiger elenden Pfennige willen zum Ruin eines ganzen Standes bei­zutragen.

Aus Ettlingen, 11. Nov. wird geschrie­ben : Die neue Eisenbahn von Karlsruhe nach Herrcnalb beziehungsweise von hiernach Pforzheim ist nunmehr auSgesteckt und pro­filiert; auch die Materialwagen sind schon auf dem Bahnhof angelangt. Dem Verneh­men nach soll die Bahn zugleich an acht Stellen in Angriff genommen werden und zwar, soweit es die Witterung znläßt, nock in diesem Jahre. Zahlreiche Arbeiter sind schon hier eingetroffen.

Frankfurt, 15. Novbr. (Eine Wette.) Gestern nachmittag hatte sich auf dem Opern­platze, eine große Menschenmenge angesammelt. Ein Droschkcn-Kulscher hatte mit einem Kollegen gewettet, daß er auf seinem abge­schirrten Rosse in die Gaststube einer benach­barten Wirtschaft reiten werde. Ein Faß Bier war der Einsatz, den der kühne Reiter auch glänzend gewann, denn sein treuer Brau­ner trug ihn unter dem Beifall der Menge fromm und sicher in das WirtSlokal und wieder auf die Straße.

Weißenburg i. E., 12. Nov. (Wild­diebe.) In der Nacht vom Montag zum Dienstag befestigten Wilddiebe an einem Weg­weiser an der Straße von hier nach Lauler- burg den Kopf eines Rehbocks und 9 Neh- läufe. Schon am Tage vorher hatten Wil. derer einen Rehkopf auf einen Briefkasten gestellt und einen Hasen an den oberen Teil einer Telegraphenstange gehängt. Weiter kann es wohl die Unverfrorenheit der Wild­diebe nicht treiben.

Das älteste Ehepaar im deutschen Reiche dürften die Ellern des Rektors Tank in Neumünster sein. Der Mann ist 96, die Frau 92 Jahre alt. Sie sind 68 Jahre verheiratet und haben bereits ihre goldene, diamantene und eiserne Hochzeit gefeiert, und wenn, was bei ihrer kräftigen Konstitution zu hoffen steht, sie noch zwei Jahre am Le­ben bleiben, so würden sie ein Fest begehen können, für das die deutsche Sprache bis jetzt noch keine Bezeichnung aufzuweisen hat. Es wäre interessant,'zu erfahren, ob eS irgendwo ein noch älteres Ehepaar giebt.

Attentat auf die eigene Fran. Heute Freitag nachmittag schoß ein in der Junker­straße in Berlin wohnender Schneider, an­scheinend im Delirium, auf seine Frau, ohne zu treffen. Die Frau entwand dem Manne gewaltsam den Revolver. Der Thäter beab­sichtigte offenbar seine Frau und dann sich

selbst zu erschießen. Der Thäter wurde verhaftet.

(Rätselhafte Jagdbeute.) In der Stodtforst von Nauen (Kreis Osthavelland) wurde, wie derVoss. Ztg." nachträglich be­richtet wird, am 9. Oktober vom Hilfsförster Giebel ein Fuchs geschossen, der ein ledernes Halsband mit anscheinend silberner Platte trug. Auf dieser befindet sich die merkwürdige Inschrift eingraviert:Königgrätz, d. 3.July 1866." Es wäre wertvoll, zu erfahren, welche Beziehungen dieser Fuchs, dessen Fell und Halsband noch nicht verkauft sind, zu der Schlacht von Königgrätz hat und welcher Vorgang dazu Veranlassung gegeben hat, ihm das Halsband umzulegen.

- (Selbstmörder und Muttermörder.) In Dreux beschloß ein junger Mann Na­mens Ulysses Nouquel, sich wegen Liebes- grames zu töten. Gestern früh erhob er sich zeitlich und nahm eine Flinte, die er niederknieend unter dem Kinn an setzte. Seine Mutter überraschte ihn hierbei, sprang hinzu und riß ihm den Kopf zurück allein eS war schon zu spät. Der Schuß ging los, streifte die Wange des Unglücklichen und zer­schmetterte seine rechte Schläfenseite. Dieselbe Kugel traf aber auch die Mutter. DaS Pro­jektil drang ihr durch den Mund in daS Gehirn und verursachte ihren sofortigen Tod. Der Sohn verschied einige Stunden später.

Paris, 10. Novbr. Ein sensationelles Ehcdrama in vornehmste» KaufrnannSkrrisen wird viel besprochen. Der Industrielle M. erfuhr, daß seine Frau mit seinem Freunde G. sträfliche Beziehungen unterhalte, ging ihr in dessen Wohnung nach, erzwang sich den Eintritt, bedrohte den Freund mit Er­schießen, Wenn er die Frau, die sich unterdeS versteckt hatte, ihm nicht ausliefert. G. leug­nete ünd M. wollte bereits losdrücken, als die Frau aus dem Versteck hcrvorstürzte, dem Gatten den Revolver entriß und sich selbst tötete, bevor man es verhindern konnte. Der betrogene Gatte und der Liebhaber versöhnten sich sodann an der Leiche.

Vom Zarenbesnch in Paris. Alle Welt weiß, welch' ungeheure Anstrengungen die Franzosen machten, um ihren Kaiserlichen Gast festlich zu empfangen und zu bewirten und wie sie auch den geringfügigsten Ein­zelheiten die größte Sorgfalt widmete». So waren die Menus der offiziellen Diners in raffinierter Weise zusammengestellt und die Zubereitung der einzelnen Platten eine wahre Kunstleistung. Daß bei der Präparation der Gerichte auch Maggi's Suppenwürze viel­seitige Verwendung fand, dürfte weniger be­kannt sein, allein trotzdem manche unserer Leser und Leserinnen interessieren.

Wien, 14. Nov. (Ueberschwemmungen.) In Serbien, Bosnien, Bulgarien und der Türkei entstanden durch Hochwasser riesige Schäden. Jn Rudo am Lim sind 110 Häu­ser zerstört, an der Drtna wurden blühendste Kolonien zerstört. Ein Gendarmerie-Führer und 12 Mann ertranken bei den Rettungs­arbeiten. Die hier fälligen Posten aus der Türkei, Serbien, Bulgarien und Makedonien find ausgeblieben, ebenso blieben in der Türkei die europäischen Posten aus.

Millionäre unter sich. Das Aller­neueste auf dem Gebiete des KlubwesenS ist die Begründung eines Millionär-KlubS in London. Natürlich ist der Nachweis von wenigstens einer Million Pfund Sterling die erste Bedingung für die Aufnahme. Leute