Rundschau.

Stuttgart, 2. Nov Von der verflossenen Ausstellung für Elektrotechnik und Kunst­gewerbe wird bald keine Spur mehr zu sehen sein. Mit überraschender Geschwindigkeit sind die Abbruchs- und AuSräumungsarbeiten voll­endet. Vom Gewerbedorf ist nur noch weniges Gebälk zu sehen, die Maschinenhalle ist auch beinahe niedergelegl und die Gewerbehalle ist vollständig ausgeräumt und wird wie früher, wohl bald wieder dem Radfahrersport dienen- Nur das Schuckerthaus zeugt noch von ver­schwundener Pracht und wird auch fernerhin dem Stadtgarten für Restaurationszwecke er­halten bleiben.

Stuttgart. Bei dem bei den 8 württ. Jnf.-Reg., den 4 Kav.-Reg. und dem Pio- nierbal. 13 in diesem Jahre gehaltenen PreiS- schießen sind unter den Offizieren Hauptmann Herling der 1. Komp. Jnf.-Reg. Kaiser Friedrich, dessen Komp, auch beim diesjähr. Prüfungsschieße» am besten geschossen und daS Königsabzeichen erhalten hat, und unter den Unteroffizieren Sergeant Knanß und Vizefeldwebel Eisele der 7. Komp. Gren.» Regts. Königin Olga als beste Schützen her­vorgegangen. Die Ehrenpreise bestehen für den Offizier in einem Jn.-Offizierdegen neuen ModelS, in dem auf der einen Seile der Klingedem Hauptmann Ferling im Jnf.- Reg. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125", auf der andern Seite derselben, als besten Schützen 1896" eingraviert ist, für jeden Unteroffizier in einer silbernen Remontoirtaschenuhr mit doppeltem Gehäuse. Auf der äußeren Seite des Deckels ist der Namenszug des Königs mit der Königskrone darüber eingraviert, während der innere Deckel das Bild des Königs, von einer Wid­mungsumschrift umgeben trägt.

Stuttgart, 1. Novbr. Der diesjährige Neue" kann doch auch leine Tücke haben, was ein hiesiger Kaufmann erfahren mußte. Derselbe war zu guten Freunden auf Besuch nach Heilbronn gefahren und hatte dort auch den Neuen protzicrt. Ziemlich belastet mst diesem setzte er sich abends in den Schnell­zug, um seiner Heimat am Nesenbach zuzu fahren, und schlief bald darauf den Schlaf des Gerechten, aus dem er erst in Ulm durch den Schaffner wieder aufgerüttelt wurde. Am Montag mittag erreichte er dann glück­lich sein Ziel.

Mundelsheim, 3. Nov. (Herbststimm ung.) In der hiesigen Kelter war eines schönen Morgens von einem Weingärtner herrührend, den der anfangs so viel geschmähte und nachher so viel begehrteNeue" offen­bar begeistert hatte, folgendes Berschen an einer Schnellpresse angeheftet:

Den halt ich stets für einen Thoren,

Der in dem Weinberg ist gewest,

Ter mit der Arbeit sich geschoren,

Und sich ten Wein nicht schmecken läßt!"

Man sieht daraus, daß der Weingärtner bei gutem Humor ist und sich freut, daß auch einmal wieder für ihn etwas von der Fülle seines Erzeugnisses übrig geblieben ist.

Backnang, 1. Nov. In dem benachbar­ten Oppenweiler hat ein 6 Jahre alter Knabe ein 2'/»jähriges Mädchen in den Murrfluß geworfen. Die Leiche konnte bis jetzt nicht geborgen werden; Untersuchung ist eingeleitel

Ulm, 2. Nov. Gestern nachmittag hat sich in der Garnison Wiblingen der Wacht­meister Hahn erschossen. Derselbe hat Kassen­gelder unterschlagen und auch sonst bedeutende

Schulden gemacht. Hahn, ein Norddeutscher, Hinte, läßt eine Frau und drei keine Kinder. Das Unglück des Mannes war, daß er über seine Mittel gelebt hat.

Ebhausen, 1. Nov. Es klingt unglaub­lich, aber dennoch ist es Thatsache, daß dieser Tage der Jagdinhaber B. von Ebershardt auf einen Schuß drei Stück Rehe erlegte. Dieselben befanden sich in einer Schußlinie zum Schützen und nahe beieinander, so daß das tötliche Blei sie auf einen Schuß nieder­streckte.

Pforzheim, 1. Nov. Wie von zuver­lässiger Seile dem M. C- initgeleilt wird, dürfte im Hinblick darauf, daß die Grund­stückspreise zur Albthalbahn weit über den s. Zt. angenommenen Anschlag (62 000 M.) hinauögehcn, ja bereits den Betrag von 90 000 bis 100 000 M. erreichen, in welch letzterer Summe einige noch festzusteckende Entschädigungen nicht mit inbegriffen sind, zu befürchten sein, daß das ganze Projekt scheitert, wenn nicht eine Minderung der Grundstückspreise in Ettlingen erzielt werden könnte, da nicht anzunehmen ist, daß die Differenz auf sonstige Weise gedeckt werde.

Karlsruhe, 4. Novbr. (Bestrafte Un­mäßigkeit.) Einem 36jährigen Taglöhner aus Völkersbach bezahlten gestern nachmittag in einer Wirtschaft in der Kronenstraße meh­rere Gäste so viel Branntwein, daß derselbe sinnlos betrunken im Hofraum umfiel und augenblicklich tot war.

Nordhausen, 1. Nov. (Folgendes Vor­kommnis) wird hier viel besprochen: Der hiesige Kaufmann Theodor Wolfs kehrte in einer der letzten Nächte mit seiner Frau vov einem Vergnügen ohne Hausschlüssel zurück. Während er einen solchen von dem im Nebm- hause wohnen. Hauswirte herbeiholte, wartete seine junge Frau an der Hauslhür. Als er zurückkam, sah er, daß ein anständig ge- kteider Mann seine Frau zu umfassen suchte. Er verbat sich dies energisch und gab sich dabei als Ehemann zu erkennen. Der andere aber wies ihn schroff zurück und hieb auf Wotff ein. Dieser aber schlug dem anderen dermaßen mit der Faust ins Gesicht, daß ein Teil der zersprungenen Klemmereinfass­ung in das eine Auge drang und dies so­fort auslief. Der schwer Verletzte, Gericht- assessor Drehmann, entfernte sich eiligst, wurde dann ohnmächtig in seinem Zimmer gefun­den und liegt zur Zeit in der hiesigen Augen­klinik des Dr. v. Blödau darnieder. Das zweite Auge ist gleichfalls in ernster Gefahr. Drehmann hatte den Nachmittag und Abend niit einem Freunde von auswärts in einem Weinhause zugebracht und war bei dem Vor­kommnisse stark angetrunken.

Rastatt, 1. Nov. Prem.-Leut. v. Kum­mer vom Regiment Markgraf Ludwig Wil­helm hat einen interessanten Distanzritt zurück- gelegt. Nachdem derselbe um die Mittags­zeit bei dar Schnitzeljagd das Artillerie-Re­giments als Sieger der Fuchsrute in schnei­digem Auslaufe errungen hatte, bestieg er abends halb 9 Uhr dasselbe Pferd, auf dem er gesiegt hatte, und ritt nach Straßburg, wo er schon nachts um 12 Uhr von Kame­raden begrüßt wurde. Bereits 6 Uhr früh sah man ihn wieder in Rastatt frisch und munter einreiten. Er hat somit die Strecke von 120 Kilometern nach Straßburg über Kehl, zurück über Drusenheim in kaum 10 Stunden znrückgelegt.

Landau (Pfalz), 1. Nov. (Aus Schreck

gestorben.) Aus Schreck darüber, daß ihre Kleider an einem Spiritus-Apparat Feuer ge­fangen hatten, stürzte die Gattin des iw 16. bayerischen Infanterie-Regiment dienenden Majors Gürleth zu Boden und war sofort eine Leiche.

Ein verhängnisvolles Mißverständ­nis. Aus Zell am See wird gemeldet: Donnerstag nachts 11 Uhr wollte der Knecht Georg Berger aus der Gemeinde Maishofen für einen kranken Kameraden von der Apo­theke Arznei holen. Der Besitzer der Apo­theke, Joseph Wisgrill, hörte Berger an der rückwärtigen Hausthüre pochen. Erhielt ihn für einen Ruhestörer, welcher bereits vor einigen Nächten das Apothekerhaus attackiert hatte. Der Apotheker feierte einen Revolver- schuß ab. Mit dem AusrufeRezept" stürzte Berger tot zusammen.

Aus Ostpreußen, 29. Okt. Der älteste Mann in Ostpreußen und wohl auch in Preußen, der Altsitzer Iwan in Szittkehmen, ist im 118. Lebensjahre gestorben. Bis vor kurzem war Iwan poch sehr rüstig.

Bombay, 2. Nov. Ein großes Baum- woll-Lagerhans ist mit 35 000 Ballen nie» dergebrannt.

Aus Amerika Ein Verbrechen, ebenso entsetzlich wie rätselhaft, hält ganz Chicago in Aufregung. Ein dort ansässiger deutscher Arzt, Dr. Karl.F. Nitz hat seine Gattin, mit der er i» unglücklicher Ehe lebte, getötet, während des Todeskampfes seines Opfers wissenschaftliche" Beobachtungen gemacht und diese niedergeschrieben. Als ihn nach Ent­deckung der Thal die Polizei festnehmen wollte, setzte auch er durch einen Revolver- schuß seinem Leben ein Ziel. Indes hat er sich nicht nur für den Todeskampf seines Opfers interessiert: bevor er sich selbst tötete, hat er, um sich zu vergewissern, daß er die That bei klarem Verstände begangen, den eigenen Puls gefühlt und in seinen Notizen denselben als unverändert und ruhig bezeich­net. Die Ehe war, wie gesagt, unglücklich, da die Frau zänkisch gewesen zu sein scheint. Aus Kummer ergab sich der Mann dem Alkohol, was dann wohl diese rohe Hand­lungsweise erklärt. Der Schluß derwissen­schaftlichen" Aufzeichnungen lautet: Mein Puls ist ruhig. Ich bin vollständig bei Ver­nunft, es ist mein letzter Trost. Was ich besitze, gehört meinen teuren, vielgeliebten Kindern Alma und Ingo. Louis Schuh­macher weiß, was er zu thun hat." Den Fall wird man wohl oder übel lediglich vom pathologischen Standpunkte aus behandeln müssen.

Newyork, 4. Nov. Mac Kinley, der republikanischeKandidat,Anhänger der Doppel­währung und Schutzzöllner wurde mit 242 Stimmen zum Präsidenten der Vereinigten Staaten Amerikas gewählt.

Die Kosten einer Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten. I» derCon­temporary Review" schätzte .der Konsul der Vereinigten Staaten in Birmingham, G. F. Parker, den ungefähren Betrag, der für poli­tische Zwecke bei einer gewöhnlichen Wahl eines Präsidenten in der Zeit vom 1. Aug. bis zum Wahltage im November ausgegeben wird, auf 3040 Millionen Dollars (135 bis 200 Millionen Mark). Dieser Betrag ist nur zur Beeinflussung der Menge für einen bestimmten Kandidaten berechnet, da die wirklichen Kosten des Wahltages in jedem einzelnen Staate von den öffentlichen Abtza«,