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Rundschau.

Wiirttembergische Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe, Stuttgart 1896. Die Schnelligkeit, mit welcher die Ausstellungsacbeitcn dem Ende zueilen, und die insbesondere beim Gcwerbedorf jeden Tag neue Überraschungen hervorzaubert, übt auf die Beteiligung am Ausstellungs-Abonnement ersichtlich die günstigste Wirkung aus. Die Anmeldungen sowohl für Familien- als Einzel- Abonnements gehen neuerdings zahlreich ein, jo daß Jedermann nur dringend zu raten ist, keinen Tag zu zögern, damit die Aus­fertigung der Karten sicher bis zum Eröff­nungstag, 6. Juni, bewerkstelligt werden kann. Auch sonst verspricht der Besuch der Aus­stellung ein lebhafter zu werden. Schon jetzt haben sich verschiedene auswärtige Fabrikbe­sitzer gemeldet, welche gemeinsam mit ihren Arbeitern die Ausstellung besuchen wollen. Dieses schöne Beispiel wird sicherlich noch viele Nachahmer finden, so daß sich das er­freuliche Schauspiel regsten Besuches aus Stadt und Land und allen Sichten der Be­völkerung, wie es die Ausstellung von 1881 bot, auch bei der kommenden wiederholen wird.

Sulgau, 27. Mai. Heut« abend ging bei uns ein Hagelwetter nieder, das 8 Min. andauerte. Hagelkörner fielen bis zu Tauden- eiergröße.

Nagold. Am 26. d. M. früh fuhr ein Bauer aus Oderschwandorf hierher. Beider Winterbrücke sah er einen Mann in der Waldach liegen, den er bei näherem Zu- schaucn als tot erkannte. Die angestellten Nachforschungen ergaben, daß derselbe der Schreinermrister Euting aus Nagold war, welcher in der vorangegangenen Nacht mit seiner Familie in Haiterbach gewesen war, sich auf dem Rückwege von dieser getrennt hatte, um auf der Brücke einige Zeit zu schlafen, von dieser aber ohne Zweifel herav- gefallen und ertrunken ist.

Von der hohenzollernschen Grenze, 28. Mai. In Sigmaringen wurde bei der gest­rigen Wahl eines Bürgermeisters sür die Sladigemeinde Sigmaringen Hofbuchhändler Karl Liehner gewählt.

Pforzheim. Im Laden des Herrn Emil Scheidet, Markt 14 arbeitet seit einigen Tagen eine 4Amerikanische National-Regist- rier-Kasse." Die Kasse mit einem äußerst komplizierten, aber ebenso sicheren Registrier­werk versehen, bildet eine Sehenswürdigkeit und zeugt von der außerordentlichen Erfind­ungsgabe der Amerikaner. DaS Registrier- werk wird durch Tasten in Bewegung gesetzt und zeigt dem Käufer zunächst selbst den Betrag des gekauften Gegenstandes an, druckt vermittelst einer Schreibmaschine die fort­laufenden Beträge auf einen Papier« streifen, wirft für den Verkäufer eine Quitt­ung heraus, addiert selbstthätig alle der Kasse vertrauten Beträge und verzeichnet ebenfalls auf einem Papierstreifen sämtliche Ausgaben, Kreditverkäufe und Zahlungen. Ohne Zu hilfenahme irgendwelcher Bücher ist man abends nach Geschäftsabschluß in der Lage, sich über den Geschäftsgang des Tages in einer Minute zu orientieren. M,hr kann man kaum verlangen. Die Besichtigung der Kasse hat Herr Scheidet Jedermann gestattet und seien Interessenten hierdurch aufmerksam gemacht.

Berlin, 27. Mai. Dem Grafen Wil­helm Bismarck, Oberprästdent der Provinz Ostpreußen, ist ein Sohn geboren worden,

für den Fürsten Bismarck der erste Enkel seines Namens, da seinen beiden Söhnen bisher nur Töchter geboren waren.

GltiWttz (Schlesien), 24. Mai. Gestern Abend ging in der Zeit von 6 bis 8 Uhr ein furchtbares Gewitter mit Wolkenbruch und Hagel nieder. Die Baumblüte ist ver­nichtet; die Gärten gleichen Schneefeldern. Die Bahnhosstraße und die Nikolaistraße gleichen reißenden Strömen. Gegen 150 Wohnungen stehen unter Wasser und etwa 10 000 Personen sind obdachlos.

Ellenburg, 20. Mai. Der 17 Jahre alte Sohn deS Gutsbesitzers Hofmann war eben vom Felde heimgekehrt, wo er mit einer Doppelflinte abgewehrt hatte, da erschien in der Thür des Hauses seine 19 Jahre alte Schwester, ein kräftiges, blühendes Mädchen, um sich die vom Vater angefahrenen Steine z» besehen.Im Scherz" legte der junge, Mann die Flinte auf die Schwester an, nicht ahnend, daß der eine Lauf noch geladen sei; im nächsten Augenblicke krachte auch schon der Schuß und das Mädchen stürzte zu Boden. Die volle Schrotladung war ihr in das Ge­sicht gedrungen. Leider wurden auch beide Augen der Aermsten von zahlreichen Schrot- körnern derartig durchbohrt, daß an eine Er­haltung des Augenlichts nicht gedacht werden kann. (Wie oft müssen die Zeitungen vor dem bodenlosen Leichtsinn in der Handhabung von Schußwaffen warnen?!)

Im Leipziger Vorort Zschocher wur­den drei Kinder einer Familie, die in einer Sandgrube spielten, durch eine herabstürzende Wand verschüttet und sind erstickt.

Rußland und der Frieden. Das leitende Organ der St. Petersburger Presse, dieNowojc Wremja", schreibt über das Moskauer Krönungsfest und feine Bedeut­ung sür den allgemeinen Frieden:

Zum erstenmal seit Menschengedenken haben sich außer den Vertretern der Staaten Europas und Amerikas auch hervorragende und bevollmächtigte Vertreter aller Reiche Asiens in Moskau versammelt. China, Ja­pan, Korea, Siam, Persien, Buchara, Chiwa und die Türkei haben ihre Regenten und Botschafter gesandt, und auch einen unserer liebsten Gäste, den indischen Maharadfchah, den freiwilligen Deputierten des volkreichen Indiens, der Wiege der Stämme Europas, wollen wir nicht vergessen. So wird es zur Krönung Kaiser Nikolaus II. eine noch nie dagewesene feierliche Begegnung Europas und ganz Asiens geben, eine Begegnung der Ver­treter von fast 500 Millionen Europäern und Amerikanern, d. h. gleichfalls Europäern, mit den Vertretern von über 800 Millionen Asiaten. Das Moskauer Fest ein Fest ganz Rußlands bringt eine Begegnung der europäischen Zivilisation mit der ältesten Zivilisation, die jetzt, nach einem Stillstand von vielen Jahrhunderten, zu neuem Leben erwacht. Keiner der großen Eroberer, kein einziger Monarch Europas hat zu seinen Fest­lichkeiten so viele Ehrengäste versammelt, wie sie fitzt, zum erstenmal, zur Krönung des Weißen Zaren in Moskau zusammengekom­men sind. Und sie alle sind gleich uns von dem gemeinsamen Wunsche beseelt, in Frieden und Freundschaft miteinander zu leben. Auf der Moskauer Zusammenkunft der Vertreter fast aller Staaten des Erdballes wird nicht von neuen Koalitionen, nicht vom Kriege ge­redet, sondern nur davon, wie man den Frieden, der allen teuer ist, befestigen und

den Völkern für die Zukunft die ruhige Ent­wicklung ihrer geistigen Kräfte und ihres wirt­schaftlichen Wohlstandes sichern könnte. Diese in der Geschichte einzig dastehende Krönungs- Versammlung hätte aber in ihrer ganzen Fülle nicht zu Stande kommen können, wenn nicht die neue Regierung in alle unsere auswär­tigen und inneren Angelegenheiten einen mil­den Ton hineingetragen hätte, einen Geist der Versöhnung, der freundschaftliche Vereinbar­ungen nicht von sich stößt, wenn sie der Würde und den Interessen des Reiches nicht schaden und als Ausgangspunkt für kulturelle Fortschritte dienen können. Gott verleihe Rußland neue Kräfte auf diesem gesegneten Wege."

Ein Spitzbubenstreich. Aus Toulouse wird folgende unglaubliche Gefchichte gemeldet: Zwei Gendarmen von Monimeyran führten zwei wegen Diebstahls verhaftete Italiener nach dem Gefängnis von Brignoles. Mitten auf dem Wege gelang es den beiden Misse« thätern, ihre Fesseln zu lösen; sie stürzten auf die beiden arglos dahintrabenden Hüter des Gesetzes, warfen sie von ihren Pferden herab, fesselten sie sorgsam und banden sie an einen Olivcnbaum fest. Daraus bestiegen sie die Pscrve der Gendarmen und sprengten davon. Ein deS Weges kommender Bauer bemerkte die beiden unglücklichen Orbnungs Wächter und befreite sie von ihren Banden, worauf dieselben tief beschämt den Vorfall ihrem Vorgesetzten melden mußten. Die bei­den verwegenen Spitzbuben hat man noch nicht wieder festzunehmen vermocht, dagegen die Pferde der Gendarmen auf den Feldern umhcrirrend aufgegriffen.

Desmoiues (Iowa. Ver. Staaten von Nordamerika), 26. Mai. Letzte Nacht wur­den fünf Städte und viele Bahnbrücken durch einen Wirbelsturm zerstört. 40 Personen werden als tot gemeldet.

In Zabvk (Kroatien) vernichtete ein furchtbarer Hagelschlag die ganze Ernte.

Am Montag nachmittag wurde die Stadt Deseronto in Ontario (Kanada) durch eine Feuersbrunst fast ganz in Asche gelegt. Gegen hundert Wohnhäuser, sowie mehrere Fabriken und Holzhöfe wurden ein Raub der Flammen. Der Verlust wird auf etwa 400,000 Doll, geschätzt. 75 Familien sind durch den Brand obdachlos geworden.

Regenmagel in England. Während man sich bei uns in Deutschland über Mangel an Feuchtigkeit nicht zu beklagen hat, herrscht in England fortgesetzte große Dürre, die dort allmählich für Feld und Farm gefährlich wird. Nicht nur braucht der FrühUngs- weizen dringend Regen, sondern auch die Heu­ernte wird mißraten, wenn nicht bald Regen fällt. Die Gerste stirbt aber wegen Mangels an Feuchtigkeit und Bohnen und Erbsen sehnen sich nach Wasser. Die Weiden wer­ben auch schon recht kahl. Die ersten Stachel« beeren kommen schon auf den Markt. Aepfel, Birnen und Steinobst versprechen einereiche Ernte. Die jetzigen Marktpreise sind ziem­lich niedrig.

.-. Eine kuriose Rechnung erhielt kürzlich ein Herr in Ramslau (Schlesien) zugesandt, die ihm sein Tischler ausgestellt hat: Ein Schrank, rechts zur Wäsche, links zum Auf­hängen 30 einen Fußtritt sür die Ge» mahlin 1,50 -/A, einen Ofenaufsatz für den Herrn Gemahl, der durchgebrannt war 1,50 Mark, eine Kaffeemühle für die Köchin, die verdreht war, 1 Summa 34