»

Rundschau.

Die Pktilion um Erhaltung der frei­willigen Gerichtsbarkeit haben nun insgesamt 52 OberamISstädte und 1640 andere Ge­meinden des Landes die Petition an die Regierung unterzeichnet. Stuttgart hat sich der Eingabe nicht angeschlossen, da dort die in Betracht kommenden Verhältnisse wesent­lich anders liegen.

Stuttgart, 7. Mai. Der Hofbildhauer Purscß ist gestern abend gestorben.

Stuttgart, 7. Mai. Die Kammer der Abgeordneten verhandelte über den kgl. Er­laß, detr. die bedingte Begnadigung von Leuten, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und zum ersten Male zu einer Gefängnisstrafe von höchstens drei Monaten verurteilt sind. Die Kammer ge­nehmigte die Verordnung.

Lausten, 6. Mai. Gestern abend wurde auf dem Turm des staatlichen Bohrgeschäfles am Marktbrunnen eine weiß-rote Fahne aus- gepflanzt, zum Zeichen» daß die Bohrversuche bereits auf ein Salzlager geführt haben. Wie mächtig das Lager ist, werden die fortgesetz­ten Bohrungen zeigen.

Neuenbürg, 7. Mai. Nach Mitteilung des Vorstands des Südd. Eisenbahnreform- vereinS in Pforzheim ist die K. württ. Ge- neraldircktion der Eisenbahnen bereit, an Sonn- u. Feiertagen im Falle genügender Beteiligung Sonderzüge, von Pforzheim nach Wildbad zur Ausführung zu bringen und zwar morgens gegen 6 Uhr und mittags bald nach 1 Uhr.

Pforzheim, 7. Mai. Heute nachmittag 3 Uhr wurde der Kommandanl der hiesigen freiwilligen Feuerwehr, Herr Louis Franz­mann, dessen Name» auf« engste mit der Entwickelung deS badischen Feuerwehrwesens verknüpft ist, beerdigt. An dem endlosen Leichenzng beteiligte sich das gesamte hiesige Korps. Von auswärts waren 44 Koips vertreten. Eine große Zahl von Abord­nungen aus dem ganzen Lande auch der württembergische Landesverband war vertreten legten Kränze am Grabe des Verstorbenen nieder.

Neuenstadt, 5. Mai. (Käti psende Rch- böcke.) Im Walde bei Kocherthürn kämpf­ten vor einigen Tagen zwei Rehböcke mitein­ander und verwundeten sich hiebei gegenseitig mit dem Geweih. Sie waren in solchem Eifer, daß sie das Herannahen eines jungen Mannes nicht merkten, so daß dieser die Streitsüchtigen am Geweih erfassen und fest- halten konnte. Da ihm aber durch seinen anwesenden Vater begreiflich gemacht wurde, daß er kein Recht habe, den Tieren ihre Freiheit zu rauben, so ließ er sie wieder los. Natürlich hatte dann der Streit ein Ende und die Böcke suchten schleunigst das Weite.

Für die Wasserbeschädigten im Badi­schen Oderiande hat die Aachener-Münchener FcuerverstcherungSgesellschaft 2000 Mark ge­spendet.

Frankfurt a. M., 7. Mai. (Mordver­such und Selbstmord. Heule Mittag kurz vor 2 Uhr feuerte der im Hause Schnur­gasse I I, dritter Stock, wohnende Schwämme- hausierer Geist einen Revoiverschuß auf seine Frau ab, die am rechten Ohr getrosten wurde, indeß nur eine leichte Verletzung davontrug. Geist gab alsdann einen Schuß auf sich selbst in die rechte Schläfe ab und blieb aus der Stelle tot. Das Motiv der Familien­tragödie ist, wie berichtet wird, in Eifersucht

zu suchen; auch soll das Ehepaar Nahrungs- sorgen gehabt haben. Der in der Fahrgasse wvhnenoe Chirurg Heinrich legte der verletz ten Frau einen Nolverband an; dieselbe wurde alsdann ins Heiliggeisthospital ver­brach!. Die Leiche des Mannes kam in die Leichenhalle des Friedhofs.

Eine seltene Leistungsfähigkeit hat ein Bauernmädchen in Eichelberg in der bayer. Obeipsalz entwickelt. Es rertilgte im Wirtshaus 21 Seidel Bier und prügelte zum Schluß den W>rt noch durch.

Mainz, 5. Mat. Einen Akt unglaub­licher Roheit hat eine Rotte von zum Teil noch schulpflichtigen Burschen aus dem nahen Momvach an einem I3jährigen Knaben von hier in dem Gonsenheimer Wald verübt. Der Knabe, der zu einem zu den Schieß­ständen kommandierten Feldwebel einen Brief trogen wollte, wurde von den rohen Burschen aufgefaßt, in den Wald geschleppt, dort an einen Baum gebunden und mit Stockschlägen auf den entblößten Körper so lange miß­handelt bis er die Besinnung verlor. Hier­mit noch nicht genug, banden die Strolche Messer an ihre Stöcke und wollten an dem Gequälten noch weitere Schandihaten verüben, wurden jedoch von einem Spaziergänger darin verjagt, der sich deS Mißhandelten annahm und Anzeige erstattete. Während die Mehr­zahl der rohen Gesellen vor dem Spazier­gänger die Flucht ergriff, wurde einer festge- nommen, so daß die Möglichkeit gegeben ist, daß die Thäler ermittelt werden.

St. Peter bei Freiburg i. B, 6 Mai. Ein 44jähriger Rekrut wurde dieser Tage in der Person eines hiesigen Bürgers von der Gendarmerie in St. Märgen verhaftet. Der Mann wurde im Jahre 1872 von der Militär-Ersatzbehörde als tauglich befunden und erhielt demgemäß Ordre zum Eintritt in en Militärdienst zugestellt. Anstatt dem Gestellungsbefehl Folge zu leisten, zog er eS vor, nach Amerika auszuwandern. Im Jahre 1888 kehrte er wieder hierher zurück, Ver­heiratete sich und der s. Zt. flüchtig gegangene Rekrut schien von s-itcn der Militärbehörde gänzlich vergessen zu sein. Doch das Schick­sal blieb nicht aus; er mußte seiner Fami­lie Ade sagen, wurde an tue Militärbehörde nach Freiburg abgeliefert und wartet dort kriegsgerichtlichen Aburteilung als Deserteur. Nur durch die Gnade des Kaisers kann die ihn sicher treffende schwere Strafe gemildert oder abgewendet werd-n.

Schweres Brandunglück in Heidel­berg. In der Nacht von Mittwoch auf den Donnerstag ist Heidelberg von einem Groß- fiu-r heimgesucht worden, welchem leider auch mehrere Menschenleben zum Opfer gefallen sind. In der Morgenfrühe des Donnerstag, gegen 3 Uhr, brach der Brand, wie berichtet wi>d, in dem UniversiiätS-Reit-Jnstitute des Herrn Gau aus. Von den in dem Hause anwesenden Personen wurden vier gerettet, vier, darunter zwei Kinder, sind verbrannt. (Nach »inec anderen Meldung, welche die Kartsr. Z'g." veröffentlicht, sind drei Kin­der verbrannt.) Ferner sind 27 Pferde eben­falls milverbrannt. Das Zollgebäude und d>e umliegenden Häuser wurden durch das energische Eingreifen der Feuerwehr geschützt. Eine Verwandte und das Dienstmädchen des Besitzers sind erstickt. Die Frau und drei and-re Kinder wurden auf einer Leiter ge­rettet. Ueber die Entstehungsursachc der Feuersbrunst verlautet noch nichts Näheres,

man weiß vorläufig nur, daß der Brand vom Stallgebäude aus seinen Anfang nahm.

Berlin. 5. Mai. Der kommandierende General des 15. Armeekorps (Straßburg) General der Infanterie Fi hr. v. Falkenstein ist von Stuttgart aus hier eingetroffen, um sich beim Kaiser nach seiner Ernennung zum kommandierenden General zu melden.

Die Koch'jche Schiffswerft in Kiel hat 600 Arbeiter die an der sozialdemokra­tischen Maifeier teilnahmen, an demselben Abend entlassen. Die Werft hat vorläufig ihren Betrieb eingestellt.

Prag, 6. Mai. Einen gräßlichen Selbst­mordversuch beging der Fabrikarbeiter Hohen- kreuz in Zizkow, indem er sich zunächst die Halsadern durchschnitt und sich sodann einen großen Nagel durch den Hals trieb, dessen Spitze rückwärts herausdrang. Er wurde sterbend ins Krankenhaus gebracht.

Paris, 7. Mai. Der Musiker Theodor Dubois, Mitglied des Instituts de France, wurde an Stelle Ambroise Thomas' zum Direktor des Konservatoriums ernannt.

Die junge Herzogin von Marlborough, geborene Vanderbilt, hat sich eine ganze Menagerie auf Schloß Blenheim (England) eingerichtet. Zu ihren Lieblingen zählen 2 Sträuße, mehrere Adler und Geier und ein Ibis. Das seltsamste Geschöpf in der Samm­lung ist eine Schlange, von der Herzogin an den Ufern deS Nils gekauft. Die Schlange ist jetzt so zahm, daß sie der Herzogin auf den Schoß kriecht. Ein schwarzäugiger nu- bischer Knabe gehört auch zu den Erinner­ungen der Herzogin an ihre Flültcrwochen. Diesem ist die Leitung der Menagerie an­vertraut.

Bei der Gemälde-Auktion Lefsbre in Paris erzielte ein kleines Bild von Millet den Preis von 60 000 FrcS.; es ist das bekannte Bild Die Strickerin, sür das der große Künstler vor etwa 40 Jahren ein Honorar von 800 Frcs. erhalten hat.

Eine kostspielige Frau ist Madame Liane ke^Pouzy, wie sich aus einem beim Pariser Ziviigerich! anhängigen Prozesse ei­nab. Ihr Schneider Decot halte sie auf Bezahlung einer Rechnung von 32,000 Fr. verklagt, sür welche er im Laufe deS vorigen Jahres Toiletten geliefert hatte.

Rom, 5. Mai. Die beiden Individuen, die gestern bei Frascati den Wagen S. H. des Herzogs von Sachsen-Meiningen ange­halten hatten, sind ermittelt und verhaftet worden.

* Eine wohlhabende Hausirerin ist dieser Tage in St. Gallen gestorben: Sie ging trotz ihres hohen AlterS noch täglich dem Verdienste nach, indem sic mit Bäckerwaren hausierte. Die Frau Hai ein Vermögen von 80 000 Franken hinterlassen.

Aus Amerika. Der am 27. April in New-Aork Hingerichtete Dirnenmörder Karl Feigenbaum soll kurz vor der Hinrichtung gestanden haben, daß er der berüchtigte Lon­donerJack der Aufschlitzer" gewesen sei.

(Boshaft.) Primaner A.:Ob ich wohl zu meinem Examen im schwarzen An­zug erscheine?"Primaner B.:I, wo­zu denn gleich von vornherein Trauerklcider anlcgen I*

.'. (Kurze Kritik.) . . . Sagen Sie mir, wie würden Sie dieses Klavier- und Violin-Koazert mit einem deutschen Ausdruck bezeichnen?" »Hm, vereinigte Dampf­hammer und Sägewerke I"