wies zugleich auf England, wo man in dieser Weichling bedeutend weiter sei.
Unerfahrene Kinder. Ans Koblenz, 30. Aprit wird geschrieben: Ei» schreckliches Unglück passierte heule Nachmiltag am Güter, bahnhof in Lüzel-Koblmz. Ein schwerer Möbelwagen fuhr auf die zum Ausladen für Möbelwagen bestimmte Rampe am Güterbahnhof in ziemlich scharfem Tempo. Zwei Kinder — ein Knabe von 12 und ein Mädchen von 5 Jahren — liefen dem Wogen nach und versuchten in das unter dem Kasten — zwischen den Rädern hängende sogenannte „Schiffchen" zu klettern, verloren aber das Gleichgewicht und stürzten beide unter den Wagen, vor die Hinterräder- Dem Knaben ging das eine Rad über den Kopf, sodaß das Gehirn heraustrat und der augenblickliche Tod eintrat. Dem Mädchen ging ein Rad über die Brust, diese völlig zermalmend. DaS Kind lebte noch fünf Minuten. Die beiden durch den Verlust der Kleinen schwer heimgesuchten Familien sind ganz fassungslos und die Mutter des einen Kindes mußte mit Gewalt verhindert werden, daß sie sich ein Leid anlhat. Den Kutscher trifft keine Schuld.
— Ein bedauernswerter Unfall hat auf dem Exerzierplatz bei Bühl (Lothringen) den Tod eines Soldaten herbeigesührt. Der Ulan Köhler vom 11. Ulauenregiment hielt einen Wagen. Plötzlich gingen die Pferde des Wagens, als eine Eskadron im Galopp in die Nähe kam, durch. K. suchte dieselben anzuhalten, geriet aber so unglücklich unter den schweren Wagen, daß die Räder ihm über den Kopf gingen. Nach wenigen Augenblicken erlag er feinen Verletzungen im Lazaret, wohin er schleunigst verbracht wurde.
— Am 10. April hat eine Fabrikarbeiterin in Kriens, aus Bafelland, ihr neugeborenes Kind Miittels Erwürgens getötet und die Leiche in einen Koffer verpackt, der nach Bafel gesandt werden sollte. Der Zufall wollte, daß der Koffer beim Wegheben aufsprang und so der schaurige Fund entdeckt wurde. Schon während der Schwangerschaft soll sich die Verbrecherin mit dem Mordgedanken getragen haben. Auf Requisition der Luzerner Behörden wurde die Thäterin in Basel verhaftet und nach Luzern ciugelicfert. Nach dem Vaterland soll dieselbe ein Geständnis abgelegt haben.
— Ein Kampf um die Meisterschaft
der Welt im Rudersport mit einem Einsatz von 20,000 ^ ist zwischen zwei Berufsruderern, dem Engländer Harding und dem Australier Stansbury, vereinbart worden. Das Rennen findet am Montag den 13. Juli auf der Themse bei London statt.
— Dürre in Spanien. Uebe*all in Spanien herrscht gegenwärtig furchtbare Dürre; in Arragon sind die Wasferläufe ausgetrocknet und die Quellen versiegt, das Trinkwasfer fehlt gänzlich.
Teheran, 1. Mai. Auf den Schah von Persien wurde ein Attentat verübt. Der Schah erhielt eine Schußwunde, welcher er alsbald erlag. Der hinzugezogene deutsche Gesandtschaftsarzt konnte nur den Tod konstatieren.
New-Aork, 30. April. Die Stadt Cripple Creek (Colorado) ist fast völlig niedergebrannt. Dabei entstand eine Explosion, wodurch 2 Personen gelötet und 14 verwundet wurden.
Lohnender Berus. A.: „Sie sagten, daß Sie in diesem Jahre durch Ihre Feder mehr Geld verdienten, als im vorigen Jahr?" B-: „Gewiß I Voriges Jahr schrieb ich Erzählungen und dieses Jahr Adressen I"
KeMrrterte Kerzen.
Novelle von Johanna Berger.
Nachdruck verboten.
18.
„Gehen Sie, wir sind fertig mit einander, ganz fertig I" stieß sie hervor. „Gehen Sie sofort I — Ich muß ersticken, wenn Sie mich nicht gleich von Ihrer Gegenwart befreien! Fort — fort aus meinen Augen und vergessen Sie nicht in Villa Violetts vorznsprechcn, um mit Ihrem neuen Liebchen zu lachen über die unglückliche Frau, die sich nicht zu beherrschen verstand."
Ohne noch ein weiteres Wort zu erwidern, verließ Bernchal die zürnende Frau und ging mit festen raschen Schritten aus dem Hotel. Draußen atmete er erleichtert auf
Da nichts von seiner Seite geschehen war, was bindend für ihn sein konnte und er keine Verpflichtungen gegen die schöne Mexikanerin hatte, sühlie er sich frei. Ihre Millionen reizten ihn nicht mehr, denn jetzt wußte er, daß Geld, Güter, Wohlleben, das Glück des Lebens nicht ausmachen. Er wollte versuchen durch eigene Kraft mit dem keben fertig zu werden.
Es war Mitternacht, dunkles Gewölk bedeckte den Himmel und kein Sternenlicht funkelte herab, als der Schnellzug der böhmischen Südbahn den Karlsbader Bahnhof verließ und den jungen Offizier mit sich in die weite Ferne enlsührtc. Es blieb ihm wenig Muße, traurigen Gedanken nachzuhängen, denn in Eger stiegen einige Husaren-Offiziere in sein Coups, welche gleichfalls nach Wien reisten. Nun wurde Bernthal in ein heiteres, gemütliches Geplauder über alles Mögliche förmlich yineingezogcu. Die Herren sprachen und erzählten vom Dienst, vom Theater, von Damen, Sport und Jagd. Wie ein frischer Windhauch verscheuchte der joviale Frohsinn, das natürliche, zuweilen etwas derbe Wesen der Kameraden die schweren
Sorgen, die sein Gemüt bedrückten.
» »
*
„Annie," sagte am nächsten Morgen die Rätin Göhren zu ihrer Tochter. „Annie,
ich gehe jetzt zum Mühlbrunn, um meine 3 Becher zu trinken. Dann muß ich noch ein Glas Sprudel nehmen. Zieh' Dich rasch an und folge mir nach. Vor dem Kurhause am Quai, werde ich Dich erwarten. Das Wetter ist prachtvoll, wir wollen unseren Kaffee im Freien trinken und nachher einen Spaziergang in den Wald machen. — Ist Dir'S recht, mein Kind?"
Annie nickle zustimmend, ihr war Alles recht, Alles gleichgiltig.
„Und Du mußt guten Mutes bleiben, mein Kind," fuhr die Mutter fort, indem sie ihr liebkosend die blossen Wangen streichelte. „Ja, Du mußt Dich wieder aufrichten, wie die Gänseblümchen, die ein fremder Fuß getreten ; und die von Neuem lustig blühen, wenn derselbe sie wieder verlassen hat I"
Dann ermahnte sie Annie noch, sich hübsch warm anzuziehen, da es des Morgens kühl sei, auch eine große Düte Backwerk zum Frühstück einzukaufen. „Denn nach dem vielen Waffertrinken wird mir mein Magen ganz schwach und ich bekomme einen Riesenappetit I" fügte die Mutter noch hinzu.
Das Mädchen sagte mechanisch zu Allem
»Ja"-
Die alte Dame hatte währenddem ihre Toilette beendet, sie befestigte ihren Porzellanbecher an den schmalen Lederriemcn, zog ihre Handschuhe an und ging hinaus.
Annie war bis dahin zwischen ihrem Zimmer und dem der Mutter fortwährend hin und hergelaufen, um allerlei herbeizuhole», was diese brauchte. Die Mutter war immer sehr umständlich be>m Anziehen, und cs dauerte lange, ehe sie fertig wurde und glaubte, sich sehen lassen zu können.
Nachdem sie fort war, fing Annie erst mit ihrer eigenen Toilette an. Sie flocht ihr Haar am offenen Gartenfenster. Draußen war lauter Glanz und Glorie und die Luft ganz erschüttert vom Duft der Frühlingsblumen, die im keinen Vorgänche» der Villa blühten. Aber heute verhielt sich Annie den Reizen der Natur gegenüber, die sie vor Kurzem noch in Entzücken versetzt hatten, völlig teilnahmlos. Sie berührten Sie vielmehr
peinlich wie ein Hohn aus ihre Seelenstimmung. Von schweren Kummer belastet hätte sie Sturm und Unwetter besser ertragen.
„Könnt ich nur noch weinen I" flüsterte sie mit bleichen Lippen. „Könnt ich's nur — dann würde mir vielleicht besser."
Sie setzte den Hut auf und knüpfte ihr Jackett zu, blickte aber nicht in den Spiegel; cs war ihr einerlei, ob sie gut aussah oder nicht. Dann schlich sie matt und langsam wie eine Kranke aus dem Hause.
Fräulein Brunner saß in der Gartenlaube mit dem Strickstrumpf in den Händen und erfreute sich des schönen Morgens. Sie sab mit einem einzigen Blick ihrer großen klugen Augen alles Herzeleid und alle Qual des jungen Mädchens. Sie sprang hastig auf, umfaßle Annie, zog ihr hübsches Köpfchen an ihre Brust und strich liebkosend über Siirn und Wangen. „Nur Mut, Fräulein! Nur Hoffnung!" sagte sie sonst.
„Aber er ist fort — weit fort I Und ich werde ihn in der ganzen Welt niemals Wiedersehen I" klagte Annie.
„Warum denn nicht, mein liebes Kind? Es kann sich noch Alles zum Besten wenden I Ein davongegangcner Mann ist noch lange kein lodter Mann. Er wird schon wiederkommen, wenn seine Verhältnisse sich gebisferl haben I"
Annie schüttelte traurig den Kopf.
„Er wird wiederkommen, so gewiß, so sicher, wie er sorigegangen ist I" beteuerte aber das alte Fräulein.
(Fortsetzung fvlgll)
Frühlings-Ahnung-
Vom Baum gefunken und verweht Liegt bunt der Blätter Kranz,
Ein Spiel den Winden, wirbelnd dreht DaS Laub sich wild im Tanz.
Ein Sterbeglöcklein klingt vom Turm,
Der Tag ist todeSmüd,
Und hinter Wolken, schwer vom Sturm,
Der Sonne Schein verglüht.
Und mitten in des Winters Weh Umfängt mich Fröhlichkeit:
Von Malenglück und Blütenschnee Träum ich und Holter Zeit.
Redaktion, Druck uud Verlag von Bern h. Hofmann in Wildhad,