Rundschau.

Stuttgart, 29. April. Ein imSt.r A.' enthaltener Aufsatz, welcher einen Plan über die künftige Gestaltung der Behörden der freiwilligen Gerichisbarkeit in Württem­berg vorschlägt, dürfte allgemein bemerkt Werden. Der grundlegende Artikel 1 spricht aus, daß für jede Gemeinde, entsprechend der Forderung des bürgerlichen Gesetzbuches, ein Grundbuchamt eingerichtet wird. Kleinere Gemeinden können zu einem einzigen Grund­buchbezirk vereinigt oder einem benachbarten Grnndbuchbezirk zugeteilt werden. Die Be­fähigung für das Amt eines Grundbuch- sührerS soll bedingt fein durch die Erstehung der Prüfung für das Notariat oder durch die Befähigung zum Richterawt. Für die elftere soll als Vorbedingung gelten: der Besuch von zwei höheren Gymnasial- oder Realgymnasialklassen, dreijährige berufsmäßige Vorbildung und weiterhin ein Studium von mindestens drei Semestern an der Landes- universttät (beim Mangel der MaturitätS- Prüsung als Hospitant.) Schließlich sprich! der Entwurf noch aus, daß es Vorbehalten bleiben soll, ob die Grundbücher von Fall zu Fall oder innerhalb bestimmter Zeit auf einmal und durchgreifend anzulegen feien. Wenn es nicht der erste Fall überhaupt, so gehört es gewiß zu den Seltenheiten, daß ein evangel. Pfarrer in Württemberg zum Regierungsrat voriückt, wie dieses bei dem bisherigen Vorstand für innere Missiou- und Zuchihausgeistlichcn Falch zutrifft. An Stelle des landauf, landab bekannten Ober» regierungsr. Clauönitzer, der es vom Schult­heißen zu dieser Würde gebracht, wird Herr Falch zum Rat der Zentralleitung des Wohl- thätigkeitsvcreins ernannt.

Stuttgart, 27. April. An Stelle des verstorbenen Frhrn. V Linden wurde von der Württ. St. Georgenntterschall, welche zur Zeit 145 Mitglieder zählt, in dem ver­gangene Woche hier abgehaltenen Kapitel der Reichstags- und Landtagsabgeordnete Landgerichisdirektor Erbkämmerer Frhr. v. Gültlingeu zum Rnterhauptmann gewählt und au dessen Stelle Hofmarschall Graf Leutrum in den Ausschuß berufen.

Stuttgart, 1. Mai. Die Württemberg. Eisenbahnverwaltung hat die dankenswerte Einrichtung getroffen, daß vom l. Mai ab sämtliche in Württemberg laufende Schnell­züge auch Wogen III. Klaffe führen; auch werden in die Schnellzüge StuttgartHeil- bronnNürnberg Spisewagen eingestellt und endlich mehrere nun äußerst comfonadel ausgestattete Wagen I. und II. Klaffe in die Schnellzüge eingestellt. Ein solcher Wagen stand am letzten Sonntag auf dem Cann- stailer Bahnhof und fand bei den zahlreichen Bestchtigern ungeteilte Anerkennung. Der Vorgang Württembergs dezügl. der Mitführ­ung von Wagen III Klaffe in allen Schnell­zügen ohne Ausnahme ist bereits in der badi­schen 2. Kammer zum Gegenstand einer An­frage gemacht worden und der badische Eisen- bahnprästdent Eiscnlohr versprach, wenn sich die Meldung bestätigen sollte, so werde auch Baden das Beispiel nachahmen.

Stuttgart, 30. April. (Eine Katze als Mörderin). Eine Frau in der Werderstraße fand gestern abend bei ihrer Rückkehr von einem kurzen Ausgang die Katze auf Hals und Gesicht ihres kleinen Kindes liegend. Sie verjagte sofort die Katze aber das Kind war unter derselben erstickt, Jammernd trug

die Frau das Kind in das nahe Karl-Olga- spital, um Wiederbelebungsversuche anstellen zu lassen, die aber erfolglos blieben, woraus die Frau mit dem toten Kinde sich wieder entfernte.

Ludwigsbnrg, 29. April. Gestern abend ginge» zwei Pferde des Ulanenregimcnts hier, welche an einem Wasserwagen gespannt waren, durch. Der Kutscher versuchte vergeblich, die Pferde onzuhalten, und wurde vom Wagen geschleudert, ohne sich erheblich zu verletzen. Die Pferde rasten die abschüssige Bietig- heimer Straße hinab und kamen in der Eharlottenstroße zu Fall. Der Wagen zer­trümmerte, und auch eine Hauschüre nebst Sockel wurden stark beschädigt. Ein Pferd erlitt einen doppelten Beinbruch und mußte auf dem Platze getötet werden, das andere an der Schulter eine schwere Verletzung.

Gönningen, 30. April. Der hiesige Ge- meinderat und Bürgerausschuß hat einstim­mig die Abscndung einer Dankadresse an Seine Majestät den König beschlossen und dieselbe auch alsbald abgcsandt. In dieser Adresse ist auSgesührt, daß die ganze Ge­meinde Gönningen sür die ihr erwiesene lan- desvätcrliche Fürsorge Sr Maj. in der Frage des Gönnjnger Hausierhantels den innigsten und ehrfurchtsvollsten Dank aussprechc, und daß die Einwohner der Gemeinde Gönningen niemals vergessen würden, was Se. Maj. zur Erhaltung ihrer Existenzbedingungen ge- lhan habe.

Reutlingen, 29. April. I» der heutigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wurde be­schlossen, daß die Turnhalle auf der der Stadt zu gelegenen Seite der Rennwiese erbaut wer» den soll mit einer Grundstäche von 636 Quadratmeter und Wohnung sür den Turn­lehrer. Die projektierten Galerien werden nicht zur Ausführung gebracht werden. Die Beschlußfassung ob der Bau maiflv oder in Fachwerk errichtet werden soll, steht bis zur nächsten Sitzung aus. Die Gesamtkosten werden sich auf 6065,000 belaufen.

Ellwangen, 30. April. (Verlust eines AugeS.) Gestern widerfuhr dem Schlvsser- lehrling Eugen Vetter hier schw°res Unglück. Beim Bearbeiten eines glühenden Stück Eisens flog ihm dieses in das linke Auge, welches sofort auslief.

Tuttlingen, 29. April. Unter den Rehen der Gemarkung Zimmern bei Jmmendingen ist die Lungenseuche ausgebi ochen, so daß das Wild massenhaft verendet. U der 60 Rehe wurden bereits tot im Walde gefunden.

Pforzheim, 29 April. Das allbekannte Gasthaus zur Krone am Marktplatz wurde heute um die Summe von 130,000 -//L von den HH. Mayer und Bückel, Bauunter­nehmer, erworben. Wie man hört, werden die neuen Besitzer das Anwesen niederreißen und dafür einen Hotelneubau errichten.

Frankfurt a. M., 30. April. (Vom Tode errettet ) In einem Hause der Fahrgasse wurde ein Kind heute Früh durch das Da­zukommen eines Agenten von sicherem Tode errettet. Der Genannte erschien in der Wohn­ung eines Arbeiters, um diesen in eine Ver­sicherung auszunehmen und da r nur die Frau anlraf, suchte er diese für seinen Plan zu gewinnen. Plötzlich war eS ihm, als hörte er ein leises Wimmern aus einem am Ofen stehenden verschlossenen großen Asche­kasten, und er machte die Frau darauf auf­merk am, die ihm jedoch erklärte, daß ihre beiden vier» und fünfjährigen Knaben mit

den Nachbarkindern spielten. Der Agent jedoch drang auf die Aufsperrung des ver­schlossenen Kastens, in dem richtig der kleine vierjährige Knabe der Frau, schon dem Er­sticken nahe, kauerte. Er halte in dem Ka­sten gespielt, den Schlüssel abgezogen und den Deckel zufallen lassen, wodurch das Schloß jedenfalls zersprang. Wäre der Agent nicht zu rechter Zeit gekommen, so wäre der Knabe offenbar erstickt.

Köln, 27. April. Die Witwe des be­kannten Komponisten Ferdinand v. Hiller, Antolka gkb. Hoge, ist gestern im Alter von 76 Jahren gestorben. Sie hat ihren Gatten nahezu elf Jahre überlebt. Aus der Ehe sind zwei Kinder vorhanden, ein Sohn und eine Tochter, welch letztere an den Pianisten Professor JamcS Kwast in Frankfurt a. M. verheiratet ist.

Wörishosen» 27. April. Herr Prälat Kneipp war, wie man der Augsb. Postztg. schreibt, jüngst durch ein kleines Unwohlsein verhindert, Vorträge zu halten. Als er wie­der vor seinem ihn mit Hellem Jubel begrüß» enden Krupublikum erschien, klagte er über die ungemein große Bamhätigkeit in WöriS- hofen. Jeder Winkel werde ausgenutzt zum Bauplatz. Voll Ernstes mahnte er, die Spekulation auf Wörishosen einzustellen. Es sei in Wörishosen für 4 bis 5000 Kurgäste Platz vorhanden und das genüge. Wenn Wörishosen auch ganz sicher seine Zukunft habe, so sei es doch zweifelhaft, ob sich der jetzige Besuch immer gleich bleiben werde, weil sich die auswärtigen Wasserheilanstalten alljährlich vermehren.

Straßburg , 30. April. (Verhungertes Kind.) In Mäßmünster wurde der Eisen- bahnbeomle Theodor Laug und seine Frau verhaftet, weil sie das außereheliche Kind der letzteren, einen vierjährigen Knaben, ver­hungern ließen. Die Lcichcneröffnung ergab außer der Thatsache des Hungertodes zahl­reiche Kopf- und andere Wunden, welche die Folge von Mißhandlungen fein sollen, die der Ehemann Lang dem Kinde angedeihen ließ.

Berlin, 29. April. Der Nordd. Allg. Z»g. zufolge gestand der Kaiser dem Prinz, u Ferdinand, nachdem derselbe als Fürst von. Bulgari-n anerkannt wurde, das Prädikat Königliche Hoheit zu.

El» Lliftgesetz. Für ein deutsches Luftgesetz trat am Montag in der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege Dr. Jurisck, Dozent an der Technischen Hoch» schule, ein. Dr. Jurisch führte für seine Forderung an, daß die Lust die meisten Todesursachen gebe, etwa 67 pCt., viel mehr als das Wasser, das als Typhus- und Nerven- siebererreger, nur etwa 2734 pCt. der Todesursachen herbeiführt. In Folge dessen sei ein Luftgesetz noch viel nötiger, wie ein Waffergksetz. Zur Zeit bestehen in Deutsch­land nur wenige örtliche Bestimmungen zur Vermeidung der Vcrunreigungen der Luft. Es exerstiere kein Schornstein, der eine Vor­richtung hat, um die entweichenden Gase zu messen und die ganze Kontrolle über die gasförmigen Verluste werde nur aus dem Verbrauch des Brennmaterials gewonnen. Man habe zwar dafür gesorgt, daß in die Fabrikräume nicht allzu schlechte Luft ein­dringe, hindere aber nicht, daß sich schweflige Säure u. dgl. nach dem Austreten aus dem Schornstein in der Umgebung der Fabriken Niederschlage. Der Redner »er.