beiter, welche von der Weidenkämpe von der Arbeit kamen, mit Steinen geworfen und auch nach ihnen geschossen. Diese verfolgten ihn nun, und einer von ihnen versetzte ihm, mie die Th. O. Ztg. berichtet, einen Schlag wit dem Weidenschneider — einem krummen, sichelartigen Messer an einem halbmeterlangen Stiele —, wodurch er ihm den Hals fast durchschallt. Der Knecht gab sofort seinen Geist auf. Die Mörder sind gefänglich ein- gezoge» worden. Einer derselben soll wegen Körperverletzung vorbestraft sein.
— In Wermatsweil bei Uster trank ein fünfjähriger Knabe Jakob Egli aus einer ihm in die Hände geratenen Flasche, die Karbolsäure enthielt, den ganzen Inhalt. Der bedauernswerte Kleine gab schon nach zwei Siunden unter heftigen Schmerzen den Geist auf.
— Die Millionen der Sängerin. Eine Millionenerbschaft hat in dem Dorfe Lasbeck bei Hamburg große Hoffnungen hervorge- rusen. Die 1877 in London verstorbene berühmte deutsche Sängerin Therese Tiegtens hat bekanntlich ein bedeutendes Vermögen hmtcrlassen, das sie ihrem Neffen Peter Tiet- genS testamentarisch vermachte. Die 18 Jahre
lang angestellten Nachforschungen seitens der Gerichte und Konsulate haben aber nicht zur Auffindung dieses glücklichen Erben geführt, so daß nunmehr seine Todeserklärung gerichtlich erfolgt ist. Zu den näheren Verwandten, welche jetzt in den Besitz der Hinterlassenschaft gelangen sollen, gehört der durchaus nicht mit Glücksgütcrn gesegnete Musiker Tietgens in LaSbeck, welchem die Aufforderung zur Geltendmachung seiner Ansprüche bereits zugegangen ist.
— (Die That eines Wahnsinnigen.) Eine fürchterliche Blutthat wurde in Rock- ville in Indiana verübt. Ein junger Mann Namens Peter Egbert erschien plötzlich im Hause der Frau Haske und erschoß dieselbe, sowie deren zwei im jugendlichen Alter stehende Kinder. Zwei auf ihn fahndende Polizei- beamte schoß er ebenfalls nieder. Die wütende Volksmenge verfolgte ihn, um ihn zu lynchen. Egbert entzog sich der Gefangennahme durch Selbstmord, nachdem er sich vorher durch Schüsse verwundet hatte. Seine kranke Schauster starb, als sie ihres Bruders That erfuhr. Egbert ist erst kürzlich geheilt aus der Irrenanstalt entlassen worden.
— Der Liebhaber der Cybele. Ein
tragikomischer Zwischenfall trug sich""v1eser Tage in Madrid auf der Plaza de Madrid am Cybele-Brunnen zu. Ein älterer, fein aussehendcr Herr entledigte sich plötzlich seiner Kleider, plätscherte durch das Wasser und begann der Götti» zärtliche Liebeserklärungen zu machen. Da diese indes völlig kalt blieb, so gab er endlich sein Werben auf und ging zum Rande des Beckens zurück, wo er von Polizisten in Empfang genommen und zur nächsten Wache befördert wurde. Offenbar hat man es mit einem Verrückten zu thun.
(Ein Held.) Veteran (Kriegserleb- niffc erzählend): „Fünf mal wurden wir Von der Übermacht aus dem Dorfe herauS- geworfen, doch immer wieder stürmten wir vor." — Handlungsreisender: „Kunststück — ich bin neulich bei Grobhammer u. Co. sechsmal geworden hinausgeworfen und immer wieder gegangen hinein I"
Daher. Junge Hausfrau: „Hören Sie mal, Milchmann, die Milch ist seit einiger Zeit schlecht, wir finden immer kleine Holzstückchen darin." — Milchmann: „DaS ist schon möglich, Madame, unsere Kuh hat nämlich ein hölzernes Bein."
Geläuterte Kerzen.
Novelle von Johanna Berger.
(Nachdruck verboten.)
17.
Bernthal hegte die Befürchtung, daß die Leidenschaft und der gekränkte Stolz des jungen Weibes ihm eine böse Scene spielen würde, wenn er nicht mit großem Geschicke ihrem Unmut begegnete. G-rade ihre kaum verhalt ne Glut, mit der sie ihm entgegenkam, Halle sein? anfängliche Zuneigung schnell wieder erkalten lassen.
„Theure Mylady, liebe Lucia", sagte er so ruhig als möglich. „Fragen Sie nicht — dringen Sie nicht in mich! — Ich kann mich mit Erklärungen nicht aufhallen, die Ihnen wie mir nur peinlich werden würden. Ich bin Officier und als solcher nicht Herr meines Schicksals und auch nicht H rr meiner Zeit."
„Sie hatten aber sonst mehr Z it sür mich übrig," schmollte sie.
„Jawohl! Gewiß! Aber ich mnß heute noch fort und ich kam her, um Abschied von Ihnen zu nehmen!"
„Abschied nehmen? — WcShalb müssen Siefort?" rief sie erregt, und maßlose Angst klang ihrer Stimme. „Sie haben vor fünf Tagen noch nicht an die Abreise gedacht, und ich weiß keinen Grund dazu Habe ich Sie unwissentlich beleidigt? Ach, teurer Freund, dann will ich abbitlen — mich bessern! — Ich will meinen Stolz, meine Launen ab- legen. Aber so sprechen Sie doch! Stehen Sic doch nicht so glcichgiltig da! Sehen Sic nicht meine Angst — nicht meine von Thränen geröteten Augen, die ich um Sie Vergossen habe! Ater ich ertrage es nicht länger, ich muß endlich erfahren, was Sie mir entfremdet hat. Darum reden Sie! Erklären Sie mir Alles! — Ich! — ich!" Sie brach aufgeregt ab und preßte ihre Hand auf die heftig wogende Brust.
„Sie sollen Alles erfahren, aber bitte, beruhigen Sie sich erst ein wenig," erwiderte Bernthal leise und bot ihr den Arm, führte sie z» einem Fauteuil und ließ sich auf einem
Tabourct nieder, das zur Seite stand. Trotzdem er gewohnt war, Damen gegenüber stets zarte ritterliche Rücksicht auszuüben, fühlte er sich heute bewogen, nichts zu beschönigen und der heißblütigen M-xikanerin die Wahrheit zu offenbaren. Aber eS war ihm eine grenzenlose Pein, daß er es thun mußte.
»Ich habe Sic lieb wie ein Freund, wie ein Bruder, teure Lucia," erwiderte er so sanft als möglich, „und in dieser Weise habe ich Sie immer geliebt. Ihnen mehr zu sein, ist mir aber unmöglich, und tief beschämt stehe ich vor Ihnen, daß ich Ihre Gefühle nicht erwidern kann!"
Seine Stimme zitterte, die Worte waren ihm zu schwer geworden.
„Sie stoßen mich zurück! Sie verachten mich!" rief sie mit stammenden Blicken. „Aber warum denn? Warum denn? Oder sollte es wahr sein, was gestern einer Ihrer Kameraden bei der Mittagstafel erzählte — Ihr Herz wäre eine Wetterfahne und schwirrte jetzt um einen neuen Stern herum! — Aber dann hätten Sie ja Komödie mit mir gespielt! O, mein Gott Sie ließen mich doch glauben, daß — —"
Sie sebnellte mit Ungestüm empor und warf sich vor Bernthal auf die Knie.
„Nein, nein! Sie können mich nicht getäuscht, nicht Verraten haben, nachdem Sie mir so lange treu waren I" stieß sie in wahnsinniger V-rzweiflung hervor lind umklammerte seine Hände. „O, lasse Sie mich an Ihre Liebe glauben, verlassen Sie mich nicht! Alles was ich bin und habe, lege ich Ihnen zu Füßen, ich kehre nicht wieder nach Mexiko zurück; ich breche mit Heimat und Familie, mit Allem, und folge Ihnen, teurer Franz, wohin Sie mich führen wollen."
Ihre Worte erstickten in einem heißen Strom von Thränen.
Bernthal war von diesem Auftritt entsetzt, seine Augen weiteten sich vor Erregung. Daß Campello leidenschaftlich südländisches Naturell, so alle weibliche Würde in den Hintergrund drängen würde, hatte er sich
doch nicht vorgestellt. Aber seine Entschlossen- wankle nicht.
Mit discretcr Zartheit befreite er seine Hände von den ihren und trat so weit von ihr fort, daß zwischen ihnen ein weiter Raum blieb.
„Beruhigen Sie sich, gnädige Frau!" sagte er. „Weinen Sie nicht so bitterlich! Es thut mir sehr wehe, daß Sie so viele Lieb« nutzlos für mich vergeuden. Ich kann Ihnen mein Herz nicht schenken — denn ich kan» Sie nicht belüge» und betrügen!"
Sie stieß ein heiseres Lachen aus.
„Also verschmäht bin ich, verschmäht!" schrie sie auf. „Doch jetzt will ich AlleS wissen, genau wissen ! — Ich habe ein Recht zu fragen! — Schauen Sie mir offen in die Augen und antworten sie mir auf Ehrenwort! Lieben Sie eine Andere? Die Wahrheit will ich wissen I Herr Oberlieuleuant! — Die Wahrheit I — Antworten Sie doch l"
Ihre schwarzen Augen schossen förmlich Blitze. Jetzt war neben der Leidenschaft das unheimliche Feuer der Eifersucht darin zu sehen.
Bernthal behielt noch immer seine Fassung — obwohl im Innersten empört über die Art und Weise, wie die Mexikanerin, der er nie eine Liebeserklärung gemacht hatte, ihm jetzt entgegentrat.
„Ich leugne es nicht ab, daß ich eine andere Dame liebe," gab er ruhig zu. „Und da Sie selbst die Macht der Liebe kennen, so werden sie auch gerecht in der Beurteilung meines Herzens sei». Lasten Sie uns jetzt Abschied von einander nehmen, scheiden wir ohne Groll, ohne Bitterkeit. Vergessen Sie den Mann, der anstatt Ihre große Liebe dankbar anzunehmen, was Sie ihm so großmütig boten, Ihnen nur mit Enttäuschung lohnt!«
Er beugte sich zu ihr nieder, um ihr aufzuhelfen, denn sie kauerte immer noch wie zerschmettert am Boden. Aber sie schleuderte seine Hand zornig von sich fort und blieb in eigensinnigem trotzigen Wiederstreben wo sie war.
(Fortsetzung folgt.)
Sledaktion, Druck und Verlag von Bcrnh. Hyfmann in Wildbad.