fertige Unterbrechung deS TrauungsakteS war die selbstverständliche Folge. Der Bräutigam entfernte sich sofort aus dem Tempel', welchem Beispiele nach einiger Zeit auch die Braut und ihre Angehörigen folgten. Die Ursache dieser peinliche» Szene soll in dem Umstande gelegen sein, daß die Braut erfahren hatte, der für sie erwählte Mann habe seiner ersten Frau eine schlechte Behandlung zu Teil werden lassen. Von ihren Eltern gedrängt, gab sie schließlich doch ihre Zustimmung, um sich aber im letzten Momente durch das „Nein" im Tempel vor der gehaßten Verbindung zu retten.
— Ein Wolfsabenteuer. In Rivella dt Basilica in Italien ereignete sich nach dem „Hann. C." folgendes: Aus dem nahe gelegenen Wäldchen kam ein Wolf ins Dorf und ging direkt in das unbewachte Haus einer armen Bäuerin. Hier ließ er sich häuslich nieder, kroch unter das Bett und begann fürchterlich zu schnarchen. Als die Bäuerin nach Hause kam und den Wolf sah, lief sie laut schreiend aus dem Hause. Bald waren Leute zur Stelle und ein gewisser Magale feuerteeinen Schuß gegen die Bestie ab, jedoch ohne sie zu treffen. Als der Wolf
lsich so furchtbar bedroht sah, stürzte er sich ! plötzlich auf den 15jährigen Giordano B'agio und biß ihn ins Gesicht und in den rechten Arm ; aber der Vater des Jungen warf sied mulig dem Wolf entgegen, faßte ihn bei den Beinen» zog ein Messer und stieß es ihm in den Leib. Der Mann hat gleichfalls eine Bißwunde davongetragen. Vater und Sohn sind nach Neapel gekommen, um sich im Hospital „äol kolsZriiü« kurieren zu lassen.
— Zwinge das Kind nicht, eine Beschäftigung fortzusetzen, wenn cs derselben müde ist. Dies ist aber nur bei kleinen Kindern zu beachten; größere Kinder müssen an Ausdauer gewöhnt werden). Gieb ihm keine andere Beschäftigung, solange es noch Vergnügen findet an der, welches es gerade vornimmt.
— Kranke sollte man niemals zum Esten nötigen, denn wird dem Magen mehr aufgeladen als er anzunehmen Lust hat und verarbeiten kann, so bleibt das genossene unverdaut im Magen liegen und bringt zur bereits vorhandenen Krankheit noch eine zweite nämlich ein gastrisches Leiden, welches nock Viel bedeutender und gefährlicher werden kann, als das ursprüngliche Uebel.
(Druckfehler.) Die Dichterin A. weihte dem Angebeteten ihre schönsten Mieder.
Zuverlässige Hausmittel,
welche auch von ven Aerzten dem Publikum empfohlen werden, gibt es nur sehr wenige und unter diesen nehmen die Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen seit Jahrzehnten wegen ihrer angenehmen und zuverlässigen Wirkung bei vollständiger Unschädlichkeit einen hervorragenden Platz ein. Sie werden deshalb auch anderen Mitteln, wie Tropfen, Salzen, Bitterwässern, Mixturen rc. bei Verstopfung, Hartleibigkeit und deren Folgezu- stände, wie Kopfschmerzen, Herzklopfen, Blutandrang, Schwindel, Flimmern rc. vorgezogen. Dabet kostet die tägliche Anwendung nur 5 Pfennige.
Erhältlich nur in Schachteln zu M. 1.— in den Apotheken. Die Bestandteile der ächten Apotheker Richard Brandt'schen Schweizerpillen sind Extracte von: Silge1,5 Gr., Moschusgarbe, Aloe, Absynth je 1 Gr., Bitterklee, Gentian je 05. Gr., dazu Gcntian» und Bitterkleepulver in gleichen Teilen und im Quantum, um daraus 50 Pillen im Gewicht von 0,12 hcrzustellen.
Geläuterte Kerzen.
Novelle von Johanna Berger.
(Nachdruck verboten.)
16.
„Ehe sie das thut, da glaube ich eher, daß dort der Berg einfällt," sagte das alte Fräulein Brunner mit ungläubigem Kopf- schülteln.
„Aber Sie bedenken gar nicht, wie jung sie ist?" versetzte die Rätin ungeduldig, „und wenn sie noch häßlich wäre und sich kein Anderer um sie kümmerte als er, so wäre die Sache allerdings sehr traurig. Aber Annie ist doch ein hübsches und noch sehr junges Mädchen und wird wohl noch einen anderen Verehrer finden, den st« lieben und heiraten kann.
Aber Fräulein Brunner schüttelte wieder den Kopf.
Nachdem die Frau Rat Göhren sie verlassen hatte, ging Fräulein Brunner nachdenklich im Zimmer auf und nieder. Dann setzte sie ihren besten Hut auf, band die altmodische seidene Manlille um und machte sich auf den Weg zur Stadt.
* *
In größter Aufregung war Bernthal in seiner Wohnung angelangt. Oft war der unglücklich? junge Mann wie geistesabwesend. Er warf sich in einen Sessel und stöhnte und ächzte wie in Todesqualen. Jetzt war er allein und durfte ungesehen seinen grenzlosen Schmerz austoben lassen.
Lange Zeit blieb er in diesem entsetzlichen Zustande, erschüttert bis ins tiefste Innere. Im Geiste erblickte er Annies bleiches trostloses Gesicht, wie er es zum letzten Mal gesehen, starr, versteinert in hilfloser Angst und Qual.
Es war furchtbar für ihn, sich vorwerfen zu müssen, daß er die Herzensruhe deS unschuldigen Mädchens zerstört halte.
In leidenschaftlich hervorbrechender Aufwallung vergoß er Thränen. Unaufhaltsam strömten sie hervor — er weinte, wie er seit seinen Kinderjahren nicht geweint hatte. Ein
Klopfen an seiner Zimmerthür ließ ihn auf- fahren.
Es war sein Bursche, der herein kam und ihm ein in ein rosafarbenes Couvert geschlossenes Schreiben überreichte.
„Von Lady Campeüoberichtete der Bursche, „das Kammermädchen der gnädigen Frau brachte ihn soeben I"
Mit Gleichgiltigkeit nahm Bernthal den Brief entgengen, öffnete langsam den Umschlag und entfaltete den parfümierten Bogen. Keine Miene Verzog sich in seinem Gesiebt als er die feinen Schriftzüge überflog. Dann wandte er den Kopf und sagte mit ruhiger Stimme zu seinem Burschen:
„Meine Koffer packen, Josef, ich will mit dem Nachtzuge nach Wien abreisen!"
„Zu Befehl, Herr Oberlieutenant," erwiderte der Bursche Josef und ging an seinen Auftrag.
Nun laS Bernthal zum zweiten Male das vorhin sehr oberflächlich durchflogene Schreiben. Aber die Finger, in denen er es hielt, zitterten.
„Auch das noch I" murmelte er finster vor sich hin. Dann steckte er den Brief nachdenklich in die Brusttasche seines Waffen- rockeS.
Eine Stunde darauf waren seine Koffer eingepakt und alle Reisevorbereitungen getroffen. Josef hatte nur noch de» Wagen zur Fahrt nach dem Bahnhof zu bestellen.
Bernthal verließ seine Wohnung, um noch einige unumgängliche Abschiedsbesuche zu machen. Dem Bezirkshauptmann und mehreren älteren Offizieren mußte er persönlich Lebewohl sagen, das erforderte die Höflichkeit; jüngeren Kameraden sollte mit Karten Lebewohl gesagt werden. Aeußerlich war er gefaßt und ruhig, denn er wußte sich zu beherrschen. Niemand merkte es ihm an, daß schweres Leid seine Seele bedrückte.
Und scheinbar ruhig schickte er sich auch zur letzten Visite an. Er mußte Lucia Cam- pello Adieu sagen. Das war sein schwerster Gang.
Die schöne Mexikanerin hatte bereits in fieberhafter Ungeduld auf sein Erscheinen ge
wartet, ebenso wie sie eine Antwort auf ihren Brief von ihm erwartete.
Nachdem ihm der Portier des Hotel Russie, in dem sie eine ganze Etage gemietet hatte, da sie viel Dienerschaft mit sich führte, versichert hatte, daß die gnädige Frau daheim sei, stieg er rasch die teppichbelegten Marmortreppen hinan und klopfte an die Thür des Vorzimmers ihrer Wohnung, wo sich Mar- gitta, das Kammermädchen befand, und ihn sofort, ohne Anmeldung in das Boudoir ihrer Herrin führte.
Lady Campello saß am offenen Erkerfenster in ihrem Schaukelstuhlc, nach mexikanischer Sitte mit einer Cigarette zwischen den Lippen und durchblättcrte amerikanische Zeitungen. Sie hatte mit wahrhaft rasfi- nierter Koketterie Toilette gemacht. DaS rotblonde üppige Haar floß in halb aufgelösten Ringeln über Hals und Schultern, »nd wie ein Schleier über ihr phantastevoll garniertes Spitzenkleid herab.
Als Bernthal in ihr Boudoir trat, sprang sie hastig auf, eilte rasch und geschmeidig über den weichen Smyrnateppich zu ihm hin und reichte ihm ihre schöne Hand. Eine heiße Leidenschaft loderte dabei auö ihren schwarzen Augen und ihre Lippen zuckten. Und diesem bestrickenden Feuer war jedoch eine sanfte Unterwürfigkeit dem Wesen dieser stolzen Frau beigennscht.
„Böser, böser Mann," lispelte sie weich und klagend in ihrem fremden Accent. „WaS habe ich gethan, daß Sie mich seit vier Togen unbarmherzig vernachlässigten ? — Was habe ich verbrochen, um diese Kälte, diese Zurücksetzung zu verdienen? Sagen Sie eS mir, ich bitte, ich beschwöre Siel"
Sie warf den Kopf in den Nacken, faltete die Hände über der Brust und blickte ihn schmachtend an.
(Fortsetzung folgt)
Merk
Wer sich beurteilt nur nach sich, Gelangt zu falschen Schlüffen,
Du selbst erkennst so wenig Dich,
Als du dich selbst kannst küssen.
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wilddad.