Rundschau.
— Württembergische Ausstellung siir Elektrotechnik und Kunstgewerbe, Stuttgart 1896 . Im Souterrain der Gclverbehalle, dem Hauptgebäude des elektrotechnischen Teiles der Ausstellung, befinden sich ausgedehnte Gewölbe, welche für gewöhnlich als Lagerräume benutzt werden. Ein Teil derselben wird während der Ausstellung als Bier und Re- staurationSkeller verwendet werden und soll zu diesem Zweck eine künstlerische Ausschmückung durch charakteristische, humoristisch gefaßte Wandmalereien erhalten. Für diese Ausschmückung, sowie die nötigen Reparaturen ist eine Summe von 1800 aus- geworfen und eine engere Konkurrenz ein- geleitet worden. Es ist wohl sicher zu hoffen, daß sich die hiesigen Künstler an diesem Wettbewerb gern beteiligen und eine originelle Ausschmückung des Bierkellers, dessen flotter Umtrieb von der 1881er Ausstellung noch in Allgemeiner freundlicher Erinnerung, und der auch in diesem Jahr wieder zu erwarten ist, zur Ausführung bringen.
Stuttgart, 22. April. Der alljährlich dem Pferdemarkt folgende Verkauf von Pferden auS dem k. Marstall und dem k. Privat- gestüt fand heute vormittag von 10 Uhr ab im k. LeibstallreithauS statt. Hiebei wurden in Anwesenheit des Königs und der Königin, des Prinzen Weimar und des Prinzen Max zu Schaumburg-Lippe 8 Marslall- und 11 Gestülspferde verkauft. Für erste« wurden 7950 ^ und für letztere 8500,/^ erzielt.
— Auf den würltembergischen Eisenbahnen tritt am 1. Mai 1896 der durch Entschließung des Kgl. Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Abteilung für die Verkehrsanstalten, vom 8. April 1896 festgesetzte Sommerfahrplan in Kraft.
Wangen, O.A. Cannstatt, 21. April. Die Frühkirsche,, und Pflaumen stehen bei uns nun in schönster Blüte. Aprikosen haben bereits verblüht, zeigen aber infolge der ungünstigen Witterung ein rostiges Aussehen. Trotz der überaus reichen Fruchtansätze ist deshalb auf keinen Ertrag zu hoffen. Vielversprechend stehen Zwetschgen-, Pfirsich- und insbesondere Apfelbäume, während Birnbäume nur wenig Fruchlknospen angesetzt haben.
Altensteig, 22. April. Gestern früh wurde im Slaotswald Bühler von einem Stuttgarter Herrn der erste Auerhahn geschossen. Die Hahncnbalz ist sitzt in vollem Gang-
Laupheim, 22. April. In Hörenhauscn schlug der Blitz in einen Stall und lötete 3 Stück Vieh ohne zu zünden.
Tübingen, 17. April. Infolge der im September d. I. in Stuttgart stallfindenden Wände,Versammlung deutscher Gewerdcvereine, findet die Wandervcrsammlung der würit. Vereine in Tübingen erst im Jahr 1897 statt.
Rabensbnrg, 22. April. Ein aufregender Vorfall ereignete sich in der heutigen Strafkammersitznng. Als dem Angeklagten Joseph Rältich von Herbertingen, OA. Saulgau, zu einer ihm wegen Betrugs schon gesprochene» Gefängnisstrafe von 7 Monaten noch eine Zusatzstrafe von 8 Monaten erkannt worden war und der Vorsitzende ihn rrmahnt hatte, künftig solche Handlungen zu unterlassen, erhob sich der Angeklagte, welcher bis dahin ganz ruhig gewesen war, und fügtet „Ich weiß schon, daß man mit dem Mtich hier machen kann, waS man will;
Ihr werdet schon sehen, was der Rättich tbut, wenn er wieder herauskommt I" Auf die Frage des Vorsitzenden Landgerichtsdirektor Göz: „Was wurden Sie thun?" rief Rättich gegen die Richter : „Himmelherr..
Spitzbuben seid ihr alle miteinander, Lumpen ; ihr hättet schon lange ins Zuchthaus gehört wie ich." Der Vorsitzende befahl nun, den Angeklagten abzuführen. Derselbe nahm darauf den neb n ihm stehenden Stuhl und warf ihn über den GerichlStisch, wobei derselbe zwischen den neben dem Vorsitzenden Landgerichisrat Krauß II vorbei an die Wand flog, ohne einen der Herren zu verletzen. Für eine empfindliche Strafe braucht der Attentäter nicht zu sorgen.
— Der „Staalsanzeiger" für Baden bringt zur Kenntnis, daß der von der altkatholischen Synode in Bonn zum Bischof gewählte bisherige Weihbisckof Dr. Weber durch Einschließung des Großherzoglichen Siaatsministeriums als altkatholischer Bischof anerkannt worben ist.
Berlin, 23. April. Der Verein der Württemberg« veranstaltete gestern abend ein Wohlthät'gkeiis-Konzert im Hotet Imperial. Dasselbe hatte einen glänzei-ben Erfolg. Mehr als 700 Mitglieder und Gäste hatte der gute Zweck zusammengeführt. Unter den künstlerische» Kräften seien hervorgehoben die Hofopernsängerin Frln. Dietrich, Kvnzert- sänger Hugo Scholz und Dr. Georg Herz, welcher zwei Violinsoli zu Gehör brachte. Unter der Zuhörerschaft sah man de» Prinzen Ernst von Sachsen-Weimar, den würitemb. Gesandte» Fryrn. v. Varnbüier, Prinzessin Marie von Solms, de» General v. Alvens- lkben u. a. Der U.berschuß aus dem Kon- zeit ist zum großen Teil für die Ueber- schwemmten des Enzthales und des Allgäus bestimmt.
Berlin, 23. April. Dem Vernehmen »ach legte Frhr. von Hammerstein gegen das gestrige Urteil Revision ein.
— Der erste Wettstreit der deutschen Männergcsangvereine findet 1898 in Kassel statt. Der Kaiser hat sein Erscheinen zu bem ersten Wettbewerb um den von ihm gestifteten Preis in sichere Aussicht gestellt.
In die Erde versunken. Eine U«- giücksnochricht durchlief am Samstag Vormittag Brüssel. Im stark bewohnten Arbeiterviertel anf der Place de Jeu de Balle schritt der Trödler Dollo, eine Kaire vor sich herschiebend ; neben ihm ging seine Kreise Mutter. Plötzlich that sich die Erde auf; Dollo und die Karre versanken; ein Vorübergehender zog die alle Frau vor dem Abgrunde zurück. Sofort wurde Lärm geschlagen, das Rettungswerk begann. Man stnß auf ei» 8 Meter tiefes, 4 Meter breites Wasserreservoir, das eine Fabrik vor 40 Jahren dort angelegt halte. Nachmittags gegen 3 Uhr fand man die Leiche Dollos, der sofort durch die Erd,nassen getödlrt Worten war.
— Die Baumwollspinnerei von Eiber- mcck in Osnabrück ist vollständig niedergk- brannl. Der Schaden beträgt 1Mill. Mark. Zwei Feueiwehrleute sind verletzt. 400 Arbeiter sind brotlos.
— Bitter Ernst im kindischen Spiel.
Bei Coma spielten Knaben den Krieg gegen die Abessinier; unter ihnen waren natürlich auch „General Barotieri" und der feindliche „König Menelik." Da fingen die Italiener den Menelik, banden im Hände und Füße,
warfen ihn In einer Hüite aufs Stroh und legten Feuer daran. Als Leute herzukamen, da war der arme Knabe schon verbrannt.
— E-n seltenes Gesuch um Befreiung vom Militärdienst erhielt dieser Tage das Bezirkskommando von Orange (Algier). Ein I9jähriger Rekrut machte in seiner Reklamation geltend, daß er verheiratet u. Vater von 4 lebenden Kindern sei. Da im franz. Militärgesetz ein solcher Fall nicht vorgesehen ist, wurde das Gesuch direkt an das Knegs- ministerium geleitet.
Petersburg, 18. April. (Aus dem High- lise.) In rer hiesigen Gesellschaft hat es peinliches Aufsehen erregt, da dieser Tage ein junger Gardc-Ulanen-Offizier, Aiexandro- wski, sich infolge bedeutender Spielverluste erschossen hat. Er gehörte einer sehr reichen Familie an; seine Mutter, die Witwe ist, hatte noch vor wenigen Jahren sechs Söhne und eine Tochter. Von den Söhnen hat nun schon der dritte Selbstmord begangen. Vor ungefähr einem Monat erlitt ein älterer Bruder, ein Offizier im Chevaliergarde-Regiment, einen Spieiverlusl von 600 000 Rubel, die von der Mutter bezahlt wurden. Unlängst verlor nun der jüngere Bruder im Spiel mit den, kaukasischen Fürsten Eristow 40 000 Rubel, die erst nach vielen Schwierigkeiten von der Mutter bezahlt wurden, nachdem sie dem Sohne das feierliche Versprechen abgenommen Halle, er werde nie mehr spielen. Ais er seinem ungewöhnlich glücklichen Mitspieler das Geld überbrachle, ließ er sich indessen verleiten, das Spielglück noch ein aller- ietztesmal herauszufordern — und verlor. Unmittelbar nachher schoß er sich eine Kugel durch den Kopf.
Verschiedenes.
— Die dicke Eiche. Etwa in der Milte des Hageuauer Fülstes, eines Waides von gemischtem Bestand mit einem Ftächengehatl vsn über 14,000 da, hälftig der Stadl Hagenau, hälftig dem Reichslanb Elsaß- Lothringen gehörig, steht ein Riese von einer Eiche, weithin bekannt unter dem Namen dicke Eiche. Ihr Umfang beträgt >8,5 m, ihr Durchmesser 2,7 m. Eine hübsche Anlage, besetzt mit jungen Fichten, „mgiebl sie. Ein ganz neues Fv-stet Haus, an der Kreuzung zweier Walzstraßen gelegen, ist nur wenig Schritte davon entfernt. An dieser Stelle soll einst der heilige Arbogast (l9tcr Bischof von Straßburg) als Einsiedler längere Zeit in der Wildnis gelebt haben ; ei» naher Brunnenquell, ein jetzt fast verfallener Steinbrunnen, habe ihm das nötige Wasser geboten. Vor der dicken Eiche, die 12- bis 1400 Jahre alt sein mag, steht ein viereckiger Gedenkstein zu Ehren des heiligen Arbogast.
(Ein Muster-Bräutigam.) Herr Schmidt (zum Schwiegersohn in sps): „Also Sie wollen meine Klara heiraten? Haben Sie denn auch schon einen Tag für die Hochzeit bestimmt?" — Bräutigam: „Das überlass' ich natürlich ganz Fräulein Klara."
— Herr Schmidt: „Beabsichtigen Sie, eine groß- Hochzeit abzuhalten, oder ist Ihnen eine im engsten Kreis der Familie lieber?"
— Bräutigam: „Das dürfte ich wohl am besten Ihrer Frau Gemahlin überlassen." — Herr Schmidt: „Und wie hoch beläuft sich Ihr Einkommen, junger Mann ?" —Bräutigam : „Oh, das überlasse ich ganz Ihnen, Herr Schmidt."