Rundschau.

Die erledigt? RegierungSraistelle bei der Regierung des SchwarzwaldkreijeS ist dem Oberamtmann Bogt i» Nagold über­tragen worden.

Stuttgart, 2t. April. Spät kommt sie, doch sie kommt, die Klage der seit Monaten von dem JrrenhauSflüchlling Pfeiffer ver­lästerten Regierung; sie lautet auf Verächt­lichmachung von StaaiSeinrichtung'N. Der Interpellation Gröders im Landtag gegen­über wurde seitens der Negierung erklärt, rin Prozeß würde schwierig und teuer wer­den; da Pfeiffer nichts habe, müssen die Kosten dem Staat zufallen. Erfreulicher­weise hat sich die Regierung nachträglich doch auf den Standipunkt gestellt, daß die Ehre der Beamten und die Achtung vor den Staats- einrichtungen von einem andern Standpunkt aus betrachtet werden müssen. Mag der Prozeß auöfallen, wie er wolle, er wird in eine unklare Angelegenheit Klarheit bringen. Ergibt sich aus dem Prozeß, daß Pfeiffers Angaben wahr sind, so wiid die Verhand­lung den Anstoß zu durchgreifenden Refor­men geben, erweisen sich aber die AuschU dtg- ungen desJrrenhauSstüchtlings als erfunden, so wird seinem Treiben ein Ende bereite! werden.

Stuttgart, 20. April. Zur Feier des 1. Mai ist von der sozialdemokratischen Partei eme Siegelmarke, ähnlich den Ausstellungs­marken , auf den Markt gebracht worden. Dieselbe zeigt einen Bienenkorb mit der Um­schrift :Arbeiter Württembergs: 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Erholung, 8 Stunde» Schlaf.

Altensteig, 20. April. Im Laufe der letzten Woche wurde bei den Kgl. Ministerien des Innern und der Finanzen eine durch die Unterschriften von 900 Waldbesitzern und Flößern, sowie von 45 Gemeindevertretungen unterstützte Eingabe um die uneingeschränkte Erhaltung der Flößerei auf der Nagold und der Enz eingereicht. Zur persönlichen Ver­tretung dieses Gesuchs wurden die Herren Sladtförster Pfister, Holzhändler Gottlob Theurer und Grünbaumwirl Koppler von hier unter Führung des Herrn Präsidenten V. Luz am letzten Freitag zu einer Audienz bei Sr. Majestät dem König zugelafsen. Se. Majestät war von dem Inhalt der Eingabe schon unterrichtet und empfing die Deputation aufs huldvollste. Unmittelbar hieran schloß sich der Empfang bei Sr. Excellenz dem Herrn Minister des Innern v. Pischek, wo bei sich der Reichs- undLandtagsabgkvrdnete Frhr. v. Gültlingen, sowie der Oberflößer Preß von Calmbach ebenfalls anschlossen. Bei dieser, sowie bei der Nachmittag von Sr. Excrlenz dem Herrn Finanzminister v. Rtccke gewährten Audienz hatten die Herren reichlich Gelegenheit, auf die glvßen Nachteile auf­merksam zu machen, welche dem Waldbesttz durch die Einschränkung bezw. Aushebung der Flößerei droht und sie erhielten auch die Zu- sage, daß, sofern nicht etwaiger niederer Wasserstand eine Einschränkung von selber gebietet, die Flößerei in ihrem seitherigen Be­stand nicht alteriert werden solle.

Von der hohenzollernschen Grenze, 21. April. In Sachen der anonymen Brief­schreiberei, von welcher seit langer Zeit das hiesige fürstliche Haus heimgesucht wurde und die so viel Staub aufgewirdelt hat, ist in den letzten Tagen eine größere Anzahl Per­sonen durch den von Hechingen t» Sigma-

ringen eingetroffenen Staatsanwalt vernom­men worden. lieber den Erfolg dieser Ver­nehmungen ist bis jetzt zwar noch nichts be­kannt geworden; seit indessen die Angelegen­heit an die Oeffentlichkeit gezogen ist, haben die anonymen Briefschreiber ihr abscheuliches Gewerbe gänzlich eingestellt.

Pforzheim 21. April. Gestern mittag fiel bei der Altstädte Brücke dem 8jährigen Knaben einer hiesigen Hebamme ein Spiel­ball in die hochgehende Enz. Der Knabe suchte denselben wieder zu erhaschen, fiel aber selbst in das Wasser und sank unter. Der Kutscher eines hiesigen Arztes, ein Familien­vater, sprang ohne Besinnen dem Knaben nach, um ihn zu retten, fand aber selbst seinen Tod. Der Knabe gab noch Lebens­zeichen von sich als er ans Land gebracht wurde, starb aber nach kurzer Zeit. Die Leiche des Kutschers ist noch nicht gefunden.

Enzberg, 19. April. Als eine Selten­heit kann von hier berichtet werden, daß die Kuh des Landwirts Ludwig Bellon gestern 3 schöne Kälber zur Welt gebracht hat. Dieselbe Kuh hatte schon dreimal Zwillinge, sooaß sie in einem Zeitraum von 9 Jahren 16 Junge zur Well gebracht hat.

Heidelberg , 20. April. (Attentat auf die eigene Frau.) Ein Taglöhner in der Fifchergaffe veranlaßt« am Samstag einen allgemeinen Auflauf. Als feine Frau, die durch Erbschaft in den Besitz von ca. 1600 Mark gelangt ist, ihm auf sein Verlangen kein Geld gab, fing ex mit derselben Händel an und feuerte zuletzt, als die Frau mit ihrem Kinde sich flüchtete, aus einem Tezerol zwei Schüsse auf sie ab, jedoch ohne zu ircffen. Darauf schloß er sich in seiner Wohnung ein; ein von der Polizei herbei- gerufencr Schlosser öffnete die Thüre. Der Verhaftung suchte sich der rabiate Mensch zu widersetzen, so daß er gefesselt in das Amls- gesäugnis verbracht werden mußte.

Straßburg, 20. April. DasSiraßb. Tagbl. berichtet: Zwischen Niederbronn und Reichshofen wurde gestern abend 7 Uhr ein I I jähriges Mädchen von zwei Strolche» über­fallen, vergewaltigt und durch Messerstiche gelötet. Von den Thätern fehlt jede Spur.

Berlin, 22. April. Freiherr v. Ham­merstein ist zu drei Jahren Zuchthaus, 1500 Mark Geldstrafe und fünf Jahren Ehrver­lust verurteilt worden.

Lützen, 19. April. Welch großes Un­glück die unbedeutendste Verletzung bringen kann, mußte eine hiesige Bürgerssamilie er­fahren. ' Die Großmutter hatte eine Wunde an der Hand, die sie aber gar nicht beachtete Die alte Frau besorgte die Wäsche; dabei zog sie sich in Folge der Wunde eine Blut­vergiftung zu und so mußte zuerst die Hand und dann der Arm abgenommen werden- Der Mann der jungen Frau hatte ebenfalls mit der Wundbehandlung zu lhun, denn auch er zog sich Blutvergiftung zu und ver­lor dadurch eine Hand.

Wien, 18. April. (An einem Knödel erstick!.) Im hies. LandgerichtSgefängnis für weibliche Gefangene halte eine Taglöhners­witwe einen ihr als Stasverschärfung ange­ordneten Fastentag abzulcisten. Sic wurde deshalb in die sogenannteFastenzelle" ge­bracht, in welcher sie so lange verbleiben mußte, bis die übrigen Häftlinge ihre Mahl­zeit gehalten hatten. Daun kehrte sie wieder in ihre alte Zelle zurück. Dort reichte ihr nun eine Zelle, lgenosstii, die aus Mitleid

einen Teil des MIttagmahleS für sie auf­gespart halte, einen Knödel. Sie schluckte denselben hastig hinab; Plötzlich verfärbte sie sich, bekam Atemnot und fiel ihrer Zellen- genosstn bewußtlos in die Arme. Als der Arzt kam, fand er die Gefangene bereits in sterbend m Zustande; die Wiederbelebungs­versuche blieben erfolglos, die letzten Lebens­zeichen erloschen, die Arme war tot. Wie man annimmt, ist sie an dem Knödel, der ihr zum Teile im Halse stecken blieb, erstickt.

Wien, 18. April. (Im Schornstein ver­brannt.) In einer Wirtschaft bei Schön­brunner Park hat ein Schornsteinfeger im Schornstein seinen tot gefunden. Man glaubie, » die Feuer gelöscht seien, als das Reini­gen der Schornsteine begann, aber wahrschein­lich hat ein aufwirbelnder Funke den Ruß im Schornstein zum Brennen gebracht. Man sanv den Aermstcn als Leiche mit verkohlten Händen und Füßen im Schornstein vor. Binnen wenigen Jahren sollen acht Schorn­steinfeger in Wien auf diese Weise ums Le­ben gekommen sein.

Ein Eisenbahnzug durch einen Berg­sturz verschüttet. Wie demSwstl" aus Tiflis gefchrieden wird, ist auf der Siaiion Mality der transkaukasischen Eisenbahn ein gewaltiger Bergsturz erfolgt, der das Bahn- gkleise aus eine Smcke von 700 Fuß ver­schüttet Hai. Der Bergsturz erfolgte mil solcher Schnelligkeit und Gewalt, daß ein auS zwei Lokomotiven und zehn Zisternenwaggons bestehender Eisenbahnzug, der sich eben aus der Strecke befand, nicht mehr in Sicherhen gebracht werden konnte. Die Lokomotivcit wurden durch den Anprall in den Fluß ge­schleudert, die Waggons aber sämtlich ver­schüttet. Das aus 2 Lokomotivführer, 2 Lo'omolivführergehilfen und 22 Mann be­stehende Zugspersonal rettete sich bis auf einen, indem eS auS den Wagen sprang. Der eine der Lokomotivführer stürzte samt der Lokomotive in den Fiuß und konnte nur mil Mühe gerettet werden. Einer von den Gehilfen, Namens Schdanowitsch, ist umge- kommen; man weiß nicht, ob er im Fluß ertrunken oder mil den Waggons verschüttet worden ist.

Verschiedenes.

Humor in der Schule. Z»m Humor in der Schule giebt eine Lehrerin folgende Proben aus der Praxis: Eine Frau F. sandte am 26. Februar einen Entschuldig­ungszettel, welcher lautet:Geehrtes Fräulein I Sie werden entschuldigen, daß meine Tochter Charlotte die Schule nicht besuchen könnt, da die letztere wegen Magenleidens das Belt hüten mußte." Ein Lehrer erhielt neu­lich folgendes originelle Schreiben:Liber her lerer I Als Unser Sofü heute Midag so späht aus die schuhle komt, da frache Ich Sie, wo das komt, das Sie so späht komt. Sie sacht, Sie halte Nachsiezen must, weil Sie köhnich von Papilon nich gewust hatte. Hatten Sie Mir gefracht, Ich hatte eS auch nich hersachcn getont, das Sie darum eine Halbstun hat Nachsiezen gemust, das wahr nich Recht. Wen meine Kinder dum sind, da kennen sie nich vor. Wenn Sie aber noch Mal vor solchen Unsihn Nachsiezen lassen, so würde Ich gleich zum Herrn Pastur gehn, un Mal frachen, ob Sie darum um sonc Kleinigkeit Nachsiezen lassen dürfen. Liber her lerer, Härzliche Grüse von Jh.cn . .