Rundschau.
(Württ. Kriegerbuud ) Gestern vormittag halb 12 Uhr überbrachle das Präsidium dcs würilemb. Kriegerbundes unter Führung seines Präsidenten Oberhofmarschall Frhrn. V. Wöllwarth Lautcrburg Seiner Hoheit dem Prinzen Herrmann zu Sachsen- Weimar, dem allverehrten Ehrenpräsidenten, in dessen Palais die Glück- und Segenswünsche zum neuen Jahr im Namen des würilemb. Krieqerdundes. Seine Hoheit dankte gerührt; mit einem Rückblick auf das Vergangene Jahr, in welchem die Erinnerungen an die glorreichen Thaten von 1870 71 in allen deutschen Gauen gefeiert wurden, gedachte der Prinz Aller, welche ihre Kraft für das Wohl des Bundes und des Vaterlandes eingesetzt haben mit dem Wunsche, daß auch fernerhin alle treu zusammenstehen sür Kaiser und Reich, für König und Vaterland.
Neuenbürg, 3. Jan. Am Abend des Neujahrtages hielt der kiederkranz im Gasthof zur „Alten Post" seine Weihnachtsfeier ab. Den Hintergrund des Saales schmückte der geschmackvoll zwischen zwei Christ bäumen anfgebaute und reichlich auSgestattele Gabentempel. Die zahlreich Erschienenen erfreuten sich der wirklich trefflichen Musik der HH. Wörner, Haller u. Hofmann von Wildbad und der gut vorgetragenen Chöre des Liederkranzeö. Von letzterem machen wir besonders namhaft: „Heil'ge Nacht" von Beethoven, „Zieh hinaus" von Dregert und das im Volkston gehaltene, ansprechende Lied „Zu Straßburg an dem Rheine" von C. Braun. Der Humor kam in dem komischen Duett «Die Heiratssrage" zur Geltung. Wie immer brachte die nach 9 Uhr beginnende Verlosung viel Überraschungen und Enttäuschungen, doch werden wenige ohne Gewinnst nach Hause gegangen sein. Den recht gemütlichen Abend schloß ein Tanz ab.
Karlsruhe, 2. Jan. Eine Feuersbrunst wütete in vergangener Nacht in Wieblingen. Das Feuer brach eine Stunde vor Mitternacht in einer Scheune aus und äscherte zehn bis zwölf Okkonomiegebäude ein. Es wird Brandstiftung vermutet. Bei den Löscharbei- ten geriet ein mit 2 Pferden bespannter Wagen in den Neckar. Der Fuhnnann konnte sich durch Schwimmen retten, auch ein Pferd wurde gerettet, das zweite ertrank. Den letz len im gleichen Ort statlgehabten Brand nahm sich der Sohn eines der Braudbeschädigte» so zu Herzen, daß er irrsinnig wurde und in die Jrrenklinik nach Heidelberg gebracht wurde. Es gelang ihm, aus der Anstalt zu fliehen; kurz darauf erhängte er sich.
— Einen hübschen Zug der Kaiserin berichtet ein schleSwig-holsteinsches Lokalblatt: Die Witwe des vormaligen Gendarmen Hansen in Bredstedt (SüdichleSwig) liegt seil läng- Zeit krank in der Flensburger Diakonissenanstalt. Als die Kaiserin kürzlich in Flensburg anwesend war, sprach sie anläßlich ihres Besuches in der Diakonissenanstalt die Frau Hansen an und erkundigte sich nach ihren Verhältnissen, ihrer Familie u. s. w. Dabei erfuhr die Kaiserin, daß die Witwe Hansen eine Tochter habes, die in Berlin wohne und mit einem Schutzmann verheiratet sei. Nach ihrer Ankunft in Berlin ließ die Monarchin die Frau des Schutzmanns zu sich kommen und schenkte ihr eine Summe zum Besuche der kranken Mutter in Flensburg.
München, 2. Januar. Ein nahezu an Wahnsinn grenzendes Verhalten hat der Sergeant Zech vom hiesigen Trainbataillon im „Pschorrbräu" in der Neuhauserstraße in der Sylvesternacht gezeigt. Derselbe hatte in dem dicht besetzten Lokal zwei Gemeine antreten lassen, was seitens der Gäste mit Gelächter und Händeklatschen ausgenommen wurde. Zech, der sich dadurch gereizt fühlte, verließ darauf das Lokal, begab sich zur Hauptwache nnd ließ sich dort vom wachehabenden Offizier unter Entstellung des Sachverhalts eine Wachmannschaft von fünf Gemeinen u. einem Unteroffizier geben. Mit dieser erschien er plötzlich halb 1 Uhr wieder im „Pschorrbräu", ließ die Thür besetzen und stürzte mit dem Ruf ins Zimmer: „So, jetzt komm ich mit Gewalt." Zech befahl de» Soldaten, sich durch das dicht besetzte Lokal zu drängen und drei Herren, die angeblich geklatscht hatten, zu verhaften. Als hierüber nicht gerade freundliche Worten, die anwesenden Frauen und Kmdrr zu weinen ansingen und die drei zu verhaftenden Herren Protest erhoben, indem sie sagten : „Glauben Sic vielleicht, Sie sind in Fuchsmüht ?" kommandierte Sergeant Zech ohne weiteres „Legt an, Feuer!" Nur dadurch, daß den Soldaten in die Arme gefallen wurde und der die Wache anführende Unteroffizier die Soldaten veranlaßt?, nicht zu schießen, wurde ei» Unglück verhütet- Die drei Herren ließen sich nun arretieren und folgten zur Wache. Untersuchung ist eingeleitet.
M.-Gladbach, 2. Jan. Gestern nachmittag kroch an einem Bahnübergänge ein betrunkener Mann unter der geschlossenen Schranke durch. Der Bahnwärter Blecher eilte hinzu, um den Mann zurückzuhalten, da ein Personenzug heranbrauste, wurde aber selbst von dem Zuge erfaßt und getötet, während der Betrunkene frühzeitig genug das Geleise überschreiten konnte.
— Nachdem dem Metzer Dombau-Berein eine ausgedehnte Concession für die Veranstaltung einer Lotterie, welche nicht nur in den Reichslanden, sondern auch in den Königreichen Preußen u. Württemberg und anderen deutschen Staaten gestattet ist, höchster und allerhöchster Seits erteilt worden ist, gelangt nunmehr die erste Reihe derselben zur Ausgabe. In Anbetracht des humanen, nationalen und patriotischen Zwecks, welchem das Erträgnis dieses Unternehmens gewidmet, ist, und in Rücksicht auf die erheblichen Ge- winnaussichlen, die damit dargeboten werden, darf auf eine allgemeine Beteiligung des deutschen Volkes an dieser Lotterie sicher gerechnet werden. Die Ziehung beginnt am 7. Februar k. I. und bringt ausschließlich baare Geldgewinne im Betrage von 50,000 20,000 10,000 5000
u. s. w. u. s. w., welche ohne jeglichen Abzug ausdezahlt werden. Der Loospreis ist 3 Mark, außer welchem noch 30 Pfennig für Reichsstempelabgabe für jedes Loos zu entrichten sind. Die Loose sind in allen Verkaufsstellen erhältlich, können aber auch von der Verwaltung der Dombau-Lotterie zu Metz gegen Einsendung des Betrags bezogen werden.
Wien, 3. Jan. Das Extrablatt meldet aus New Dock: In Denver fand am Sylvester-Abend ein Blutbad statt. In der Tonhalle fand ein von der Elite der Gesellschaft veranstaltetes Fest statt. Während desselben warfen die dort anwesenden jungen Leute
Knall-Kugeln unter die Sessel der Damen. Der Direktor, welcher Ruhe stiften wollte, wurde erschossen. Es entstand eine furchtbare Panik. Mehr als 20 Personen wurden getötet und über hundert verletzt.
— Eines der teuersten Bücher ist das Psalterium, das dieser Tage in London mit 5256 Lstr. (105,120 bezahlt wurde. Das Psalmenbuch wurde 1459 sür den Gebrauch der Benediktiner der Abtei St. Jakob zu Metz gedruckt. Es dürfte eine größere Zahl hergestellt worden sein, aber es sind jetzt nur drei Abdrücke bekannt. Deshalb ist dieser Metzer Psalter seltener und teurer als selbst die Mazarinsche Bibel (1455), von der 15 Stück oder noch mehr gezählt werden.
— Amerikanische Justiz. Ein im Staat- Maryland seit einigen Jahren zu Recht bestehendes Gesetz gibt dem Richter die Macht, einen wegen grausamer Behandlung oder Schlagens seiner Ehefrau schuldig befundenen Mann zu 40 Schlägen am Prügelpfosten oder zu einem Jahr Gefängnis oder zu beidem zu verurteilen. Ein Herr Friedrich Wolfs in Baltimore, Frederick Avenue, der seine Frau fortgesetzt mit Prügeln zu traktieren pflegte, wußte sich aber zu helfen, als seine Frau ihm drohte, sie würde, wenn er sie noch ein einziges Mal schlüge, Anzeige gegen ihn einreichen und er könne dann am Prügel- psosten ausfinden, wie ihm das gefiele. Er engagierte nämlich einen Bekannten, Christian Holzwerl, der sich verpflichten mußte, gegen ein bestimmtes „Honorar" die „Züchtigung" der Frau Wolfs, sobald ihr Ehemann eine solche für notwendig erachten würde, vorzunehmen. Dieser Fall ist denn auch verschiedentlich eingetreten, schließlich klagte aber Frau Wolfs ihre Peiniger bei Gericht an. Der Richter mußte, wie er selbst erklärte, zu seinem großen Bedauern von der Verhängung der Prügelstrafe absehen, da es nicht die eigene Frau war, die Holzwert geschlagen halte, dagegen verurteilte er ihn zu 6 Monaten Gefängnis und 5 Dollars Geldstrafe. Wolfs ging frei aus.
— Die ersten Weckeruhren dürften die Chinesen erfunden haben. Als Zeitmesser verwendeten sie vor ano L. allmählich ab- brennende Stäbe, welche aus fein zerriebenem Holz hergestellt wurden, das dann breiförmig angerührt und in die gewünschte Form gebracht wurde. Diese Stäbe brannten mit überraschender Gleichmäßigkeit ab, und da sie mit Teilstrichen versehen waren, so konnte man der Anzahl der abgebrannten Teilstriche die Zeit adleseu. Sollte nun dieser Zeitmesser als Wecker wirken, so knüpfte der Chinese an der Stelle des Stabes eine Metallkugel an, welche den die Zeit des Weckens angebenden Teilstrich zeigte. War dann der Stab bis zu diesem Teilstrich abgebrannt, so verzehrte das Feuer die Schnur, die Kugel fiel dann in ein darunter gestelltes Becken und der hierdurch hervorgerufene Ton weckte den biederen Zvpfiräger.
Die Bescheerung.
Die Gattin stickte,
Die Netteste stickte,
Die Zweite stickte,
Die Dritte stickte,
Und Keine strickte Und Keine flickte.
Nun Hab' ich vier paar gestickte Schuh Und keinen ganzen Strumpf dazu.