Rundschau.
Wildbad, 28. Dez. Wir erinnern daran jetzt auch derer zu gedenken, die während deS verflossenen Jahres in so häufige Beziehung zu Haus nnv Familiejgetreten sind, nämlich der Briefträger und Postboten. Namentlich die Weihnachts- und NeujahrSzeit stellt große Forderungen an ihre Leistungsfähigkeit und eine kleine Anerkennung für die vielerlei uns geleisteten Dienste ist hier sehr angebracht.
— Nachdem nunmehr die Kälte sich eingestellt hat, möchten wir an tgs bewährte Sprichwort: „Vorbedacht ist halb geschasst" alle die erinnern, welche Hauswasserleitungen eingerichtet haben. Im vorigen Winter entstand manchen Hausbesitzern dadurch empfindlicher Schaden, daß sie das rechtzeitige Ab- stcllen des Wassers in den betr. Leitungen verabsäumten.
— Zum Neujahr werden immer noch außer den üblichen Gratulationskarten häufig Karten mit humoristisch sein sollendem, in der Regel aber witzlosem und oft kränkendem Inhalt bei der Post aufgeliefert. Derartige Karten werden schon seit einigen Jahren von der Post nicht bestellt, sondern zurückgegeben oder vernichtet.
— (Gefahr durch Weihnachtsbäumen.) Es darf wohl jetzt wiederum auf die Schädlichkeit des Verbrennens von Weihnachts- däumen in Stubcnöfen aufmerksam gemach! werden, da hierdurch öfters schon Oefen zerplatzt sind. Tanne wie Fichte sind in Sta mm, Zweigen und Nadeln sehr harzreich, dos Harz aber enthält Kohlenwasserstoff in großer Menge. Beim Verbrennen eines BaumeS entströmt der Kohlenwasserstoff; geschieht dies in einem Ofen oder Herd mit starkem Zug, dann verbindet sich der Kohlenwasserstoff mit dem Sauerstoff der atmosphärischen Luft, dadurch entstehen Gase sehr explosibler Art, denen ein Kachelofen nicht standhält. Also Vorsicht bei den lieblichen Bäumen I
— I M. die Königin hat zum Christ- fest an 42 weibliche Dienstboten, welche sich durch langjährige treue Dienste in einer Familie »der auf demselben Anwesen innerhalb. Württembergs ausgezeichnet haben, das Ehrenzeichen nebst Diplom verliehen, und zwar : das goldene Ehrenzeichen für 50jährige Dienstzeit an 6 Dienstboten, das silberne für mindestens 25jährige Dienstzeit an 36 Dienstboten. Seit dem 12jährigen Bestehen der Stiftung, welche bekanntlich nach dem Tode der Königin Olga von der Königin Charlotte übernommen wurde, sind nunmehr 995 Ehrenzeichen und zwar 59 goldene und 936 silberne zur Verleihung gekommen.
— Die Metzgerschaft Württembergs hat eine Petition an die Kammer der Abgeordneten eingercicht um Abschaffung der Fleischsteuer. Es wird gesagt, sobald diese Wegfälle, werde daS Fleisch billiger werden und der Fleischkonsum werde zunehmen. Die Beibehaltung der Steuer würde den kleineren und mittleren Betrieben auf die Dauer die Existenz unmöglich machen rc.
Stuttgart, 24. Dez. Die Buchdruckerei „Union" », Stuttgart beabsichtigt, wie die „Schw. Tgw." erfährt, sich eine Setzmaschine anzuschaffen. Es wäre dies die erste Setzmaschine, die in Württemberg Eingang gefunden.
Böblingen, 21. Dez. Die Sucht, unsinnige Wetten zu schließen, kostete heule ein Menschenleben. Ein zugereister HanbwerkS- hnrsche ging heute abend die Wette ein, den
leicht zugcfrorenen unteren See, der gegenwärtig eine beträchtliche Tiefe hat, zu überschreiten. Trotz wiederholter warnender Zurufe ließ er sich von seinem Vorhaben nicht abwendig machen. Etwa in der Mitte des SeeS brach der Verwegene plötzlich ein und verschwand unter der Eisdecke. Ein zu Hilfe eilender Schlittschuhläufer brach ebenfalls ein, konnte aber mit knapper Not noch gerettet w-rden, während die Leiche deS HantwerkS- burschen erst später geländet wurde.
— Von Herrenalb wird folgendes berichtet: Als Herr I. E. seinen Metzelsuppe- Gästen einen Trunk im Keller holen wollte, wurde er durch ein Geräusch aufmerksam gemacht ; er stellte nähere Untersuchung an und siehe da ein gewaltiger Fuchs kam zum Vorschein. Es ist wohl anzunehmen, daß Meister Reinecke durch einen Geflügelstall angezogen, sich zu Vielem den Weg durch den Keller suchte, wo er nun selbst in die Falle gerate» ist, denn H.E.. schloß alsbald die Thüre ab, um die Gäste oben in der Stube hei beizuholen. Und „Alle Mann an Deck" zogen sie hinunter, um dem schlauen Tier wenn auch nach mehreren Fehlhicben den Garaus zu machen.'-
Nagold, 26. D--z. Die Kneipschk Kur und Badanstalt von R. Frölich zum Waideck hier soll in eine Heilanstalt für Lungenleidende umgewandelt werden.
Altensteig , 26. Dez. Wie fürchterlich Wind und Wasser am 5. und 6, Dezember in unserer Nachbarschaft gehaust haben, davon kann man sich erst jetzt durch einen Spaziergang ins obere Nagoldthal einen Begriff machen. Die neue Straße von Altensteig nach Erzgrube ist heute noch teilweise gesperrt, weil einzelne Stellen sogar für Fußgänger gefährlich sind; von der Straße ist hier nur noch ein fußbreiter Pfad übrig. Umgeworfene, entwurzelte oder abgeknickte Tannen liegen massenhaft umher. Auf den Höhen hat der Sturm an verschiedenen Häusern Wände eingedrücki, so daß die Bewohner dieser Gebäude für ihr Lebe» besorgt wurden. In einem Hause richtete eine solche eingkstoßene Malier in der Küche eine schreckliche Verwüstung an.
Pfullingen, 27. Dez. Fabrikant Ernst Laiblin, hat bei dem zuständigen Gericht Untersuchung gegen sich selbst beantragt zum Zweck seiner Rechtfertigung gegenüber den Beschuldigungen, die aus Anlaß der Prüfung der Wahl des Abgeordneten für das Amt Reutlingen, Kommerzienrat Josef Krauß, in der zweiten Kammer gegen ihn erhoben worden sind.
Psorzheim, 23. Dez. Großes Aufsehen erregt hier die Verhaftung eines seither sehr angesehenen Bürgers, des Stadtrats D., welcher beschuldigt wird, ihm anvertraute Pflegschaftsgelder in ganz bedeutender Höhe (man spricht von 100 000 unterschlage» zu haben. Für diese Summe soll übrigens Deckung in Liegenschaften vorhanden sein. Man wundert sich allgemein darüber, daß eö dem Verhafteten überhaupt möglich war, Veruntreuungen in dieser Ausdehnung zu begehen, wenn nur einigermaßen die vorschriftsmäßige Konti olle stattgesunden hat.
- El» „idealer" Hauswirt. In Warschau starb dieser Tage Herr K. Röster, den die lokalen Blätter einen „hervorragenden Mann nennen, weil der Verstorbene als Hausbesitzer im Laufe von siebenundvierzig Jahren — die Wohnungsmieten nicht erhöht
hatl In dieser Hinsicht dürfte er tatsächlich als einzig in seiner Art gelten, und es daher nicht zu verwundern, daß sein Tod auch den Mietern aufrichtiges Leid brachte.
— Auf dem Bahnhofe Langendreer entgleiste am Christfest ein mit Lokomotiven bespannter Personenzug, nach Bochum unterwegs. Die erste Lokomotive fiel um und begrub den Lokomotivführer und den Heizer unter sich. Der Heizer war sofort tot. Der Lokomotivführer wurde erst nach 6 Stunden unter den Trümmer» der Lokomotive hervor- gezogcn. Er starb Donnerstag früh. Die Maschine ist vollständig zertrümmert. Passagiere wurden nicht verletzt.
— Gestern mittag erschoß sich in Paris in einem Fiaker unweit der Kirche St. Niko- las der Oberbeamte der Staatsbahnen, Bres- sy, genau zur Stunde, wo in der genannten Kirche seine Trauung mit einem Fräulein Marie G. stattfinden sollte- Bressy soll die Verzweiflungslhat infolge von Spielverlusten auf dem Turfe begangen haben.
Verschiedenes.
— Wie verhindert man das Gefrieren der Fenster im Winter? Das ist oft eine fefle Quelle des Aergers, da alle Bemühungen, die Eisbildung bei solchen Fenstern, die sich nicht durch kühle Luftströmungen von selbst freihalten, zu verhindern meist vergeblich sind. Man löse selbst oder lasse sich beim Droguenhändler oder Apotheker 55 Gr. Glycerin in einem Liter verdünnten (63 vom Hundert, nicht denaturierten) Spiritus auf- iösen, dem zur Verbesserung des Geruches irgend ein geeigneter Stoff, z. B. Bcrnsteinöl zugesetz! werden kann. Sobald die Mischung wasserklar geworden ist, reibt man die innere Fläche des Fensters mit reinem Fensterleder oder Leinwandlappen, die mit der Flüssigkeit angefeuchtet sind, ab. Dies verhindert nicht blos das Gefrieren, sondern auch das Schwitzen und Beschlagen der Fenster.
— Um sich vor dem Erfrieren der Füße zu schützen, welcher Gefahr ja besonders der Landwirt in der kalten Jahreszeit bei Ausübung seines Berufes nur zu leicht ausgc- setzt ist, vollends wenn er zu der wenig beneidenswerten Gruppe der Menschen mit starken Schweißfüßen gehört, ist folgendes Verfahren sehr empfehlenswert. Vor dem Gange aufs Feld wasche man sich die Füße mit Rum oder Spiritus. Hierauf lege man roßhaarene Sohlen in die Stiefel, die ja wohl überall erhältlich sind und deren gelindes Reiben das Blut stets >n Bewegung erhält, unter welchen Verhältnissen ein Erfrieren der Füße ausgeschlossen ist.
— Wie reinigt man schmutzige Filzhüte? Man reibt diesetben mit in Petroleum getauchten Läppchen ab. Diese sind so oft zu erneuern, bis der Hut keinen Schmutz mehr abgibt. Dann hängt man den Hut einige Stunden ins Freie, damit der Pet- roleumgeruch verflöchtet.
(Dauerhafte Ware.) Wulkower (Inhaber eines KleidermagazinS): „Herr Rosenheim, Sie hab'n gestern wieder zu viel getrunken, das schad't dem Geschäft!" — Rosenheim: „Wieso schad't das dem Geschäft, wenn ich abends was trink'?" — Wieso« Wenn Sie abends was getrunken haben, hab'n Sie in der Früh so ä Zitternis in de Händ, daß Sie beim Vorzeigen von die billigen Hosen allemal heruntcrschütteln die Knöpp s"