Rundschau.
— Im Park der K. V i l l a in Berg wurde am 1. Dez. ein von der Herzogin Wer« gestiftetes Kriegerdenkmal enthüllt. Es ist ein 4 Meter hoher Granitobelisk, auf dessen Spitze der deutsche Adler thront: ans der Vorderseite stehen die Verse von O- Baisch:
Der Kitt, der die herrlichsten Wunder thut, Da« ist gewesen vergossenes Blut,
Als den Württembergern im Kampfesfeld Die Pommern und Sachsen sich zugesellt,
Da ward besiegelt die Harmonie Der Bruderstämme bei Champigny.
Die Rückseite zeigt folgende Inschrift: »Zum 25jähr. Gedächtnis der ruhmvollen Kämpfe vor Paris, Schwabens Heldcnsöhnen in Dankbarkeit gewidmet von einem deutsch gewordenen Herzen. 2. Dez. 1870 — 1895." Die Frau Herzogin legte einen Lorbeerkranz am Denkmal nieder.
Stuttgart, 21. Dez. Zwei Reutlinger Wirte, die Herren Haager und Wucherer, besuchten den Kammerpräsidenten Payer, um ihn über die Aussichten ver Abschaffung des Umgelds zu befragen. Payer erklärte, Herr V. Rücke sei kein so eingefleischter Anhänger des Umgelds, wie sein Vorgänger, aber er brauche eben das Geld. Die Nolksparüi wolle die Abschaffung des Umgelds und werde für den Ausfall von 1,500,000 Deckung schaffen.
Eßlingen, 22. Dez. Von dem Wirts. Verein Eßlingen wird vom 1. Januar ab für die in Wirtslokalen aufgehängte Plakate eine Gebühr erhoben. Solche Plakate, welche vom 1. Januar ab keinen Vereins-Stempel tragen, sind zu entfernen.
Ludwigsburg, 20. Dez. Bei einer Treib- jag auf der Markung Aldingen-LudwigSdurg schoß gestern ein Herr der Jagdgesellschaft aus Stuttgart einen Bürger aus Aldingen, der dem Treibjagen zusah, in das Bein. Der betreffende Schütze hatte einen Hasen, welcher durch die Schützenlinie brach, nachgeschossen, statt Meister Lampe aber jenen Zuschauer getroffen, wobei er aber noch besonderes Glück hatte, indem der Angeschossene schon früher einen Fuß verloren hatte, der durch einen hölzernen ersetzt war, so daß der ungeschickte Schütze seine ganze Schrotladung zu seinem Heil in dieses künstlicve Bein feuerte.
Reutlingen, 20. Dez In der hiesigen Frauenarbeilsjchuie fand gestern die Sckluß- feier statt. Während des beendigten Kurses war die Anstalt von 150 Schülerinnen besucht, darunter 84 von hier, 43 aus anderen württembergischen Orten, 16 aus den übrigen deutschen Bundesstaaten, 5 aus der Schweiz, 1 aus Oesterreich und 1 aus Amerika. An 12 Schülerinnen konnten Diplome erteilt werden, 6 Schülerinnen fanden Anstellung als Lehrerinnen.
Nusplingen , 20. Dez. Ein 4jähriges Kind wurde gestern durch Unvorsichtigkeit erschossen- Untersuchung ist eingeleitet.
Frirnsal, OA. Sulz, 20. Dez. Heute nachmittag ereignete sich hier ein schwerer Unglücksfall. Der 17jährige Sohn des Postboten Bessert stürzte, als er Futter von der Bühne in die Scheune werfen wollte, durchs Garbcnloch hinunter und brach das Genick. Der schnell herbcigcrufene Arzt konnte nur noch den alsbald eingetretcnen Tod konstatieren.
Rottenburg, 21. Dez. Der 31 Jahre alte Franz Schiebet, Sohn des Jak. Schiebe!, schlug heute nacht mit einem Reutpickel seinem
Vater den Hirnschädel ein. Der Schwerverletzte lebt noch. Sein Aufkommen ist aber unmöglich. Der Thäter ist verhaft t.
Roltweil, 20. Dez. Gestern abend stet der die Postgegenstände zur Bahn führende, mit Postillon und 2 Briefträgern besetzte Postwagen mitten in der Stadt am Markt- bronnen infolge Rutschens aus der gefrorenen Straße um, wobei ein Briefträger auf den mit Diei-n bedeckten Brunnen, die deiden anderen Insassen auf die Straße geworfen wurden; alle drei Personen sind mehr oder weniger erheblich verletzt, am meisten der Postillon. — Heule vormittag wurde der ledige Ankupler Schmtd von einem Zuge Überfahren und ihm beide Füße abgkdrückt, der eine oberhalb, der andere unterhalb des KnieS. Der Verunglückte wollte das Geleise Überschreiten, glitt aus und kam unter die Räder; seine Verletzungen sind lebensgefährlich-
Ravensburg, 20. Dez Den ersten Gewinn der Matzenbacher Kirchenbau-Lotterie erhielt laut O. A. der Besitzer eines kleinen Dorfgutes im Oberland, Vater von 7 Kindern, welcher tür den Betrag von 15 000 ^ recht gute Verwendung Hai.
Konstanz, 20. Dez. Ein schönes Beispiel treuen Zusammenhaltens zwischen einem Offizier und seinem ehemaligen Diener und Kampfgenossen berichtet der „Pfullend. Anz.": Im Kriege von 1870 diente Landbriefträger Schandt in Piullendorf in einem badischen Grenadierregiment und war da Diener des Lieutenants Fritzsch, mit dem er auch das Gefecht bei Rusts mitmachte. Dieser Tage nun erhielt Schandt zu seiner großen Freude von seinem jetzt zum Major avancierten Lieutenant Fritzsch 25 zugesandt, um ihm so die Teilnahme an der Nuitsfeicr zu ermöglichen.
— N-ckerei mit einem Hunde mußte der in der Neckarvostadt von Mannheim wohnende Zimmermeister Kohl schwer büßen. Er blies einer Dogge den Rauch seine: Ctgane gegen die Schnauze, das Tier sprang empor und biß dem Manne die Nase und einen Teil der Wange glatt weg.
Freiburg, 19. Dez. Bei einer abge- haltenen Zwangsversteigerung in Rohmatt (Wiesenthal) kam es vor, daß ein Pferd für 10 eine Ziege dagegen für 15 los- geschlagen wurde. Der Gaul, meint die „Rundschau vom Feldberg," muß gewiß ein „Prachtexemplar" sein I
— Schwere Folgen eines leichtsinnigen Streiches. Ein gräßlicher Unglücksfall ereignete sich (den Elberfelder „N. Nachr." zufolge) in der Werkzeugfabrik von C- Ferdinand Becker zu Remscheid. Die beiden Söhne deö Fabrikbesitzers im Alter von 6 bezw. 8 Jahren waren in einen oberhalb des Damptk>stets befindlichen HühnerstaU gekrochen. Um die Knaben zu ängstigen und von dort zu vertreiben, öffnete der Heizer das Sicherheitsventil; er war aber -nicht mehr im Stande, dasselbe zu schließen, sodaß dir Knaben durch den ausströmenden Dampf buchstäblich verbrüht wurden und bald ihr junges Leben aushauchten. Ter leichtfertige Heizer wurde verhaftet.
— Ein Roman aus dem Leben. Das
schwere Geschick einer geachteten Leipziger Familie, das sich wie ein Roman aus dem Leben anhört, wird gegenwärtig in Leipzig lebhaft besprochen: Man schreibt von dort: Ein hiesiger Bürger hatte vor einer Reihe von
Jahren sich verheiratet und lebte mit seiner Frau, die er innigst liebte, sehr glücklich. Drei Kinder waren der Ehe entsprossen, da Plötzlich, kurz nach der Geburt des vierten Kindes, zeigten sich bei der Frau Spuren von Trübsinn und Schwermut, die bald so zunahmen, daß sich die Unterbringung in eine Nervenheilanstalt nötig machte. In kurzer Zeit artete die Krankheit in vollständigen Irrsinn aus. Anfangs schien zwar noch Hoffnung aus Besserung vorhanden, doch bald erklärten die Aerzte die Frau für unheilbar. Im Interesse seiner kleinen Kinder, die, da der Vater den größten Teil des TageS ge- schäsllich von Hause abwesend war, sich selbst und fremden Händen überlassen blieben, schritt der Mann nach einiger Zeit, wenn auch schweren Herzens, zu.einer zweiten Ehe, nachdem er die rechtSgiltige Ehescheidung von seiner im Jrrenhause befindlichen Frau bewirkt hatte. Zehn Jahre find inzwischen verstrichen, da langte jetzt vor wenigen Wochen ein Brief von dem Direktor der Irrenanstalt an, daß sich der Zustand der Frau, deren der Ehemann stets nur noch mit stiller Wehmut gedachte und die er wie eine bereits Verstorbene betrauerte, plötzlich und unerwartet derart gebessert habe, daß sie binnen Kurzem als vollständig geheilt entlassen werden könne. Die Lage des bedauernswerten Ehemanns, der aus der einen Seite diezwnte Gattin, die er schätzen und achten gelernt hat, aus der andern Seite aber die erste Frau sieht, die nichts von der geschiedenen Ehe weiß und sich auf die Zeit der Wiedervereinigung mit dem Gatten freut, ist natürlich furchtbar.
Aus her Schweiz, 18. Dezbr. (Guter Fang.) 3" der stürmischen Nacht vom 8. auf den 9. Dezember, berichtet das Luzerner „Vaterland", hatten zwölf handfeste Tessincr eine Ladung Tabak über die Grenze zu schmuggeln versucht. Aber der Kommandant des Grenzwächterpostens bei Gersa üb>r» raschte den nächtlichen Zug. Die Schmuggler warfen ihre Last ab und flüchteten auf schweizerischen Boden. Der Ertrag dieses wenn auch mißglückten Fanges für den italienischen Fiökus waren 35 000 St. Zigarien und 150 Kilo Tobak,
— Weibliche Kassierer. Aus Amerika wird berichtet: Auf eine eigentümliche Praxis sind in letzter Zeit die Geschäftsleute in Monett (Amerika) bei Einziehung ihrer Außenstände gekommen. Dieselben haben nämlich an Stelle der bisherigen Kassenboten und Hausdiener junge, hübsche Mädchen zum Einkassieren der fälligen Gelder, namentlich der schon länger auSstehenden Beträge, ange- worben, und das Resultat soll ein höchst zufriedenstellendes sein.
— Geben Knochen eine gute Suppe? Diese Frage wurde vor Kurzem in Frankreich, wo mau bekanntlich gern Suppen ißt, lebhaft erörtert. Hierbei wurde nach einer Mitteilung desPatent- und technischen Bureau von Richard Lüders in Görlitz vielfach die Ansicht kund, daß Knochen der Suppe nachteilig seien. Es lösen sich nämlich die Gelatineteile, welche in den Poren der Knochen gelagert sind und gehen in die Suppe über, während der gleichfalls in die Suppe übergegangene, durch Auskoche» gewonnene Fleischsaft, welcher ja bekanntlich eine kräftige Suppe ausmacht, die von der Gelatine befreiten Poren ausfülll. So soll deshalb nach längerem Kochen wohl der Knochen gut zum Aussaugen, die Suppe aber ein flüssiger Leim sein,