Die Tochter des Meeres.
Roman von A. Nicola.
(Nachdruck verboten.)
77 .
DaS sind zwei reizende, gänzlich verschiedene Kostüme, die mir beide herrlich stehen werden."
„Anspruchsvolles Mädchen I" sagte sie halb vorwurfsvoll. „Deinem kvstfpieligen Geschmack nach bist Du allerdings zu einer Herzogin geboren. Doch dieses Mal will ich Dir freie Hand lassen. Nur bedenke, daß, wenn Du Deinen Zweck nicht erreichst und das viele Geld Vergeudet worden ist, Du die großen Ausgaben in den nächsten Monaten durch Sparsamkeit wieder einzubringen suchen mußt."
„Das wird sich ja finden, Mama. Wozu wollen wir uns damit im Voraus Sorgen machen?" entgegnete Trissa munter. „Aber was soll Cora tragen? Jedenfalls wird sie Dir doch die Entscheidung darüber erlassen, und Du wirst sie an Eleganz doch nicht mir gleichstellen wollen?"
Frau Digby überlegte einen Augenblick.
„WaS meinst Du dazu, wenn sie grün trägt? Es kann ja recht mit arrangiert werden, doch grün ist, glaube ich, die Farbe, die sie am wenigsten gut kleidet?"
„Ich glaube, Du hast Recht. Das ist die beste Farbe für Cora."
Die Vorbcreiiungen zu der Theatervorstellung waren in vollem Gange, und Frau Digby's Programm wurde genau durchge- sührl ... mit einer einzigen Ausnahme: Herr de Bettune sehlle unter den Mitwirk- enden, er Halle abgelehnt.
Da übernahm ein aller Schützling von Sir Fulke die ihm zugeteilie Rolle . . . ein Herr Beauclerc, der schon als Jüngling unter des Admirals Befehl einige Zeit zur See gewesen, dann aber in den Besitz eines genügend großen Vermögens gekommen war, um von feinen Renten leben zu können.
„Miß Cora," bemerkte Herr Beauclerc während der Generalprobe, „Sie scheinen wenig Lust zu Ihrer Partie zu haben? Wollen Sic nicht Ihr Möglichstes zur Vorstellung beitragen?
Ein halb spöttisches Lächeln spielte um Cora's Lippen.
„Gewiß I" entgegnete sie. „Ich möchte nicht schlecht spielen. Man soll nicht mir glauben, ich Verderb Alles was ich unternehme . . . doch Comöeie spielen ist Verstellung, und man sollte sich nicht so viele Mühe geben, Unwahres wahr zu erscheinen lassen."
Herr Beauclerc schüttelte den Kopf und erwiderte:
„Wir sollten zu stolz auf unsere große Dichter sein, um so etwas zu sagen, Miß Cora. Wir geben der Wahrheit und Wirklichkeit nur Leben. Zeigt uns nicht das Stück, das wir aufführen wollen, die Welt genau so wie wir sie täglich finden?"
„Nein I" sagte sie kühl. „Was nützt es, wenn das Herz nicht vertrauen kann? Ich glaube an keine Zauberkraft; die unfehlbare Sympaihie verwandter Herzen ist cs, die sie wie mit von Gon gesandter Liebe aneinander fesselt."
Cora's Blicke entsprachen vielleicht der Empfindung, die sich in ihren err-glen Zügen ausdrückle, aber ihre Lippen bewegten sich
nicht mehr, denn in dem Augenblicke näherten sich ihnen Sir Clsud Wilmot und Trissa in lebhafter Unterhaltung, und machten dem
ernsten Gespräche der Beiden ein Ende.
* *
»
Die Vorbereitungen für die Theateraufführung waren vollendet. Die beiden Heldinnen waren in vollem Costüm vnd zum Beginn der Vorstellung bereit, und Frau Digby maß sie mit einem flüchtigen Blick, als sie an dem Zimmer vorüberschritt und ihren Pflichten als Wirtin nachging.
Trissa's Aussehen entsprach vollständig den Erwartungen. Wenn ihr Spiel ihrer Schönheit gleichkam, mußte die Vorstellung Erfolg haben.
Neben ihr stand Cora, aber die Farbe ihres CostümS, die für ihren brünetten Teint so unvorteilhaft, war geschickt durch eine Wolke schwarzer Spitzen gedämpft, die ihr cm wenig das Aussehen einer Spanierin gab. Ihr schwarzes Haar war in sehr phantastischer Weise arrangiert und von einem goldenen Pfeil gehalten.
Trissa's blendende Anmut konnte wohl für eine kurze Zeit die Augen der Gäste an- ziehen, aber hin und wieder wandelten dieselben zu der klassisch-schönen Gestalt neben ihr, und zweifelhaft würde die Palme der einfacher!! Toilette und der stolzen Haltung der Unbekannten zuerteilt worden sein.
Frau Digby verstand sich auf Schönheit. Sie bemerkte es mit einem Blick, aber jetzt war es zu einer Aenderung zu spät. War Cora eine gute Schauspielerin, so war der ganze Plan vereitelt.
Der Herzog von Dunbar folgte der kleinen Aufführung mit großem Interesse, und mit geheimer Freude erriet er den Verlauf der verunglückten List.
Die Aufführung begann.
Trissa war reizend — das unterlag keinem Zweifel — aber es fehlte ihrem Spiel die natürliche Frische, Geist und Feuer.
Und als Hermina's Rolle kam, und Cora's edle Gestalt auf die Bühne trat, genügten wenige Minuten, um den Unterschied zwischen Cora's Talent und Trissa's Spiel zu bemerken.
Die ruhige Anmut, das Natürliche, und die Kraft, die sich in jedem Blick und jedem Wort Cvras ausdrückte, wurden sofort von der Zuhörerschaft anerkannt.
Als der erste Ael zu Ende war, lief ein unwillkürliches Gemurmel des Beifalls durch die Menge, und am Schluß der Vorstellung erscholl ein allgemeiner Ruf: Herminalj
Erst auf wiederholtes Bitten erschien Cora vor dem Vorhang, und als sie sich mit ihrer gewohnten Ruhe und Bescheidenheit verneigte, vergaß der Herzog von Dunbar fast über die Bewunderung, die er ihrem Spiele zollte, zu applaudieren.
Frau Digby wurde wütend über diesen Mißerfolg und fing an, Cora zu hassen.
„Ich habe mir doch gewiß ein Recht dazu erworben, Sie heule Abend zu Dich zu führen, Miß Cora," sagte Herr B auclerc, als die Gäste sich in den Salon begaben. „Vergessen Sie nicht, daß ich Sie nicht dem Herzog überlasse, der wie ich sihe, in i hr ver dachterregeuder Weise auf uns zusteuert."
„Ich bin Ihnen sehr dankbar," erwiederte Cora heiter.
„Und warum, wen» ich fragen darf?" sagte er, indem er ihr den Arm bot.
„Sie wissen nicht, daß ich ein Findelkind bin," erwiderte sie, „und daß ich meinen Namen dem Ort verdanke, wo ich gefunden wurde?"
„Und der hieß?" fragte er eifrig.
„Das Meer bei Santa-Crux. Ich war die einzige überlebende bei einem Schiffbruch daselbst, und wurde von den dortigen Bewohnern als kleines Kind gefunden. Sie zogen mich auf bis ich acht Jahr alt war, dann wurde ich einem Seemanne übergeben, der Mitleid mit mir hatte, mich mit fortnahm und in seine Heimat zu seiner Mutter brachte. Das ist meine Lebensgeschichte. Daraus ersehen Sie, daß ich ein Mädchen bin, das von der Barmherzigkeit Fremder abhängt."
Herr Beauclerc machte nicht die Einwendung, die man vielleicht erwartet häite. Er war einige Augenblicke nachdenklich und zerstreut; dann wandte er sich mit einem halb um Entschuldigung bittenden Lächeln wieder Cor zu.
„Sie haben doch nichls dagegen, mir Ihr Alter zu nennen, soweit dasselbe Ihnen selbst bekannt ist ?" fragte er. „Ich werde Ihnen gleich erklären, was mich zu meiner Frage veranlaßt."
„Ich halte mich für ungefähr achtzehn Jahren," sagte sie. „Wenigstens sind seit dem Schiffdruche sechzehn Jahre vergangen, und damals muß ich ungefähr zwei Jahre alt gewesen sein."
„Es ist sonderbar, sehr sonderbar!" sagte Herr Beauclerc. „Wenn dem so ist, kann das fragliche Schiff kein anderes als der „Zephyr" gewesen sein. Ich selbst war damals kurz nach jenem Unglück in Santa- Crux, und ich erinnere mich noch genau, daß die Eingeborenen von einem Schiffbruch sprachen, und auch daß ein Dampfer dieses Namens zu derselben Zeit verschwunden war. Haben Sie wirklich keine Ahnung davon, wer Ihre Eltern waren?"
„Nicht nicgeringste," entgegnete sie traurig.
„Es muß sich doch ein Aufschluß fafür finden lassen," bemerkte er. „Warum sollte es nicht möglich sein, selbst jetzt noch eine Liste der Passagiere zu erlangen ? Wenn Sie mir erlauben, werde ich selbst mit Sir Fulke darüber reden."
„ Sie sind sehr freundlich," sagte sie.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Wie man Blutungen schnell stillt.
Jedem Menschen kann es passieren, daß er sich bei der Arbeit verletzt und die Wunde stark zu bluten beginnt. Im ersten Augenblick herrscht in solchen Fällen Kopflosigkeit und mau weiß nicht schnell, wie man die Blutung stillen soll. Für solche Fälle gibt der „Hausdoktoc" folgendes einfache, aber sehr wirksame Mittel. Man nehme Watte, «suche sie in heißeS Wasser und lege sie dann auf die Wunde. Der Erfolg ist überraschend, ielbst bei Verletzungen der Pulsadern. Bloß Watte aufl gen oder Walle, in kaltes Wasser getaucht, soll nicht Liese überraschende Wirkung haben.
— (Im Examen.) Professor: „Was wissen Sie aus dem Lebe» Friedrichs des Großen, Herr Kandidat? Erzählen Sie alles so kurz wie möglich I" — Kandidat: „Geboren, erzogen, konfirmiert, verliebt, verlobt, verbeiratel, gestorben."
Druck und Verlag von Beruh. Hofwanu in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Beruh. Hofmann).