Die Tochter des Meeres.
Roman von A. Nicola.
(Nachdruck verboten.)
58.
„ES war ein schreckliches Verhängnis, an welchem Sie, gnädiger Herr, wohl nicht Schuld waren," entgegnete der Diener, „denn Gott weiß es, wie schwer es Ihnen wurde, sich von der armen Bianca zu trennen."
„Aber mein Kind, mein Kind will ich wieder haben," schrie der Graf fast überlaut vor Schmerz, denn an diesem habe ich em großes Unrecht gut zu machen."
„Was in meiner Macht steht, das soll geschehen, um das Kind ausfindig zu machen," sagte der Diener, „aber ich werde sehr vorsichtig zu Werke gehen, denn diese Frau Falkner könnte ja damals, es sind wohl fast zwanzig Jahre her, ein anderes Kind angenommen haben, um die große Erziehnngs- snmme zu erhalten, und das wirkliche Kind des gnädigen Herrn ist vielleicht schon mit der armen Bianca gestorben."
LXLIV.
„Miß Coro, Sie sind wohl so gut und unternehmen mit dem jungen Mädchen einen Spaziergang im Park," sagte Miß Minchin eines Tages zu Cora.
Die Dame hatte bald erkannt, von welchem Nutzen die Dienste der neuen Lehrerin ihr waren. Es war ein großer Vorteil für sie, daß sie den Ellern ihrer Zöglinge sagen konnte, sie habe „eine junge Deutsche für Sprachen und Musik engagiert.
„Ich thue es ungern," erwiderte Cora fest. „Kann Miß Evans heute nicht mit Ihnen gehen?"
„Wie kommen Sie auf eine solche Idee?" versetzte die Schulvorsteherin heftig. Glauben Sie, ich hätte Sie ohne Empfehlungen und unter für Sie so günstigen Bedingungen engagiert, damit Sie mir jetzt in dieser Weise entgegentreten sollen? Miß.Evans Aeußeres ist durchaus nicht dazu angethan, meiner Schule Ehre zu machen, und ich wünsche, daß Sie sich sofort bereit halten und mit den jungen Damen ausgehen, bis die Erholungsstunde vorüber ist. Sie verstehen mich ? . . . Und noch mehr I ... Ich wünsche, daß Sie dazu Toilette nach besten Kräften machen, wenngleich ich gestehen muß, daß Sie wenig passende Kleider besitzen, trotzdem ich Ihnen Ihren ersten VierteljahrS- gehalt vorausbezahlte."
Mtß Minchin schwieg und Cora neigte mit ihrer gewöhnliche» stolzen Anmut den Kopf und verließ das Zimmer.
Die Schulvoist-herin fühlte sich ihrer neuen, jungen Lehrerin g>genüber entschieden nicht sicher. Das Mädchen Hane trotz ihrer abhängigen Stellung etwas so Stolzes und Vornehmes in ihrem Wesen, daß Miß Minchin sich vergebens bemühte, den unfreiwilligen Zauber, der Cora umgab, zu brechen.
Cora ging in ihr bescheidenes Stübchen das kaum so groß war wie ihre Garderobe in Villa Faro und begann ihre einfache Toilette.
Der kleine Zug der von Cora geführten Schülerinnen setzte sich », Bewegung und kam bald in die Gärten von RegentS Park.
Hier herrschte ein munteres Treiben. Eine große eiöbedeckte Fläche zog die Aufmerksamkeit Aller auf sich. Herren und
Knaben, Damen und junge Mädchen flogen auf ihren Schlittschuhen schnell an den bunten Gruppen der Zuschauer vorüber und am reizendsten nahmen sich die hübschen jungen Damen aus, die sich in phantastischen Figuren auf dem Eise umherdrehten, hin und wieder einen leisen koketten SchreckenSruf ausstieben oder auch der Hülfe bedurften, um nicht auf der glatten Eisfläche zu fallen. Dieses ganze Schauspiel war Cora völlig neu, und für den Moment war sie von dem Anblick wie geblendet.
„O, sehen Sie, Miß," machte eine ihrer Schülerinnen sie aufmerksam, „sehen Sie dort die junge Dame mit dem schönen Hut und dem Sammetcostüm . . . läuft sie nicht wundervoll? Und der junge Herr neben ihr . . . wie hübsch er ist! Ich bin überzeugt, daß es sehr vornehme Leute sind. Glauben Sie nickt auch?"
Cora nickte stumm mit dem Kopfe, und bedeutete das junge schwatzhafte Dämchen durch eine Bewegung, daß sie mit dem Ausplaudern ihrer Ansichten etwas zurückhaltender sein solle.
Trotzdem hatte die kleine Schwätzerin wohl recht, denn das betreffende Paar sah sehr elegant, sehr vornehm aus, und Cora beobachtete es mit nicht geringem Interesse.
Nach einer kurzen Weile jedoch trennte sich das Paar. Der junge Mann schien in der Menge einen Bekannten zu entdecken, und nachdem er seiner schönen Begleiterin einige Worte zugeflüstert, lief er davon, während sie sich aus dem Platze, wo sie sich befand, künstliche Bogen nnd Figuren ausführend, allein amüsierte.
Dann wurde sie, wie es Cora vorkam, ungedultig über die längere Abwesenheit des jungen Mannes, und begab sich nach einer abgelegeneren und weniger belebten Stelle des EiseS.
Cora hatte unmöglich sagen können, was sie trieb, sich ebenfalls der Seite zu nähern, der sich die juuge Dame zugewendet hatte . . . entweder war es das außergewöhnliche Interesse, das sie an der guten Schlittschuhläuferin nahm, oder sie war der Menschenmenge müde.
Die schöne junge Dame lief entweder aus Aerger oder Uebermul dem grau aus- sehenden dünnen Eise zu, ohne der drohenden Gefahr zu achten.
Und in demselben Augenblicke als Cora sich mit ihren Zöglingen der Stelle näherte, wo die junge Dame endlich in ihrem Laufe zu einem Stillstand kam, stolperte dieselbe und siel . . . dann folgte ein Krach, ei» Schrei . . . und ehe die entfernten Schlittschuhläufer auch nur die Gefahr erkannten, war die junge Dame mit seinen schweren Kleidern unter dem Eise verschwunden.
Cora's erschreckte Begleiterinnen schrieen laut auf, aber Cora selbst raffte sich nach dem ersten lähmenden Schrecken z» rascher Thätigkeit auf.
Sie warf Muff und Schirm auf die Erde und flog mehr als sie lief der Stelle zu, an welcher die junge Dame verschwunden war.
Da bemerkte sie, daß sich ein dunkler Gegenstand wieder der Oberfläche näherte und rasch griff sie darnach.
Ihre Füße verloren den Halt, ihre Hände erstarrten in dem eiskalten Wasser, aber doch wollte sie die Untergesunkene noch nicht los
lassen. Sie fühlte, wie sie selbst sank, und dennoch hielt sie die Dame fest . . mit der einen Hand, während sic mit der andern einen schwachen Versuch machte, in dem durch das Losbrechen des Eises immer größer werdenden Raume zu schwimmen. In krampfhafter Verzweiflung umklammerte sie die Last, die sie hielt.
Im nächsten Moment hatte sie ein schwaches Gefühl von einem festen Griff, aber AlleS war dunkel und verschleiert. Sie wußte nicht, was weiter geschah, bis laute Fremdenrufe sie aus ihrer Betäubung weckten.
»Ist sie gerettet . . . lebt sie?" hauchte sie.
»Ja, ja ... sie wird sich bald erholt haben, entgegnete ein derber Fischer. „Sie sind ja eine wahre Heldin," fuhr er fort. „Sie sind zur Frau eines Admirals wie geschaffen, junge Dame. Meinen Sie nicht?, wandte er sich an einen Herrn, der neben ihm stand.
„In Bezug auf das Alter nicht gerade, mein braver Bursche," lautete die Antwort, „Man müßte denn jetzt schneller avaeieren, als ich in meinen jungen Jahren. Aber komm', Grauville. Was wollen wir jetzt zunächst thun? Soll ich gchen und kS Deiner Mutter sagen?" fuhr er fort, zu dem jungen Mann gewendet, dessen Unhöflichkeit die ursprüngliche Ursache des ganzen Unglücks gewesen war.
„Das wäre mir allerdings lieb, Onkel Fulke," versetzte der junge Manu in verlegener Miene. „Meine Mutter wird halb von Sinnen sein, wird nicht an Trissa's Rettung glauben, bevor sie dieselbe vor sich erblickt."
(Fortsetzung folgt.)
Herb st Nachrichten. Löwenstein mit Reisach, 4. Okt. Lesi- anfang wegen eingetretenen Regens am 10., meist erst am 14. Okt. Verkäufe zu 175 bis 180 M. pr. 3 bi. Qualität durchaus vorzüglich. Noch feil ca. 2000 bl.
Grantschen , 5. Okt. Verkäufe in den letzten Tagen zu 185 bis 190 M Pr. Eimer. Immer noch Vorrat, namentlich auch in größeren Resten. Käufer willkommen.
Ans dem Oberamt Oehringen, 5. Okt. In Heuholz wurde gestern der Eimer Wein um 225 M. verkauft.
Brackenheim, 7. Okt. Lese in vollem Gange. Weinmost kann alsbald gefaßt werden. Vieles verkauft zu 167—175 M. pro 3 bl. Noch seil ca. 500 bi., vorzügliche Qualität.
Hohenhaslach, 5. Okt. Mehrere Wein- gärtner haben heute mit der Lese begonnen. Quantität schlägt vor, Qualilät vortreffflich, da Wägungen nach Oechsle 93 dis 103 Grad ergaben. Einige gute Reste Rotwein noch feil.
Schorndorf, 6. Okt. Im mittleren Remsthal sind nun auch Weinkäufe abgeschlossen worden und zwar in Hebiack zu 180 M. und in Schornbach zu 160 M. Viel Wein ist verstellt.
Dürrenzimmern. Die Weinpreise bewegen sich zwischen 175 und 190 M. pro 3 bi. Feil noch 300 bl Mönchsberger Rotwein.
Heilbronn, 5. Okt. (Obstmarkt.) Preise für Mostobst: 5 M. 50 Pf. bis 7 M., gebrochene Acpfel 12 M. bis 14 M. per Ztr.
Druck und Verlag von Beruh. Hosmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Beruh. Hosmaun.)