Rundschau.

Stuttgart, 3. Okk. Der Reichskanzler Fürst v. Hohenlohe-Schillingsfürst ist um 12.30 Min. dem Münchener Schnellzug in Begleitung des Geh. RatS Freiherrn von WilmowSki, Chefs der Reichskanzlei, und des Sekretärs derselben, Frhrn. v. Pinkow hier eingetroffen. Zu seiner Begrüßung hatten sich auf dem Bahnhofe eingefunden der kgl. preuß. Gesandte Dr. v. Holleben u. Minister­präsident Frhr. Dr. v. Mittnacht. Nach der Begrüßung begab sich der Fürst Reichskanz­ler nach dem Hotel Marquardt. Bald dar­auf begaben sich die Herren in einem k. Hof- Wagen in die Wohnung des k. preuß. Ge­sandten, bei welchem ein Frühstück stattfand, zu dem mehrere Einladungen ergangen waren. Heute abend 6 Uhr wird Fürst Hohenlohe von Ihren Majestäten in Marienwahl emp­fangen werden; um 7 Uhr findet zu Ehren desselben ein Diner daselbst statt.

Stuttgart, 3. Okt. Der deutsche Reichs­kanzler, Fürst Chlodwig von Hohenlohe-Schil- lingSfürjl, der heute auf der Rückreise von Aussec nach München unserem König seinen Besuch abstaltet, wird von der Württemberg. Bevölkerung herzlich willkommen geheißen. Es lst hier unvergessen, daß Fürst Chlodwig von Hohenlohe seiner Zeit, als Ministerprä­sident in unserem Nachbarlande Bayern, in schweren Tagen der staatsmännische Vertreter des deutschen Gedankens in Süddentschland war. Der Besuch des Fürsten gilt sicher­lich nicht politischer Arbeit; er ist ein Akt persönlicher Begrüßung am königlichen Hofe, an dem auch das württ. Volk herzlichen An­teil nimmt.

Stuttgart, 4. Okt. Für die Abgebrann­ten in Leonberg sind hier bis jetzt 5055 ^ eingangen, welche Summe sich in den nächsten Tagen noch wesentlich vergrößern dürfte.

Stuttgart, 4. Okt. Gestern nachmittag schwebte Finanzminister Dr.v. Riecke iu großer Gefahr. Als er mit Dekan Demmler von Eßlingen zur Beerdigung seines Verwandten, Proseffor Dr. Wilhelm, auf den Pragfried- Hof fuhr, gingen die Pferde durch und der Wagen wurde umgeworfen, zum Glück aber brach die Deichsel und der Wagen blieb liegen. Die beiden Herren kamen mit dem Schrecken davon und konnten sich zu Fuß auf den Friedhof begeben. Der Diener des Staats- ministels war vom Bock geschleudert worden.

Stuttgart, 2. Okt. Mit dem gestrigen Tage ist bei der Württ. Volkszeitung, dem offiziellen Organ derDeutschen Partei", ein Redaktionswechsel eingetreten. Gemeinde- ral Engen Slockmaycr trat von der Leitung des Blattes zurück, um sich, wie man hört, wieder dem Rechtsanwaltsberuf zu widmen. Als verantwortlicher Redakteur zeichnet nun­mehr Dr. Hermann Schönleber, der bis Vor einem Jahr Redakteur an derGartenlaube", früher amSchwäb. Merkur" war.

Stuttgart, 3. Okt. Das landwirtschaft­liche Hauptsest auf dem Wasen bei Cann­statt ist in Anwesenheit unseres Königspaares, sowie des gesamten Hofes bei schönstem Wet­ter in herkömmlicher Weise verlausen. Das eigentliche Volksfest, das letzten Freitag seinen Anfang nahm und am Montag abend zu Ende ging, war von größeren Menschenmassen als je besucht. Die Wirtsleute und Schau­budenbesitzer haben glänzende Geschäfte gemacht. Den Leuten ist gewiß ein Vergnügen zu gön­nen, es ist aber bedauerlich, daß das ver- tzügungslustige Volk in dem wüstesten Lärm

und in der Belästigung der Nebenmenschen ein Hauplvergnügen findet. Es darf als ein Glück bezeichnet werden, daß die über und über mit Papierbändern übersäten Leute nir­gendwo vom Feuer erfaßt wurden. Wenn ein Brand auf dem Festplatz ausgebroche» wäre, so hätte vor allem der centimctertief mit Popierschnipfeln überall bedeckte Boden das Feuer mit rasender Schnelligkeit weiter ver­breitet, Sehr unangenehm für die vielen Volksfestbesucher waren namentlich auch die wahren Marterinstrumente für das Gehör. Früher hat die Polizei mit großer Not das unsinnige Hauen mit den Stöcken auf die Wirlslische unterdrückt, aber jenes Gepolter war noch die reinste Sphärenmusik gegen die auf dem neuesten Volksfest zu Tausenden schrillen Heulpfeiffen.

Stuttgart, 3. Okt. Auf dem Volksfest wurde unter anderem einMenschenfresser" gezeigt, der schrecklich wild dreinsah und sich auch nicht daraus bringen ließ, als die Passan­ten ihmGaisburger I" zuriefcn. Wie die Eßl. Ztg." in Erfahrung gebracht hat, ist es auch kein Gaisburger, sondern ein Wange- ner gewesen: der Gaisburger, der voriges Jahr den Menschenfresser gespielt, hatte dies­mal unter 3sich nicht mehr anstreichen und in Ketten legen lassen wollen. Der Wangner that es billiger.

Cannstatt, 3. Oktbr. Ein gefährlicher Taschendieb angeblich ein Franzose, der über das Volksfest sein Unwesen hier trieb und daher festgensmmen und an das K. Amtsgericht eingcliefert wurde, hat im Bezirkskrankenhause, wohin er zunächst ver­bracht werden mußte, das Thürschloß losge­macht und das Weite gesucht und gefunden. Bis jetzt ist man seiner noch nicht habhaft geworden.

Cannstatt, 3. Okt. Der Bierkonsum auf dem Wasen hat in den vier Tagen des Volks­festes insgesamt rund 4000 dl betragen.

Leonberg, 1. Oktbr. Dem Gesuch des Gemeinderals, den hiesigen obdachlosen Ab­gebrannten das gegenwärtig leerstehende ge­räumige Forsthaus den Winter über ctnzu- räumen, ist laut Schw. B. von seiten des Staates bereitwillig entsprochen worden. Es können zu ihrer großen Freude nunmehr sechs bedürftige Familien dort untergebracht werden.

Leonberg, 2. Oktbr. Feuersbrupstüber Feuersbrunst. Heute nacht brannte die zum hiesigen Gemeindebezirk gehörigeFleisch­mühle", zwischen hier und Ditzingen gelegen (Besitzer Karl Wankmüller) nieder. Das schöne, stattliche, erst vor etwa einem Jahr mit einem Aufwand von ca. 12 000^1 er­neuerte Anwesen ist in einen qualmenden Trümmerhaufen verwandelt. Pferde und Vieh konnte gerettet werden. Dagegen sind 4 Schweine und sämtliches Geflügel und für über 5000 ^ Frucht eine Beute des rasen­den Elementes geworden. Mit dem alten Inventar ist der Abgebrannte versichert. Die Neuaufnahme sollte heute vorgenommcn werden. Leider wars zu spät. Entstchungs- ursache unbekannt.

Oberd'schingen, 9. Okt. Dem Schenk­wirt Rommel, der kürzlich mit Vierlingen beglückt wurde, hat S. M' der König ein Geschenk von 50 I. M. die Königin ein solches von 40 ^ überweisen lassen.

Biberach, 2. Okt. In dem zwei Stun­den von hier entfernten Pfarrdorfe Aßmanns­hardt ist vergangene Nacht das Rathaus nie- bergebrannt.

Massenbach, 2. Okt. In dem Weinberg des Herrn PH. Herrmann hier wurde an einem roten Sylvanerstock eine Traube ge­schnitten, welche neben den roten Beeren einen Zweig mit vollständig reifen weißen Beeren trug. Gewiß eine Merkwürdigkeit.

Aus Baden-Baden, 3. Oktober, schreibt man: Am 1. Oktbr. betrug die diesjährige Fremdenfrequenz unseres Kurortes 60,000 Personen. Am 1. November des vorigen Jahres hatte dieselbe nur die Ziffer 58,300 erreicht. Am 10. d. M. werden der Groß­herzog und die Großherzogin auf Schloß Baden zu längerem Aufenthalt eintrefsen.

Köln, 3. Okt. Der Geheime Kommer­zienrat Langen, Mitglied des Kolonialrates, ist gestorben. (Herr Langen war der Schwie­gervater Wißmanns.)

Mainz, 1. Okt. (Geburtstag Gutcn- bergs.) ES ist beabsichtigt, den 500jährigen Geburtstag von Johannes Gutenberg, des Erfinders der Buchdruckerkunst, im Jahre 1897 hier in seiner Geburtsstadt mit einem großen Feste zu begehen, zu welchem Ein­ladungen an die ganze gebildete Welt ergehen sollen. Die Bürgermeisterei selbst will die Vorbereitungen für dieses Fest in die Hand nehmen und die Einladungen dazu ergehen lassen. Man nimmt als Geburtsfest 1397 an, während die Gelehrtenwelt für jedes Jahr zwischen 1397 und 1400 Gründe anführt.

Der Reichsanzeiger schreibt: Am 8. ds. wird der Fernsprechverkehr Berlin-Ham- burg-Kopenhagen eröffnet. Die Gebühren für ein drei Minuten dauerndes Gespräch betragen 3 Mark.

Unser deutscher Kaiser weilt noch auf seinem Jagdschloß in Rominten in Ostpreußen. Er hat seinen Flügeladjutanten, Oberst von Moltke mit einem persönlichen Handschreiben an die Adresse des russischen Kaisers nach Petersburg gesandt. Ob dieses Handschreiben nur rein persönliche Dinge betrifft oder politi­sche Angelegenheiten, wird wohl nicht bekannt werden. Man ist jedoch stark versucht, letz­teres zu glauben, weil Rußland eine sehr beträchtliche Verstärkung feiner Streitkräfte vornimmt und alle diese neuen Truppenteile insbesondere Artillerie direkt an die westliche Grenze beordert. Diese beschlossenen Heeres- verstärkungen kommen der Neubildung eines ganzen Armeekorps gleich. Man fragt sich in der ganzen Welt erstaunt, zu was Ruß­land solch abermalige Krieqsrüstungen nötig haben sollte. Im Hinblick auf diese russ. Rüstungen gewinnt auch die Berufung des Chefs der Admiralität v. Hollmann zu dem deutschen Kaiser nach Rominten eine politische Bedeutung.

Schmalkalden, 3. Okt. Im Orte Floh stud 30 Häuser und 30 Nebengebäude ab­gebrannt.

Aus Chicago, 1. Okt., wird gemel­det: Seit Samstag wüten auf den großen Binnenseen furchtbare Stürme 26 Dampfer und Schoner find abgelaufen oder gescheitert; der Schaden beläuft sich auf Millionen. Der Schoner Elma scheiterte gestern bei Münsing, acht Mann von der Besatzung ertranken; das Fahrzeug ging zu Grunde. In Whi- ting, Indiana, ertranken drei Personen.

Um aus Schränken die Feuchtigkeit oder ungesunde, schlechte Gerüche zu entfer­nen, stellt man eine Schüssel voll frischen Kalk in dieselben. Die Luft wird trocken werden und die schlechten Dünste verlieren sich.