Rundschau.

Besigheim, 8. Juli. Die Thurmwächter Schoch'fchea Eheleute hier wurden zur Ge­burt ihres 7. Knaben von Sr. Maj. dem König mit einem Gnadengeschenk von 15^ crfueut.

Zuffenhausen, 4. Juli. Heute vormit­tag geriet der Inhalt eines mit Zug 802 von Stuttgart kommenden Güterwagens in Brand. Derselbe war hoch mit Säcken be­laden, in welchen Papier- und LederabfLlle waren. Nachdem versucht wurde, denselben mittelst HerabwersknS und Bespritzens von einer Maschine aus zu löschen, was sich aber als unmöglich erwies, wurde er in die Schwel- lensiederci gefahren und dort mittels der Wasserleitung gelöscht.

Tübingen, 9. Juli. Ein hies. Dienst­mädchen, welches geslernNachmittag auf einen, sogen, russischen Schiffs-Karousel sein Ver­gnügen juchte, stürzte so unglücklich aus einem Schiff, daß sie schwer verletzt vom Pl..tze getragen werden mußte.

Harb, 10. Juli. Kommt da eines schönen Tages von Amerika herüber ein Man», der seinem Auftreten nachschwere Gelder" be­sitzt, hieher und besucht auch das naheglegene Jakobsbad. Die reizende Lage, die Wirt­schaft nebst Kegelbahn, die Badeeinrichtung gefällt ihm, die Wohnräume finden Gnade vor den Augen seiner Frau Gemahlin. Er fragt den Besitzer nach dem Preis deS gan­zen Anwesens, der Wirt nennt eine annehm­bare Summe, und ohne Besinnen schlägt der Amerikaner" ein- Der Kauf wird alsbald anerkannt. Merkwürdigerweise bezahlt der vermeintliche Krösus fast nur mit Wechseln. Die kann er sich leisten, da er einen seil 1870 verschollenen Onkel hat, dessen großes Vermögen ihm in 5 Jahren auSbezahlt wird. Am letzten Sonntag wurde nun die feier­liche Eröffnung gehalten unter großem Zu, drang des Publikums. Von 10 Uhr an gab es Freibier und -cigarrcn, und der Konsum war ein bedeutender. Doch wie rasch sollte die Freude endigen I Denn schon Montag nachmittags arbeitete der Gerichtsvollzieher in den öde gewordenen Hallen. Der Amerikaner sitzt wegen Wechselfälschung, und der frühere Besitzer, der Bierbrauer, Bäcker und sonstige Lifcrantcn sind das Opfer eines ganz gewöhn­lichen Schwindels geworden.

Freudenstadt, *8. Juli. Auf schauerliche Weise mußte ein hier beschäftigter, von Baieröbronn gebürtiger, lediger Nagelschmied­geselle sein Lebechlassm. Derselbe befand sich gestern abend bis in später Stunde in einer hiesigen Wirtschaft und wurde von dem Wirte, da er stark angetrunken war, ver- schiedenemale aufgefordert, sich nach Hause zu begeben, welcher Aufforderung er auch end­lich Folge leistete. Der Wirt glaubte selbst­verständlich, daß der Betreffende sich zu Hause befinde, aber doch wenigstens sein Haus ver­lassen habe und begab sich zur Ruhe. Am andern Morgen fand die Frau des Hauses, welche im Keller etwas holen wollte, zu ihrem großen Schrecken unten an der Kellertreppe den Nageljchmiedgesellen tot vor. Der Ver­unglückte hat in seinem angetrunkenen Zu­stand jedenfalls die Kellcrlhüre mit der üb­rigens ganz abseits liegenden HauSthüre ver­wechselt und durch den Sturz in den Keller sein Leben eingebüßt.

UllN, 7. Juli. Ueber das gestern früh beim Exerzieren der 5. Batterie des Feld- artillerte-RegimentS König Karl (1. württ.)

Nr. 13 vorgekommcne Unglück (st'he letzte Nr. u. Bl.) verlautet näheres: es entstand dadurch, daß das fragliche Geschütz der Bat­terie, welche vom oberen Eselsberg auf das untere Werk fuhr, beim Ausfahren einer Kurve auf einen Randstein stieß wodurch das Geschütz umfiel und die Bedienungs­mannschaft weggeschlcudert wurde. Einem der letzteren wurde von dem auf ihn fallen­den Geschützrohr der Kopf buchstäblich zer­quetscht. Der Gelötete heißt Rösch. 2 wei­tere Mann der Batterie sind schwer, einer leicht verletzt. Wie dieU. Ztg." erfährt, erkundigte sich der König telegraphisch bei dem Regimentskommandeur, welcherlei Ursachen vorliegen und drückte sei» Bedauern aus.

Mergentheim, 9. Juli. Als die 8. Com­pagnie heute vormittag bei Oberbalbach Feld­wache bezogen hatte, entdeckte ein Posten einen ausbrechenden Brand im Dorfe. Der an­wesende Compagniechcf, Hauptmonn Krauß, rückte sofort mit der gesamten Mannschaft auf den Brandplatz, und seinem energischen Eingreifen allein ist es zu verdanken, daß das Feuer auf seinen Herd beschränkt blieb, da die Einwohner größtenteils auf dem Felde beschäftigt waren. Auch der anwesende Ba- laillonskommandcur, Major Stein, nahm regen Anteil an der Leitung der Rettungs­arbeiten. Ein Wohnhaus und eine Scheuer wurden ein Raub der Flammen. Ueber die Entstehungsursache verlautet nichts Bestimm­tes.

Mühlacker, 8. Juli. Auf dem Bahn­hofe der Station Enzberg verunglückte heute demS. M." zufolge ein Fabrikant aus Pforzheim. Er stürzte beim Einsteigen und geriet unter die Räder. Erstarb kurze Zeit nach dem Unfall.

Pforzheim , 8. Juli. Der 25 Jahre alte Knecht K. von hier führte bei dem Män- necbad auf der Insel zwei Pferde zum Ba­den. Als er mitten im Wasser an einer ziemlich tiefen Stelle war, bäumte sich das eine Pferd plötzlich und warf seinen Reiter ab, welcher sogleich unter das Wasser kam und von den Pferden auf Brust und Kopf dermaßen getreten wurde, daß er, trotzdem er des Schwimmens kundig war, sich nicht mehr retten konnte. Die Pferde kamen un­versehrt ans Ufer.

Karlsruhe, 8. Juli. Eine bestialische Thai wurde hier an einem siebenjährigen Mädchen begangen. Man fand das Kind, schwer verletzt, gebunden und geknebelt im Walde. Ueber den Thatbcstand erfahren wir Folgendes. Das Kind ist die Tochter des Farrenhalters Christian Sauter in Durlach. Es war am Samstag in Durlachch damit beschäftigt, Milchkannen auf den Bahnhof in Durlach zu fahren. Auf dem Wege dahin gesellte sich zu ihm ein etwa 30 Jahre alter Mann, gut gekleidet, mit rotem strubigem Bart. Er lockte das Kind an sich, fuhr mit ihm auf der Dampfbahn von Durlach hierher und führte es, angeblich auf einem Spaziergang, in den Hardtwald hinter den Friedhof. Hier fesselte er dem Mädchen unter Androhung, wenn es schreie, schneide er ihm den Hals ab, die Hände auf den Rücken, band es mit den Haaren an einen Zaun und mißhandelte es. Als das Kind trotz der Drohung schrie, zog das Scheusal sein Messer und brachte dem Kinde 4 Stiche am Kopf, einen Schnitt im Gesicht u. meh­rere Verletzungen M Brust und Leib bei. Auf das Hilsegeschrei des Kindes kamen Per­

sonen herbei, worauf der Verbrecher das Weite suchte. Das Kind wurde ins'Kranken­haus verbracht. Obzwar sehr schwer verletzt, ist das Kind nicht in Lebensgefahr. Der Fall rief große Erregung hervor; eine große Anzahl von Menschen umstanden das Kranken­haus. Die Erregung steigerte sich noch, als sich die Nachricht verbreitete, daß schon vor­dem ein ähnliches Attentat an einem Kinde verübt worben. Nach der Anzeige des Pflege­vaters ist dieses die 10jährige Schülerin Anna Biemer. Nach der Schilderung scheint es dasselbe Individuum zu sein, welches das Mädchen am 4. d. M. in den Wald lockte und dort mißhandelte.

Karlsruhe, 8. Juli. Von plötzlichem Wahnsinn befallen wurde der Italiener Ba­tiste Scola in Ucberlingen. Ein ruhiger und sparsamer Mann, zeigte er vor ein paar Tagen Spuren von Geistesstörung, in wel­chem Zustande er seinen Sohn in der Nacht zu erwürgen suchte. Nur mit großer An­strengung gelang es mehreren Personen, den Tobenden zu fesseln. Als er nach der Irren- Heilanstalt Jllenau verbracht werden sollte, geberdete er sich so rasend, daß er auf dem Wagen gefesselt werden mußte, so daß der Wagen mit dem Unglücklichen auf das Schiff verladen werden mußw. Auf dem See fing er an zu singen, wurde dann plötzlich ruhig und immer ruhiger, und als man Meers­burg erreicht, hatte der Unglückliche ausge­litten.

Etwa 800 Deutsch-Amerikaner werden mit ihren Familien Ende August in Berlin eintreffen. Es sind dies Krieger aus dem Feldzuge 1870i71, welche sich an der Feier der fünfundzwanzigsten Wiederkehr des Scdan- tageS beteiligen wollen. Die Kameraden, die für sich und die Ihrigen einen eigenen Dampfer mieten werden, sollen wie es heißt, bei dem durch die hiesigen Kriegervereine am 2. Sept. zu veranstaltenden Parademarsche vor dem Kaiser dem Monarchen vorgestellt werden.

Der Reit-Ochse. Zum Austrag ge­kommen ist jetzt die von uns schon vor einiger Zeit erwähnte Welte, welche vor einem halben Jahre ein Berliner Kavallerieosfizicr bezüg­lich der Abrichtung eines Rcitochsen geschlossen hatte. Der Ochse ist einer großen Anzahl von Kavallcrieosfizieren auf der Reitbahn der Ulanenkaserne in der Jnvalidenstraße vorgrführt worden- Es schien Anfangs, als ob die Wette gewonnen werden sollte. Der Ochse ging Schritt, Trab und Galopp, und solgte auch jedem Schenkeldruck seines Reiters. Er war aber und damit war der Ver­lust der Wette (2000 besiegelt, nicht im Stande, im Kreise zu rennen.

Kürzlich war aus Rixdorf von einer Millionenerdschaft die Rede, die einem dor­tigen unbemittelten Dienstmädchen Namens Bär zugefallen sein sollte. Jetzt stellt sich heraus, daß die ganze Sache auf einem raf­finierten Schwindel beruht, der von London aus ins Werk gesetzt worden war. Eine dortige Schwindetfirma, Mundt u. Cie., hat einer großen Anzahl von Personen in ver­schiedenen Ländern mitgeteilt, daß sie Erben seien und sic um die Einsendung der Aus­weispapiere ersuche. Waren die Papiere ein- gesandt, so erfolgte die Zusendung von ge­fälschten Dokumenten und gleichzeitig das Er­suchen um einen Vorschuß zur Deckung ent­standener Unkosten. Die Bär, durch die Dokumente getäuscht, glaubte sich in der Thal