Rundschau.

Bei der im Mai und Juni d. I. in Stuttgart vorgenommcnen höheren Lehrerin- ncnstaalSplüfung ist u. A. zum Unterricht an höheren Mädchenschulen für befähigt er­klärt worben: Helene Boftnger in Enzklö- slerle.

Stuttgart, 5. Juli. Gestern wurde von der K. Staatsanwaltschaft in Hall dem Stadt­polizeiamt hier telegraphisch die Anzeige ge­macht, daß in Wahlheim ein Diebstahl im Betrage von 1600 M., bestehend in würt- tembergischen StaatSobligallonen und barem Gelde, verübt worden sei. Bei den sofort eingeleitelen Nachforschungen wurde der Dieb in der Person des 51jähr. Friedrich Hamm, Bierbrauer von Triensbach, O.A. Crails­heim, festgenommen. Derselbe hat die Ob­ligationen teils selbst veräußern und teils durch einen anderen Mann verkaufen wollen. Von dem gestohlenen Geld hat der Dieb seiner Braut 600 M. gegeben. Das ge­stohlene Geld ist nahezu beigebracht. Der Dieb ist vorbestraft.

Stuttgart, 5. Juli. Die Sammelstelle Stuttgart allein hat bis jetzt für die Uebcr- schwemmten im Bezirk Balingen die hübsche Summe von 85,000 ^ aufgebracht, welche bei der Hofbank deponiert sind.

Stuttgart, 7. Juli. Geh. Kommerzienrat Siegle spendete für die Verunglückten des Eyachgebieres 20,000 ^

Stuttgart, 7. Juli. Ern heute in der Marktstraße sich abspielender Vorfall war ganz geeignet, an denJudenkravall von 1873 zu erinnern. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich um die Mittagszeit das Gerücht, der Pächter des Cafe Oriental Namens Strauß habe sein Dienstmädchen die Treppe herunter­geworfen, so daß dasselbe das Genick ge­brochen habe. Selbstverständlich strömte eine große Menschenmenge nach dem Thatorte und faßte daselbst hartnäckig so lange Posto, bis die Polizei unter den Haufen fuhr. Das war um so angebrachter, als sich die Sache nach der Untersuchung durch die Polizei als ganz ungefährlich herausstellte. Es ist er­wiesen, vaß das Mädchen an ihrer Dienst­frau sich thätlich vergriffen und daß sie durch den Sturz von der Treppe keinerlei Schaden erlitt.

Stuttgart, 8. Juli. Der Raubmörder Vöster wurde deS Raubs und des Mords schuldig gesprochen und zur Todesstrafe, Ehr­verlust zeitlebens und sämtlichen Kosten ver­urteilt.

Stuttgart, 8. Juli. An den Präsiden­ten des Schwurgerichts ist eine Visitenkarte gelangt, in der gedroht wird, daß der Justiz­palast in die Luft gesprengt wird, wenn Vöster nicht sreigesprochcn wird.

Zn Liebenzell starb Stadtschultheiß Schneider nach längerem schwerem Kehlkopf- leiden im Alter von 31 Jahren.

Stammheim, 6. Juli. Schreiner Haag kaufte vorgestern abend einen Hund, Leon­berger Rasse; am andern Morgen biß der­selbe das 5jahrige Kind desselben in den rechten Oberschenkel und einige Stunden später das ^jähr. Kind in den linken Ober­arm, während die Mutter das Kind, von dem Zimmer in die Küche gehend, auf dem Arm hielt. Der Hund hatte sich so in das Kind verbissen, daß erst nach 10 Minuten dasselbe aus feinen Zähnen befreit werden konnte. Mit den Kindern wurde auch die Mutter und eine ältere Schwester gebissen.

Amtliche Untersuchung des Hundes, ob der­selbe tollsüchtig, ist auf Antrag des behan­delnden Arztes Dr. Presse! im Gang.

Böblingen, 5. Juli. In Schönaich wurde vorgestern abend eine Familie in tiefes Leid versetzt. Das siebenjährige Töchterlein des Adlerwirt Janß, welches mit einigen Alters­genossen im dortigen Fcuersee gebadet hatte, verlor das Uebergewicht und stürzte in den See. Ehe jemand Rettung bringen konnte, sank es in die Tiefe. Erst später konnte die Leiche ans Ufer gebracht werden. Den schwer geprüften Eltern wendet sich allgemeine Teil­nahme zu.

Kirchheim, 5. Juli. Am 29. v. M. wurde bei Gemmrigheim die Leiche eines Un­bekannten aus dem Neckar gezogen. Jetzt hat sich herausgestellt, daß cs der 4jährige Knabe des W. Schaber von Plochingen ist, der am 6. Juni mit einem älteren Bruder durch Rutschen eines Kieshaufens in den hochangeschwollenen Neckar geriet. Der letz­tere konnte noch gerettet werden, während der 4jährige Knabe ertrank und durch das Hochwasser fortgetrieben wurde.

Wangen, 3. Juli. Schuhmacher Knill in Primisweiler war auf seinem Felde mit Aufladen von Heu beschäftigt und hatte zur Abwehr der so lästigen Bremsen u. Fliegen an der Wagendeichsel zwischen den beiden Kühen einen Rauchkessel aufgehängt. Un­glücklicherweise fiel ein Wisch Heu von dem beinahe vollen Wagen in den Kessel, sing Feuer und in ganz kurzer Zeit stand der ganze Wagen in Flammen. Die Kühe rann­ten mit dem brennenden Wagen davon und blieben an einem zweiten, ihnen im Wege stehenden, aber leeren Wagen hängen, der ebenfalls Feuer sing und verbrannte. Eine Kuh mußte wegen der erlittenen Verletzungen -schlachtet werden. Knill erhielt leichtere, ein Geselle, der in das hiesige Spital ge­bracht wurde, schwerere Verletzungen.

Ellwangen, 3. Juli. Ein frecher Stra­ßenraub wurde heute in hiesiger Gegend ver­übt. Der 65jährige frühere Lehrer Abr. Brennmann aus Lotsch in Russisch-Polen wurde zwischen 11 und 12 Uhr auf der Wanderung nach Crailsheim auf der Staats­straße in der Nähe des Kellerhaufes von einem Manne eingeholt, am Kinnbart ge­faßt und mit der Faust an den Kopf ge­schlagen, so daß er zu Boden siel. Mit Ge­walt entriß nun der Räuber Brennmann eine Reisetasche samt Inhalt, sowie einen Stock und eilte damit in den Wald beim Rabenhof. Der Beraubte ging wieder hier­her zurück und erzählte einem Bekannten unter Thränen den Vorfall, insbesondere jammernd, daß ihm auch sein Gebetbuch entwendet wurde. Dieser machte sich, mit einem Revolver be­waffnet, in seinem Wagen zur Verfolgung des Attentäters (der in kurz zuvor angebet­telt hatte), auf, traf letzteren, durch eine Frau aufmerksam gemacht, in Braunhaldt, und forderte ihn zum Mitgeben auf, was der Gut­edel natürlich ablehnte, drohend, er steche jeden nieder, der ihn verfolge, barfuß (feine Stiefel hatte er im Kronenkeller für 50 verkauft) dem Walde zueilend. Mit Hilfe eines zur Zeit in Urlaub befindlichen Gre­nadiers gelang cs dem Verfolger, den Stro­mer festzuhalten und unter Zuhilfenahme seines Revolvers zu zwingen, das Fuhrwerk zu besteigen. Der Thäter ist ein so eben aus dem Gefängnis in Rottenbnrg entlassener, wegen Sachbeschädigung zu 3 Monaten ver­

urteilter, vielbcstrafier, aus Württemberg aus­gewiesener 41jähriger lediger Kaufmann aus Annaberg (Böhmen).

Reutlingen, 4 Juli. Polizeikommissär Kauffmam. von hier, gegen den schon feit einiger Zeit eine Untersuchung wegen Ver­gehens gegen § 182 des St.-G.-B. im Gange ist, wurde, wie die T. Chr. berichtet, vor­gestern vor die Staatsanwaltschaft Tübingen geladen und nach erfolgtem Verhör vor dem Untersuchungsrichter in Haft genommen.

Herrenberg, 4. Juli. Vor ca. 6 Wochen starb hier der Kassier der hiesigen Spar- und Vorschußdank, Klaiber. Während seiner Amtsthätigkcit wurde seine Buch- u. Kassen­führung von Seiten des früheren Sladt- schultheißen und jetzigen Amtspfleg^rs Sauter kontrolliert- Man glaubte somit, wie man demBeobachter" schreibt, allerorten, es sei alles in bester Ordnung. Bei der gegen­wärtig erfolgenden Revision der Bücher er­gib! sich nun, daß dieselben seit dem Jahre 1884 gefälscht sind und das Defizit bis jetzt schon 100.000 bis 250,000 Mark beträgt. Dabei ist die Revision noch nicht einmal ab­geschlossen. Da der Verlust hauptsächlich kleinere und mittlere Leute betrifft, kann man sich die Bestürzung und den Unwillen vor­nehmlich auch gegen diejenigen, denen man vertrauensvoll die Revision der Geschäftsführ­ung des Kassiers überlassen hatte, denken.

Ulm, 6. Juli. Heute früh hat sich beim Exerzieren der Feldartillerie auf dem Esels­berg ein schweres Unglück ereignet. Ein Ge­schütz stürzte um, ein Mann kam unter das­selbe und wurde getötet, indem ihm der Kopf zerdrückt wurde; ein anderer trug schwere Verletzungen davon.

Vom Fränkischen, 5. Juli. In Roth trat der 13jährige Sohn des Gastwirts Rit­ter, der barfuß ging, in einen rostigen Naget, welcher vollständig durch den Fuß drang. Es trat Blutvergiftung ein und bald darauf der Tod.

Vom schwarzen Grat, 5. Juli. Dem Schulihejßenamte Beuren, OA. Wangen, wurde offiziell mitgeteilt, daß ein bei Guts­besitzer Farny in Dürren in Arbeit stehender Knecht in einer auswärtigen Lotterie mit einem halben Anteilschein 150 000 M. ge­wonnen habe. Das Schultheißeuamt wird den Gewinn für den hochbeglückten Mann erheben. ^

Der erste Gewinn der Marienburger Geldlotterie im Betrage von 90 000 ^ ist einem Mitglied? der Großh. Hofmusik in Darmstadt zugesallen.

Dortmund, 6. Juli. Das hiesige Eisen- bahnempfangsgebäude steht in Flammen. 2 Kellerburschen sind erstickt.

Straßburg i. E. In dem für die Aus­stellung desRothen Kreuzes" reservierten Teil des großen Ausstellungsparkes sind während der Besuchsstunden ein Arzt, ein Heilgehilfe u. vier in der freiwilligen Kranken­pflege ausgebildete Leute anwesend. Diese Sanilätswache hat seit dem Beginn der Aus­stellung bis jetzt 138 Mal Gelegenheit ge­funden, hülfreiche Hand zu leisten. In der überwiegenden Mehrzahl waren es nur leichte Fälle, die zur Behandlung kamen, Ohn­mächten, kleine Verletzungen, Insektenstiche u. s. w. Bei dem Arbeiter- und Restau- rationSpersonal kamen verschiedentlich Ver­brennungen vor. Zwei schwere Fälle aber trafen einen Maler und einen Schreiner, die vom Gerüst stürzten; weittr halte sich ein