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Kerzenskämpfs.
Roman von Theodor Schmidt.
Nachdruck verboten.
31 .
Gleich am folgenden Morgen hatte er eine lange Unterredung mit der Geheimpolizei, die übrige Znt des Tages brachte er mit Schreiben hin; nach allen Himmelsrichtungen, an alle nur denkbare Zeitungen ließ er einen Aufruf an seine „geliebte Glockenblume" — wie er sie oft scherzweise nannte — ergehen.
Curt wartet vergebens auf eine Antwort, Tag auf Tag und Woche auf Woche verging
— er hörte nichts von seiner Frau.
Plötzlich kam ihm ein neuer Gedanke —
wie, wenn sie nach Bergsdorf gegangen war?
— und kaum hatte er die ^dee gefaßt, fo folgte ihr auch die Ausführung, und er begab sich ohne Säumen nach Bergsdorf. Aber ach I Auch da war keine Spur von ihr; Niemand hatte dort von ihr gehört oder sie gesehen.
Enttäuscht und unglücklicher, als er sich selbst gestehen mochte, eilte er nach der Residenz zurück. Hier harrte seiner eine seltsame Nachricht. Dr. Greling, Marthas früherer Vormund und Anwalt, schrieb ihm, die junge Gräfin von Roddeck habe ihm brieflich Mitteilungen gemacht, daß sie fernerhin auf alle Rechte an die Bergsdorfer Besitzung, sowie auf das ganze übrige Erbteil der Gräfin Scherwiz Verzicht leiste. Graf Curt von Noddeck, schrieb sie, werde wissen, was sie zu dieser Handlungsweise veranlasse, und ihm stellte sie eS anheim, zu bestimmen, was fernerhin mit dem von ihr verzichteten Erbe geschehen möge.
Das machte Curt die ganze Sache rätselhafter denn je.
Der Brief trug den Poststempel der Residenz und doch hielt Graf Curt es für Ihöricht, daraus zu schließen, daß sie in der Residenz sein muss-.
Eines Morgens, als er den Hauptplatz passierte, begegnete ihm Lambrecht. Schon als er ihn aus der Ferne erkannte, ballten sich seine Hände krampfhaft. War es doch dieser Mann, der den ersten Autaß zu dem ganzen Unglück gegeben halte. Aber Herr Lambrecht kam mit einem heileren Lächeln auf ihn zu und reichte ihm mit ei» paar so herzlichen, freundlichen Worten die Hand zum Gruß, daß CurlS Mißtrauen sofort wieder schwand.
„Wie geht cs auf Villa Roddeck?" fragte er- „Ist Ihre Frau Gemahlin mit hier?"
Offenbar wußte er nichts von dem, was daheim geschehen war.
„Sie sehen recht leidend aus," fuhr er fort, „ich hätte Sie wirklich kaum erkannt. Wie lange gedenken sie hier zu bleiben?"
Graf Curt gab auf alle diese Fragen nur eine kurze Antwort und eilte dann weiter. Vor vierzehn Tagen war dieser Mann ein geachteter Gast unter seinem Dache gewesen — was war seitdem Alles geschehen!
An demselben Tage begegnete er noch mehreren Freunden, die alle ein und dasselbe Thema zur Sprache brachten: die Verlobung der interessanten Frau von Grabau mit Herrn Lambrecht. Das bewies Curt von Neuem, wie thöricht sein Verdacht gewesen war.
Noch ahnte keiner von all' den Herren, welch' trauriges Schicksal den Grafen, Herrn
Lambrecht, den gar Mancher um die gute Partie beneidete, ereilt halte.
Von Bolitz, dem Sommeraufenthalie seiner Braut heimkehrend, war Lambrecht von seinem Pferde, das plötzlich scheu wurde, heruntergeworfen worden.
Man hob ihn besinnungslos auf und brachte ihn in seine Wohnung, hier kam er nach längerer Zeit wieder zum Bewußtsein, aber der Arzt hatte keine Hoffnung.
Er gab dem Unglücklichen zu verstehen, daß, wenn er auf dieser Welt noch Wichtiges zu erledigen habe, es wohl Zeit sei, daran zu denken.
„Wie? Meinen Sie, daß ich sterben muß ?" fragte Lambrecht mit heiserer Stimme.
„Es ist besser, Sie wissen die Wahrheit," erwiderte der Arzt sanft, „ich fürchte, daß Sic den morgenden Tag nicht mehr erblicken werden. Jedenfalls ist es gut, wenn Sie mit Gott und den Menschen Frieden schließen."
Da schwand der Gedanke an seine Braut wie ein vergessener Traum — ,noch einmal sah er Magdalene — seine arme Magdalene
— und dann gedachte er Marthas — seines Kindes — ob sie wohl zu ihm kommen würde? — — Was lag ihm jetzt daran, das Geheimnis noch zu bewahren?
Es siel ihm ein, daß er dem Grafen ja erst vor einigen Stunden begegnet war, er wollte zu ihm schicken und ihn fragen lassen, ob es möglich wäre, die Gräfin bald bei sich zu sehen. Die ärztliche Wissenschaft vermochte ja Wunderdinge — gewiß würde sie auch sein Leben um einige Stunden verlängern können.
Der Bote traf glücklicherweise den Grafen in seiner Wohnung. Derselbe war nicht wenig erstaunt und betroffen von der Kunde.
— Wie? Herr Lambrecht lag im Sterben und verlangte nach ihm ? Wie einn elektrischer Funke fuhr ihm der Gedanke durch den Kopf, das müsse irgend etwas mit seiner verschwundenen Gattin zu thun haben.
< Fortsetzung folgt.)
Arnuenränke.
Humoreske von Albert Herrmann
1 .
„Damit muß es anders werden I Anders, sage ich Dir!" Und der Herr Rechtsanwalt schlug auf den Tisch, daß die junge Blondine zusammenfuhr.
„Aber teuerster Ludwig —"
„Bitte, ich bin noch lange nicht zu Ende: Nennst Du die elende Kantinen-Brühe etwa Kaffee?!"
„Aber fei doch nur nicht so aufgeregt. Ich habe ja zu jeder Tasse anderthalb Loth Mocca genommen, das Pfund —"
„Ach was, lächerlich!"
Das Pfund zu zwei Mark!"
„Dann verstehst Du keinen Kaffee aufzubrühen I Das Pfund zu zwei Mark! Natürlich wieder in's Blaue hineingewirtschaftet! Kein Wunder, daß Du nie mit dem Wirtschaftsgelde auskommst I"
Jetzt konnte sich das zierliche Hausfrauchen nicht länger halten.
Sie begann herzbrechend zu schluchzen. Sic könne keinen Kaffee aufbrühen I Sic verstände nicht zu wirtschaften I
Das war eine schwere Beleidigung.
Sie beschloß das Weinen durch zeitweilige disharmonische Aufschluchzer zu verstärken.
Der Gatte der bis dahin getrommelt hatte, lief nun wie ein ratloser Feldherr ror der Schlacht, im Zimmer herum.
Dann begann er zu psiifen.
Just in dem Augenblick, als die bis dr» hin hochdramatische Handlung zur Pantomine mit unarticulirten Laute» übergegangen war, trat eine Dame in's Zimmer.
Und was für eine Dame I
Ein Blick — und sie hatte die Haltung ein s indianischen Kriegers. Ihr breites, rotes Gesicht war finster, und trotz ihres beträchtliche» Umfanges schritt sie schnell auf das Paar zu.
„Ach Mama!"
Die junge Frau lag an ihrem Halse.
„Aber Clärchen, was ist denn geschehen ?" — Und die Schwiegermama warf dem Anwalt einen fürchterlichen Blick zu. Während das Töchterchen den Kaffee-Grund des Zerwürfnisses erklärte, suchte sich der innerlich furchtsam gewordene Ludwig das Ansehen eines schwer gereizten Löwen zu geben.
Um den Frieden zu haben, bereitete er sich auf den Krieg vor.
Als Clärchen geendet hatte, entstand eine Pause.
Eine peinliche Pause.
Plötzlich gab es einen dröhnenden Ruck. Die Mama hatte sich gesetzt.
Sie blickte den jungen Mann von der Seite an, so daß dieser bestürzt seine Stief'l betrachtete.
Dann fing sie thatsächlich zu sprechen an. „Sie scheinen etwas nervös, Herr Doktor!" Also wurde die Situation wirklich ernst: Sie hatte ihn beim Titel genannt.
Am liebsten hätte der Herr Doktor natürlich das Zimmer verlassen. Aber gewisse Rücksichten gegen die würdige Dame, die hauptsächlich finanzieller Natur waren, hinderten den jungen Rechtsanwalt an solcher Abkürzung de« Verfahrens.
Ucbrigens war Frau Bertha Nutting trotz ihrer schwi'germütterlichen Eigenschaft und einiger Absonderlichkeiten etne durchaus kluge, ja fast diplomatische Dame, deren ganzes Thun von einer gewissen Lebensweisheit und praktischen Einsicht regiert wurde.
Da Ludwig nicht geantwortetet hatte, wiederholte sie mit Nachdruck:
„Ich meine Sie sind etwas nervös, Herr Doktor I"
Ludwig zwirbelte aufgeregt den braunen Schnurrbart.
„Möglich."
„Können Sie mir wohl die Ursache hievon sagen, Herr Schwiegersohn?"
Der junge Mann zuckte kurz die Achseln, und begann zu wandern.
„Nun dann will ich'S Ihnen sagen: Sie trinken zu vielen und zu starken Kaffee." „Nach dem Essen stets vier Tassen," schluchzte Clä'chen dazwischen.
„Wollen Sie mich gar in meinen persönlichen Gepflogenheiten beschränken, werteste Schwiegermama ? ! Ich erkläre Ihnen, daß ich bei den vier Tassen bleiben werde, rund heraus erklär ich Ihnen das I"
„Clara sagte mir aber, daß Ihnen der Arzt Ihrer Nervosität wegen den starken Kaffee überhaupt untersagt hat!
„Der Arzt ist ein Ignorant I" (Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag von Beruh. Hosmann in Wildbad. ^Verantwortlicher Redakteur Bernh. Hosrnann),