Herzenskämpfe.

Roman von Theodor Schmidt.

(Nachdruck verboten.)

30.

Deine Gattin beehrte mich nicht mit ihrer Gesellschaft," lautete die stolze Ant- wort.Als ich vor ungefähr einer Stunde zu ihr gehen wollte, ließ sie mich nicht ein. Ich werde sicherlich sic so bald nicht wieder belästigen."

Aber wo ist sie?" fragte Curt dring­licher.

Ich weiß nicht," versetzte die Gräfin, gleichgültig mit de» Achseln zuckend;trage doch Nanette."

Curt zog heftig an der Klingel u. fragte die Einlretende nacb ihrer Herrin.

Frau Gräfin ist auSgesahre»," ant­wortete diese.

Erleichtert atmete Curt auf.

Sagte sie, wohin sie ginge?" fragte er weiter.

0Nein," lauteteNanettes Antwort,Frau Gräfin sagte mir nur, sie wollte eine längere Fahrt machen. Aber sie sah recht krank aus!"

Der Graf stampfte zornig mit dem Fuße.

Warum war er aber auch nach Erlen- bach gefahren? Warum hatte er ein ihm unerklärliches Etwas zwischen sich und seine schöne, edle Gattin treten lassen? Er schämte sich, weitere Fragen zu thun was sollten die Leute davon denken? Aber hier im Zimmer konnte er es nicht länger ertrage», die Luft erstickte ihn. Er wollte hinauSgehen in den Park, von wo aus er auf die Landstraße blicken und den Wagen am ersten sehen konnte.

Eine Stunde verging und noch keine Spur vom Wagen. Die Sonne sank golden im Westen, die Blumen deckte der erste Thau, die Vögel verstummten und begaben sich zur Ruhe, aber noch immer ging Graf Curt unruhig und ungeduldig im Parke auf und ab.

Endlich hatte er keine Ruhe mehr; er ging in die Dienerstube und fragte den Stall- durschen, ob er nicht wisse, wo die Gräfin hingefahren sei.

Ja," erwiderte dieser,Frau Gräfin hieß Friedrich bis zurGoldenen Krone" fahren und dort aus sie warten."

Da ries die Stimme seiner Mutter aus dem Hause nach ihm.

WaS gibt es, Mutter?" fragte er in das Haus zurückkehrend.

Melanie fand in Marthas Zimmer dieses Blllet," sagte sie mit weicher Stimme, es ist an Dich adressiert."

Schweigend nahm er den Brief und lag. Die ihn beobachteten, sahen, wie sein Ge­sicht während ves Lesens tot-»bleich wurde und wie er schwankle, ms heue er einen tätlichen Schlag erhärten.

Wie durch einen sichren Schleier las er die Worte, die sich wie mil Flammentchnfi in sein Herz einbrannten nnv ihm bei alle­dem ein Rätsel waren.

Curt," begann der Brief,ich will nicht warlen, bis Du mich von Dir schickst ich gehe ungeheißen. Du weißt Alles. Ach, dann mußt Du mich verachten, mußt Du voll Abscheu und Verachtung auf mich herabsehen; aber eS war nicht meine Schuld. Glaube mir, Curt, geliebter Curt, es war

nicht meine Schuld; ich leide für die Sünden Anderer."

Ich kann Dir mein Lebewohl nicht schreiben, meine Augen haben keine Thronen, aber sic haben Dich zuni letzten Mal gesehen. In meinem Herzen nagt ein brennender Kummer, der mich bald verzehren wird. Du warst mein Leben, meine Liebe, mein Alles I Du warst der Sonnenschein meines Lebens I Ich gehe von Dir in Kälte und Finsternis, wo ich Dich nie, nie, nie mehr Wiedersehen werde I Znm letzten Male darf ich Dichmein Gatte, mein Geliebter" nellnen und tausend Küsse auf die Worte drücken. Geliebter, verzieh mir! Lebe wohl I"

Curt las den Brief wieder und wieder, ohne auch nur eins dieser traurigen, unglück­lichen Worte szu verstehen. Nur das Eine wußte er: daß sie von ihm gegangen war und er sie niemals Wiedersehen würde.

Ein Schrei, den seine Mutter nie ver­gaß, entrang sich seinen bleichen Lippen. Der starke Mann er taumelte wie ein Kind.

Hier, Mutter, lies," sprach er dann heftig, .und sage mir, was es bedeutet."

Auch aus ihrem Gesicht wich jeder Bluts­tropfen, mährend sie las.

Das sind auch mir rätselhafte Worte," sagte sie endlich traurig,was läßt sich thun?"

Ich muß sie finden!" rief Curt.Mut­ter, rufe die Dienerschaft herbeil Alarmire das ganze Haus, wir"

Fasse Dich nur erst," fiel die Gräfin ihm ins Wort und legte ihre Hand besänf­tigend auf seinen Arm,und komme zur Besinnung. Wir müssen die Ehre unseres Hauses wahren; wag auch geschehe, dieses Geheimnis muß unser Geheimnis bleiben; nie ist der geringste Makel auf das Haus Roddcck gefallen, laß auch uns diesen Na­men fleckenlos erhallen."

Ich muß fort nach Gernsheim!" stieß Curt hervor, und nach kaum zehn Minuten jagte er in tollem Ritte die Allee hinab.

24. Capstel.

Wo bleibt Ihr solange?" fragte Graf Curt, als er vor derGoldenen Krone" von seinem über und über mit Schaum bedeckten Pferde stieg, Friedrich, den allen trcubewähr- ten Kutscher, der im Dienste der Grasen von Roddeck grau geworden war.

Ich warte auf die Frau Gräfin," gab dieser zur Antwort.

Ihr könnt heimfahren, sprach Curt, Eure Herrin wird heute abend nicht zurück- kehren."

Friedrich," fuhr er fort, nachdem der bei seinem Nahen eilends herbeigeeilte Wirt sich wieder entfernt hatte,Friedrich," und verdaulich legte er seine Hand auf des alten Dieners Arm,lag! wohin ist Eure Herrin gegangen? Wann, sagte sie, wollte sie zu­rück om men ?"

Da hinunter nach dem Weiße» Kreuze zu ist >le gegangen; das ist wohl auch der Weg nach der Bahnslalio» ? Einen großen Mantel und einen dunklen Hut trug sie."

Frievrich," sagte er, nachdem der Alle ihm Alles milgeteilt hatte, was derselbe wußte, Frievrich, jetzl fahr heim, und nicht wahr, wir schweigen und erzählen nichts der ande­ren Dienerschaft? Und hier, dieses Briefchen gebt meiner Mutter von mir."

Dann eilte er nach der Bahnstation, wo er aber auf seine vorsichtigen Fragen nur sehr ungenügende Auskunft erhielt. Nur der Portier, der die Gräfin genau kannte, wollte mit Bestimmtheit wissen, daß sie ein Billet nach der Residenz gelöst habe. Der Zug ging in einer halben Stunde nach dort ab, und Curt beschloß nach der Residenz zu fah­ren und dort weiter nach Martha zu forschen. In der Residenz angelangt, wollte allerdings ein oder der andere Schaffner die ihm genau Beschriebene bei Ankunft eines früheren Zuges auf dem Perron gesehen haben, damit hört aber auch jede Spur, die der Graf erlangen konnte, auf.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Ein sicheres Mittel gegen die In­fluenza ist Schafgorbenthee mit Schleuder­honig. Man trinke beim Beginnen der Krankheit morgens und abends eine Tasse Schafgarbenthee mil einem Eßlöffel voll Lchliu??! Honig, und nach kurzer Zeit ist man vollständig hergesteUt. Ein Schnupfen ist nach dem Genuß einer Tasse solchen Ge­tränkes sofort weg und schwächliche, kränk­liche, bleich aussehende Kinver und Erwach­sene sollten den Thee zum gewöhnlichen Ge­tränke machen.

Um Schlacken zu entfernen, die sich

bei Steinkohlenfeuerung an den Wänden der Oefen, so wie an den Rosten festsctzen, wendet man folgendes Verfahren an: Wenn die Kohlen in gehörigem Brand stehen, bringe man auf dieselben eine Schicht Austernschalen. Am folgenden Tage kann man dann mit Leuchligkest, ohne Anwendung von Gewalt oder mechanischen Mitteln die Schlacken ent­fernen. Da, wo Austernschalen nicht zu haben sind, erreicht man denselben Zweck, wenn mau eine Lage kleiner Kalksteine auf das Feuer bringt. Dadurch wird außerdem auch die Heizkraft der Kohle vermehrt und die Asche gewinnt sehr an Dungwert.

Sauerkraut, welches zu verderben droht, indem sich die Oberfläche mit Schimmel überzieht, der sich immer wieder erneuert und einen schlechten Geschmack verursacht, kann man dadurch vor dem Verderben schützen, daß man auf die obenaufstehende Flüssigkeit etwas Branntwein gießt und dies jedesmal wiederholt, wenn Sauerkraut aus dem Fasse genommen wird. In der Regel genügt es aber, wenn dies 34 mal geschieht, und nimmt der Sauerkohl dadurch einen ange­nehmen, weintauren Geschmack an.

.-. (Ein Pferd in Hosen.) Ein selt­sames Schauipnt err.gie neulich in Regens­burg auf der.N mir Siraße" allgemeines Aufsehen. Der v>siegte Pferdebesitzer von Burgweiting lieg imrem Lieblingsroß eine braune anfertigen zum Schutze gegen die Kälte.,

(Höchster Lohn.) Der kleine Hans: Mama, wenn ich die ganze Woche recht artig bin nnd recht fleißig lerne, darf ich dann wieder in Kurgarteu spazieren gehn, zu dem Musikpavillon und den Kappelnieister mit '»er Nadel in die Beine stechen?"

.'. hZu schwer.) Dicke Köchin (hinter dem offenen Fenster singend):Wenn ich ein Vöglein wär' ..." Schusterjunge (vorübergehend): Na, denn möchte ich aber nich singend:Setz Dich nieder auf mein Fuß."

Druck und Verlag von B,e r n h. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hosmann.)