Leiblakaken, zwei Kammerdiener und vier Edelknaben mit brennenden Wachsfackeln. Dem Sarge folgten Kaiser Franz Josef mit Kaiser Wilhelm, die fremden Fürstlichkeiten, die fremden Offiziers-Deputationen u. s. w. Die Leibgarde der Infanterie bildete auf beiden Seiten des Zuges Spalier. In der Kirche erwarteten die weiblichen Mitglieder des Kaiserhauses, die Spezialgesandten, die Minister und das diplomatische Korps die Ankunft ,d?S Leichenzuges. Nach der Einsegnung der Leiche durch den Kardinal Gruscha Wurde der Sarg unter Trauergebcteu in die Gruft verbracht, wo nach abermaliger Einsegnung der Sargschlüssel an den Guardian- Kapuziner übergaben wurde, während der Hof und die andern Anwesenden die Kirche Verließen.
Wien, 27. Fkbr. Beim gestrigen Begräbnisse deS Erzherzogs Albrecht kamen infolge enormen Menschenandranges zahlreiche Unglücksfälle vor. 300 000 Personen waren zum Leichenzuge geströmt. Alle Aufmerksamkeit wandte sich den beiden, knapp hinter dem Sarge schreitenden Monarchen z» , die lebhaft miteinander sprachen. Als Kaiser Franz Josef Vor der Kapuzinerkirche die Tiro-
Kerzenskämpfe.
Roman von Theodor Schmidt.
Nachdruck verboten.
24.
Es war ein Armband seiner Frau, dasselbe, das sie am vorhergehenden Abend am Arm gehabt hatte.
„Marthas Armband I" rief seine Mutter in höchstem Erstaunen ans. „Wie in aller Welt kommt das hierher?"
Sie erhielt keine Antwort, aber ein dunkler Schatten glitt über seine Züge.
Einen Moment sahen Mutter und Sohn einander stumm an, dann lenkte Curt seine Schritte schnell dem Hause zu. Auf der Treppe begegneten sie Nonetten, Marthas Jungfer.
„Ist die Frau Gräfin schon unten?" fragte Curts Mutter. „Nein, die gnädige Frau fühlt sich sehr unwohl und hat ihr Zimmer noch nicht verlasse»," lautete die Antwort.
„War sie nicht im Park?" fragte Jene heftig.
„Nein, meine Herrin ist krank und hat ihr Zimmer noch nicht verlassen," wiederholte die Jungfer mit sehr erstauntem Gesicht.
„Frage die Jungfer nicht weiter," sagte Curt zu seiner Mutter, als Jene weiter gegangen war, „Martha wird uns die ganze Sache aufklären. Sobald sie anfgestanden ist, wollen wir zu ihr gehen."
„Es wäre wohl besser, Du gingst allein."
„Nein, Mutter, ich bitte Dich, mich zu begleiten. Lese ich doch in Deinen Augen einen tiefen Zweifel über meine Frau ; bitte, komm' mit, damit Du siehst, wie grundlos es ist."
Sie stiegen die Treppe hinauf und aus ein Klopsen an Marthas Thüre rief eine matte Stimme: „Herein I"
Martha war aufgestanden und saß ln ihrem Bondoir das Frühstück noch unberührt vor sich auf dem Tische.
Beim Anblick ihres bleichen Gesichts und ihrer trüben, glanzlosen Augen vergaß Curt,
ler Veteranen von Custozza erblickte und den Kaiser Wilhelm auf dieselben aufmerksam machte, salutierte Kaiser Wilhelm stehenblei- dcnd die alten Krieger, eine Szene, die vielfach bemerkt und von Offizieren besprochen wurde. — Kaiser Wilhelm verblieb gestern bis Mitternacht beim Grafen Eulenburg und stattete heute den fremden Fürsten Besuche ab. Den mitgcbrachten Kranz ließ er auf den Sarg des Kronprinzen Rudolf niederlegen, da die letzte Verfügung des Erzherzogs Albrecht, der sich das Spenden von Kränzen verbeten hatte, streng respektiert wird.
Wien, 28. Febr. Kaiser Wilhelm ist gestern abend 8 Uhr von hier abgereist. Kaiser Franz Josef gab ihm das Geleite zum Bahnhof.
Hamburg, 27. Febr. Der Doktor der Medizin Samuelson, welcher sich wegen eines Sittlrchkeitsverdrechens in Untersuchungshaft befand, hat sich gestern im Gefängnis erschossen. Wie die „Hamburger Börsenhalle" erfährt, hat die Untersuchung ergeben, daß der Verteidiger des Doktor Samuelson demselben einen Revolver in's Gefängnis gebracht hat.
Trier, 26. Febr. Der Ackerer Thiele,
was ihn eigentlich hergeführt Hane und besorgt fragte er:
„Was ist Dir, meine Liebe? Du stehst so krank und angegriffen aus."
„Der Kopf schmerzt mich, und ich habe nicht geschlafen," erwiderte sie mit einem verwunderten Blick auf ihre Gäste. „Wünscht Ihr etwas von mir, oder wollt Ihr mir nur eine Morgenvisite abstatten?"
Sie wollte Lächeln, aber ihre bleichen Lippen zitterten. Da fiel ihm der eigentliche Zweck seines Hierse>nS ein.
„Ich komme mit einer Frage," versetzte er lächelnd. „Als guter Sohn machte ich heute Morgen mit meiner Mutter einen Spaziergang durch den Park; gestern abend, als wir uns „Gute Nacht" sagten, trugst Du dieses Armband, und heute Morgen finde ich es in dem Laubgang — und doch hast Du Dein Zimmer noch nicht verlassen. Wie ist das zugegangen, Martha?"
Mit diesen Worten hielt er ihr das Armband hin, und ein langer unterdrückender Schrei entrang sich ihren bleichen Lippen.
Curt sprang hinzu und fing die Besinnungstose gerade noch zeitig genug in seinen Armen auf, um sie vor dem Hinfallen zu schützen.
„Da hast Du die Antwort," sagte die Gräfin in würdevollem Tone und richtete sich stolz auf. „Sei auf Deiner Hat, Curt l Mir scheint, als schwebe ein dunkler Schalten über uns.Hause. Warum wurde sie ohnmäch- tig? In Deinen Worten lag doch nichts so Erschreckendes!"
22. Kapitel.
Als Gräfin Martha die Augen wieder aufschlug und ihres Galten Gesicht über fick gebeugt sah, stieß sie einen Angst- und Schreckensschiei aus, Die Züge Curts, die sie nie so ernst und streng gesehen Halle, blickten zornig auf sie herab; kein Lächeln, wie sonst, spülte um seine Lippen ; seine undüstere Slirn verriet Angst, Kummer und Zorn.
Trotzdem klang seine Stimme sanft, als er sagte:
welcher vom Schwurgerichte wegen Anstiftung zum Kindesmorde zum Tode verurteilt worden war, - ist im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden.
Paris, 26 Februar. Nach Mitternacht, als dag Publikum das Kasino in der Nue Blanche verließ, brach daselbst Feuer ans, wodurch eine Panik entstand. Drei Personen wurden vcrletzi, das Feuer nach 1 Stunden gelöscht. Das K»sino ist vollständig zerstört.
— Sieben Schulkinder sind in Rybnik, Schlesien, aus dem Rückwege von der Schule erfroren. Engumschlungen wurden die Leichen im Schnee aufgefunden.
NeWYVlk, 26. Febr. Unweit Alabama entgleiste gestern ein Bahnzug mit Ausflügler» aus Lsuisville. Zwei Wagen und der Schlafwagen gerieten in Brand. Vier Personen blieben tot, 8 warten schwer, 40 leicht verwundet.
Newyork, 27. Febr. Das Brooklyner Ratbaus ist teilweise medergebrannt. Die Kuppel mit der mehrere Tonnen schweren Glocke ist cingestürzt und begrub die 25 Fuß hohe Statue der Gerechtigkeit.
„Habe ich Dich erschreckt, Martha ? Wie Deine Hände zittern I Was ist Dir? " — Ich bin Dir ja nicht böse, Kind, nur, nur verstehe ich nicht —"
Sie wollte etwas erwidern, aber die Kräfte versagten ihr, und sie brach in bittere, leidenschaftliche Thränen aus."
Martha hörte auf zu weinen; sie ließ den Kopf in die weiche» Sophakissen zurück- sinken und lauschte mit einem Gefühl der Verzweiflung seinen Worten.
Nachdem Curt der Jungfer strenge Weisung gegeben hatte, ihre Herrin nicht zu stören, verließ er das Zimmer.
Seine Mutier erwartete ihn inzwischen mit großer Spannung und fragte neugierig, als er bei ihr eintrat;
„Nun, Curt, was ist los ? Warum war Martha so erschrocken?"
„Sie ist sehr krank," cntgegnete dieser traurig, „sie war nervös, aber nicht erschrocken. Was hätte sie auch zu fürchten? Ich war zu schroff gegen sie."
„Hat sie Dir gesagt, wie das Armband in den Laubgang gekommen ist?"
„Nein, sie sühlte sich so krank und angegriffen, daß ich nicht weiter mit ihr darüber gesprochen habe. Ich bin ja auch überzeugt, daß die ganze Sache sich sehr einfach aufklären wird," setzte er schnell hinzu, als er den eigentümlichen Ausdruck auf dem Gesicht seiner Mutter gewahrte.
Trotz dieser Versicherung lastete es diesen Morgen schwer auf des Grafen Brust, er fand nicht Ruhe, bis das Rätsel mit den Briefen und dem Armband gelöst sein würde.
Zweimal ging er an Marthas Tbüre und hörte teils voll Befriedigung, teils voll Ungeduld, daß sie noch schlief, endlich kam die Jungfer, ihm zu melden, daß ihreHerrin wach sei, aber sehr krank zu sein scheine. (Fortsetzung folgt )
M e r k' s.
Der Frohsinn i» des Glückes Schein Ist keine Kunst,
Doch auch im Unglück heiter sein,
Ist Gottes Gunst I
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Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad. (.Verantwortlicher Redakteur Beruh. Hofmann).