»

«

»

Rundschau.

Wangen, 2 1. Febr. Cin. Bauern in Höfen, Gem-inve Leupolz, war sein Schreib­buch mit 3 Hundertmarkscheinen abhanden gekommen. Da zuvor ein stellenloser Käser bei ihm übernachtet hatte, wurde dieser des Diebstahls verdächtigt. Eben sollte der arme Mann festgenommen werden, als die Frau des Bauern das Buch mit den 3 Scheinen im Schweinekübel wiederfand.

Fridillgen, 20. Febr. Was bei diesem ungewöhnlich strengen Winter nicht alles passieren kann, zeigt folgendes Vorkommnis Welches der Gr. B. als wahr verbürgt. Als am letzten Samstag einige Holzhauer wie üblich mittags beim Feuer sich ihr Mittags brot, bestehend in Schwarzbrot nebst etwas Branntwein, nehmen wollten, fanden sie zu ihnr größten Ueberraschung, daß ihnen solches samt Brotbeutel abhanden gekommen war. Sie hatten dasselbe morgens in der Nähe des Feuers aufbewahrt, um es vor dem Ge­frieren zu schützen; aber ein hungriger Fuchs Witterte das Brot und suchte mit dem Brot­beutel samt Inhalt das Weile.

Eine Wahlanekdote vom 1. Febr. Ein braves friedliches Bäuerlein in einem kleinen Dorf, nicht dahinten in der Welt, wo Füchse und Hasen einanderGute Nacht" sagen, sondern mitten im Lande, hat vier Wahtzettel mit vier verschiedenen Namen ins Haus geliefert bekommen. Das ist viel Ehre. Zwar kennt er keinen der Kandida­ten; ihre Wahlreden waren ihm zu hoch, ihren Standpunkt klar zu beurteilen maßt er sich nicht an. Das mögen die studierten Herren thun. Jetzt wen wählen? Fragen mag er niemand, wenn cs auch nichts kosten würde. Erkenntlich will er sich auch zeigen, daß man ihn mit vier Wahlzelle!« beehrte, und jedenfalls keinen beleidigen. Also was thun? Die vier Zettel werden auf den Tisch gelegt und umgedrcht, so daß man keinen Namen sieht. Und nun aus der Wolke ohne Wahl zuckt der Strahl. Blindlings nimmt er einen Zettel und trägt ihn zur Wahlurne. Erst wie er nach Hause kommt, besteht er die drei übrigen Zettel, um nach­zusehen, wen er eigentlich gewählt hat. Am Abend findet man einen Wahlzelle! auf einen Sozialdemokraten in der Urne, ein roter Rabe unter lauter schwarzen. So geschehen den 1. Februar 1895, zur Zeit des allge­meinen Wahlrechts!

Karlsruhe, 19. Febr. Ein peinliches Mißgeschick begegnete vor kurzem einem hie­sige» jüngeren Offizier. Es wurde ihm von einem sonst gutartigen Pferd-, dem er nahe trat, um es zu streicheln, die Nase ab- gebisfen. Man hofft von der heute so hoch entwickelten Kunst die Ermöglichung einer Vollen Heilung.

Bobenthal, (Rheinpsalz) , 14. Februar. Eine barbarische That verübte hier in der vorgestrigen Nacht ein Vater an seinem Kind. In der Frühe begab er sich von Hause fort und verbot seiner achtjährigen Tochter, in's Nachbarhaus zu gehen. Als er abends be­trunken heimkehrte und das Kind trotz des väterlichen Verbotes doch zu den Nachbars­leuten gegangen war, ließ er es holen und band es mit ausgespannten Armen draußen in den Hof an ein Wagenrad Zwei Stun­den lang ließ der Unmensch das arme We­sen in der bitterkalten Nacht im Schnee stehen. Endlich sing das Kind an zu jammern und zu weinen. Vorübergehende Männer nah­

men sich des halberfrorenen Mädchens an, banden es los und brachten es in einem Nachbarhause unter, wo es übernachtete. Ge­stern bekam die Gendarmerie Kenntnis von dem Vorfall, und der Rabenvater wurde iu'S Gefängnis nach Dahn geführt.

Berlin, 19. Febr. (Auch ein Zeichen der Zeit.) Der hiesige Tischlermeister A. überraschte seine zwölfjährige Tochter dabei, wie sie schluchzend vor einer mit grüner Flüs­sigkeit gefüllten Tasse saß und einen Ab- schiedsbrief an ihre Eltern schrieb. Sie wvllte sich aus Liebesgram mittels Schweinfurler- grün vergiften, weil ihrBräutigam", ein vierzehnjähriger Gymnasiast, den sie auf einem Vereinskränzchen kennen gelernt, mit einer höheren Tochter ging."

Berlin, 21. Febr. Eine sog. Animir- Kneipe, d. h. eines jener Lokale in denen uuersabrenene Fremde gerupft und ausftk- beu;et werden, ist heute nacht der Schauplatz einer blutigen Szene gewesen. Der Bäcker­geselle Tauner, welcher, wie verlautet, gestern nachmittag ans Prenzlan hierhergereist war und sich auf der Durchreise nach Amerika befand, wollte noch einmal die Freuden der Großstadt genießen. Er stattete demCafe Potonta" in der Zimmerstraße einen Besuch ab. In seinun Besitze befanden sich ca.

300. Die Wirtin und die Kellnerinnen wußten den goldenen Vogel standesgemäßzu bewirten und bald floß der Sect in Strömen. Morgens früh war der Bäckergeselle sein Geld bis auf wenige Mark los, die die Kell- nei innen als Trinkgeld für sich beanspruch­ten. Der Mann weigerte sich und es ent­stand eine Prügelei, wobei er die Wirtin mit einer Sektflaschc Niederschlag. Sodann stach der Geselle die eine Kellnerin mit einem schmutzigen Tischmesser in den Hals und durchbohrte ihr die Schlagader. Die Kell­nerin konnte jedoch noch auf die Straße eilen und Lärm schlagen, worauf Passanten zu Hilfe kamen. Unter den Passanten war zu­fällig ein Heilgehilfe, der einen Notverband anlegte, so daß Hoffnung vorhanden ist, wenn keine Blutvergiftung eintritt, das Leben zu erhalten.

Vom Teufel besessen. Im Oktober v. I. verlor ein Berliner Kaufmann sein drei Monate altes Töchterchen durch den Tod. Der Arzt stellte fest, daß das Kind an der englischen Krankheit gestorben sei. Seltsamerweise vollzog sich in dem Wesen des Dienstmädchens des Kaufmanns, das sich den Kindern gegenüber stet- sehr liebevoll gezeigt hatte, von dem Todestage an eine merkwürdige Veränderung. Es schloß sich scheu von seiner Umgebung ab und litt osten- bar unter der Wahnvorstellung, daß es ver­folgt werde. Am Samstag nun stürzte es plötzlich in das Zimmer seines Dienstherrn und rief:Ich werde vom Teufel verfolgt. Ich bin die Mörderin Ihres Kindes." Das Mädchen wurde nach der Polizeiwache ge­bracht und einem Verhör unterzogen, in welchem es angab, daß es vom Teufel be­sessen fei, der es dazu getrieben habe, das Kind zu töten. Weitere Fragen beantwortete nicht. Der hinzngezogenc Bezirks-Physt- kus erklärte das Mädchen für geisteskrank und ordnete seine Ueberführung in die Irren­anstalt zu Dalldorf an. Es liegen keinerlei Umstände vor, die die Vermutung zulassen, daß die Unglückliche in der That die Schuld an dem Tode des Kindes trage.

Als besondere und einzig dastehende

Ehrung des Fürsten Bismarck an seinem 80. Geburtstag schlagen dieM. N. N." vor, demselben durch Vermittlung des Bundes­rats den Titel einesEhrenbürgers des Deutschen Reiches" zu verleihen.

Helmstadt, 17. Febr. (In der Klemme.) Als neulich abends ein Passant die untere Stadl entlang ging, bemerkte er in einer Straße daselbst auf dem Bürgersteige im Schnee, und zwar dicht vor einem Thorwege, einen dunklen Gegenstand liegen, der beim Näherkomliien Lebenszeichen von sich gab und schließlich sich als die untere Hälfte einer Frauensperson entpuppte, die sich in einer tragikomischen Lage zu befinden schien. Das Mädchen denn ein solches war es hatte, wie sich nachher herauöst ellle, ohne Vorwissen seiner Dienstherrschaft einen Aus­flug unternommen, war aber erst spät, nach­dem das Haus bereits verschlossen gewesen, zurückgekehrt und hatte sich nun bemüht, unter dem Thor durchzukriechen, was indes nur halb gelungen war, so daß e< festge­klemmt hatte liegen bleiben müssen. Der ge­weckte Besitzer des Hauses, sowie mehrere hinzugekommene Männer halte» dann mit vieler Mühe das große Thor soweit gehoben, daß die eingekeilte nächtliche Spaziergängerin hatte befreit werden können.

Tölz, 16. Febr. (Im Eisenbahnwaggou angelroeen.) Es wird hier folgender Witz erzählt: Als gestern die Kondukteure des früh 8 Uhr 21 Min. dahier eintrcstende» Zuges die Coupschüren öffneten, vermochte kein einziger Passagier auszusteigen. Sie waren sämtlich angefroren I Wie man hört, soll man das aus der Strecke München-Tölzgewöhnt" sein. Eine Dampf­heizung ist wohl vorhanden, aber der Dampf derneumodischen Lokomotiven," versichern die Kondukteure, hätte nur 14 Grad Wärme. Die Bahndirektion will jetzt Muffe, Puls­wärmer und Pantoffeln gratis verteilen lasten!

Dem Ulanenregiment in Thor» wurde am Dienstag ein Deserteur zugeführt, der im Jahre 1871 während der Belagerung von Paris verschwunden war, nachdem er mit dem eisernen Kreuze dekoriert worden war. Der Flüchtling gelangte bis nach China, diente dort 14 Jahre im Heer, brachte es bis zum Wachtmeister und wurde durch mehrere chinessische Orden ausgezeichnet. Vor 10 Jahren kehrte er nach Deutschland zurück und fand im Elsaß eine Anstellung als Auf­seher in einer Fabrik. Hier wurde er erst ermittelt und verhaftet, um seinem Regimente behufs Ableistung der noch rückliändigen Dienstzeit und Bestrafung wegen Fahnen­flucht zugeführt zu werden.

Ein zäher Schulmann, der in ganz Europa kaum seinesgleichen finden dürfte, ist so schreibt man aus Rom An­tonio Colombo in Varese (Ligurien). Der­selbe ist 90 Jahre all und hat kürzlich daS 70. Jahr seiner Lehrlhätigkeit vollendet, wo­für ihm der Unterrichtsminister eine silberne Medaille verliehen hat.

" Wie aus Bremen gemeldet wird, hat die Direktion des Norddeutschen Lloyd acht Taucher, darunter drei Engländer, zwei Franzosen und drei Deutsche, engagiert, um das Wrack der Elbe aufzusuchen, hauptsäch­lich wegen Auffindung der Postwertsachen, die einen Werl von 360,000 besitzen. Die Taucherarbeiten werden acht Tage lang «usgesührt.