Rundschau.

Stuttgart, 26. Okt. Der frühereOber- bürgermeillcr Hack weilt zur Zeit bei feiner Familie hier ; das Befinden des Unglücklichen hal sich in jüngster Zeit derart gebessert, daß seine vorläufige Entlassung aus der Irren­anstalt verfügt wurde.

Stuttgart, 28. Okt. In dem heute abend abgehaltenm dreimaligen Ringen um die Meisterschaft der Welt hat Abs seinen Geg­ner zweimalregelrecht" geworfen, während es Bech-Olscn, dem schwedischen Meister- schaftsringer, nur einmal durch Ueberrumpel- ung gelang, Abs zu werfen. Abs verbleibt sonach im Besitz der Meisterschaft der Welt.

Schnaith i. R., 28. Okt. Gestern abend wurde ein gefährlicher Schwindler dingfest gemacht. Derselbe, ein Mann von glatten Formen und flottem Auftreten, hielt sich schon seit einigen Tagen hier und in benach­barten Weinorten auf, »m angeblich größere Käufe abzuschließen. In der That machte er Bestellungen, schwindelte aber dabei ver­schiedenen Geschäftsleuten Beträge von 5 10 Mark ab unter dem Vergeben, er habe nur einen Tausendmarkschein bei sich. Auch prellte er den dortigen Lammwirt um eine nicht unbeträchtliche Zeche Über mehrere Tage. Ein hiesiger Kaufmann schöpfte Verdacht u»d machte den Beutelsbacher Landjäger aufmerk­sam, welchem es gelang, den Schwindler zu entlarven. Derselbe ist in Hafk.

Göppingen, 27. Oktbr. Seit etwa Jahren wurden in den Kanzleien des hiesigen Gerichtsnotariats d?m Vorstand des Notariats wie dem Nolarialsassistenten teils größere teils kleinere Geldbeträge entwendet; in letzter Woche wurde sogar v rfuchl, ein Pult, in welchem sich eine größere Geldsumme befand, z» erbrechen, doch ohne Erfolg. Jetzt ist es gelungen den Dieb in dem 16jährigen Lehr­ling des Notariats zu ermitteln. Derselbe ist geständig.

Ulm, 27. Okt. Heute nacht brannte in Stetten bei Niederstotzingcn die dem Graten Maldeghem gehörige Brauerei nebst Stallung und Remise vollständig nieder.

Berlin, 27. Okt. Es verlautet, Fürst Hohenlohe habe das Amt des Reichskanzlers und Ministerpräsidenten übernommen, Unter- staalSfekrelär Köllcr sei zum Munster des Innern ernannt. Wenn Hohenlohe das Amt des Reichskanzlers definitiv übernimmt, soll Graf Waldersee Statthalter in den Neichs- landen werden. Ferner Verlautet, der Staats­sekretär des Auswärtigen, Marschall, sei ent­schlossen um seinen Abschied nachzusuche», alsdann dürfte Nadowitz, der Botschafter in Madrid (früher in Konstantinopel) der Nach­folger Marschalls werben. Radowitz ist in Berlin anwesend. Caprivi verläßt bereits heute abend Berlin und begiebt sich zu länge­rem Aufenthalt nach der Schweiz (Chlod­wig Karl Viktor Fürst zu Hohenlohe-Schil- lingssürst ist geboren 13. März 1819 , seit 1842 im preußischen Justizdienst beschäftigt, 1849 Reichsgefandter in London, 186670 bayerischer,Ministerpräsident, 1871 Mitglied des Reichstags, 1874 deutscher Botschafter in Paris, seit 1885 Statthalter in Elsaß- Lothringen. Ernst Matthias v. Köller, geboren 1841, 1868 Landrat in Kammin, 1881 konservatives Mitglied des Reichstags, 1887 Polizeipräsident von Frankfurt, 1889 Unierstaatssekrelär des Innern in Elsaß- Lothringen. Adolf Freiherr Marschall von Bibcrstein, geboren in Neuershausen bei Frei­

burg im Brcisgau 12. Oktober 1842, 1878 konservatives Mitglied d>S Reichstags, 1883 badischer Gesandter in Berlin, seit 1890 Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.)

Berlin, 28. Okt. Sicherem Vernehmen nach nahm FürstHohenlohe heute vormittag den R"f dcö Kaisers als R ichskanzler und Ministerpräsident an. Herr v. Köller nahm das Ministerium des Innern an. Die of­fizielle Ernennung erfolgt voraussichtlich im Lause deS heutigen abends. Fürst Hohen­lohe und Herr v. Köller kamen heule vor­mittag mit den Majestäten nach Berlin. Herr v. Köller übernimmt vermutlich bereits morgen die Geschäfte.

Aachen, 25. Okt. Ein eigentümlicher Ungtückssall ereignete sich gestern hier. Ein Knabe wollte eine Fensterscheibe in die Wohn­ung seiner Eltern tragen. An der Treppe stolperte er, die Scheibe fiel zu Boden, mit ihr der Knabe, dem eine Scheibe den Hals durchschallt, sodaß er sich in wenigen Min., noch ehe ihm irgendwie Hilfe gebracht wer­den konnte, verblutete.

Arilswalde, 25. Oktober. (Verbrannte Kinder.) Auf dem Vorwerk Neuw.del hatte eine Arbeiter-Ehepaar, welches aut dem Felde beschäftigt war, seine vier jüngsten Kinder in der verschlossenen Stube zurücklassen. Als der älteste Knabe aus der Schule kam, be­merkte er, daß die Stube voll Rauch war, und schlug Lärm. Die herbeieilenden Eltern fanden drei der Kinder tot, das jüngste I '/s Jahre alt, lag unter der Wiege und lebte noch. Allem Anschein nach haben die Kinder mit Streichhölzern gespielt und dadurch die Betten entzündet.

Prinzessin Alix von Hessen weigert sich beharrlich ihren bisherigen Glauben zu Ver­fluchen, wie es die Vorschriften des Syno dalrilus verlangen. DaS russische Volk und die orthodoxe Kirche erkennen sie aber ohne diesen Fluch nicht als Rechtgläubige an. Der Zar sucht zu vermitteln.

Wim, 29. Okt. Telegraphisch wird aus Livadia berichtet, das Befinden des Zaren sei nur vorübergehend ein besseres gewesen. Autoritative Persönlichkeiten versichern, die Katastrophe könne stündlich cintreten. Vor der Wohnung des Moskauer Polizeipräfek­ten, Oberst Wlastowsky, sammelte sich gestern eine große Menschenmenge an, die laut schrie, daß die Wahrheit über das Befinden des Zaren verheimlicht werde, und brohender- wkise neue Nachrichten verlangte. Berittene Gendarmen zerstreuten die Menge.

Wien, 24. Okt. (Der Nachlaß Renz'.) Der verstorbene ZirkuSdirektor Renz hat, wie aus einer Amtshandlung des Wiener Zivilgerichtes, welches einen Vormund sür die hier lebenden Enkel des Zirkusdirektors Ernst Renz bestellt, hcrvorgeht, seinen Kin­dern rund sechzehn Millionen Mark hinter­lassen.

Wien, 25. Oktbr. (Schrecklicher Tod.) In Alllengbach wurde der Maurerpolier Sommer auf eine entsetzliche Weise umS L den gebracht. Der Mann war ein Trunken­bold und von seinen guten Freunden öfter schon im Rausch mit Petroleum begossen worden, damit ihnder Geruch ernüchtere." Kürzlich war das wieder geschehen und Som­mer war unterwegs auf dem Heimwege ein­geschlafen. Unbekannte haben nun die mit Petroleum getränkten Kleider des Berausch­ten angezündet und sich dann aus dem Staube gemacht. Die Kleider brannten sofort lich­

terloh und der arWe Mensch wand sich vor Schmerz auf der Erde. Durch das Herum- wälzen ist zwar das Feuer bald ausgelöscht worden, aber der Mann ist den Brandwun­den doch erlegen. Von den Missethätcru keine «spur.

Mailand, 22. Okt. (Eine rabiate Land­gemeinde) ist die des Torfes Canlavenna in der Provinz Alesandria. Dort starb vor etwa Lreiviertel Jahre» der langjährige sehr beliebte Pfarrer bes Ottes. Zu seinem Nach­folger wurde ein Curate ernannt, der aber der Gemeinde durchaus nicht gefallen wollte. Die resoluten Bauern beschlossen darum, den Einzug deS neuen Geistlichen in das Dorf um jeden Preis zu verhindern und ver- ramelten sogar auch das Kirchenthor. Um eine etwaige Ueberrumpclung durch den neuen Seelsorger zu derhindern, wurde auf dem Kirchturm beständig eine Wache unterhalten, die, sobald ein Priester in Sicht kam, Sturm läuten mußte. So geschah es, daß infolge der Hartköpfigkeit der Einwohnerschaft die Gemeinde acht Monate lang ohne eigenen Geistlichen blieb, daß weder die Neugeborenen getauft, noch die Toten eingesl'gnet wurden. Schließlich wurde der Behörde das Treiben doch zu bunt; und eines schönen Tages er­schien der längst ernannte Curate in Be­gleitung der Gendarmen, um sein Amt an- zutrelcn. Da die Kirchthür geschlossen war, mußte sie erst gesprengt werden, worauf der neue Priester im leeren Gotteshaus die erste Messe las. Kaum waren die Gendarmen aber abgezogen, so bereitete die liebenswürdige Gemeinde ihrem neuen Hirten derartige Ova­tionen, daß dieser sofort dem ungastlichen Dorf den Rücken kehrte. Und von neuem kamen die Gendarmen; aber sie begnügten sich diesmal nicht damit, der zweiten Messe zu assistieren, sondern sie verhafteten gleich­zeitig acht Honoratioren, darunter drei Ge- meinderäte. Die Antwort der Bevölkerung darauf war, daß sie nach dem Abzug der Gendarmen Miene machte, das Pfarrhaus auzuzünden und den Pfarrer zu Verbrennen. Nur mit größter Mühe gelang es diesem, sich mit heiler Haut in Sicherheit zu bringen.

Madrid In Alcala del Vale (Cadix) ist ein merkwürdiger Fall von Scheintod vorgekommen. Dieser Tage starb dort eine alte Frau und ihre Leiche wurde dort in der üblichen Weise aufgebahrt. Während die Verwandten indes trauernd am Sarge standen, richtete die Totgeglaubte sich plötz­lich auf und fiagte verwundert, warum man denn eigentlich so weine. Dies hatte eine allgemeine Flucht der Anwesenden zur Folge und die Aufregung und der Lärm stiegen derart, daß die Scheintote aus Schreck da­rüber einige Stunden später ihren Geist aufgab.

Für den horrenden Preis von 200000 Mark wurde in London eine australische Briefmarkensammlung von dem VizepräseS der London Philatelie Society verkauft. Die Sammlung war 1872begonnen worden und enthält außer Marken auch gestempelte Kou- »erte, Korrespondenzkarten und Kreuzbänder.

Milwaukee, 15. Okt. (Bestrafte Eitel­keit.) Die etwa 13jährige Tochter eines reichen HolzhändlerS wollte sich bei einer G-- sichtsverschönerung im Gesicht überflüssige Haare entfernen lassen. Die Operation wurde mit einer elektrischen Nadel auSgeführi; um die Schmerzen zu 'ill'd-rn, wurde dabe, mit einem mit ai 2 ä klen Schwamm: