Rundschau.

Wildbad, 25. Slptbr. Wie wir aus sicherer Quelle erfahren ist die hiesige cvang. Stadtpfam stelle dem Pfarrer Auch in Beih- iugen übertragen worden.

Neuenbürg, 22. Sept. Langenbrander Burschen gerieten bei der Rückkehr von einer Fahnenweihe in der Nähe von Schömberg mit dem dortigen Metzger Nothacker in Streit und verletzten denselben so schwer, daß er gestern verschied. Die Thäter wurden ge­fänglich eingezogen.

Stuttgart, 20. Sept. Eines Kirchen- diebstahls wegen wurde der 16jähr. hier wohnhafte Taglöhner Hugo Huber, gebürtig von Biberach, vorgeführt. Am 23. August abends 9 Uhr stieg er durch ein Chorfenster, das eine Klappscheibe hatte, in der Eber­hardskirche hier ein, erbrach mit einem Klam­menhacken den Opferstock, nahm den Inhalt mit 34^ an sich und verbrauchte »och in der Nacht mit seinen Bekannten 22 ^ beim Wein. Der Rest von 12 den er bei seiner Verhaftung am andern Morgen noch besaß, wurde der Kirchengemnudc znrücker- staltet. Huber brachte vor, er habe sich feit 6 Wochen Vergebens um Arbeit umgesehen, habe zu seinen Eltern nicht zurückkehren können, da sein Vater ihn fortgejagk habe und sich so in sehr üblicher Lage befunden. Einige'Wochen lang halte er im Königin Olga-Neubau übernachtet. Mildernde Um­stände wurden ihm nicht bewilligt, insbe­sondere weil er als Katholik in einer kath. Kirche gestohlen hat. Er wurde deshalb wegen schweren Diebstahls zu der gesetzlichen Mindeststrafe von 1 Jahr Gefängnis ver­urteilt.

Entringen, 21. Sept. Die Tüb. Ehr. schreibt: DaS Jagdglück S. M. des Königs scheint besonders groß. Schon mehrere Hirsche kamen in dem wildrcichen Entringen Revier zur Strecke, worunter zwei Zwölfer, Pracht­exemplare, die zusammen über 5 Ztr. Ge­wicht haben.

Calw, 23. Sept. Um einem längst ge­fühlten Bedürfnis zu genügen, erschlossen sich die hiesigen Metzgermeister, ein neues Schlachthaus zu erbauen. Das Anwesen, ein hübscher Backstcinbau auf demBrühl", wurde von dem Bauleiter Hofwerkmeister Haußer in Ludwigsbnrg im Laufe des Som­mers so gefördert, daß der Bau noch in die­sem Herbste dem Betrieb wird übergeben werden können. Zugleich wird darin eine Dampfwäscherei eingerichtet »nd ein Fleisch­hackmaschine ausgestellt werden. Die Bau- summc wird sich auf 50,000 ^ belaufen.

Von der oberen Nagold. Die Flnsch- preise stehen bei uns immer »och sehr hoch. Ochsenfleisch 75 ^f, Rindfleisch 70, Kalb­fleisch und Schweinefleisch desgleichen. Billig ist das Getreide. Auch die Mehlpreise stehen nieder. Dagegen wollen sich die Bäcker weder zu einem nennenswerten Abschlag des Brotes, noch zu einer Steigerung des Gewichts des­selben herbeilassen, was vielfach mit Miß­fallen ausgenommen wird. Während die Fruchtpreise seit einem Jahr um'/« ihres damaligen Wertes zurückgingen, ver­langt heule der Bäcker für den vierpfündigen Laib Schwarzbrot statt 48 ^ ganze 3 weniger, also 45 desgleichen für den zweipfündigen Laib statt früher 27 und 28 jetzt 25 Und erst die Kreuzerwecken (will sagen 3-Pfennigbrote) sind, wie ich kürzlich einen biedern Bauern vergleichsweise

sagen hörte, immer »sch wahreKrcbsängle".

UllN, 22. Sept. Hilfswärter Luitgardt, der kürzlich den Bahnübergang bei Unterel- chingen zu schließen unterlassen und dadurch den Tod des Bolen Best von Langenau ver­schuldet hat, wird seitdem vermißt. Luit­gardt ist dem U. T. zufolge Söldner und Vater von 5 Kindern und wird sonst als ein äußerst pflichttreuer Mann geschildert. Best hinterläßt eine Witwe und drei er­wachsene Kinder, welche zum Teil schon ver­heiratet sind.

Vor dem Landgericht Frankfurt a. M- kam ein Vergleich in einem Prozeß auf Erfüllung des Eheversprechens zwischen einem reichen jungen Manne und einem armen Mädchen zu stände. Der Verklagte erbot sich, 40,000 ,/A als Abfindung zu zahlen, welcher Vorschlag angenommen wurde.

DieStraßb. Post" regt die Er­teilung von Frcifahrtscheinen, auch zur Be­nutzung der Schnellzüge, für solche Soldaten an, denen wegen eingelretenen oder bevor­stehenden Todesfalls in drr Familie Urlaub in die Heimat erteilt wird. Wir halten diese Anregung für durchaus sachgemäß und meinen, daß sie allseitige Unterstützung und in den berufenen Kreisen wohlwollende Auf­nahme finden sollte.

Varzin, 24. Sept. Gegen 1500 Herren und Damen aus Westpreußen trafen mit zwei Extrazügen auf der Hammermühle ein und marschierten unter Vorantrltt einer Musik­kapelle nach Varzin. Fürst Bismarck er­schien auf der Veranda des Schlosses und wurde jubelnd begrüßt. Fournier-Kozielec hielt eine Ansprache, worauf der Fürst die­selbe erwidernd seiner Freude darüber Aus­druck verlieh, daß die gesamte deutsche Presse seinen Aeußerungen vor acht Tagen zuge­stimmt habe. Der russische Nachbarstaat sei vielleicht oft unbequem aber doch angenehmer wie der polnische. Westpreußen sei ursprüng­lich nicht polnischer Besitz gewesen, sondern nur von den Polen erobert worden. West- prcußen sei jetzt deutscher Besitz, hoffentlich für immer. Der Fürst schloß seine Rede mit einem Hoch auf den Kaiser, welches be­geistert ausgenommen wurde. Nach dem Ge­sang der Volkshymnc begab sich der Fürst unter die Versammelten und knüpfte mit mehreren derselben Gespräche an, worauf so­dann die Heimfahrt erfolgte.

Durch norddeutsche Blätter geht folgende Geschichte: Eine polnische Gräfin, bei der ein sächsischer Prinz und ein hoher General als Manövergäste eiuquartiert waren, habe nicht nur das Hissen preußisch-deutscher Flaggen verboten, sondern von der konzertierenden Militärkapelle den Vortrag des Liedes:Noch ist Polen nicht verloren I" verlangt.

Gestorben während der Hypnose. Auf Schloß Turecz bei Nyirepyhaza (Ungarn) ist die 23jährige Tochter des Gutsbesitzers Theodor v. Salomon, während sie hypnoti­siert wurde, gestorben. Ueber diesen Auf­sehen erregenden Fall berichten Budapester Blätter folgendes: Der Hypnotiseur Franz Neukomm ist seines Zeichens Brunnenmacher in Werschetz und betreibt das Hypnotisieren als Dilettant. Fräulein Ella v. Salomon war ein außerordentlichgutes" Medium, und die Versuche Neukomms schienen von Erfolg begleitet zu sein. Seine siebente Hypnotisterung führte aber die Katastrophe herbei. Er suggerierte der jungen Dame, daß sie lungenkrank sei (I), und diese zeigte

im hypnotischen Zustande in der That alle Spuren der Krankheit. Endlich fragte der Hypnotiseur das mit geschloffenen Augen, daliegende Mädchen:Fühlen Sie nichts mehr im Kopfe?" In diesem Moment er­hob sich die junge Dame, stieß einen heiseren Schrei aus und sank tot zusammen. Ein anwesender Arzt, Dr. v. Vragassy, gab sich alle Mühe, das Fräulein ins Leben zurück­zurufen, jedoch vergebens. Die vorgenommcne Sektion ergab Gehirntuberkulose als Todes­ursache.

Aus Braunschweig, 19. Sept. wird ge­meldet: Die historische Linde am Braun­schweiger Dom, die nach der Sage von Hein­rich dem Löwen gepflanzt worden sein soll und schon gänzlich vertrocknet war, ist heute umgestürzt.

Wien, 20. Sept. Das Palais des Her­zogs Philipp von Württemberg, der, wie ge­meldet, demnächst nach Württemberg über- stedelt, wurde um 3 Mill. Gulden von der französischen Regierung ongekauft, die das­selbe zu einem Botschaftspalais umbauen lassen will.

Warschau, 20. Septbr. Während der Fahrt des Zaren nach Spala war die ganze Bahnstrecke von Bjelowesch bis Spala mit Militär besetzt. Sämtliche anderen Eisen­bahnzüge mußten eingestellt werden und sämt­liche Wechsel wurden vernagelt. Infolge der rauhen Witterung wird der Zar nur kurze Zeit in Spala verweilen, und sich bald nach der Krim begeben.

Ueber einen eigentümlichen Unglücks­fall berichtet dieLeipz. Neuest. Nachr." : Ein Passagier der Pferdebahn stand auf dem Hinteren Perron und beugte seitwärts den Kopf hinaus, um in der Fahrrichtung aus­zublicken, als der Pferdebahnwagen an einem Möbelwagen so nahe vorüberfuhr, daß der Kopf des unglücklichen Passagiers dazwischen geklemmt wurde. Gleichzeitig zogen die Pferde des Möbelwagens an, und so wurde der Kopf vollständig zerquetscht. Ein zufällig anwesender Arzt konstatierte den Tod. Der Verunglückte wurde als der Kaufmann R. Legeler, Inhaber der Firma C. E. Heyne­mann in Dresden agnosziert.

Hamburg, 22. Sept. Der berüchtigte Kirchenräuber Schultz wurde in dem Augen­blicke verhaftet, als er aus dem erbrochenen Geldschranke des Jakobsen'schen Bankge­schäftes den Inhalt mit 150 000 ^ rauben wollte.

Vermischtes.

Reichsgericht. Nach §7 des Reichs, gesetzes, betreffend die Anfechtung von Rechts­handlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, kann der Gläubiger, so­weit cS zu seiner Befriedigung erforderlich ist, beanspruchen, daß dasjenige, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, als noch zu demselben gehörig von dem Empfänger zurückgewährt werde. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, VI. Zivilsenat, durch Urteil vom 2. April 1894 ausgesprochen, daß weder die Nutzungen, die der Schuldner von den veräußerten Gegenständen hätte ziehen können, wenn er sie nicht veräußert hätte, noch die Nutzungen, welche der anfechtendc Gläubiger von dem Zeitpunkt ab, wo ereinenjAnspruch auf den ihm vorenthaltenen Anfechtungsge­genstand erlangt hat, hätte ziehen können,