Rundschau.

Stuttgart, 19. Sept. Prinz Ernst zu Sachsen-Weimar, Sohn des Prinzen Her­mann zu Sachsen-Weimar, welcher bisher Rittmeister im 25. Dragonerreg. in Ludwigs­burg war, wurde nach Preußen als Eskad­ronschef im 2. Gardcdragonerregiment kom­mandiert. Der Prinz ist 36 Jahre alt und unvermählt.

Stuttgart, 19. Sept. Heute Nachmittag 4 Uhr wurde das Urteil des Disziplinär- Hofes für richterliche Beamte gegen Landge­richtsrot Pfizer von Ulm verkündigt. Pf. wurde aus Grund des Art. 4 Abs. rc. des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Staats­beamten zur Strafe der Dienstentlassung und zur Tragung aller Kosten des Verfahrens verurteilt.

Am Montag fand die Versteigerung der Plätze für Schaubuden, auf dem Cami- statter Wasen statt. Es wurden im Gan­zen 54 Plätze vergeben, die einen Gesamt­erlös von 9186 ^ 75 erbrachten. Den höchsten Preis mit 957 ^ 50 bezahlt das Theater Wallenda. Die Gesamtein­nahmen aus den Schaubuden- und Wirt- schastSplätzen belaufen sich einschließlich Jn- stalatisn und Wasserzins auf 18 828 35 ^s. Hiezu kommen noch die Einnahmen aus der Bier- und Fleijchsteuer.

Bodelshausen, 17. Sept. (Unterschlag­ung der spanischen Regimenlskasse.) Vor kurzem wurde in der TageSpresse besprochen, daß ein Brief in Entringen eingetroff-n, nach welchem sich in der Mähe von Entringen die Kasse eines spanischen Regiments, die der Zahlmeister bei seiner Desertion mit sort- nahm und welche 448 000 Frcs. enthält, Vergraben sein soll. Nach einem dieser Tage an een hiesigen Bäcker Christop Mozer ge­langten Brief mit dem gleichen Inhalt ist auch die hiesige Markung in der glück­lichen Lage, diesen kostbaren Schatz zu besitzen. Der Empfänger des Briefes verschmähte es jedoch, wie der Nagolder, trotz deö günstige» Anerbietens, ihm 'i, des Geldes zu über­lasten, das geforderte Reisegeld abzusenden und übergab den Brief der Behörde um dem offenbaren Schwindel enlgegentrcten zu kön­nen.

Ulm, 20. Sept. Die 40. Wand-rver- sammlung würltcmb-rgischer Landwirte findet am Montag den 15.Okl. hier in Ulm statt. Auf der Tagesordnung steht unter anderem: Welche Acuderungen im landwirtschaftlichen Betriebe empfehlen sich bei den gesunkenen Frachtpreisen? Berichterstatter Oekonomierat Bantlcon, ferner: Inwieweit empfiehlt sich die Einführung d.S Anerbenrechts für Süd- teuschland zur Erhalt»» eines blühenden Bauernstandes? Berichterstatter Dr. Heitz.

Ulm, 20. Sept. Auf der Bahnlinie bei Langenau hat sich gestern nacht 10'/s Uhr ein großes Unglück ereignet. Ein Hilfs- bahnwärtcr bei Elchiugen halte vergessen, beim Herannahen des letzten Zuges von Heiden­heim die Schranken zu schließen. Der Langenauer Bote Best mit seinem 2spännigen Fuhrwerk fuhr eben über das Geleise, als der Zug heranbrauste. Das ganze Fuhr­werk wurde zertrümmert. Die ^Pferde wa­ren sofort tot. Der schwerverwundete Best starb nach einer Viertelstunde. Die Maschine nahm weiter keinen Schaden, doch mußte eine Pferdcleiche mit Windei, und Hebetbäumen aus den Puffern herausgezogen werden, bis der Zug wcitersahren konnte.

lieber den in Hattenhofen stattgefun- denenViehhantcl nach Kilometer" wird nachträglich noch geschrieben : Der Hirschwirt R., der den Handel rückgängig machen wollt-, ist noch gut weggrkommen. Er muß dem Käufer G. 40 ^ und dazu die Kosten des Advokaten, dem die Sache bereits übergeben war, bezahlen. Wer den Schaden hat, darf auch hier für den Spott nicht soigen.

Vom Fränkischen, 18. Lepür. Beim Viehüten ist vor einigen Tagen eine Knabe umS Leben g komme». Derselbe hatte den Strick, mit dem er eine Kuh hielt, um Hand und Leib geschlungen. Das Tier scheute, riß aus und nahm de» Knaben, der sich nicht frei machen konnte, mit fort. Bis die Kuh endlich cingefangen lwerden konnte, war der arme Junge tot.

Von der Iller, 20. Sept. Der Kncipp- kurrorl Wörishofen ist gegenwärtig ange­wöhnlich stark frequentiert und kann sich, was die Zahl der Badegäste betrifft, füglich mit den größten und bedeutendsten Badeorten messen. Laut der Ende vorigen Monats er­schiene» Fremdcnliste betrug die Zahl der Besucher seil 1891 42,487, gewiß eine stattliche Ziffer in den ersten Jahren des Bestehen des Badeortes. Gegen Schluß des MonatS August weilten daselbst etwa 4000 Kurgäste; aller Herren Länder waren ver­treten, setbsl aus Amerika und Afrika waren Genefungsuchende gekommen. Dabei weist die Fremdcnliste wie kaum eine andere Na­men von Klang auf. So führt z. B. die­selbe aus der neuesten Zeit von geistlichen Würdenträger u. a. folgende auf: Kardinal- Fürsterzbischof Schönborn von Prag, Erz­bischof O'Callaghan von Cypern und noch weilt hier der päpstliche Nuntius Agliardi. Ferner befinden sich zum Kurgebrauche da­selbst Prinz Heinrich Bourbon und Ge­mahlin, die Prinzeß Royale von Portugal mit Gefolge, Erzherzog Salvador von Oester­reich nebst Gemahlin und Gefolge, Herzog Paul von Mecklenburg nebst Gemahlin, die Herzogin Mutter von Arenberg nebst Prinz und Prinzessin von Arenberg aus Brüssel, der Statthalter von Bosnien und Herzego­wina, Baron Appel nebst Familie, Graf Schasfgvtsch aus Salzburg, die Grafen Mar- kvff aus Podelj'sf, Erbprinz von Löwenstein aus Werlheim, Fürst Calatzin aus St. Petersburg u. s. w. Seit einigen Tagen weilen daselb auch die Grvßherzogin von Toscana und die Großherzogin von Mecklen­burg.

Aus Stettin wird die Erschießung eines Knaben gemeldet. Die beiden Brüder Struck, 11 und 12 Jahre alt, waren aufs Feld gegangen, um Drachen steigen zu lassen. Vom Winde wenig begünstigt, setzten sie sich in eine Sandgrube zum Spielen nieder. Bald darauf erschienen mehrere 15jährige Burschen, die am Spielen teilzunehme» wünschten. Als ihnen dies verwehrt wurde, fingen sie an mit Steinen nach den spielen­den Knaben zu werfen. Plötzlich zog einer der jugendlichen Strolche einen Revolver her­vor und schoß ihn auf die Brüder Struck los. Mit dem Ruf:Ich bin getroffen" stürzte einer derselben sofort tot zu Boden. Der nichtgclroffene Struck wollte die davon- laufendeu Strolche verfolgen, wurde aber durch die Drohung :Geh' deine Wege oder du kriegst auch eins" davon zurückgeschreckt. Der Mörder ist bisher nicht ermittelt. Wien, 19. Sept. Die Blätter melden,

Herzog Philipp von Württemberg, der Che der katholischen Linie des Hauses Württem­berg, beabsichtigt seine Wiener Hofhaltung oufzulösen und dauernd nach Württemberg überzsicdeln.

Rom, 21. Sept. Herzog Philipp von Orleans teilte bekanntlich alle» Monarchen und auch dem Papste den Tod stines Vaters mit; anstatt ihm sein Beileid auSzudrückcn, oll der Papst, wie im Vatikan bestimmt versichert wird, dasselbe an die Königin Amalie von Portugal mit der Bitte gerichtet haben, es auch den andern Mitgliedern der Familie zukommen zu lasse».

In dem Orte Oneglio bei Genua beschlossen zwei Mädchen von 18 und 20 Jahren, die denselben Mann liebte» , eine» Zweikampf mit scharf geschliffenen Messern. Bald stürzte das ältere Mädchen in die Brust getrosten tot nieder, worauf das jüngere sich den Hals durchschnitt.

- Mädchen-Handel. Am 25. August wurde der St. Petersburger Detektiv-Polizei vom Rigaschen jPolizeimrjster telegraphisch gemeldet, daß aus Riga 3 junge Mädchen im Aller von 14 bis 15 Jahren nach St. Petersburg abgereist seien und daß die Mutter der einen bittet ihre Tochter, welche Augustine Majewiki heiße, in St. Petersburg fistzu- nehmeu. Bald darauf trafen brieflich nähere Angaben ein und darunter die Meldung, daß die 3 junge» Mädchen in Begleitung eines gewissen Friedrich Grimm heimlich aus Riga geflohen seien um sich die Residenz anzusehen. Am 28. August wurden die Flüchtlinge auf einem aus Riga eingelroffencu Dampfer in St. Petersburg sestgenommen. Alle drei find noch Kinder und tragen kurze Kleider: sie erklärten in recht schlechtem Rus­sisch, daß Herr Grimm ihnen versprochen habe, alle Sehenswürdigkeiten der Residenz zu zeigen, und ihnen viele Amüsements und Unterhaltungen in Aussicht gestellt hätte. Besagter Grimm ist ein der Polizei schon bekannter Kommissionär für Mädchenlieferung an verrufene Häuser. Er soll schon mehrere Transporte lebender Ware in die Residenz geschafft haben, war jedoch bisher nicht auf der That ertappt worden.

Verschiedenes.

(Der bissigeHerr Kollega.") Ge­dankenschwer schleuderte nachmittags 3 Uhr so schreibt man Redakteur L. durch Stutt­garts Straßen, als er plötzlich vor sich seinen Kollega I., Redakteur von einer gegnerischen Zeitung, auftauchen sah. Ah, woher des Wegs, Kollega?" meinte Herr T..Eben vom Cafe Meuz."Haft gewiß die Presse studiert?"Stimmt, aber man kann eigent­lich nur dein Blatt lesen." Bis ins innerste gerührt über solchesLob" bot Herr Redak­teur X. seinem College» aus seinem Etui eine der feinsten Havanna, die er sonst nie jemand zu offerieren, sondern höchst selbst zu rauchen pflegt, an. Dankend acceptiert der Herr Kollega" und bald bläst er den bläu­lichen Rauch mit sichtlichem Wohlbehagen in die Lüste.So, so," meinte Herr T., um bas angenehmeLob" noch einmal zu ver­nehmen,man kann also nur mein Blatt lesen."Ja, weil die andern allebelegt sind" war die Antwort des bissigen Kollegen. Herr L. verbiß seinen Groll über d>netlichen HereinfaU", eine Havanna wird aber der Herr Kollega nie wieder vsn ihm erhalten.