dem Soldaten bloß ein Denkzeichen in den Fuß geben wollen und bedaure, ihn in den Kops getroffen zu haben. Bei der Gerichtsverhandlung zeigte er sich übrigens als ein höchst gefühlloser Mensch, dem die Schwere seiner Thal nicht zum Bewußtsein kam.
— Die berühmten Sänger der Sixtinischen Kapelle in Rom begaben sich vor wenigen Tage» nach Vttnbo, um dort bei dem Fest der Stadtheilige Santa Rosa mitzuwirken. Als sie nach erfüllter Pflicht mit einigen Freunden zum Mittagsmahl versammelt waren, brach plötzlich der Fußboden des Zimmers durch, und die ganze Gesellschaft stürzte mit Schutt, Balken und Tischgerät ins Erdgeschoß hinab. Drei der römischen Sänger erlitten erhebliche Verletzungen und mußten in das Spital von Viterbs gebracht werden. Glücklicherweise ist keiner in Lebensgefahr.
— Die Furcht der zum Tode Verurteilten. Man schreibt dem „N. W. T." aus Neapel: Ein Redakteur des hiesigen „Mallino" hat bezüglich der Haltung Case- rios vor der Hinrichtung den Scharfrichter von Paris, Mr. Deibler, interviewt und schildert seine Eindrücke folgendermaßen:
Caserio hat Furcht gehabt, große Furcht, wie alle zum Tode Verurteilten, sobald sie die Verlesung des Urteils gehört haben. Es giebt Verbrecher, bei welchen diese Furcht äußerlich nur wenig sichtbar wird; bei diesen, welche gleichsam erstaunt, gedankenlos, wie verdummt sind, glaubt der Laie dann an einen besonderen Mut und Todesverachtung. Bei anderen spricht sich die Todesfurcht in konvulsischem Zittern aus, zu diesen scheint Caserio gehört zu haben. Gewöhnlich sind letztere die starken Naturen, und je mehr Willenskraft und Energie der betreffende Delinquent besitzt, desto aufgeregter ist sein Benehmen, was auch bei Caserio der Fall war. Die Ruhigen, die anscheinend Mutgen, sind dagegen fast immer die energielosen, schwachen Naturen. Diese letzteren verlieren, sobald das Fallbeil den Kopf durchschneidet, nur wenig Blut, da ihr ganze- Blut dem Herzen zugeflossen ist. Deibler ist schließlich der Ansicht, daß ein Delinquent, der im Momente begnadigt würde, da sein HalS schon dem Fallbeile auSgesetzt war, gewöhnlich doch sterben «der wenigstens den Rest seiner Tage blöde oder hinfällig bleiben würde.
Vermischtes.
.'. (Was alles in einer Weltstadt passiert.) Folgende pikante Geschichte berichtet die Kreuzzeitung: Die junge Witwe eines Beamten hatte einem Berliner Privat-Detek- tiv-Jnstitut den Auftrag erteilt, ihren Bräutigam zu überwachen und zu ermitteln, Zeit hatte eine andere Dame den gleichen Auftrag wegen eines anderen Herrn erteilt. Beide Damen halten den Wunsch ausgesprochen, daß die Männer nur in Berlin beobachtet werden sollten. Die beiden Beobachtungen, deren jede von besonderen Beamten ausgeführt wurde, liefen eine Zeit lang nebeneinander her, bis es sich herausstelle, daß beide Herren dieselbe Person seien. Der betreffende Herr hatte nämlich zwei Wohnungen unter verschiedenen Namen. Durch einen Zusall wurde er entlarvt, und die beiden Damen standen sich gegenüber — „begnügten" sich aber mit einer mündlichen Auseinandersetzung.
.-. (Unerwartete Auskunft.) „Was würden Sie thun, wenn mich der Sturm jetzt in die Sec fegte, Herr Assessor?" — „Bei dem Bischen Wind, mich riesig darüber wundern I"
Das große Los.
Original-Novelle von Leo Werner.
(Nachdruck verboten.)
10 .
„Er hat es leider abgelehnt!" erwiderte Ludwig gepreßt, und man merkte an dem Tone der Antwort, wie demütigend ihm dieses Geständnis war. „Mein Vater ist der Anstedt, daß an b'M Bergwerke nichts zu retten ist, daß cs schließlich mehr Herstellungskosten Verschlingen wird als es einbringt. Außerdem hat mein Vater in Folge größerer neuer Unternehmungen und wegen einiger vorjähriger empfindlicher Verluste jetzt nicht so Viel verfügbares Capital, um Ihnen tue genügende Summe vortchikßen zu können."
„Nun, vann muß ich mich in das Unvermeidliche fügen, dann bin ich ruiniert," stöhnte der alte Herr und sank wie ohnmächtig in leinen L hnstuhl zurück.
„Mut, MutI Herr Hülsemannl" rief da Ludwig und ergriff die Hand des unglücklichen ManneS. „Wir wollen noch nicht verzagen, ich habe noch einige Hoffnung und ich will thun, was in meinen Kräften steht. — Bringe dem Vater ein Glas Wein, Käihchen," sagte er dann zu der Geliebten gewand, die mit Thränen in den Augen hinter dem Stuhle des Vaters gestanden hatte. Eine Stärkung ist ihm dringend nötig, auch muß ich noch einige sehr wichtige Angelegenheiten mit ihm besprechen."
Käthe brachte alsbald zwei Gläser Wein, eins für den von Sorgen und Aufregungen erschöpften Vater, und eins für den Geliebten, der la»gc Stunden in dem Bergwerke gearbeitet hatte und sicherlich auch einer Erfrischung bedurfte.
Die beiden Männer tranken schweigend, und Herr Hülsemann begann dann:
„Reden Sie, lieber Ludwig! Sie besitzen einen starken, klaren Geist, das weiß ich schon lange, vielleicht entdecken Sie einen Ausweg, den ich in meiner Aufregung nicht mehr finden kann."
„Sie waren so offenherzig und vertrauten mir so Vieles an, Herr Hülsemann," er
widerte Ludwig, „ich muß mir daher erlauben, noch einige weitere Fragen an Sie zu richten, um einen vollständigen Ucberblick über die Vermögenslage zu bekommen. Wie steht eS denn mit den übrigen Forderungen und Außenständen, die so jedes Geschäft hat?"
„Diese dürften sich in der Hauptsache balancieren," erklärte Herr Hülsemann, „daS heißt ich setze dabei voraus, daß meine Schuldner alle ihren Verpflichtungen Nachkommen, und daß das Kohlenlager an der Felix-Grube durch die Katastrophe nicht mehr geschädigt ist, als es heute morgen schien. Diese Kohlenvorräte sind meistens auf spätere Lieferung schon verkauft."
„Schaden hat das Kohlenlager allerdings gelitten," bemerkte Ludwig und sein Antlitz wurde blaß, „aber ich hoffe, daß derselbe nicht so groß sein wird. Es gilt nun offenbar als die wichtigste Aufgabe, morgen den Gläubigern in der richtigsten Weise entgegen- zulreten, denn morgen werden sie Alle kommen und Auskunft und Sicherstellung verlangen. Da Sie krank und leidend sind, Herr Hülsemann, so denke ick, daß eS am besten ist, daß Sie mir die Ordnung der ganzen Angelegenheit übertragen und mir eine entsprechende Vollmacht geben."
„Ja, ja, das ist schon das Beste, und ich danke verbindlichst für Ihre Aufopferung, lieber Ludwig," entgegnete der Greis und reichte gerührt dem wackeren jungen Manne die Hand. „Aber verzeihen Sie eine Frage, Ludwig, was wollen Sic eigentlich in dieser schwierigen, ja verzweifelten Sache thun, wenn Ihr Herr Later nicht helfen will. Haben Sie Hoffnung, den Herrn Commerzien- rat noch umzustimmen?"
„Ganz gebe ich diese Hoffnung allerdings noch nicht auf," meinte Ludwig, „aber an den Beistand meines Vaters für die morgen mit den Gläubigern stattsindenden Verhandlungen glaube ich noch nicht. Wir müssen uns da allein zu helfen suchen. Ich besitze zur freien Verwendung 60,000 Mark, die ich von meiner seligen Mutter erbte. Diese Summe stelle ich Ihnen zur Verfügung, oder ich selbst werde vielmehr mit derselben
nach bestem Ermessen handeln. Dann besitzen Sie doch auch diese prächtige kleine Villa, Herr Hülsemann. Ist dieselbe mit einer Hypothek belastet oder kann sie als freies Pfandobject den Gläubigern gegenüber dienen?"
„Die Villa ist mit keiner Hypothek belastet," antwortete der alte Herr, „aber sie liegt weit von der Stadt entfernt, und hat daher keinen großen Kaufwert. Ich habe die Villa seiner Zeit eben nur für meine Zwecke erbaut, um nicht allzuweit von dem Bergwerke zu wohnen."
„Immerhin ist die Villa aber ein solides Wertobject und ich denke, wir bieten dieselbe, wenn es nötig ist, den Gläubiger» noch als Pfandobject an," meinte Ludwig. „In solchen kritischen Lagen darf man nicht zaudern und muß alle Mittel in Bewegung setzen, um die Gläubiger zur Bewilligung eines Moratoriums zu nötigen."
„Ich billige Ihre Maßregeln vollständig, Herr Malten" erklärte Hülsemann, „und bin auch damit einverstanden, daß Sic die Villa als Pfand meinen Gläubigern morgen an bieten."
„lieber diesen Punkt sind wir also auch einig, und nun möchte ich noch bitten, daß Sie mir eine notariell beglaubigte Vollmacht erteilen, Herr Hülsemann, denn sonst bin ich gar nicht im Stande, als Ihr Bevollmächtigter Ihre Geschäfte zu leiten. Die Vollmachtserteilung hat auch große Eile, denn morgen Vormittag muh ich mit der Vollmacht in den Händen den Gläubigern gegenüber treten können. Ich werde daher noch heute abend einen Notar aufsuchcn und denselben veranlassen, sich mit mir morgen früh acht Uhr hierher zu begeben., wo dann die Vollmacht angefertigt werden kann.
I Fortsetzung folgt.)
Merk's.
Des Glückes Gewalt Wie des Mond's Gestalt Sich ändern ihut,
Drum hab's in Hut.
Druck und Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bern h. Hofmann.)