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Rundschau.

Anläßlich des Landesfeuerwehr- tages in Cannstatt sind am Sonnlag 15. I-li in Cannstatt 32 Sondeizüge angekom- m n und 28 Sonderzüge abgcgängen. Mit Fahrkarten Stuttgart-Cannstatt und zurück, sowie Cannstatt-Stuttgart sind rund 30 000 Personen befördert worden.

Wangen i. A., 17. Juli. Ein gräß­licher Vorfall hat sich nach dem D. V. ge­stört hierzugetragen. Ir Saurmanns Kunst­mühle stand in der Frühe gegen 5 Uhr das Getriebe still. Beim Nachsehen fand man in den Kammrädern den gräßlich zugerich- tetcn Körper eines 25jährigen Mahlknechts Von Untermatzen. Der ganze Leib war zer­quetscht, doch der Kopf unverletzt. Der Tod trat alsbald ein, ohne daß der Unglückliche zum Bewußtsein kam. Verschiedene Vor­gänge lassen darauf schließen, daß Selbst­mord vorliegt.

Pfrondorf, 16. Juli. In bitteres Leid wurde dieser Tage unsere Pfarrersamilie ver­setzt. Der 18jährige Sohn derselbe», der früher das Gymnasium in Tübingen besuchte und seit zwei Jahren infolge seines uner» müdlichen Fleißes geistig schwer umnachtet wurde, befand sich seither in treuer und auf­opfernder Pflege seiner Eltern. In der letzten Zeit wurde, wie die T Chr. schreibt, sein Zustand immer schlimmer, so daß er nicht mehr Herr seines Geistes und Willens war. Auf bis jetzt noch unerklärliche Weise gerieten die Kleider des bedauernswerten Menschen letzten Freitag nachmittag in einem Zimmer des Pfarrhauses in Brand. Mit markerschütterndem Jammergeschrei stürzte er hilfesuchend in die Küche, woselbst seine Mutter beschästigt war. Diese löschte in aller Ette die hellaufbrennenden Kleider des Unglückliche». Unverzüglich brachte man ihn in die Klinik nach Tübingen, woselbst er infolge der gräßlichen Brandwunden gestern starb. Die schwergeprüfte, von der ganzen G meinde geachtete und geliebte Pfarrsamilie wird allgemein aufs tiefste bedauert.

Ellvangen, 16. Juli. Ein geheimnis­voller Diebstahl von ca. 1500 ^ in würt- tembergifchcn Staaispapieren, welcher bei ettrem hitsigen Pensionär verübt wurde, giebt den Sicherheitsorgane» lebhafte Beschäftigung. Der Bestohlene, außerhalb der Stadl wohnend, trat im Men eine Reise an und versteckte den Schlüssel der Wohnung unter einem Reisachbüschel in der Holzlage. Bn seiner Wiederkehr fand er alles in bester Ordnung; als er jedoch am 1. d. M. fällige Coupons von seinen Ersparnissen abschneiden wollte, machte er die fatale Entdeckung, daß solche verschwunden waren. Ein daneben gelegenes Säckchen mit Bargeld ließ der Dieb unbe­rührt.

Grießen, II. Juli. In der gestern in Waldshut staltgehabien Strafkammersitzung hat ein Vergehen seine Sühne gefunden, welche der Mitteilung wert ist. Die Ange­legenheit betrifft ein vor einiger Zeit im Albbote" aufgenommcneS gefälschtes Inserat, in welchem einem Bürger von dem Zinken Reulhchof die Fahrnisse zum Verkaufe aus­geschrieben waren. Nachdem es der Gen­darmerie gelungen, die Thäter herauszufinden, wurden dieselben gestern unter Annahme mildernder Umstände zu einer Gefängnis­strafe von einem Monat verurteilt, eine War­nung für jalle diejenigen, die jemals Lust hätten, den Weg des gefälschten Inserat- zu

betreten, um einen Mitbürger schädigen zu können.

Es ist nichts so fein gesponnen... Einen guten Fang hat dieser Tage die Kri­minalpolizei in Frankfurt gemacht. Vor zwei Jahren waren aus der Wohnung eines Rentners Wertpapiere im Betrage von 1314 000 verschwunden. Die Polizei hatte zwar sofort die Köchin, eine Frau Hum­mel, geb. Sommerlad, im Verdachte, konnte ihr aber nichts Nachweisen, zumal die Frau schon jahrelang tadellos in dem Hause diente. Im vorigen Jahre wurde sie dann zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie in ihrer neuen Stellung einen Brillantring ge­stohlen hatte. Nach Verbüßung ihrer Strafe zog sie zu Verwandten nach Hirschhorn am Neckar. Sie war wirklich die Diebin der gestohlenen Wertpapiere und dachte nur da­ran, diese zu versilbern. Zu dem Zweck unternahm sie eine Reise nach Amerika und bot die Papiere einem Newyorker Bankhause an. Weil sie sich jedoch nicht genügend aus- weisen konnte (sie nannte sich Frau Marie Bechile), nahm man nur wenige Stücke ab, und sie kebrle unverrichtet. Dinge nach Europa zurück. Das Newyorker Bankhaus gab in­zwischen einige der KouponS nach Berlin in Zahlung und von dort kamen sie an die Ein- lösungssteUc in Karlsruhe, wo man erkannte, daß die Papiere als gestohlen angemeldet und gesperrt waren. Man verständigte die Frankfurter Polizei, diese ermittelte, daß Frau Hummel im Februar aus Hirschhorn verschwunden war, sich eine Uebersahrtskarte für die Red-Star-Linie gelöst hatte, und gegen­wärtig wieder in Frankfurt weilte. Man schritt sofort zu ihrer Verhaftung, und an­gesichts der erdrückenden Beweise gab sie ihr anfängliches Leugnen auf. Nur über den Verbleib der Wertpapiere versuchte sie die Polizei noch irre zu führen, indem sie be­hauptete, der nicht verkaufte Rest sei im Auslande. Allein man vermutete, daß die Papiere bei ihren Verwandten versteckt seien, und während Kriminalkommissar Meyer in Darmstadt nachforschte, entsandte er den hes­sischen KriminalschutzmannDaniel nachHirsch- hsr», wo dieser für 12 800 ^ Wertpapiere entdeckte. Bis auf wenige hundert Mark ist somit das vor zwei Jahren gestohlene Geld wieder zur Stelle geschafft.

Lebendig begraben. Ein Verbrechen, wie es scheußlicher nicht geplant werd-n kann, ist im letzten Augenblicke durch die Aufmerk­samkeit zweier Männer noch glücklich ver­hindert worden. Am Samstag nochmittag gegen 3 Uhr befanden sich der Arbeiter Rohr bach, LandSlerger Allee 22 in Berlin wohn­haft, und der Glasermeister Sprenger aus der Menoelssohnstraße 3 am südlichen Teile des FriedrichShains. Plötzlich hörten sie Kinderg'schrci, das nach und nach schwächer wurde und schließlich so dumpf klang, als ob es aus der Erde hervorkäme. Sie gingen nun dem Schalle nach und fanden hinter einem G büsche einen frisch aufgeworfenen Grabhügel, der leise Bewegungen zeigte. Die beiden Männer gruben sofort mit den Hän­den die Erde auf und fanden bald ein neu­geborenes Kind weiblichen Geschlechts, das noch Lebenszeichen von sich gab. Sprenger wickelte die Kleine in seine Schürze und lief nach der nahegelegenen Wache des 51. Po­lizei-R-vierS, um sie hier abzngeben. Von dort wurde das Kind sofort nach dem Kranken- hause am Friedrichshain zugeführt. Es un­

terliegt keinem Zweifel, daß das Kind eines qualvollen Todes gestorben wäre, wenn nicht ganz zufällig die beiden Männer in der Nähe des Thalorts sich aufgehalten hätten. Denn obwohl dieser nur wenige Schritte von der Friedensstraße entfernt ist, hat doch kein Passant von dem Vorfälle etwas bemerkt. Den Thäter haben auch die Retter des Kin­des nicht gesehen; von ihm fehlt noch jede Spur. Zu bemerken ist noch, daß das Kind Wunden am Kopfe zeigte, die darauf hindeuten, daß Faustschläge nach ihm ge­führt worden sind.

-- I" Remscheid ermordete der Schuster Waßmulh, ein Trunkenbold, seine Frau, die ihm Schnapsgroschen ^verweigerte, durch Ham­merschläge. Der Mörder ist entflohen.

In Stolp schlug während eines hef­tigen Gewitters der Blitz auf dem Vorwerk Darsow in den Schafslall, wodurch 400 Schafe, Futter und Heuvorräte verbrannten.

Blutthaten eines Irrsinnigen. Am Abend des 24. Juni kamen mehrere Frauen zu dem Postenführer der Karabinieri in Ler- cara in Italien und klagten unter Thränen, daß ihre Kinder schon seit mehren Stunden verschwunden und nirgends zu finden seien. Ein Hirte habe die Kleinen mit einem alten Manne in den Wald gehen sehen, der ihnen Leckereien und Geldmünzen gegeben hatte. Dem Postenführer war vorher schon dienst­lich mitgeteilt worden, daß in anderen Orten, in Naro, Favara und Trapani, ebenfalls Kinder, im Ganzen 19 an der Zahl, spii'-- loS verschwunden seien und ,daß der Verdacht vorltege, der alte bekannte Musiker Aramico Carmelo habe sie mit sich geschleppt. In­mitten des Waldes stießen nun die Suchen­den auf eine Höhle, aus welcher bas Wim­mern von Kindern drang. Die Karabinieri und Bauern stürzten in die Höhle ihnen bot sich ein gräßlicher Anblick dar. Inmit­ten der Höhle stand der Bcttelmusikant, einen Dolch in der Hand, mit welchem er eben einem Kinde den Unterleib aufgeschlitzt hatte. Vier der Kleinen lagen bereits als Leichen da, während ein anderes, gleich seinen be­klagenswerten Schicksalsgenossen, völlig ent­kleidet und jmit Stricken an Händen und Füßen gebunden, Zeuge der Greuelthat sein mußte. Nur mit Mühe konnten die Kara­binieri den Kindermörder vor den wütenden Landleuten schützen, die den Unhold lynchen wollten. Im Gefängnisse gab Aramico Car- mels ohne jede Gemütsbewegung zu, daß er­such die übrigen neunzehn verschwundenen Kinder auf dieselbe Art ermordet habe. Er erzählte, cS sei ihm nachts ein Gespenst er­schiene», welches ihm milgeteill habe, daß man jeden im Erdinnern verborgenen Schatz finden könne, wenn man die Erde mit dem Blute von fünfzig unschuldigen Kindern tränke. So sei er denn auf den Kinderfang ausgegangen. Durch Näschereien lockte er die Kleinen an sich, führte sie an verborgene Stellen, entkleidete und fesselte sie u. schlitzte ihnen sodann den Unterleib auf, wobei er das Blut in die Erde sickern ließ, A. Carmelo wurde nach Palermo in das Irren­haus gebracht, wo ihn die Gerichtsärztc und die Hausärzte beobachten.

Am 6. August beginnt in Paris der große Anarchistcnprozeß. Die Verhandlungen beanspruchen 8 Sitzungen. 30 Anarchisten sind angeklagt, darunter 4 Frauen.

Vor dem Gefängnisse in Sofia fand eine Zusammenrottung von ungefähr 2000