Rundschau.
Stuttgart» 22. Mai. Seine Königliche Majestät haben anläßlich des Ablebens des Ticrgartenbesitzers Johannes Niv dahier den Hinterbliebenen AUerhöch sichre Teilnahme aus- sprechcn zu lassen geruht.
— Der Staatsanznger veröffentlicht die von der Kgl. Oberersatzkommifsion festzestell- ten Reisepiäne für die in diesem Jahr statt« flötende Aushebung. Nach derselben findet die Vorstellung der Militärpflichtigen statt: in Neuenbürg am 22. Juni, in Calw am 25 , in Nagold am 27. und in Herrenberg am 30. Juni.
Winnenden, 24. Mai. In Hauweiier und Breuningsweiler wurden gestern die ersten reisen Kirschen gepflückt und von Händlern M t 20 und 25 per Pfnnd bezahlt. Im Einzelnverkauf kostete das Pfund 30 Mitte nächster Woche dürfte die Kirschen- erntc allgemein beginnen. Der Gesamtertrag ist Heuer viel reichlicher als im Vorjahre.
Murrhardt, 24. Mai. Der Knecht der Gerbereibesitzer Gcbr. Oettinger kam beim Abführen von Gerbrinde in einem engen Hohlweg zu Fall, wodurch die Pferde scheuten und der Unglückliche überfahren wurde. Der Tsd trat nach wenigen Augenblicken ein. Ter Schmerz der Eltern, die in dem treuen und fleißigen jungen Mann ihre einzige Stütze auf so schreckliche Weife verloren, ist ein großer.
Oberfischach, OA. Gaildorf, 24. Mai. Im hiesigen Schulgarten wurden über Nacht sämtliche Rosenbäume abgeschnitten und der ganze Blumenflor vernichtet. Der Schaden ist bedeutend. Es scheint ein Racheakt vor- zutiegen. Dem Entdecker des Thäters steht eine ansehnliche Belohnung in Aussicht.
Ulm, 23. Mai. lieber den Mord an dem Friseurlehrling Müller in der Fiscber- gassc verweigert nach tem Ulmer Tagblat! Polizei und Staatsanwaltschaft alle näheren Mitteilungen. Ueber das Ergebnis der Sektion des Ermordeten hört man, daß unzweifelhaft ein Lustmord vorliegt. Der junge Mensch wurde in seinem Bett von dem Mörder, einem offenbar kräftige» Mann, überfallen, der feinem Opfer zuerst eine große Anzahl Stiche in Herz, Lunge und Hals beibrachte und ihm dann den Bauch auf- fchlitzte. Die Stiche, gegen 50 an der Zahl, sind mit einem scharf geschliffenen, ganz schmalen, vielleicht gebogenen Mordwerkzeug und zwar mit großer Kraft geführt; einer der Stiche drang durch den ganzen Leib und am Rücken wieder heraus. Durch die Erschütterung der Bettstelle fiel ein an der Wand hängender Sporn herab und wurde im Bett gefunden. Als das Opfer leblos war, ließ der Mörder seiner Bestialität die Zügel schießen und schlitzte der Leiche den Bauch von oben bis unten auf, daß der Magen und die Gedärme hervordrangen; auch die Arme und Schenkel fanden sich zerschnitten. Der Anblick der Leiche am Montag morgen soll ein grauenerregender gewesen fein. Die Nachforschungen nach dem entmenschten Thäler begannen sofort, blieben aber, soviel man hört, ohne Erfolg. Die Blau wurde gestern adgelassen und nach dem Messer gesucht; man fand aber nichts; auch keine Blutspnren im Haus wurden entdeckt. Der in Unlersuchungshaft genommene Stiefvater ist wieder entlassen worden; ebenso drei Schneidergesellen, die ihm Hause wohnen. So steht man in Ulm wieder vor einem
grausigen Rätsel, und das Publikum fragt « immer bänglicher: wie kommt eS, daß in s Ulm in den letzten 10 Jahren eine ganze i Reihe schauerlicher Mordthaten nicht aufge- > hellt werden konnte und ihre Sühne noch ! nicht gefunden haben? ES wäre entsetzlich, > wenn tie Vermutung an Wahrscheinlichkeit i gewänne, daß sich hier eine Bestie in Menschen- i gestalt aufhält, die von Zeit zu Zeii ihre l wilde Mordlusi befriedigen muß, sich aber l bis jetzt mit der Schlauheit des Raubtieres > allen Nachforschungen zu entziehen wußte, l Es haben sich in der Mordaffaire nachträg- > lich gewisse Anzeichen gezeigt, welche darauf i schlnßen lassen, der Ermordete sei, nachdem ! er sich um 8 Uhr abends in seine Kammer > begeben, nochmals auSgegangen und mit seinem Mörder zusammcngckommen, der ihn j dann nach Hause begleitet hätte.
Eschweiler, 23. Mai. Heute ereignete ! sich auf dem Eschweiler Walzwerk ein großes ^ Unglück, indem das Schwungrad einer Wal- l zenzugmaschine auseinanderbarst, einzelne Teile desselben auf das Kesselhaus flogen, daS Dacki desselben durchschlugen, eine Explosion , des, Dampfkessels verursachte», durch dessen aussirömende Dampf- und Wassermasstn eine größere Anzahl Arbeiter verbrüht wurden und zwar 5 lebensgefährlich.
— Letzter Tage geriet dem 4jährigen Knaben Chnstian Schön!eber in Eltingen eine Bohne in die Luftröhre. Trotz aller Bemühungen gelang es nicht, dieselbe zu entfernen, so daß das Kind den Erstickungstod erlitt.
— Zam Stande der Weinberge in der Pfalz wird aus Neustadt a. d. H. geschrieben : Die Weinberge sind am ganzen Gebirge in vorzüglichem Stande, die kalten gefürchteten Eismänner sind glücklich vorbei; in verschiedenen Gemarkungen st„d schon Tranbenblütrn zu sehen. Die Aussichten sind sehr günstig.
Berlin, 24. Mai. Der Kaiser hat für ' das Bnndesschießen in Mainz als Kaiserpreis einen prächtigen silbernen Pokal, der 5900 Gramm schwer ist, gestiftet. Ans-! führung, Form und Technik sind meisterhaft, ein erfreuliches Zeichen des Fortschritts des Berliner Kunstgewerbes. Der Pokal ist, wie der ,Konf." erfährt, ausgeführt vom Lind nach Zeichnungen von Prof. Doepler d. I.
Berlin, 23. Mai. D-r flüchtige Post- asststent Ulrich wurde in Aiexanderbad bei Wunsiedel in Bayern fcstgenommen.
— Wie die Darmstädter Ztg. berichtet, hat sich in Ranisch-Holzhausen ein schweres Brandunglück ereignet. Als nachts im Hause eines Ackermannes Feuer ausbrach und die Treppen zerstörte, retteten sich Vater und Sohn durch einen Sprung aus dem Fenster. Dagegen fanden die Muttter und die Tochter den Tod in den Flammen.
Gera, 2l. Mai. Ein hiesiger Kaufmann erkundigte sich seiner Zeit bei einem AuskunftSbureau in Halle a. S. über die Kreditwürdigkeit eines Geschäftsmannes in Lobenstein und erhielt zur Antwort, daß der Lobenstciner gut sei und ein schuldenfreies Grundstück besitze. Infolgedessen lieferte der Geraer Kaufmann Waren auf Kredit im Gesamtbeträge von 400 ^ Wenige Tage nach der Lieferung meldete der „gute" Geschäftsmann seinen Konkurs an. Der geschädigte Kaufmann in Gera klagte nun gegen da- Hallesche AuskunftSbureau auf Schaden
ersatz. Das Landgericht in Halle a. S. entschied zu Gunsten des Beklagten und wies den Kläger mit seinem Anspruch auf Schadenersatz ab, obgleich festgestellt worden war, daß auf da- Grundstück des falliten Geschäftsmannes zur Zeit der Auskunftserteilung bereits eine Hypothek eingetragen war. Gegen das landgerichtliche Urteil legte der hiesige Kaufmann Berufung ein und erzielte bei dem OlurlandeSgericht in Naumburg a. S. ein obsiegendes Erkenntnis. Das Auskunftsbureau wurde verurteilt, dem Kläger die 400 ^ zu erstatten, weil cs der Wahrheit zu wider dahin Auskunft erteilt habe, daß der Lobenstciner Geschäftsmann ein schuldenfreies Hausgrundstück besitz'.
— In Liebenwalde (Provinz Brandenburg) sind 60 Scheuern mit viele» Futter- vorräten u. s. w. am Sonnlag mittag ein Raub der Flammen geworden. Als Entstch- ungsursache deS Feuers wird Brandstiftung angenommen.
— Drei Nonnen und eine achtjährige Schülerin der geistlichen Schule von St. Justie bei Mont-de-Marfan (Dep. Landes in Frankreich) sind infolge Genusses giftiger Schwämme gestorben.
Vermischtes.
— Wie viel essen die einzelnen Nationen? Nach statistischen Erh> bringen verbraucht im Durchlchniit ein Engländer pro Jahr an 1000 ^ für seine persönliche Ernährung, ein Franzose und ein Deutscher au 900 ein Spanier gegen 600 ein Italiener 450 und ein Russe gegen 400 ^ ; an Fleisch genießt ein Engländer 55 Kilo pro Jahr im Durchschnitt, ein Franzose 43, ein Deutscher 32, der Italiener 23 und der Russe 25 Kilo. An Brot braucht ein englischer Durchschnittsmensch jährlich 190 Kilo, der Franzose 270, der Deutsche 280 , der Spanier 240, der Italiener 200, der Russe endlich 330 Kilo. Wenn auch diese Ang. selbstverständlich bei jeder Nation Hinsicht ch der einzelnen Individuen nicht als zuircssenb ! bezeichne: w.rte» können, so gewähren doch die Zahlen im Vergleich der einzelnen Na- tonen zu einander eine ganz interessante Zusammenstellung.
— Aus Faulheit. Das D. Verkehrsblatt erzählt: Der unlängst über ganz Deutschland brausende Sturm hat natürlich auch dem Eisenbahnverkehr manche Beschwernis bereitet; wie gewöhnlich kühlte er auch diesmal sein Mütchen an der Telegraphenleitung. An einer Strecke legte er eine angefaulte Telegraphenstange um und sperrte das Geleise, wodurch ein Güterzug zum Halten gebracht werden mußte. Hierüber rapportierte der Zugsührer in seinem Fahrbericht wie folgt: „Bei Station 99 mußte der Zug Hallen, weil eine Telegraphenstange quer über das Geleise gefallen war. Dieselbe war vor Faulheit umgefallen."
(Originell.) Gläubiger (der endlich einmal sein Geld bekommt): „ . . Es fehlen aber noch zehn Mark, wenn ich bitten darf I" — Studiosus: „Die ziehe ich Ihnen als Mietzins-Beitrag ab, da Sie ja in den letzten Monaten eigentlich mehr in meiner Wohnung waren, als ich selbst I
(Beim landwirtsch. Examen.) Professor : Herr Kandidat! Welche Gemüsepflanze hat den größten Eiweißgehalt? — Kandidat: Spinat mit Spiegeleier I