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Lokales.
Wildbad, 24. Mai. Heule nachmittag 3^r Uhr trafen mittels Salonwagens S. M. der König mit I. K. H- der Prinzessin Pauline in Begleitung des Flügeladjutanten Rittmeisters Frhrn. v. Röder zum Besuche I. M. der Königin hier ein. Höchst- dieselben wurden am Bahnhof von dem gegenwärtig zur Kur hier weilenden Fürsten von Schwarzdurg-Condcrshauscn, dem K- Bade- ksmmissär Oberst b. Karaß, dem K. Badearzt Dr. Weizfäcker und dem Stadtschul.hetß Bätzner empfangen und fuhren dann direkt nach der Villa Wetzel, wo Seine Majestät Wohnung nahm. Heute nachmittag 3 Uhr 45 Min. verließen Höchstdieselben wieder unsere Stadt. — Am letzten Sonntag vormittag um 11 Uhr brachte die hiesige Kurkapelle der Königin ein Ständtchen. Der Dirigent, K- Musikdirektor G. A. Carl, wurde hierauf zu Ihrer Majestät befohlen, welche demselben ihren Dank aussprach.
Wildbad, 25. Mai. Heute vormittag ist S- D. Prinz Wilhelm zu Schaumburg. Lippe, Vater I. M. der Königin, zu Aller- höLstdersclbcn Besuche hier eingetrossen und hat in der Villa Wetzel Wohnung genommen.
Rundschau.
Stuttgart, 22. Mai. S. M. der König »ahm heute vormittag die regelmäßigen Meldungen, sowie die Vorträge des Hofmarschalls, d>s Geueraladjutanten und des Oberstall- Meisters entgegen und arbeitete mit dem Ka- binettSches. Hierauf geleiteten Seine Majestät S. D. den Fürsten von Waldeck und Pyrmont in den Leibstall und Marstall zur Besichtigung deS gesamten Pferdematerials. Zur Frühstückstafel folgten die Allerhöchsten Herrschaften mit I. K. H. der Prinzessin Paulinc einer Einladung I. K. H. der Frau Prinzessin Friedrich.
— An der Hoftafel im Wilhelmspalast nahm S. D- der Fürst von Waldeck und Pyrmont teil, und war dessen Flügeladjutant Major v Aprll, sowie der Dienst eingeladen. Abends wohnten der König mit Prinzessin Paulinc und der Fürst der Vorstellung im Hoftheatcr an.
Stuttgart, 23. Mai' I. M. die Königin haben die Reise nach Wildbad ohne irgend welche Störung übcrstanden und gestern mit der Badekur begonnen. Das Sndjektivbe- finden Ihrer Majestät ist durchaus befriedigend, ebenso der Zustand des in Heilung begriffenen linken Beines.
Plieningen, 21. Mai. Eine erfreuliche Mitteilung ist heute dem 74 Jahre alten Gcmeindetaglöhner Heinrich Fehrle von hier zugegangen. Derselbe trat am 1. Juni 1891 in Gememdedienst, wurde aber als Mitglied zur Alters- und JnvaliditätSver- stcherung bis Ende vorigen JahreS übergangen. Infolge eingereichten Nentcngesuchs konnte ihm nun heute von obigem Zeitpunkt an bis 31. dS. MlS. die Summe von 489
zur Ausbezahlung angewiesen werden.
Cannstatt, 22. Mai. Das Bahnhofbotel von Weigle hier, früher Hotel Merz, ist gestern von Privatier Schäfer zum Preis von 160,000 ohne Inventar augekaust worden. Der Wirtschaftsbetrieb des Hotels wird mit demjenigen deS Hotels zu den 4 Jahreszeiten vom 15. Juni an vereinigt und von Herrn Weigle geleitet.
Hrilbron», 22. Mai. Die Entscheidung ist gefallen, und nach 2'/«jährig°r Suspen
sion kann Oberbürgermeister Hegelmaier als Sieger wieder auf dem Rathaus einziehen. Aber waö nun weiter? fragt man sich in Heilbronn. Ein Zusammenarbeiten der bürgerliche» Kollegien mit dem Oberbürgermeister ist auf die Dauer undenkbar. Es bleib! also nichts übrig, als daß die Kollegien mit ihm wegen eines freiwilligen Rücktritts in Unterhandlungen einlreten, wobei ihm selbstverständlich eine angemessene Pension zu gewähren sein wird. Vor allem aber wird die Stadlpflege 10,000 ^ zurückbehaltcnen Gehalts dem restituierten Oberbürgermeister nach- zubezahlcn haben, und diesem wird cs gleichgültig sein, ob die Summe beim Bankhaus Rümelin oder einer andern Firma behoben wird.
Heilbronn, 23. Mai. Heute früh hat Oberbürgermeister Hegelmaier sein Amt wieder übernommen. —Auf dem Bahnhofwurde gestern ein Handelsmann aus Paris in dem Augenblick ertappt, als er einer Händlerin di« Geldbörse au« der Tasche stahl und dieselbe sofort einem in Begleitung desselben sich befindlichen Frauenzimmer, die eine Französin sein soll, zuschob. Beide sind verhaftet.
Gmünd, 21. Mai. Bei Anlaß der Be- stäiigung des Gemeinderats und Werkmeisters Möhler als Stadischultheiß von Gmünd fand beute fast allgemeine Beflaggung der Gebäude statt. Abends 9 Uhr zog der Liederkranz im Verein mit der Sladlkapclle mit Lampions vor die Wohnung des neuen StadtvorstandeS und brachte demselben ein Ständchen. Der Gefeierte dankte für diese Ovation; er sagte, er sei sich wohl bewußt, daß dieselbe nicht sowohl seiner Person, als vielmehr seinem neuen Amt gelte. Sein Bestreben werde es sein, «uf dem Rathaus nicht einer Partei, nicht einer Konfession, sondern der Gesamtheit zu dienen. Er werde nicht die Gunst, sondern die Gerechtigkeit im Auge behalten, seine ganze Kroft für das Gemeinwohl der Stadt einsktzen und ohne Ansehen hoch und nieder beraten und schützen.
Herbertingen, 21. Mai. Eine ebenso eigentümliche als beunruhigende Erscheinung zeigte sich dieser Tage an den an der Straße nach Oelkofen liegenden Wiesen. Nachdem solche vor einigen Tagen noch im üppigsten Grün prangten, zeigen sie heute ein graubraunes Aussehen, und rührt diese Veränderung von Milliarden kleiner Raupen her, die den GraSwuchs vollständig zerstören. Bereits sind circa 50 Morgen diesen Verwüstern zum Opfer gefallen. Es dürfte interessant sein und von unserer Gemeinde mit größtem Dank ausgenommen werden, wenn Sachverständige sich über d«S Vorkommen und die Bekämpfung dieser Schädlinge äußern wollten.
Neuenbürg, 22. Mai. Letzten Samstag hatte ein 29jähriger Arbeiter in Rothenbach- Werk das Unglück, beim Ankuppeln von einer Kette erfaßt und derart verletzt zu werden, daß er vorgestern nach qualvollen Schmerzen starb.
Ulm, 21. Mai. Die Sektion der Leiche deS heute früh in seinem Bette ermordet auf- g-sundenen Friseurlehrlings Müller ergab, daß der Lustmörder seinem Opfer 18 Stiche ins Herz und in den Hals beigebracht und ibm dann den Leib vom After bis zur Brusthöhle aufgeschlitzt hat. Von dem Thäter hat die Polizei noch nicht die leiseste Spur. Innerhalb 10 Jahren ist dies der achte
Mord in Ulm, der »»entdeckt zu bleiben scheint.
Ulm 22. Mai. Die bürgerlichen Kollegien setzten heute eine Belohnung von 1000 für die Entdeckung des Mörders des Friseurlehrlings Müller aus.
UlM, 23. Mai. Heute früh ist Oberstaatsanwalt Milz von Stuttgart hier einge- lroff n, um die Untersuchung in der Mord- affaire zu fördern. Vom Justizministerium sind nun gleichfalls 1000 ^ als Belohnung für die Entdeckung tes Mörders aus- gesetzt worden. Nachdem die verdächtigen Hausbewohner sämtlich aus der Haft entlassen worden, hat die Polizei bei dem Lehr- herrn des Ermordeten, einem Friseur in der Schwitmengasse, eine Haussuchung vorge- nommen und einen Gehilfen desselben in Untersuchungshaft genommen.
UlM, 24. Mai. In vergangener Nacht wurden zwei Einbrüche verübt. I» der Bahnhosstraße wurden im Cigarrengeschäft des Kaufmanns Jäger 400 Mark und bei dem Eisenhändler Rapp am Münsterplatz 500 ^ gestohlen. Einer der Diebe, welcher sich mit dem Augsburger Zug entfernt Halle, wurde heule früh in Günzburg fcstgenommen. — Eine in der jüngsten Mordafsaire heute vormittag vorgenommene Verhaftung erregt das größte Aufsehen. ES handelt sich um einen früheren Offizier.
Von der badischen Grenze. Aus Rücksicht auf die Geschäftswelt in Pforzheim bringen die dortigen Lokalblätter schon seit Wochen keine Mitteilungen mehr über den Stand der TyphuScpidcmie, was vielfach zu der Annahme geführt hat, daß letztere erloschen, b-zw. im Erlöschen begriffen sei. Dem ist leider nicht so. Die Epidemie hat an Ausdehnung in ganz beunruhigender Weise gewonnen, und die Zahl der täglichen Erkrankungen ist auf das Vierfache von früher gestiegen. Wie man hört sollen allein in den letzten 3 Tagen gegen 50 weitere Fälle zu behördlichen Anmeldung gelangt sein. Während der Typhus anfänglich ziemlich lokalisiert auftrai, gicbt es jetzt wohl kaum noch eine Straße, in der er nicht zu finden ist. Daß das Wasser die alleinige Schuld an der Verseuchung tragen soll, scheint z«ei- felhaft zu sein. Es giebt notorische Wassertrinker, die seit der Epidemie „aus Prinzip" das doppelte Quantum Wasser täglich trinken und gesund bleiben.
Von der bayerischen Grenze, 23. Mai. Vor einigen Tagen gingen zwei Männer von Ersingen nachts in den Wald, um zu wildern. Plötzlich traf «inen derselben, einen 42jährigen, verheirateten Mann, eine Kugel in den Rücken, die ihn sofort tötete. Es verlautet, der jüngere Begleiter sei der unabsichtliche Mörder, indem sein Gewehr sich unvermutet entlud.
Kaiserslautern, 24. Mai. Auf dem Bahnhof der Station Enkenbach stießen gestern abend zwei Güterzüge infolge falscher Weichenstellung zusammen. Der Zugführer Ernst von Neustadt wurde gelötet, 4 Bahnbeamle wurden leicht verletzt. Der Materialschaden ist beträchtlich.
— Der 44jährige Postassistent August Ullrich vom Postamt Dresdner-Bahnhof in Leipzig ist mit 180,000 in 40 Geldbriefen am Sonntag flüchtig geworden. Er ist kräftig gebaut, hat röttichbtoudes gelocktes Haar, rötlichbtonmu Schnunoar!. Er soll