Rundschau.

(Postsache) I» Wildbad wird bis auf weiteres je über die Badsaison eine Post' annahm-stelle im K. Badhokel eingerichtet, bei welcher Postsachen aller Art mit Aus nähme der Pakeisendungen sowie Tele­gramme aufgegeben, Zeitungen bestellt und postlagernde Sendungen Päckereien aus­genommen abgeholt werden können. Mit der Postannahmestelle wird eine öffentliche Telephonstelle verbunden, welche unter den für die Benützung der öffentlichen Telephon­stelle beim Telegraphenamt Wildbad (Bahn­hof) geltenden Bestimmungen während der Postschalterstunden jedermann zugänglich ist. Die Eröffnung der Postannahmestelle findet am 10. Mai statt.

Dem Vernehmen nach beabsichtigt die württembergische Eisenbahndirektion für ge­wisse Schnellzüge Schlafwagen für den Bahn- hos einzuführen, so daß cs also Reisenden, welche spät abends ankommen und früh morgens wieder wciterfahren, möglich wäre, im Coupe zu verbleiben, ohne ein Hotel aufsuchen zu müssen. Die Vergütung soll eine sehr mäßige werden-

Lndwigsburg, 5. Mai. Der Roßdieb, der letzten Dienstag tn Eglosheim ein wert­volle« Pferd gestohlen, ist in Illingen in der Person de« vielbestraften Korbmachers Fried­rich Lindner von Untcrstelzhausen, OA. Crailsheim, festgenommen worden. Den größ- tcn Teil des Erlöses hatte der Dieb bei seiner Festnahme schon verpraßt.

Freudenstadl, 4. Mai. Auf erschütternde Weise ist Mittelschullehrer Widmann in Dornstetten aus dem Leben geschieden. Schon seit einiger Zeit fühlte er sich nicht wohl, litt insbesondere an Schwindel und Kurz­atmigkeit, konnte aber doch noch immer seine Schule versehen. Am Montag abend legte er sich zeitig zu Bette. Vermutlich um frische Luft zu schöpfen, eilte er ans Fenster und ist in einem Schwindelanfall zum Fenster hinausgestürzt, während seine Angehörigen nicht ,m Zimmer waren. Die Verletzungen, die er durch den unglücklichen Sturz erlitten, waren so schwer, daß er nach qualvollen Lei­den verschied.

Ebingen, 4 Mai. lieber den Raub­mörder Paul Vailer, welcher den Fuhrknechi Löffler erschlagen und beraubt hat, liegen noch folgende Einzelheiten vor: Bailer, der neben dem Ermordeten schon gedient haben soll, halte seit lange ein unstälcs Leben ge­führt. In letzter Zeit trieb er sich in Hechingen beschäftigungslos umher; vorher stand er in verschiedenen Stellen als Knecht in Diensten. Als letzten Dienstag ein würt- temdergischer Landjäger mit dem Signale­ment deS Mörders in Hechingen eintras, lenkte sich der Verdacht sofort auf Bailer, der von der Polizei schon seit längerer Zeit für einen gefährlichen Burschen gehalten und deshalb scharf beobachtet worden war. Man schritt darum sofort zu seiner Verhaftung. Bailer hat, wie schon berichtet, ein offenes Geständnis abgelegt. Nach der scheußlichen Thal kehrte Bailer, der erst seit kurzem ver­heiratet ist, nach Hechingen zurück. Da seine Hosen mit Blut besudelt waren, trug er sie umgekehrt. Er begab sich zunächst in seine Wohnung, woselbst er seiner Frau, welche ihn auf Blutspurcn an seinem Hute auf­merksam machte, mitteilte, daß diese von einem Falle herrührtcn, wobei er auch den Schirm zerbrochen habe. Da« Geld wollte er von

einer Schwester erhalten haben, welche rück­ständigen Lohn eingenommen habe. Am Tag darauf besuchte Bailer dann den Hechinger Jahrmarkt, kaufte verschiedene Gegenstände ein, bezahlte frühere Zechschulden und rück­ständige Hausmiete und war besonder« de« Abends beim Bier und Gesang in heiterster Stimmung. Auch am DienStag früh galt sein erster Gang dem Besuch einer Wirt­schaft- Sein Schwiegervater wollte noch vor etwa 14 Tagen seine Tochter mit ihren zwei Kindern wieder zu sich nach Weilheim neh­men, da er davon benachrichtig wnrde, daß Bailer öfters von der Polizei belästigt werde, und somit nichts Gutes von ihm ahnte. Man vermutet, in Bailer nicht nur den Menschen, der vor nichtlanger Zeit eine Bo­tenfrau von Onstmettingen auf ihrem Heim­wege angefallen hat, sondern auch den Mör­der des Friedrich Stief l entdeckt zu haben, welcher am 5. September v. I. unweit der zwischen Burladingen und Hermannsdorf ge­legenen Ziegelhütte tot aufgefunden wnrde, über welche That bisher ein undurchdring­liches Dunkel gebreitet war. Der Regier­ungspräsident hat erst vor kurzer Zeit eine Prämie von 300 ^ für denjenigen ausge­setzt, der den Thäter zur Anzeige bringe oder Anhaltspunkte zu geben vermöge, die zu dessen Ermittelung führen.

Leutkirch, 5. Mai. Von einem schweren UnglückSfallc wurde die Familie de« Hut- macherS Schell hier heimgcsucht. Das vier­jährige Söhnchen derselben geriet an ein ge­ladenes Gewehr und hielt dasselbe in kind­lichem Unverstände seinem 13jährigen, auf d-m Boden sitzenden Bruder mit den Worten: »Ich erschieße dich" vor die Brust. Letzterer suchte den Lauf abzulenken, doch zu spät, das Gewehr entlud sich und schwerverletzt sank der Knabe um. Die Kugel drang in die rechte Lunge, und konnte ein Versuch zu ihrer Entfernung bisher nicht unternommen werden.

Ravensburg, 5. Mai. Heute hat Metz­ger Diemer hier beim Blaserhof (bei Eschach) einen prachtvollen Fischadler, welcher sich in einem Hopfengarten in den Draht verwickelt hatte, lebend gefangen. Der Fischräuber hat laut Oberschw. A. eine Flügelspannweite von 164 vm. Der Adler hat sich scheint's ver­flogen, da diese Sorte in unserer Gegend selten ist.

Von der bayerischen Grenze, 4. Mai. Auf eine ungewöhnliche Weise kam in Gest- ratz das 1*/4 Jahre alte Kind eines Schnei­dermeisters ums Leben. Letzterer ließ einen Wagen voll Holz vor das Haus führen und, um ihn rasch abzuladen» umwerfen. Im Augenblick des Umwerfens lief daS Kind unter den Wagen und wurde sofort getötet, ohne daß der tragische Vorgang von jemand bemerkt wurde. Erst noch zwei Stunden wurde das Kind als Leiche unter dem Holz- haufenentdeckt-

Ein gräßlicher Mord ist in Werden a. d. Ruhr verübt worden. Der Kostgänger Mühlenarbeiter Pinken schnitt seiner Wirtin, der Frau Stratmann, mit einem Brotmesser den Hals bis auf die Wirbelsäule durch. Nach der That legte sich der Mörder in« Bett. Der berittene Gendarm Merz, der zufällig in der Nähe war, wurde von Kindern von dem schauerlichen Vorfall benachrichtigt. Er fand die Frau im Wohnzimmer auf dem Bvden im Blute liegen, daneben ein neues Brotmesser. Sie röchelte noch, hatte aber

da« Bewußtsein schon verloren, so daß sie keine Antwort mehr auf die an sie gerichteten Fragen geben konnte. Bei Durchsuchung des Hauses fand der Gendarm den Mörder in einem verschlossenen Zimmer, das erst ge­waltsam geöffnet werden mußte, in Hose und Hemd voller Blutflecken im Bett liegen. Er gestand die That unumwunden ein, gab aber über die Motive keine weitere Auskunft. Der Mann der Ermordeten, ein fleißiger, nüchterner Arbeiter, war außer sich vor Schmerz. Auf dem Wege zum Gefängnis hatte der Gendarm die größte Mühe, den Mörder vor der Lynchjustiz der erregten Menge zu bewahren. Die Frau ist ihrer Verletzung bald nach geschehener That erlegen.

In Ludwigsstadt (Oberfranken) ist der Freiherr Max v. Kühlern verhaftet wor­den, der Direktor einer Kunstreitergesellschaft war und sich gegen seine Angehörigen schwer verfehlt hat. Als vor einigen Tagen auf der Reise ein Pferdchen mit einem Wagen zu Falle kam und tot blieb, trat der Ver­haftete seine eigene Schwester, die das Pferd gelenkt hatte, mit Füßen, erstach in der Wut drei weitere Ponys, zertrümmerte mit einer Axt den Wagen, in dem die Familie wohnte, und vergriff sich dann an seiner Frau und an seinen fünf Kindern, während die übrigen Mitglieder der Gesellschaft vor dem Rasen­den die Flucht ergriffen. Auf das Geschrei der Frau und der Kinder eilten Polizisten und mehrere Männer herbei, gegen die sich v. Kühlern mit einem Dolche wehrte. Er wurde festgenommen.

In Heimersdorf bei Hirsingen im Ober-Elsaß wurde am Sonntag abend der 70jähr. Polizeidiener Jos. Kleiber erschlagen. Der Verdacht richtet sich auf 3 junge Leute in den zwanziger Jahren, die am Abend zu­vor den alten Mann im Wirtshausc wegen eines Haftbefehl« zur Rede stellten. Sie wurden sofort in Haft genommen, an der Weste des Einen fanden sich Blutflecken.

München, 2. Mai. Adele Spitzeder, jetzige Kapellmeisterin Vio, wird abermals wegen Betrugs und Vergehen« wieder die öffentliche Ordnung vom Amtsgericht Mün­chen steckbrieflich verfolgt.

Diedenhosen, 30. April. Der glückliche Gewinner des großen Lose« der preußischen StaatSlotterie, Spezereihändler Thibaut hier, erhält, wie dieMosel- und Nied-Zeitung" schreibt, in der letzten Zeit Bettelbriefe aus allen Gauen. An einem einzigen Tage kamen 61 solcher Briefe an. E« wurden darin als Almosen die Summen von nur 10 000, 3000 Mark u. s. w. erbeten. Unter diesen Bittstellern befinden sich u. a. ein gefallener Baron, verkrachte Kaufleute, unglückliche Spieler u. dgl. m. Selbst mit zwei aus­gefüllten Postmandatcn, schon frankiert, kam eine solche Bittschrift an, worin bemerkt wird, Herr Thibaut möge eine nicht zu kleine Summe auf dieselben setzen und dem bedrängten Ein­sender zuschicken. Ein Brief rührte von dem Sohne einer ehemals in Diedenhosen an­sässigen Familie her; der Absender bat um 500600 damit ermal. wieder eine Reise nach seiner Gebursstadt Diedenhosen machen könne."

Zweihundert Menschen in die Donau gestürzt. Am 30. April war die rumänische Stadt Braila der Schauplatz eines wahrhaft entsetzlichen Unglücksfalls, der allüberall in der Bevölkerung die größte Aufregung und Bestürzung hcrvorrief. Es war der griechische