Die Wallfahrt nach Kzenstochau.

Roman von Johanna Berger.

(Nachdruck verboten.)

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Der Alte fuhr sie aber noch rauher an: Was, raisonieren will das Heidenmädel auch »och 2 Mund Hallen, sage ich Dir, oder " Und nun stolperte er fluchend in's Zimmer hinein und schleuderte seine Sachen heftig auf einen Stuhl.Warum bist Du heute Abend so lange fortgeblieben?" schrie er wieder.Warte, ich werde Dir das Her- umtreilxn anstreichen i"

Ich treibe mich nicht herum," erwiderte Jadwiga kurz.Ich konnte nicht früher vom Herrenhause abkommen, die Pani hatte meine Hülfe nötig." Sie stellte den Leuch ter auf den Tisch und holte Schlafrock und Pantoffeln für ihn herbei.

Kann es mir schon denken," höhnte er. Die Pani die gnädige Pani und immer­zu die Pani l Freilich, das Nichlsthun, das Schlaraffenleben und das Edelfräuleinspiclen ist ja ganz etwas Anderes, als dem alten Vater die lumpige Wirtschaft führen. Da­für sind die zarten Fingerchen zu schade I" Er ließ sich plump und breit aus dos Sopha fallen un» streckte beide Füße weit von sich weg.Nun, gibt's nichts zu essen, oder will das feine Püppchen mich etwa verhungern lassen?"

Das Mädchen ging ruhig in die Küche und kam bald darauf mit einem kleinen Tab­lett zurück, auf dem sich ein paar Teller mit Brot, Butter und Käse befanden. Sie breitete eine Serviette über den Tisch und setzte die Speisen, ohne ein Wort zu sprechen, Vör­den Vater hin.

Undankbares Geschöpf!" wütete dieser, indem er mit der Faust dröhnend auf den Tisch schlug.Ist La« ein Abendbrod sin­nlich? Wie einen Bettelmann willst Du mich abspeisen? Aber, ich will Dich schon MoreS lehren, ich will Dir schon zeigen, was Respecl heißt! Ja, zum Donnerwetter, Du sollst mich heute noch kennen lernen!"

Leichenblaß stand Jadwiga vor ihm, ihre Zähne klapperten hörbar. Aus den engel­schönen Zügen war jede Spur von süßer Anmut und Liebreiz verschwunden; ihr Ge­sicht sah finster, trotzig und hart aus. Sie neigte sich aber ganz furchtlos zu dem Toden­den hinüber, blickte ihm rubig i» das rohe, gemeine Gesicht und sagte Ichart:Mach' keinen solchen Lärm, Vater! WaS sollln die Nachbarn davon denken? Du hast wie­der einmal zu viel getrunken!"

So, meinst Du? Willst mich wobt noch auSzanken deshalb! Kann sein, » die paar Gläser Schnaps mir in den Kopf gestiegen sind bei dem Aerger, den ich alle Tage herunterschlucken muß. Da hat der Lieutenant Baranow wieder eine Zulage er­halten , während ich noch immer mit d-n elenden zwanzig Rubel Tractament den Mo­nat Haushalten muß. Ein reines Lumpen- gels für einen kaiserlichen Offizier l Das reicht nicht zum Leben, nicht zum Sterben aus. Hungern muß man, Not leiden und Gott danken, wenn noch ein paar Kopeken übrig sind, um einmal Wodki zu trinken. Aber die Russen und die Herren von Adel bekommen Zulagen," so fügte er immer

grimmiger hinzu,und die drüben im Herrenhause von Lygotto, die trinken Sect und essen Lamp'cttn und Austern und aller­lei Delicates; sie borge» sich das Geld zu­sammen und lebe» flott!"

Aber Vater, was redest Tu fürthörich teS Zeug durcheinander I WaS hat der Edel- hof mit Deinem Sold zu thun? Was küm­mert Dich die gnädige Herrschaft in Lygotta ?"

Was sie mich kümmert? Sonderbar, daß Du noch fragst. Steckst Du nicht Tag und Nacht da drüben bei ihnen und löstest meine Wirtschaft darüber zum Teufel gehen I"

So lange ich denken kann, bin ich im Herrenhause gewesen und früher war es Dir immer Recht. Ich vernachlässige Dich nicht dabei, Vater lund jeden Tag sehe ich nach dem Rechten bei Dir. Heute war es mir nicht möglich, sei nicht böse deshalb -- wir haben Gäste in Lygotta I"

Ja, Gäste, Schmaus und Zecherei, da haben wir's wieder I Aber für mich ist Brot und Käse gut genug l Oh, Du zärtliche Toch­ter I Na warte, morgen sage ich der vor­nehmen Sippschaft die Wache an I Ich mache der Lauferei ein Ende, ein Ende mit Schrecken. Ich will's ihnen schon geben geben, so wahr ich Wytek heiße! Ich will"

Das wirst Du Alles bleiben lassen, Vater," fiel ihm das Mädchen in's Wort, denn ich werde es nicht leiden I Und wenn Du vergessen hast, wie viel Gutes die Herrin von Lygotta Dir schon erwiese», so denke ich doch daran I Ohne sie würdest Du heute nicht einmal etwas zum Essen gehabt haben, denn alles Geld, was Du einnimmst, giebst Du für Branntwein aus I"

Die Bielinskis sind ein Lumpenpack," schrie zornig der Alte.Der ganz?Edelhof ist verschuldet, und von Rechtswegen ist Jtzig Schmul der Besitzer davon I Denkst wohl, der junge Herr, der Windbeutel, wird da wieder Ordnung in die Lodderwirtschaft hinein- bringen I Ja der ist gerade der Rechte dazu. Und dabei thut er noch stolz, blickt hochnäsig zur Seite, wenn man ihn ausprechen will, und trägt den Kopf hoch, als wäre er Väter­chen Zar! Der, der Hansnarr der!"

Pan Roman ist kein HanSnarr, er ist ein Edelmann I Laß das Schimpfen, Vater! Es ist gut, wenn man stolz ist und seinen Stand beobachtet. Und was die Schulden betrifft, nun," ihre Stimme bebte, er wird sie in Kurzen? bezahlen, denn er betratet die reiche Gräfin Kwilecka!"

Dmumbeite», die wird ibn gerade neb men! DaS hat Dir wohl geträumt! Aber Du redest der hochmütigen Bagage immer das Wort, weil ich sie nicht leiden kann. Und mir zum Aerger Ihust Du auch schön mir ihnen. Hier zu Hauie brennt Dir der Fiißi'vden unter den F-Üß.-N, aber nach Ly gotta läufst Du hm, wen» Feuer u. Wasser vom Himmel fällt! Aber das soll anders werden, sage ich Dir! Von jetzt an bleibst Du bei mir! Hier im Hause ist Dein Platz und nirgends anders! Wehe Dir, wenn Du nicht gehorchst! Du betrittst den Edel- bof nicht wieder, sonst . .

Vater!" schrie Jadwiga, Vat-r, hör auf, ich ertrage es nicht länger I" Und nun stand sie hoch aufgerichtet vor ihm, die dunkelbtau- n Augen funkelten wie Kohlen ln dem tot­bleichen Gesicht.Ich werde Dir gehorsam sein, aber quäle mich nicht ohne Grund. Und wenn es Dich beruhigen kann, so will

ich'S Dir verraten, daß ich vor einer Stunde schon für immer Abschied von Lygotta nahm." Ihre Lippen zuckten, sie griff mit der Hand nach dem Herzen, der Schmerz wollte sie übermanne».Ja, Vater, ich kehre nicht wieder in's Herrenhaus zurück, ich bleibe bei Dir, aber Du mußt auch gut sei», k-inen Schnaps mehr trinken und die Menschen, die ich liebe, nicht schmähen! Ohne sie hätte ich mein freudloses Leben wohl kaum ertragen und ich werde ihnen dankbar bleibe» bis zu meinem letzten Ständlein! Auch Dir haben sie noch nie etwas Böses gethan. Du darfst sie niemals wieder schlecht mache», nicht schimpfen, nicht beleidigen, ich dulde es nicht, und wenn Du es dennoch thust, Vater!" Sic sprach laut und zornig und ihre Hände ballten sich.Ich habe einen steinharten Kopf, wenn ich ihn haben muß, ich kann meinen Willen schon durchsetzen; reize mich also nicht!"

Was, Du willst-mirVorschriften machen!" schrie der Alte ganz erbost.Das wird ja immer schöner! Aber Geduld, ich werde Dir den steinharten Kopf zurcchtsetzen, den trotzigen, eigensinnigen Kopf!"

I Fortsetzung folgt.)

Im Lenze.

Seht her, der ems'ge Gärtnersmann Ist fleißig schon im Garten,

Um, da der neue Lenz begann,

Die Blumen rings zu warten.

Ist es nicht wahrlich eine Pracht,

Erblickt man nicht mit Freude,

Wie alles durch der Schöpfung Macht Jetzt prangt im Festtagskleide?

So dachte still der wack're Mann Mit fröhlichem Gemüte,

Da trat ein junger Bursch heran Und bat um eine Blüte.

Grüß Gott," ruft jener wohlgelaunt.

Ihr wollt ein Röslein haben?

Ich seh' es gleich, mein Freund, Ihr staunt, Ob solcher Frühlingsgaben."

Ihr seid ein jung' fideles HauS,

Im Lenze Eures Lebens.

Sucht Euch der Blüten schönste aus,

Ihr bittet nicht vergebens."

Da trat des Gärtners Töchterlein .Zur Thür heraus bescheiden,

Ihr Auge strahlt so fromm, so rein,

Sie nähert sich den Beiden.

Als sie den schmucken Burschen sieht,

Senkt sie beschämt die Lider,

Ihr holdes Antlitz rosig glüht,

Sie will entweichen wieoer.

Gut denn," der Junker freudig spricht,

So nehm' ich Euch beim Worte,

Ein schön'res Röslein gibt es nicht,

Als jenes bei der Piorie"

O laßt mich nicht vergebens fleh'n,

Helft- mir zu meinem Glücke;

Ein Röslein wohl, wie dies so schön Ich nirgends mehr erblicke."

Doch wenn die Thräne sprechen kann Im Angesicht des Alten,

So sagt sie, daß der Gärtnersmann Sein heilig' Wort gehalten.

Denn als der Vöglein bunte Schar Hoch aus den Zweigen lauschte,

Erblickte sie ein glücklich Paar,

Das Liebesschwüre tauschte.

Jedoch ein Jahr darauf, da schnitt Die Rosen man für Kränze,

Weil froh ein Paar zur Kirche schritt Im schönen Liebeslenze.

Druck und Verlag von Bernh. Hvfwann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur Beruh- Hosinann).