Rundschau.
Stuttgart, 19. April. Regi«rungs,a« Dr. jur. Platz bei der Zentralstelle für Gewerbe und Handel ist in die Direktion der Lebensversicherung- und Ersparnisbank berufen worden.
Stuttgart, 19. April. Der LandtagSabg. der Stadt Stuttgart, Kommerzienrat Gustav S>älin, Teilhaber der Eisen- und Metall- warenhandlung Zahn und Co., ist den Folgen deS schweren Herzleidens, dos ihn seil Monaten befallen und daS seit Wochen eine Hoffnung auf Genesung nicht mehr aufkommen ließ, heule früh 6 Uhr nach qualvollen Leiden erlegen. Mit Gustav Stälin scheidet einer der beste» und um das Gemeinwohl ver- diensteten Bürger Stuttgarts aus dem Leben.
Aaleil, 17. April. Am 27. und 28. Mai wird hier daS V. mitlelschwäbische Gauschieße» abgehalten. Das Programm für dasselbe ist festgestcllt und kommt demnächst zur Veisendung. Nach der Schießordnung wird auf 11 Scheiben geschossen,'nämlich auf 7 Standscheiben (5 Schnapper, 1 Fest scheibe und I Ehrenscheibc) und 4 Feldscheiben (3 Schnapper und 1 Festscheibe).
Lmsenhofen, 19. April. Zwei schwere Gewitter richteten gestern nochmittag hier großes Unglück an. Auf dem Felde in der Richtung nach Beuren standen während des Gewitters 3 sunge Leute unter einem Baum, in den der Blitz schlug. Einer — der 19 alte Friedrich Läppte — wurde geiöiei; die zwei anderen waren bewußtlos, kamen aber, ohne Schaden zu nehmen, mit dem Schreck davon. 50 Meier von d>, Unglücks stälte enisernt zeripluieNe der Butz ei>>>>> starken Birnbaum. Aus der andern Se»e der Markung schlug der Blitz in eine Tanne und zertrümmerte auch diese.
Urach, 18. April Gestern morgen war das Haus des Bäckers Sch. hier außergewöhnlich spät noch verschlossen und wurde auch auf starkes Klopfe» an die Hansihüre nicht geöffnet. Als man dann mu Gewalt öffneie, fand man in der Stube auf dem Tisch ein brennendes Licht und daneben ein Gesangbuch, in welchem das Lied: „Jesus nimmt die Sünder an rc." aufgeschlagen war. Bei weiterer Durchsuchung der Wohnung wurde der einsam wohnende Man» im Dehn, erhängt aufgefundcn. Der vor einigen Wochen erfolgte Tod seiner Frau scheint dem Unglücklichen so zu Herzen gegangen zu sein, daß er Hand an sein eigenes Leben legte.
Heidenheim, 19. April. Von einem schmerzlichen Unglück wurde laut UlmerZtg. die sich hier aushaltende Schanspielerfamilie Ochcrnal betroffen. Ihr im 7. Lebensjahre stehendes Töchterlein erblindete rasch auf einem Auge, und das andere Auge wird ebenfalls kaum zu retten sein. Die Ursache der Erblindung soll ein heftiger Schreck sein, in den das Kind dadurch versetzt wurde, daß ein großer Hund es zu Boden rannte. -
Ulm, 20. April. Vom 1. Mai ab ist die Besteigung deS Hanplturms des Uimer Münsters gestattet, und zwar für Fremde gegen eine Gebühr von 50 auf den Viererkranz und von 1 ^ auf den Achterkranz; die Einwohner von Ulm bezahlen die Hälfte und haben vom 1. bis 11. Mai freie» Zu- ganflo
Waldsee, 17, April. Gestern abend wurde die große Wasserpumpe an der hiesigen Wasserleitung probiert. Die Probe siel zur Besriedigung aus. Dieselbe liefert in einer
Stunde 24,000 Liter Wasser in das Reservoir, was in demselben eine Wassererhöhung von 43 Centimeter verursacht, während die sich fortwährend im Gebrauch befindliche kleine Pumpe 18,000 Liter liefert. Die Wasserleitung ist bis jetzt in 452 Haushaltungen mil 648 Ausflußbahnen eingeführt. Die Wasserzinsen betragen von Privatgebäuden 4100 von Bierbrauern, je nach dem Malzverbrauch jeden JahreS berechnet ä, 12 -»s per Zentner, ergiebt 700 bis 800 ^ Durch diese Einnahmen werden die Zinsen samt Amortisation jährlich mehr als gedeckt.
— In Ravensburg kam cs anläßlich der Rekrutierung zu bedauerlichen Exzessen. Die dortigen Rekruten zogen vom frühen Morgen bis spät abends mit Fahne und Musik lärmend und schreiend von Wirtshaus zu Wirtshaus. Als abends von der Polizei nach wiederholten Ermahnungen, sich ruhig zu verhalten, der Befehl erteilt wurde, sich zu zerstreuen, wurde diesem Belehl nicht nur keine Folge gegeben, sondern die Rekruten und ihre Begleiter, meist Lehrlinge und junge Arbeiter, leider auch SLulknaben, verhöhnten und bedrohten die Polizei, bis endlich die Fahne abgefordert und etliche Verhaftungen vorgenommen wurden. Dies war Oel ins Feuer. Sofort versammelte sich eine große Menschenmasse vor der Polizei und verlangte lärmend und drohend Freigebung der Verhafteten und - er R-krntenfahne. Als dies nicht gl ich geschah, wurden Steine gegen die Polizeiwache geschleudert, eine Anzahl Scheiben und die Ga?laterne zertrümmert. Bei jedem K t-re,. und Krachen der Fenster brach die Ni »ge in wil >s Gejohle aus. Als endlich eie V rhafieten mit der Fahne freigegeben wurden, zerstreuten sich die Tumultuanten, in einzelnen Straßen dauerte jedoch der Lärm b s gegen Mitternacht. Für einzelne Rekruten wird dieser wüste Tumult, an dem sich auch Weiber durch Herbeitragen von Steinen b-ieiligt haben sollen, vor Gericht noch ein unliebsames Nachspiel haben. Auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft sind bereits Verhaftungen vorgenommen worden.
Konstanz, 18. April. Vom hiesigen Schöffengericht wurde der Privatier Säst, der ein V-rmögen von 60,000 Mark besitzt, wegen mehrfachen Wurstdiebstahls auS einem Metzgerladcn zu 8 Wochen Gefängnis verurteilt.
Von der badischen Grenze, 16. April In Overwitlighausen ereignete sich der gewiß seltene Fall, daß ein Muiterschwein 22 Junge zur Welt brachte, welche bis auf 2 alle am Leben und gesund sind.
Pforzheim, 19. April. I. K. H. die Frau Großherzogin erkundigte sich heute bereits zum drittenmal nach den Typhuskranken im städt. Krankenhaus. Es konnte heute erwidert werden, daß mehr Wiedergenesene als Kranke vorhanden seien und daß auch die Krankenschwestern, von denen 3 erkrankt (eine schwer krank) waren, glücklicherweise 2 wieder ans dem Weg der Besserung und eine wieder ganz hcrgcstellt sei.
— Wie der „Pforzh. Beobachter" auS zuverlässiger Quelle erfährt, beabsichtigt die Gemeinde Brötzingen eine Dampfstraßenbahn nach Pforzheim auf eigene Kosten zu errichten. Voranschlag, Pläne und Zeichnungen der Wagen seien bereits fertig und man hoffe, daß das Projekt sich verwirkliche.
— Wie verlautet, finden gegenwärtig
Verhandlungen zwischen den Ministerien
sämtlicher europäischer Staaten, behufs Einführung eines einheitlichen europäischen T>le- grammtarifs statt. Als einheitliche Taxe für jedes Telegramm bis zu einer bestimmten Wortzahl ist der Betrag von 1 Frks beabsichtigt.
Darmstadt, 18. April. Der Großherzog überwies 20 unbemittelten Brautpaaren des Großherzogtums je 1000 Mark als Geschenk.
Wiesbaden, 19. April. Laut Meldung des Rheinischen Kuriers aus Kronderg steht in allernächster Zeit der Besuch des Kaisers auf Schloß Friedrichshvf bevor.
— 13 Wagen zum Transport fiir eine Tonne Heringe. In einem Dorfe bei Gladenbach in Hessen haben die Landwirte eine» Bauernverein gegründet und beziehen durch diesen gemeinschaftlich ihre Bedürfnisse. Kürzlich hatten sie nun mehrere Waggons Thomasmehl und eine Tonne Heringe bestellt. Ihr Vertrauensmann bekam nun eines Tages ein Avis von der Güterspedition Fronhausen, er liest kurzweg „Tonne" und nahm an, die Düngemittel seien angekommen. Sämtliche Bauern mußten Wagen, Pferde und Kühe zur Verfügung stellen und wohlgemut zog der 13 Wagen lange Zug nach der 4 Stunden entfernten Station Frohnhausen hi». Dort angekommcn stellte es sich heraus, daß wohl die kleine Tonne Heringe, nicht aber das ThomaSmebl zum Abholen bereit stand. Tableau I Mit langen Gesichtern und unter dem Hurrah der Bevölkerung der zu passierenden O>te, wo die Geschichte wie >in Lauffeuer bekannt geworden war, ging es wieder der Heimat zu. Der schlaue Vertrauensmann wurde seines Amtes enthoben, auch soll ihm noch etwas Anderes passiert sein.
— In Ungarisch-Hradisch entstand während des Jahrmarktes ein großer Brand, der eine furchtbare Panik verursachte. 18 Gebäude brannten ab, darunter die Franziskanerkirche , deren Turm cinstürzte. Ein gichtleidendcr Oberfinanzrat, der sich durch das Fenster retten wollte, stürzte ab und blieb tot. — In Adlerkosteletz brannten nachts 33 Häuser ab. 300 Menschen wurden obdachlos, zwei Personen sind umgekommen.
— Auf sonderbare Art ist ein Soldat des Erlanger Regiments ums Leben gekommen. Er fiel beim Laufschritt so unglücklich auf sein Gewehr, daß er sich den Schließkolben, mit dem das Gewehrschloß auf- und zugemacht wird, in die Weiche stieß. Dadurch wurde ein Darm gequetscht. Durch auslretende Kotmasseu entstand eine Bauchfellentzündung, die auch durch eine Operation in der Klinik nicht beseitigt «erden konnte und infolge derselben der arme Mensch sterben mußte.
— Eine reiche Engländerin, Miß Clytton, welche in voriger Woche in Monte Carlo eine halbe Million verloren hatte, sprang in der Nackt zum Samstag in Viareggio von der Brücke der Badeanstalt Neptum ins Meer. Sie wurde als Leiche aufgefischt; in den Taschen ihrer Kleider fand man noch 35 Centesimi, in ihrem Hotelzimmer weder Geld noch Kleidungsstücke.
(Erklärt.) A.: „Die Wohnungen in diesem Hause sind schrecklich feucht I" — B.: „Kein Wunder, das Gebäude ist ja ausschließlich von Trinkgeldern erbaut; — der Besitzer war früher Hausknecht!"