Grerr wie KoL'ö.
Erzählung von Theodor Schund.
(Nachdruck verboten.)
1 .
„Also heiraten willst Du, Karl? Nun, so laß Dir von ganzem Herzen Glück dazu wünschen. Sie versichert, daß sich Niemand mehr darüber freuen kann als ich."
Diese Worte sprach Arthur von Wehr- dach zu seinem jüngeren Halbbruder Karl Gordeck.
Beide waren die Söhne einer Mutter, die, nachdem sie ihren ersten Gatten, de» Hauplmann von Wehrbach nach kurzer Ehe verloren hatte, dem Rittergutsbesitzer Hugo Gordeck ihre Hand zu einer zweiten Heirat reichte. Ihrem damals dreijährigen Söhnchen Arthur gab sie damit einen neuen Vater, wie sie keinen besseren hätte wählen können. Derselbe überschüttete seinen Stiefsohn mit Lubc und Zärtlichkeit, die sich auch nicht verringerte, als ihm selbst ein Sohn geboren ward.
Arthur und Karl wuchsen heran, die gleiche Erziehung, die gleiche Liebe von Eltern genießend, und reiften zu Männer». Arthur sollte nie empfinden, daß er dem Vater minder nahe stand, als sein jüngerer Bruder, nie — bis zu des Vaters Tode; für diesen Fall aber gebot es dessen Pflichtgefühl, dem eigenen Sohne volle Gerechtigkeit widerfahren zu lasten.
Karl sah sich nach dem Tode seines Vaters im Besitz eines bedeutenden Vermögens, während Hauptmann von Wehrbach bei seinem frühzeitigen Tode nicht an die Zukunft seines Söhnchens halte denken können.
Doch das hatte in dem innigen Verhältnis der beiden Brüder zu einander nichts geändert.
Karl hatte das Gut seines Vaters übernommen, wahrend Arthur zu stolz, des Bruders Anerbieten, dessen Besitzung gemeinsam zu bewirtschaften, anzunehmen — bis vor Kurzem Verwalter eines bedeutenden Gutes in Schlesien gewesen war. Aber als auch ihre Mutter, die bei Karl gelebt hatte, dem Vater in das Jenseits gefolgt war, ließ Karl nicht mit Bitten ab, bis der Bruder nachgab und zu ihm zog.
Das war vor kaum einem Jahre gewesen. Damals war Arthur dem Bruder ernst, sorgenvoll, ja ein wenig bitter erschienen — so ganz anders als früher. Anfangs schrieb Karl diese Stimmung dem Verlust der Mutter zu ; aber die Zeit, die solche Wunden ja allmählich lindert und heilt, verstrich, und Arthur blieb so ernst wie zuvor,
Karl hatte mehrmals eine Frage darüber hingeworfen, aber er sah wohl, wie sein Bruder einer direkten Frage auswich, und er kannte ihn zu gut, um zu wissen, daß derselbe bei seinem Schweigen beharrte, wo er schweigen wollte, ebenso wie er Karl unumwunden zu seinem Vertrauten machen würde, wenn es ihn nach einer Anssprache, nach einer teilnehmenden Seele verlangte. Darum schwieg Karl und wartete geduldig, bis sein Bruder aus freien Stücken zu ihm kommen und ihm erschließen würde, was ihm auf dem Herz-m lastete.
Heute saßen die Brüder »ach einer sechs- wöchentlichen Trennung zum ersten Male wieder beisammen. Vor kaum einer Stunde war Karl von einer Badereise auS Ems,
wohin der Arzt ihn eines leichten HalSleidenS wegen hingeschickt hatte, heimgekehrt und da hatte er bei einem Glase Wein und einer guten Cigarre dem Bruder dte kurze, glück liche Geschichte seiner Liebe erzählt.
Er hatte in Ems die Bekanntschaft einer jungen Dame gemacht, deren Schönheit, Anmut und Liebenswürdigkeit er mit den glänzendsten Farben eines Verliebten schilderte, Marie von Dedenhofen, Karls Braut, war, obgleich erst zweiundzwanzig Jahre, bereits Witwe. Gänzlich verwaist, und fast mittellos, in der Welt stehend, hatte sie einem Fünfziger, einem feingebildeten, vermögenden Mann, der nicht nur die äußeren, sondern auch den Adel der Seele besaß, die Hand gereicht, in der Hoffnung, damit in einen ruhigen sicheren Hafen einzulaufen. Aber dieser Schritt sollte sie erst recht auf die hohen Wogen des Lebens treiben. Ihr Gatte ward nach wenigen Monden durch einen plötzlichen Tod entrissen, und Marie stand wieder vereinsamt wie zuvor, nur mit dem Unterschiede, daß sie früher arm und unbeachtet war, während sie jetzt, im Besitz eines stolzen Namens und eines bedeutende» Vermögens, Aller Augen auf sich zog. Ihre einsame Stellung in der Welt war bei ihren jungen Jahren um so bedenklicher. Aber ehe die Gefahr an sie herantrat, durch Schmeicheleien, falsche Vorspiegelungen und leeren Schein sich bethören und blenden zu lassen, lernte sie den edlen Karl Gordeck kennen und lieben, dessen Neigung ebenso rein, selbstlos und unberechnet zu ihr war, wie die ihrige zu ihm.
Bei dem regen zwanglosen Verkehr des Badelebens war ihre gegenseitige Liebe rasch gereift, und bevor Karl Ems verließ, halte er den ersten Kuß auf ihre Lippen gedrückt und den Verlobungsring am Finger.
Das Alles hatte Karl seinem Bruder gleich nach seiner Rückkehr voll Eifer und glücklicher Erregung erzählt. Arthur war ihm schweigend, doch voll Interesse gefolgt. Wohl legte sich bisweilen ein halb mitleidiger, halb bitterer Zug umseine Lippen, der Bruder aber, ganz in sein eigenes Glück vertieft, bemerkte davon nichts. Noch weniger ahnte er, daß — als er selbst sich bereits zur Ruhe begeben hatte und seine glücklichen Gedanken anfingen, in süße Träume überzu- gehen — Arthur, den Kops in die Hand gestützt, in seinem Zimmer bei einer mattbrennenden Lampe saß. Seine Stirn marin finstere Fallen gezogen, um seine Lippen Lag ein schwermütiger Zug, seine Augen blickten düster ins Leere.
Woran mochte er denken ? Sehnte er sich darnach, auch ein geliebtes Wesen zu finden, das ihn mit gleicher Hingebung lieben könnte? — Oder hatte er dies Glück bereits gekannt und verloren? War es das vielleicht, was ihn seit zwei Jahren so ernst, so verschlossen gemacht hatte?
Ja, in der That, Karl's lebhafte Schilderung seiner jungen Liebe hatte e>ne Wunde in des BruderS Brust getroffen, die nicht berührt werden durfte, wenn sie nicht von neuem bluten sollte. — Auch er hatte geliebt, mit derselben, wenn nicht mit noch größerer Leidenschaft als sein Bruder, ein Mädchen, so lieb, so stolz, so schön — wie hätte Karls Braut schöner sein können? — Konnte er sich da nicht erinnern, je ein schöneres Mädchen gesehen zu haben. Auch sie hatte Marie
geheißen. Sie wohnte mit ihrem Vater, einem Kaufmann, Namens Bonnet, der sich vom Geschäft zurückgezogen hatte und von einer kleinen Rente lebte, in der Nähe des Gutes, auf welchem Arthur Verwalter gewesen war. Ein Freund halte ihn in d>e Familie eingeführt und bald war er in dem Bonncttscheu Hause ein gern gesehener Gast. Seine Besuche wurden häufiger und mit jedem Male lernte er Marie's Schönheit und edle Eigenschaften höher schätzen. Er verschloß die Liebe zu ihr stumm in seiner Brust, bis tausenderlei Kleinigkeiten ihm verrieten, daß auch er ihr nicht gleichgültig sein konnte. Als er ihr nun sein Herz erschloß, sie sich innig an ihn schmiegte und ihre zitternde Hand in der seinen ruhte, da fühlte, da wußte er, daß sie mit ganzer Seele die Seinige war.
(Fortsetzung folgt)
Verschiedenes.,
(Der Mann zweier Frauen ) Vor dem Strafrichter des Wiener Bezirksgerichts Favoriten hatte sich am 16. Dezember der Schlossermeister Joseph Krziz-k wegen Falschmeldung zu verantworten, weil er die mit ihm lebende Anna Kappon als seine Frau in den polizeilichen Meldezettel eingetragen hatte. Richter: Sie sind ja verheiratet I Wo ist denn Ihre rechte Frau? Ang.: Die war damals im Jrrenhausc. Richter: Und wo ist sie jetzt? Ang.: Bei mir. Richter: Sie haben also zwei Frauen im Hause. Vertragen sich denn diese beiden miteinander ? Ang.: Ja, wie Hund und Katze. Mein rechtes Weib ist schon wieder nahe daran, ins Irrenhaus zu kommen. Richter: Das glaub' ich, wenn sie eine solche Wirtschaft vorfiudet. Haben Sie Kinder? Ang.: Ja, von stder Frau zwei. Der Angeklagte mußte schließlich, da die Strafanzeige einige Monate zu spät gegen ihn erstattet war und die Sache verjährt ist, freigesprochen werden. Er verläßt den Saal, kehrt aber soaleich wieder zurück und wendet sich an den Richter mit der Frage: Ich bitl', Herr Richter, was soll ich denn jetzt anfangen mit den zwei Frauen § So viel, als die beiden braucken, kann ich ja nicht verdienen! Richter: Das hätten Sie eben früher bedenken und überlegen sollen! Ang.: Ja, »ach unserem G- setz darf doch kein Mann zwei Frauen haben? Mich muß das Gesetz schützen und m>r ein Weib wkgnehmen l Mir ist ganz gleich, welches! Richter: Es ist traurig, wenn Ihnen Ihr Gewissen nicht sagt, daß Sie Ihre ehelich angeiraute Gattin behalten müssen I Ang: Ja — aber die andere geht nicht. Richter Sie müsse» Mittel und Wege finden, Ordnung zu machen. Ich kann hier nichts verfüge». Mit trübseliger Miene entfernte sich bieiauf der Mann zweier Frauen aus dem Verhandlungssaale.
Der Rest bleibt. „Schnell, Barbier!" sagte ein Herr, der in eine Raflerstubc trat, „rasieren Sie mich, ich sehe schon auS wir ein Stachelschwein!" — „Sofort, mein Herr," sagte der höfliche Rasierer, „die Stacheln werden wir bald weg haben I*
.-. (Der schuldige Teil ) Frau: „So oft ich in die Küche komme, Lisette, sehen Sie zum Fenster hinaus l" — Mädchen (schnippisch); „Ja, Sie kommen eben immer zur Unrechten Zeit."
ü lk li' Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.)