Liebreiche Weihenacht,
Sei gegrüßt in Deiner Pracht I So viel Sterne als da schimmern, So viel Kerzen heute flimmern, Sterne an dem Himmelszelt, Kerzen ans der Erdenwelt.
Liebe hat die Stern' gemacht, Lieb' die Kerzen angefacht,
Liebe ans des Himmels Höhen Läßt der Schöpfung All bestehen Mit allmächt'ger, weiser Hand, Liebe webt der Menschheit Band.
Sic wirkt in der Weihcnachl Ihres reiche» Segens Macht.
Auf dem weiten Rund der Erde, Läßt man jedes HauseS Herde Liebe heute eingestehen:
Ja, das Leben ist doch schön.
Liebe spricht aus jedem Blick,
In der heil'gen Weihenacht
Reichste Freude, höchstes Glück,
Ueberall die Liebe wacht.
Hell, wie an dem Baum die Kerzen,
Wo die Armut bange zaget,
Strahlt die Liebe in den Herzen,
Wo ein Herz verwundet klaget,
Froh wie ihre Kinderschar,
Bringt der heil'gen Liebe Macht
Ist beglückt das Elternpaar.
Hilfe, Trost zur Weihenacht.
Ms Weihnachtsträumchen.
Erzählung von Carl Cassan.
Nachdruck verboten.
4.
„Zu Befehl, Ew. Durchlaucht."
Der Wagen hielt noch vor der Thür; er brachte die beiden Herren sofort zum Gefängnisse, wo sie der Direktor mit Staunen und tiefen Bücklingen empfing.
Zehn Minuten später stand Gebhard Körber, ein stolzer, ungebeugter Mann, vor dem Direktor, welcher sagte: „Gebhard Körber, Seine Durchlaucht, unser gnädigster Fürst, welcher gestern aus Italien zurückgekehrt ist, hat heute Höchstselbst Ihre Freilassung und die Niederschlagung Her Untersuchung gegen Sie angeordnet. Lernen Sie einen Mann ehren und achten, der Ihnen so gnädig Ihr Vergehen gegen seine Person verzeiht. Sie können zu Ihrer Familie gehen.
Der trotzige Mann zuckle zusammen und stammelte dann: „Wie? Was, Herr Direktor, höre ich recht?"
Jener lächelte: „Allerdings, Körber, Sie sind frei und können gehen, wann Sie wollen. Hier stehen Se. Durchlaucht, welche Ihnen Höchstselbst solches bestätigen werden."
Da trat der Fürst vor und sagte hoheitsvoll : „Der Herr Direktor hat die Wahrheit gesagt, Körber. Ich will Ihnen verzeihen, denn Sie wußten wahrscheinlich nicht recht, was Sic thaten, als Sie sich gegen den Träger der Slaalsoberhoheit versündigten. Eilen Sie heim, Ihre Familie erwartet Sie I"
Körber taumelte, so mächtig überraschte ihn das Alles. Er stieß dann einen lauten Schrei aus und fiel zu des Fürsten Füßen, wobei er schluchzte: „O, Ew. Durchlaucht, tausend Dank für die Gnade I Nie werde ich wieder so schlechte Reden führen."
Der Fürst aber sagte ernst: „Nicht wahr, ganz so schlecht bin ich doch wohl nicht, als Sie mich gemacht? Stehen Sie auf, Mann; der Mensch soll nur vor dem Allerhöchsten kniecn, ich aber bin nur sein Diener. — Adieu!"
Der Fürst zog den Staatsanwalt mit sich fort in die Droschke hinein und sagte: „Sehen Sie, mein Lieber, das ist nun meine Weihnachtsfreudk. Eilen Sie jetzt zu ihren Kindern I Ich bin leider kinderlos und muß ein einsames Weihnachten feiern. "
Er entließ den Beamten vor seiner Wohnung und rief dem Droschkensührer zu: „Nach dem Schlosse I" Dort angekommen, erhielt der verwunderte Rosselenker, als Fahrgeld
ein Goldstück; der Fürst aber eilte die Freitreppe hinauf, wo ihn schon Lakaien erwarteten und ihn auf seine Zimmer geleiteten. Nie hat dem Fürsten das Souper, zu welchem der Hofmarschall und der Hausminister geladen war, besser gemundet, nie hat ihm der Wein besser geschmeckt.
Jndcß stürmte Gebhard Körber nach der Wohnung der Familie, denn er wußte, daß seine Frau das bessere Logis hatte aufgebcn müssen. Welch ein Jubel erklang in der ärmlichen Stube, als Körber eintrat. Seine Gattin umschloß den wiederkehrenden Mann, die Kinder ließen ihr Spielzeug im Stich und hingen an des Vaters Halse und an seinen Kleidern. Jetzt erst bemerkte Gebhard Körber die Geschenke und das Gold in der Börse; vergeblich aber riet man aus den Namen Desjenigen, der die Familie so wahrhaft glücklich gemacht.
Da brachte Anion unter den Bildern, welche heute in's Haus gekommen, auch eins hervor und sagte: „Mutter, Vater, seht, ist dieses vielleicht der Monn, der heute hier war? Wenigstens hat er mir den Baum abgekaufl und mit mir lange geschwatzt."
Frau Körber sah das Bild an und rief: „Ja, bei Gott, das ist er, daL ist unser Wohlthälerl"
Bei diesen Worten sprang Gebhard Körber erregt auf und rief: „Wißt ihr denn auch, wer er ist? Es ist der — Fürst, ich selbst habe ihn ja soeben gesprochen! Nie werde ich je wieder auf einen Mann schelten, der ein so edles Herz besitzt. O, welch ein verblendeter Mensch bin ich gewesen!"
Nun war die Freude in der kleinen ärmlichen Wohnung eine vollkomme. Sie wurde aber TagS darauf eine noch größere, als Gebhard von dem Drnckereibesitzer, bei dem er vor seiner Verhaftung in Arbeit gestanden, einen Brief des Inhalts erhielt, er könne nach dem Feste wieder bei ihm eintret n — es war auf Veranlassung des Fürst n geschehen.
Dieser Christabend blieb der Familie Körber unvergeßlich; der Buchdrucker aber gab seine bisherigen Ansichten vom Fürstenhaß auf und sagte ost: „Unser Fürst ist ein Mann nach dem Herzen Gottes."
Frau Laurentia aber lehrte ihre Kinder, täglich des Abends in ihr Gebet die Person des lieben Herrn einzuschließen, der sich den Dank der wieder im Wohlstand lebenden Familie so großmütig verdient hatte.
— Ende. —
Vermischtes.
— Aus Australien. Gemütlichkeit herrscht nicht nur in Sachsens schönen Gefilden, sondern auch in Australien, selbst bei Geldsachen. Ein in einem australischen Bankgeschäft Angestellter verspielte am Totalisator 80 0000 Er hat das Geld der Bankkasse entnommen, kann es nicht ersetzen und schüttelt dem alten „Rechtsbeistande" seines Vaters sein Herz aus. „Wie viel kannst Du noch nehmen, ohne sofort erwischt zu werden?" „120000 ^ etwa." »Gut, so bringe sie mir." Darauf zählt der biedere Advokat 20 000 ^ ab. „Siebst Du, mein Sohn, die sind für mich I Diese weiteren 20 000 ^ für Dich I" Und nun schreibt er der Bank: „Der bei Ihnen an- gestcllte N. N. hat 200 000 unterschlagen ; der Familie ist eS mit Aufbietung aller Kraft gelungen, 80000 ^ znsammenzubringen. Falls sie mit dieser Summe zufrieden sind und dem jungen Mann Straflosigkeit zusichern sollen Sie das Geld haben." Selbstverständlich nahm die Bank die angebotene Summe.
— Aus frischer Spur Folgendes Ge- schichtchen wird aus dem Kreise Mühlhausen erzählt: Unlängst fanden Jäger im frischgc- fallenen Schnee des Waldes ungewöhnliche Spuren. Das Tier, das einen so großen Fuß und solche Zehen habe , meinte einer der Jäger, müsse doch zum mindesten ein Bär sein. Man ging den Spuren nach und fand — einen eifrigen Jünger Kneips, der über ein Paar platte Füße verfügt und seinen „erfrischenden" Morgenspoziergang barfuß im Schnee gemacht hatte I
(Bedenklicher Husten.) Arzt: „Ihrer Frau Gemahlin habe soeben eine Badereise vorgeschlagen!" (Der Gatte bekommt nun plötzlich einen Hustenanfall, der ihn augenscheinlich am Sprechen hindert.) „Um Gotteswillen I Was haben Sie denn?" Der kleine Hugo: „Machen Sie sich nichts daraus, Herr Doktor, so thut der Papa immer, wenn er grob werden will und darf es nicht!"
.-. (Umgekehrt.^ „Blindheit müßte mich geschlagen haben, wenn ich nicht merken würde, daß die kleine Emma mich gerne sieht I" — Na, dann hat eben sie Blindheit geschlagen.
Merk'sl
Richte nicht den Wert des Menschen
Schnell nach einer kurzen Stunde;
Oben sind bewegte Wellen,
Doch die Perle liegt am Grunde I
Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.)