Ein gleicher Versuch war schon einmal von dem Gatten vereitelt worden. Man glaubt, die junge Frau habe gehofft, auch diesmal von ihrem Manne, der zu bestimmter Stunde nach Hause zu kommen pflegte, abgeschnitten zu werden. Der Gatte kam jedoch heule etwa- später heim und fand Frau und einzige« Kind tot. Die junge Frau soll exzentrischer Natur gewesen sein.
— Die große Papierfabrik und Druckerei mit dem Verlag der Meichenberger Zeitung der Gebrüder Stiepel in Reichenbcrg (Böhmen) ist größtenteils abgebrannt.
— Während am Mittwoch abend in der Drill Hall zu B r i st o l mehrere Tausend Personen einer Vorstellung dressierter Pferde beiwohnten, brach eine Galerie zusammen, und 200 Personen stürzten hinab. Glücklicherweise wurden jedoch nur 12 Personen verletzt.
— Ein Warschauer Einwohner befand sich, wie die Lodz. Zig. mitteilt, im vorigen Jahre in Monte Carlo und konnte hier der Versuchung nicht widerstehen, sich am Roulette zu beteiligen. Er verlor alles Geld, das er bei sich hatte, 20 000 Fr. Wie eS bei der Verwaltung der Spielhölle in solchen
Fällen üblich ist, gab sic dem Herrn einen Wechsel auf 2000 Fr. mit der Bedingung, das Darlehen nicht später als nach einem Jahre zu bezahlen. Der Herr aber bezahlte nach Ablauf eines Jahre« den Wechsel nicht und erhielt dieser Tage die Anzeige, die Administration der Spielhölle habe, „da sie nicht wünsche, Verluste zu erleiden," einem Wiener Advokaten die Eintreibung des Schuldpostens übertragen.
— Eine „junge Frau". Vor den Geschworenen in Moskau standen vor wenig Tagen, Vater, Mutter und Tochter, nebst deren Manns, wegen eines seltsamen Vergehens. Die 14jährize Tochter Alexandra Jepifanowa war angeklagt, vor erreichter Volljährigkeit in die Ehe getreten zu sein, die Eltern Wassili und Trina Kulakom, sowie der Mann der Tochter, der 29jährige Solard Michael Jepifanow, sie dazu veranlaßt zu haben. Außerdem erhob der Staatsanwalt die Anklage, daß sie bei der Eheschließung dem Priester der Taufschein der volljährigen Schwester der Alexandra statt des ihrigen vorgelegt haben. Die Untersuchung hatte sestgesteUt, daß Alexandra lhat- sächlich 14 Jahre alt in die Ehe getreten'
war. Da sie älter aussah, wurde eS leicht, den Prister zu täuschen. Jepifanow erklärte, nicht gewußt zu habe», daß zum Eingehen einer Ehe Volljährigkeit erforderlich sei, die Ellern versicherten, nicht lesen zu können und daher nicht gewußt zu haben, welchen Tausschein Jepifanow dem Geistlichen vorgc- wiesen habe. Alexandra Jepifanow gab zu, um den Betrug mit dem Taufschein gewußt zu haben. Die Geschworenen sprachen die Familie Kulakvw frei, Jepifanow fanden sie dagegen schuldig, seine jetzigeHFrau Alexandra zur Eheschließung veranlaßt und den Taufschein ihrer Schwester dem Geistlichen vorgelegt zu haben. Das Gericht verurteilte ihn zur Einschließung in's Korrektionshaus auf 1 Jahr und 3 Monate mit Verlust aller
bürgerlichen Rechte.
* *
»
(Etwas hoch.) „Wie haben Sic denn den Sommer zugebracht?" „Oh, sehr gut! In Tirol waren mer und da haben mer 3000 Fuß über der Erde gewohnt I"
.'. (Naiv.) Arzt: „Die nasse Wohnung hat Ihrer Frau arg zugesetzt; sie muß ins Seebad I" Herr: „Aber da ist's ja noch nässer!"
Dolores.
Erzählung aus dem Madrider Volksleben.
(Nachdruck verboten.)
3.
Carlos hielt in seinem Selbstgespräch plötzlich inne und lauschte angestrengt nach einer bestimmten Richtung hin, ihm wäre«, als ob der Kies dort hinten geknirrscht hätte. Es war in der That so und als Carlos angestrengt nach der Seite, von welcher her das Geräusch nahender Schrille erscholl, blickte, bemerkte er zwei Gestalten, eine hohe männliche und eine bedeutend kleinere weibliche, die eifrig mit einander zu flüstern schienen. Starr wie eine Bildsäule stand der eifersüchtige Bursche neben den ihn deckenden Roscnstämmchen, aber seine Augen glühten, seine Lippen preßten sich fest zusammen während er mit seiner Rechten ein dolchartiges Messer unter dem Mantel hervorzog, der ihn umhüllte.
Jetzt waren die beiden Gestalten bis auf einige Schritte au den Versteckort Carlos herangekommen und deutlich konnte er nun hören, wie eine ihm nur zu bekannte Stimme leise sagte:
„O, es klingt wie himmlische Musik in in meine Ohren, was Ihr mir da zuflüstert, Don Ramiroj, und doch — verzeiht, mir edler Sennor — ist mir's, als ob diese herrliche Sprache keinen Widerhall in meinem Herzen fände. Denn eS lebt darin ein ander Bild und — ach — ich kann meines Carlos doch nicht vergessen."
Der Lauscher zitterte in seinem Versteck vor Erregung, aber er bezwang sich und blieb noch ferner wie angewurzelt stehen, als jetzt eine männliche Stimme von eigentümlichen Wohllaut ertönte, während das Paar inzwischen an dem Rosenbosquet angelangt war. „Mein holder Engel," sprach der Begleiter Dolores', sich zu dem Antlitz des Mädchens herabbengend, „Du wirst mich lieben lernen, so heiß, so innig, wie ich Dich liebe — dies sagt mir eine Stimme in meiner Brust I Darum, mein süßes Mädchen —
Ein Wutschrei aus der Kehle des nicht
länger mehr an sich haltenden Carlos unterbrach die Liebescrgüsse des Po ten, mit einem mächtigen Satz sprang der junge Mann aus dem Rosengesträuch hervor und drang mit dem znm Stoße gezückten Messer auf das erschrockene Paar ein, indem er ausrief:
„Ha, Du Schurke, nimm hier Deinen Lohn für Deine Mädchenjägereil"
DoloreS erkannte die Stimme des Geliebten, mit einem Aufschrei riß sich das Mädchen vom Arme seines Begleiters los und wandte sich, die Hände schluchzend vor das Gesicht pressend, in eiliger Flucht dem Innern der Stadt zu. Don Ramiro wollte diesem Beispiel folgen, aber da fühlte er den kalten Stahl des ihm gänzlich fremden Burschen in seine Schulter eindringen und mit einem lauten Hilferuf sank der Dichter blutüberströmt zu Boden, tndeß sein Angreifer, die Waffe wieder unte dem Mantel bergend, in dem dichten Buschwerk der Anlagen verschwand. Schon nach einigen Minuten waren zwei Stadtserganlen, die ein nächtlicher Patrouillengang gerade in diese Stadtgegend geführt hatte, sowie ein paar Civilpersonen an der Stelle des Ueberfalles angelangt. Es wurde Licht gemacht und bei Scheine derselben erkannte der eine der Polizisten in dem am Boden liegenden verwundeten den gefeierten Vslksdichter der Madrilenen. Rasch legte man Don Ramiro einen Notverband um die stark blutende Schulterwunde, worauf die Leute den vor Schmerz und Blutverlust Ohnmächtigen nach dem nächsten Hospitale trugen.
Am andern morgen brachte der „Madrider Courier" in seinem lokalen Teile folgende Mitteilung: „Unser berühmter Mitbürger, Don CamiroAranda, ist gestern abend, als er in den Promenaden am Teatro de Oriente zur Erholung nach angestrengter geistiger Arbeit lustwandelte, das Opfer eines brutalen Ueberfalles geworden. Ein leider noch unermittelter Man» sprang Plötzlich aus dem Gebüsch hervor und versetzte dem Dichter einen Dolchstich in die Schulter, um dann zu entfliehen. Glücklicher Weise erweist sich
die Wunde als.ungefährlich, nur ist sie sehr schmerzhaft. Don Ramiro selbst glaubt bestimmt, daß er einer Verwechslung zum Opfer gefallen ist." Und nach einigen Wochen meldete dasselbe Blatt, Don Ramiro sei von seiner Verwundung wieder völlig hergcstellt, habe aber eine Reife nach dem Secbade San- lucar angetreten und gedenke vorläufig nicht nach Madrid zurückzukehren. Ueber die Persönlichkeit seines Angreifers sei leider nicht das Geringste zu ermitteln geimsen. — Gerade an dem Tage, an welchem der Schnellzug Don Ramiro Aranda von der spannischen Hauptstadt nach dem Süden, dem herrlich gelegenen Saulucar, entführte, legte in der Kirche des heiligen Antonius der Priester die Hände von Carlos und Dolores zum Bunde für'S Leben zusammen. ES ist wohl unnötig, zu sagen, baß Dolores »ach ihrer Verheiratung ihr Gewerbe als Blumen- verkäuferin aufgab; sie ging vielmehr ihrem jungen Gatten, der ein kleiws Gartenanwesen im Süden der Stadt gepachtet hatte, in dessen Bewirtschaftung tüchtig zur Hand. Einen Dolch aber hat Carlos nie wieder angerührt, das hatte er seiner Dolores, als sie sich seit jenem nächtlichen Vorgänge am Teatro de Oriente zum ersten lMale wieder- lrafen, fest versprechen müssen.
— Ende. —
Vermischtes.
— (Aus der Jnstruktionsstunde.) Instruktor: „Was hat der Soldat beim Er« scheinen der Mobilmachungsordre zuerst zu- lhun?" Soldat: „Von seinem Schatz sich zu verabschieden."
.'. (Nobel.) „Ihrem Herrn Gemahl geh es wohl wieder besser mit der Gesundheit 2" — „Ja. Ich denke, daß ec schon morgen im stände sein wird, den Salon und 8 Zimmer zu verlassen!"
(Leiser Wink.)
Richter (zur Zeugin): „Ihr Name?"
Zeugin: „Anna Weber."
Richter: „Ledig?"
Zeugin: »Ja — mit 12000 Mark Barvermögen."
Druck und Verlag von B e r n h. Hofmaun in Wildbad. (Verantwortlicher Redakteur: Bernh. Hofmann.)